Prozess gegen Antifaschisten in Göttingen

Pegasus 22.04.2007 18:42 Themen: Repression
Am 19.04.2007 kam es vor dem Amtsgericht Göttingen zur Hauptverhandlung gegen einen Antifaschisten. Polizei und Staatsanwaltschaft warfen ihm vor, im Rahmen der Proteste gegen die Neonazi-Kundgebung vom 28.10.2006 mehrfach Widerstand gegen PolizeibeamtInnen geleistet zu haben, als diese versuchten, den Göttinger Bahnhof von NazigegnerInnen zu räumen.
Zur Erinnerung: Antifaschistischen Widerstand gab es im gesamten Göttinger Stadtgebiet. In der Nacht zuvor brannten Polizeiautos, es gab eine entschlossen auftretende Großdemonstration, Züge der Nazis wurden auf dem Weg nach Göttingen gestoppt, die Nazis wurden im Bahnhofstunnel von zahlreichen DemonstrantInnen mit Pfiffen und Transparenten empfangen und auf ihrem Weg von den Gleisen zum Bahnhofsvorplatz behindert, die Nazi-Kundgebung konnte erst verspätet beginnen.

Die Gerichtsverhandlung kann kurz so zusammengefasst werden: Die vier geladenen ZeugInnen, die als PolizeibeamtInnen am Einsatz im Bahnhof beteiligt waren, verstrickten sich in ihren Aussagen permanent in Widersprüche. Keine einziger der Widerstandsvorwürfe konnte belegt werden, obwohl sich die BeamtInnen, die sich vor der Verhandlung abgesprochen hatten, sichtlich darum bemühten: Eine Polizeizeugin log nachweislich so unverschämt, dass es selbst dem Richter und der Staatsanwältin peinlich schien. Das Ziel von Polizei und Staatsanwaltschaft, wieder einmal emanzipatorischen Widerstand zu kriminalisieren, lag förmlich greifbar in der Luft. Im Plädoyer des Verteidigers des Angeklagten wurde dies noch einmal zusammengefasst und um einen auch für andere Verfahren wichtigen Hinweis ergänzt. Der Verteidiger zeigte, dass dem gesamten Einsatz der Polizei im Bahnhof, in dessen Folge es zu brutalen Räumungen, Platzverweisen, Strafanzeigen (u.a. gegen den Angeklagten) von Nazigegnern gekommen war, die rechtliche Grundlage völlig fehlte! Ein Freispruch des Angeklagten wäre spätestens an diesem Punkt unumgänglich gewesen. Sichtlich von ihrer Unkenntnis des Bundespolizeigesetztes überrascht, wollten der Richter und die Staatsanwältin aber noch nicht zurückstecken: Die Verhandlung wurde unterbrochen und wird am 09. Mai fortgesetzt. Bis dahin haben Polizei und Staatsanwaltschaft nun Zeit, sich weitere Geschichten zum Polizeieinsatz im Bahnhof auszudenken, um eine Verurteilung des Angeklagten zu erreichen. Die anwesenden ProzessbeobachterInnen waren bei diesem absurden Justiz-Schauspiel voll auf ihre Kosten gekommen.

Es folgen einige Anmerkungen und allgemeine Hinweise. Zunächst zum solidarischen Bemühen, staatliche Repression nicht unwidersprochen hinzunehmen. Dem Angeklagten war ein Strafbefehl über 20 Tagessätze zugestellt worden, mit der Aufforderung, die Summe in den nächsten Tagen zu überweisen. Er bezahlte nicht und legte innerhalb der nächsten 14 Tage Einspruch ein. Das ist immer ratsam, denn sonst gibt es unumkehrbar einen Eintrag ins Bundesstrafregister. Es erfolgten dann Absprachen mit Antirepressions-Netzwerken und ein Anwalt wurde hinzugezogen (beides ebenfalls sehr sinnvoll). Der Angeklagte wurde zur Hauptverhandlung am 19.04.2007 geladen. Zur Unterstützung waren zahlreiche gut gelaunte BeobachterInnen gekommen, die, als sich die Absurditäten im Verlauf der Verhandlung immer mehr steigerten, durch Kommentare ihren Unmut äußerten. Vor dem Amtsgericht wurden Flugblätter verteilt, um die PassantInnen auf die Kriminalisierung von NazigegnerInnen durch Polizei und Justiz und auf das laufende Verfahren hinzuweisen. Das Flugblatt machte klar, dass gegen Nazis in Göttingen und anderswo auch in Zukunft entschlossen vorgegangen wird. Und dass sich gegen staatliche Repression und die Kriminalisierung von sozialen und politischen Bewegungen gewehrt wird – auf der Straße und vor Gericht. Zu Beginn der Gerichtsverhandlung verlas der Angeklagte eine Erklärung (siehe dort), in der er auf Nazistrategien, staatlichen Rassismus, Nazi-Aufmarschversuche, antifaschistischen Widerstand, aber auch auf Formen und Hintergründe der Kriminalisierung emanzipatorischer Bewegungen einging.

Zur Verhandlung über die Strafanzeige wegen Widerstand: Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, einem Polizisten während der Räumung des Bahnhoftunnels die Arme weggeschlagen zu haben, sich wiederholt aktiv gegen PolizeibeamtInnen gestemmt zu haben und eine Polizeikette ''durchbrochen'' zu haben.
Der Hauptzeuge Kowalik, auf dessen schriftlichen Ausführungen das Verfahren beruhte, begründete den angeblichen Straftatbestand eines Widerstandes unter anderem damit, dass der Nazigegner erst vor und dann hinter einer Polizeikette erschienen sei. Wie das geschehen konnte, wusste der Beamte jedoch nicht. Weder er noch die anderen ZeugInnen, noch irgendwelche Filmaufnahmen konnten den behaupteten Durchbruch belegen. Die erste falsche Anschuldigung war entlarvt.
Auf das angebliche Wegschlagen der Arme angesprochen, war sich Herr Kowalik nur noch sicher, dass der Angeklagte ihn mit einem lautstarken „Fassen Sie mich nicht an“ in die Schranken wies, als er den Nazigegner bei der Räumung ruppig anfasste. Nicht mehr erinnern konnte er sich, ob ihm Arme oder Hände weggeschlagen oder weggedrückt worden seien. Er sei dabei „nicht groß verletzt worden“, sagte er zunächst gönnerisch. Auf Nachfrage des Verteidigers musste er dann zugeben, dass ihm niemand wehgetan und er sich auch nicht bedroht gefühlt habe. Die drei weiteren ZeugInnen konnten zu diesem Anklagepunkt gar nichts sagen, wieder gab es ''zufällig'' kein Polizeivideo der Situation, auf die sich die dubiosen Ausführungen des Herrn Kowalik bezogen. Zweite Lüge entlarvt.
Nun ging es bei allen vier ZeugInnen noch um den Vorwurf, der Angeklagte habe sich ''durch aktive Kraftentfaltung'' gegen Beamte gestemmt. Herr Kowalik schilderte, wie er auf den Angeklagten aufmerksam geworden sei: Dieser sei zu Beginn der Räumung wiederholt mit Fragen und Beschwerden aufgetreten, habe alles schriftlich haben wollen (er verlangte die Dienstnummer des Beamten und eine Ausführung des später verhängten Platzverweises), der Nazigegner habe gewusst, wie eine polizeiliche Räumung verlangsamt werden kann, er agierte mal ruhig und mal energisch, wirkte völlig „beratungsresistent“, musste offenbar mit einigem Kraftaufwand geschoben werden – und habe sich auch mal gegen die Polizeikette gelehnt :-). Offenbar war die Polizei mit der gesamten Situation im Bahnhof und dem Widerstand der NazigegnerInnen überfordert und das unbequeme Verhalten des Angeklagten für den gereizten Herrn Kowalik der willkommene Anlass, sich Luft zu verschaffen: Aus hartnäckigem Protest und einem festen Stand machte Herr Kowalik eine kummulative Widerstandshandlung. Auf die Weise erfand er einen ganz neuen Straftatbestand: Wer immer wieder etwas Erlaubtes tut, hat damit irgendwann etwas Unerlaubtes getan. Die Aussagen der anderen drei PolizeizeugInnen erwiesen sich bei der Befragung durch den Verteidiger dann als wertlos. Frau Gawlak, Frau Diedrich und Herrn Sippel wurde Tage nach den Ereignissen nur das Foto des Angeklagten gezeigt – ohne Bildmappe. Natürlich gaben sie an, die Person auf dem Foto wieder zu erkennen. Kaum zu glauben war, was sich Frau Diedrich vor Gericht leistete. Auf Nachfrage des Verteidigers, ob Sie sich auf den Prozess vorbereitet habe, sich mit anderen ZeugInnen abgesprochen oder irgendwelche Schriftstücke zur Sache vorher gelesen habe, antwortete sie nach einigem zögern mehrfach mit Nein. Als der Verteidiger weiter nachhakte, musste Frau Diedrich dann doch einräumen: Sie habe sich auf der Fahrt nach Göttingen mit den anderen Beiden über ihre Erinnerungen gegenseitig ausgetauscht und habe zur Vorbereitung die Aussage zur Sache von Herrn Kowalik gelesen. Die Staatsanwältin erklärte dies eilig als ''üblichen Vorgang'' – gut zu wissen. Zusammengefasst: PolizeizeugInnen hatten ihre Aussagen abgesprochen und eine Polizistin hat dies bei einer Befragung vor Gericht zunächst mehrfach geleugnet! Der Richter schien in dieser Sache unbeeindruckt, für ihn war dieses Vorgehen wohl nichts Neues. Fazit zum dritten Teil des Vorwurfs einer Widerstandshandlung: Lüge entlarvt.

Dem Richter wurde die ganze Sache offenbar allmählich unbehaglich, er bot gegen Ende der Beweisaufnahme eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldbuße an. Natürlich lehnte der Angeklagte ab.

In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Strafe von 20 Tagessätzen, ohne dies näher zu begründen. In ihren unverständlichen Ausführungen ging es um „Gegenlehnen“ und „unteren Rand der Strafbemessung“. Der Verteidiger des Angeklagten forderte allein schon wegen der zahlreichen Ungereimtheiten und nachweislichen Lügen in den Aussagen der PolizistInnen den Freispruch. Unter Bezug auf zahlreiche Gerichtsurteile, u.a. des Bundesverfassungsgerichtes, wies er auf einen weiteren Punkt hin. Das Bundespolizeigesetz, welches Platzverweise, Identitätsfeststellungen, Vorgehen bei Räumungen usw. regelt, ist bei Versammlungen gesperrt. Im Klartext: Solange die Polizei eine Versammlung nicht aufgelöst hat, sind alle weiteren Schritte der Einsatzkräfte, wie die gegen den Angeklagten, nicht rechtmässig. Der Angeklagte sei auch aus diesem Grund freizusprechen. Der verunsicherte Richter kopierte sich – nach kurzer Besinnung – flugs die Unterlagen des Verteidigers, um an dessen juristischem Wissen teilzuhaben. Die Staatsanwältin wollte noch nicht einlenken und kam auf die Idee, erneut den Zeugen Kowalik zu laden, um sich bei ihm persönlich zu erkundigen, ob denn die Versammlung im Bahnhof tatsächlich nicht aufgelöst worden sei. Genau das hatte Herr Kowalik bei seiner Zeugenbefragung durch den Verteidiger aber schon mitgeteilt – die Staatsanwältin hatte wohl nicht zugehört. Dennoch vertagte der Richter die Verhandlung zur erneuten Vernehmung von Polizeizeugen. Mal sehen, was sich Polizei und Staatsanwaltschaft in der Zwischenzeit einfallen lassen, um emanzipatorischen Widerstand in diesem Fall doch noch zu kriminalisieren.

Achtet auf Ankündigungen und kommt zahlreich zum zweiten – möglicherweise kurzen – Prozesstermin am
9. Mai, 11.00 Uhr im Amtsgericht Göttingen!




Prozesserklärung zur Gerichtsverhandlung am 19.04.2007

Sicherlich gibt es mehrere Gründe, warum die Anwesenden heute hier - eher unfreiwillig als freiwilig - zusammengekommen sind. Auf zwei Punkte lohnt es sich, zu Prozessbeginn kurz einzugehen. Zum einen: Am 28. Oktober 2006 fand eine Nazikundgebung in Göttingen statt, die von zahlreichen Protestaktionen begleitet wurde. Die Proteste machten deutlich, dass rassistisch und antisemitisch motivierte Aktivitäten nicht geduldet werden.
Zum zweiten: Polizei, Verwaltung und Justiz versuchen immer wieder, emanzipatorische Bewegungen zu zermürben. Um Handlungsfähigkeit zu erhalten und zu erweitern muss eine emanzipatorische Strategie staatliche Repression, Polizeigewalt und Kriminalisierung zum Thema politischer Auseinandersetzungen machen.

1. Zur Nazikundgebung am 28. Oktober 2006
Im Oktober letzten Jahres versuchte die NPD gemeinsam mit ''Freien Kameradschaften'' zum wiederholten Mal, mit einem öffentlichen Auftritt in Göttingen die staatlich geschürte Stimmung zu nutzen: gegen Migrantinnen und Migranten, aber auch gegen ausländisches Finanzkapital als vermeintliche Ursachen der sozialen Missstände, gegen glückliche Arbeitslose und – als Heilsversprechen der Neonazis – für eine Beschwörung von Volk und Nation.

Wir blicken zurück.
Ein Jahr zuvor, im Oktober 2005, scheiterten NPD und Freie Kameradschaften bei dem Versuch, einen Aufmarsch in Göttingen durchzusetzen. Tausende stellten sich in den Weg und machten unmissverständlich klar, dass Neonazis in Göttingen und anderswo kein Fußbreit gelassen werden soll. Kein Raum, um rassistische, völkische, antisemitische, mörderische Ideologie zu verbreiten. Kein Raum auf der Straße, wo Nazis Menschen einschüchtern, bedrohen, angreifen, töten. Obwohl sich die Polizei sichtbar mühte, mussten die Nazis ihren Aufmarschversuch abbrechen. Der breite und effektive Widerstand an diesem goldenen Oktobertag umfasste Großdemonstrationen, Barrikaden, Sitzblockaden und zahlreiche weitere direkte Aktionen.

Ein weiterer Aufmarschversuch im Mai 2006 endete für die NPD in einer kläglichen Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz. Rund 200 Neonazis standen teils nackt im Regen, niemand hörte ihre Hetzreden. Nur einige Polizeieinheiten waren in der Nähe, um die Nazis davor zu schützen, nicht sofort wieder von tausenden Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der Stadt verwiesen zu werden.

Am 28. Oktober 2006 schließlich, um den es heute geht, zeigte sich ein ähnliches Bild: NPD und Freie Kameradschaften, Stiefelnazis und faschistische Ideologen versuchten gleich mehrere Aufmärsche in Göttingen durchzusetzen. Doch vergeblich. Dank einer breiten und für die Polizei unberechenbaren Gegenmobilisierung, die an die voran gegangenen erfolgreichen Proteste anknüpfte, wurde verhindert, dass die Neonazis das Bahnhofsgelände überhaupt verlassen können. Neben einer großen Bündnisdemonstration gab es wiederum effektive und kreative direkte Aktionen im gesamten Stadtgebiet. Wie in der Presse berichtet wurde, konnten die Nazis erst verspätet im Göttinger Bahnhof eintreffen, wo sie mit Pfiffen, antifaschistischen Sprechchören und Transparenten empfangen wurden. Erneut zeigte die Gesamtheit der Proteste eindrucksvoll, dass es Neonazis auch zukünftig schwer haben werden, in Göttingen Fuß zu fassen.

Proteste und antifaschistische Aktionen bei Naziaufmärschen oder -kundgebungen bedeuten leider auch, sich an Terminen der Nazis abzuarbeiten. Und selbst wenn solche Aktionstage – wie in Göttingen – erfolgreich verlaufen, haben sie eher einen symbolischen Charakter. Notwendig ist daher auch ein effektives antifaschistisches Engagement im Alltag. Direkte Interventionen und Widerstand sind gefragt, wenn in der Schule oder im Bus rassistische Sprüche geklopft werden; wenn Neonazis versuchen, durch gewalttätiges Auftreten Stadtteile nach ihren rassistischen Vorstellungen zu organisieren, und damit die Bewegungsfreiheit Anderer einschränken; wenn jüdische Gedenkstätten geschändet werden; wenn Supermärkte nationalistische Medien verbreiten; wenn für soziale Probleme Menschen ohne deutschen Pass verantwortlich gemacht werden; wenn die Verbrechen der Nazis relativiert oder geleugnet werden; wenn Staatsorgane versuchen, Migrantinnen und Migranten abzuschieben.

Es nähme leider kein Ende, diese Aufzählung fortzusetzen. Geboten ist in jedem Fall, auch zukünftig rassistisch oder antisemitisch motivierte Hetzreden, Übergriffe und Gewalt, in welcher Form auch immer sie auftreten, zu markieren und nach Möglichkeit zu unterbinden – ebenso besonnen wie entschlossen.

2. Zu staatlicher Repression und Kriminalisierung emanzipatorischer Bewegungen
In Göttingen müssen wir nicht lange zurückschauen, um viele Beispiele zu finden, dass die Polizei sich aktiv darum bemüht, emanzipatorische Proteste und Aktionen zu kriminalisieren:
Mittlerweile wird bei jedem politischen Anlass jede und jeder von der Polizei abgefilmt – obwohl dies auch per Gesetz meist verboten ist. Es gibt immer öfter Personalienkontrollen im Alltag – unter den fadenscheinigsten Gründen. Manchmal reicht der Polizei schon als Anlass, dass jemand mit ihrem oder seinem Äußeren oder Verhalten nicht einer gesellschaftlich geforderten Norm entspricht. ''Ingewahrsamnahmen'' bei Demonstrationen sind an der Tagesordnung und werden – so scheint es – oft nach einer vorgegebenen Quote durchgeführt.
Gelegentlich kommt es sogar vor, dass die Polizei Straftaten konstruiert, wie z.B. angebliche Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Körperverletzung. Vor Gericht werden diese Erfindungen leider nur selten entlarvt, da Polizisten und Polizistinnen in der Regel ihre Aussagen abstimmen. Besonders aktiv werden Polizei, Verwaltung und Justiz, wenn ihre Institutionen als Teil einer herrschaftsförmigen Ordnung selbst Gegenstand von emanzipatorischer Kritik und Widerstand sind.

Über die Hintergründe der Kriminalisierung emanzipatorischer Bewegungen könnte viel gesagt werden. Zwei Motive springen unmittelbar ins Auge.

Zum einen sollen soziale und politische Bewegungen, die mit ihren Aktionen in die herrschende Ordnung eingreifen, zerschlagen oder behindert werden. Die vom Polizeiapparat ausgehende Gewalt und Kriminalisierung soll Angst verbreiten und Menschen einschüchtern, die Zumutungen und Übergriffe gegen sich oder Andere nicht hinnehmen wollen. Gerne nutzen Polizistinnen und Polizisten ihre Machtposition auch individuell, um z.B. für sie unbequeme Demonstrierende gezielt abzustrafen, etwa durch verdeckte aggressive Übergriffe gleich vor Ort oder im Nachhinein durch Straftatvorwürfe.

Zum anderen müssen staatliche Institutionen wie Behörden oder Polizei sich gegenüber der Öffentlichkeit rechtfertigen, indem sie „Erfolge“ vorweisen. In diesem Zusammenhang hat die Kriminalisierung unter anderem den Zweck, martialische und teure Großeinsätze wenigstens nachträglich zu begründen und Vorwände zu schaffen, Überwachungs- und Kontrollapparate entgegen den Bedenken in der Öffentlichkeit weiter auszubauen.

Soziale, emanzipatorische Bewegungen wollen die eigene Handlungsfähigkeit und in gleichem Maße auch die der anderen Menschen erweitern. Hierarchische und entfremdende Strukturen stehen dabei im Weg. Aus diesem Grund kann staatliche Repression nicht hingenommen werden. Vielmehr geht es darum, sich gegen die Kriminalisierung von sozialen und politischen Bewegungen direkt und solidarisch zu wehren – im Alltag, im Kontakt mit Behörden und auf der Straße.
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