Erfolgreicher Auftakt zum Berliner Mayday

lesender arbeiter 24.04.2007 02:42 Themen: Soziale Kämpfe
Wie können sich Prekarisierte gegen ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen organisieren? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung am Sonntagabend im Berliner Stadtteilzentrum Kato.
Eingeladen war mit Holm Friebe der Autor des Buches „Wir nennen es Arbeit“, der einen Ausweg aus den Zumutungen des Kapitalismus schon mal die Flucht in die Selbstständig propagiert.

Das breite Grinsen der digitalen Boheme könnte auch für Menschen in Normalarbeitsplätzen attraktiv sein, so Friebe im Buch. Auf der Veranstaltung machte er aber eine wichtige Einschränkung. Man müsse auch der passende Typ dafür sein.
Wer es nicht ist, bleibt eben doch in Hartz IV hängen. Auch Peter Hartz hat schon mal in einen Buch die Selbstständig angepriesen. Anne Allex von der Berliner Kampagne gegen Zwangsumzüge wies darauf hin, dass viele Erwerbslose mit den Anforderungen, die von Jobcentern und Behörden an sie gestellt wurden, schlicht überfordert sind. Für sie ist die Rede über Flexibilisierung und Eigenverantwortung eher eine Drohung als eine Chance.
Eine Zwischenposition nahm Veronka Mirschel ein, die in der Dienstleistungsgewerkschaft verdi für die Selbstständigen zuständig ist. In manchen Punkten hat Mirschel Holm Friebe Recht gegeben. Andererseits hat sie auch Beispiele gezeigt, wie sich Prekäre erfolgreich gewehrt haben. So sollte die Künstlerkrankenkasse von der Politik infrage gestellt werden. Sie sichert KollegInnen aus dem Medienbereich eine Versicherung. Innerhalb kurzer Zeit gab es über das Internet so gravierende Proteste, dass der Gesetzgeber einen Rückzieher machte.
Leider ist daraus kein längerfristiger organisierter Widerstand geworden.
Was in der alten Arbeiterbewegung Sammeln von Kampferfahrungen genannt wurde, die Lust auf weitere Aktionen machten, ist unter prekären Arbeitsverhältnissen nicht mehr so einfach möglich. Die Arbeit der Arbeitsverhältnisse macht einen solchen kontinuierlichen Widerstand auch schwer.

Und der Mayday?
Da stellt sich natürlich sofort die Frage, welchen Stellenwert hier der Mayday haben kann. Für Holm Friebe und die digitale Boheme hat er wohl kaum einen Stellenwert. Die haben oft gar keine Zeit. Für die gewerkschaftlich organisierten Selbstständigen, die nicht unbedingt auf den DGB-Latschdemos mitlaufen wollen und sich auch bei der revolutionären Demo nicht unbedingt wiederfinden, könnte der Mayday eine Bedeutung haben. Bei den organisierten Erwerbslosen wurde er schon im letzten Jahr als Ort der Vernetzung, des Austausches genutzt. Das hat auch Anne Allex bestätigt. Sie sieht durchaus die Chance, dass der Mayday auch in Zukunft für mehr Menschen attraktiv wird, die sich gegen ihre Arbeits- und Lebensverhältnisse wehren. Dazu müsse allerdings der Alltagswiderstand vor den 1. Mai gestärkt werden. Dazu können soziale Zentren in denen Beratung für Erwerbslose angeboten wird, ebenso beitragen, wie Ein-Euro-Spaziergänge, wo mensch sich konkret über die Arbeitsverhältnisse von Ein-Euro-JobberInnen informiert.

Die Veranstaltung hat auch deutlich gemacht, dass es falsch ist, von einem Prekariat als neuer Klasse zu sprechen. Wer Menschen in prekären Arbeits- und Lebensverhältnissen organisieren will, darf die Lohnabhängigen insgesamt nicht vergessen.
Als weitere Mobilisierungsveranstaltung vor dem Mayday wird es am Sonntag, 29.04.2007 um 20.00 Uhr an der Warschauer Brücke eine Videokundgebung "Gegen Prekarität - Für den Mayday!" geben.
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Ergänzungen

Die spannende Vorgeschichte zum Mayday

Filip FelSenstein 24.04.2007 - 11:52

Holm Friebe und die Digitale Bohème

Radikal Digitale Lumpenbohème 24.04.2007 - 12:26
Dass die alten Marketing-Haudegen Holm Friebe und Sascha Lobo zur Diskussionsveranstaltung zum Mayday eingeladen werden, wundert mich doch sehr.

Friebes Sicht zu Werbung und Marketing kann man in seinem Jungle World Artikel "Branding the Revolution" lesen:  http://www.jungle-world.com/seiten/2004/17/3038.php - und davon halten was man will.

Der Mitautor Lobo, welcher den Irokesen-Haarschnitt ganz geschickt PR-mäßig vereinnahmt ( http://programm.re-publica.de/programm/images/speaker-14-128x128.jpg), fällt jedoch noch mehr durch fragliche Projekte auf. Nach der Gründung einer Werbe- und PR-Agentur zur Dot-Com-Ära ist er nun das Gesicht der Firma "adical" ( http://www.adical.de/), welche die deutsche Blogosphäre mit Werbung versogen möchte. Intensive Debatten dazu gibt's hier:
-  http://www.spreeblick.com/2007/02/28/adical-werbung-in-blogs/
-  http://spreeblick.com/trackback/2007/03/10/protokoll-1032007/
-  http://programm.re-publica.de/programm/events/12.de.html
-  http://www.technorati.com/search/adical

Das gemeinsame Buch "Wir nennen es Arbeit" stellt die These auf, dass die Digitale Bohème "sich dazu entschlossen haben, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, dabei die Segnungen der Technologie herzlich umarmen und die neusten Kommunikationstechnologien dazu nutzen, ihre Handlungsspielräume zu erweitern."

Kritik an dieser "neuen Form von freiem Unternehmertum" übten unter anderem:

- die konkret: "Unfreiwillig arbeiten die Autoren (...) jedoch den neoliberalen Gesellschaftsentwürfen derer in die Hände, von denen sie sich ursprünglich befreien wollten. Denn die Auftraggeber aus Verlagen und Unternehmen freuen sich am meisten über Mitarbeiter, die rund um die Uhr zur Selbstausbeutung bereitstehen. (...) Lobo und Friebe bleiben den Beweis schuldig, dass es nicht nur einer Elite, sondern einer großen Zahl von Menschen quer durch alle Branchen gelingen kann, in der digitalen Bohème ihr Auskommen zu finden." (Konkret - Heft 12 Dezember 2006 - "Frei und willig" - Tina Klopp - S. 59)

- die art: "Ihre These, dass die 'digitale Boheme' mit ihren neuen Formen der Arbeitsorganisation eine Alternative zur Krise der Angestelltenkultur bietet, muss den Test der Zeit erst noch bestehen. Auch wenn Friebe und Lobo 'kein Berlin-Buch' geschrieben haben wollen: ob es ihnen woanders gelungen wäre, darf bezweifelt werden." (art - Nr. 12 / Dezember 2006 - "Alles auf Berlin!" - Kito Nedo - S. 139)

Ob diese Einstellung zum Konzept von Mayday passt, wag ich doch zu bezweifeln.

Polizeiauflagen

maiveteran87 24.04.2007 - 15:29
Keine Glasflaschen und Dosen zum 1. Mai am Mauerpark und am Boxhagener Platz

Heute gefunden: Allgemeinverfügungen des Polizeipräsidenten in Berlin im Amtsblatt für Berlin vom 20.04.2007 (Nr. 17), Seite 1101:

Erste Allgemeinverfügung:
I. Hiermit ordne ich an, dass vom 30. April 2007 ab 13.00 Uhr bis zum 1. Mai 2007 um 06.00 Uhr von Personen im Bereich des „Mauerparks“ (Berlin-Pankow, Ortsteil Prenzlauer Berg), begrenzt durch die Graunstraße, Wolliner Straße, Kremmener Straße, Eberswalder Straße, Topsstraße, Cantianstraße, Am Falkplatz, Gleimstraße keine Glas- flaschen/-behältnisse oder Dosen mitgeführt werden dürfen.
II. Bei Zuwiderhandlungen gegen Nummer I wird sofort unmittelbarer Zwang angewendet.
III. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.
IV. Die Allgemeinverfügung gilt an dem Tag als bekannt gegeben, der auf die öffentliche Bekanntgabe folgt.
Einsichtnahme:
Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung einschließlich Lageplan können im Vorraum der Wache der Dienststelle: Der Polizeipräsident in Berlin Direktion 1, Abschnitt 15 Eberswalder Straße 6–9, 10437 Berlin zu den nachstehend aufgeführten Geschäftszeiten eingesehen werden. Geschäftszeiten: Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr

Zweite Allgemeinverfügung:
I. Hiermit ordne ich an, dass vom 30. April 2007 ab 12.00 Uhr bis zum 1. Mai 2007 um 06.00 Uhr im Bereich des Boxhagener Platzes, begrenzt durch die Gabriel-Max-Straße/Krossener Straße, Gabriel-Max- Straße/Grünberger Straße, Grünberger Straße/Gärtnerstraße und Gärtnerstraße/ Krossener Straße jeweils einschließlich der Kreuzungsbereiche der oben genannten Straßen, keine Glasflaschen/- behältnisse oder Dosen mitgeführt werden dürfen.

II. Bei Zuwiderhandlungen gegen Nummer I wird sofort unmittelbarer Zwang angewendet.
III. Die sofortige Vollziehung wird angeordnet.
IV. Die Allgemeinverfügung gilt an dem Tag als bekannt gegeben, der auf die öffentliche Bekanntgabe folgt.

Einsichtnahme:
Die Allgemeinverfügung und ihre Begründung einschließlich Lageplan können im Vorraum der Wache der Dienststelle: Der Polizeipräsident in Berlin Direktion 5, Abschnitt 58 Wedekindstraße 10, 10243 Berlin zu den nachstehend aufgeführten Geschäftszeiten eingesehen werden.
Geschäftszeiten: Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 15.00 Uhr

Mayday! Mayday!

is klar 25.04.2007 - 15:25
es gibt jetzt auch einen mobilisierungs-clip für den mayday auf youtube:  http://www.youtube.com/watch?v=IvOfwY93eFo

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Die spannende Geschichte der Antifa — Michael BLAUmeyer

fünfundzwanzig — Zähler

@Zähler — du troll

Unfug — Warhead

TOP und AJAK kleben Plakate über — anonymer als ihr

@ anonymer als ihr — Jemand

RIMler... — Warhead

@ warhead — Jemand