Weimar - Anschlag auf Bundeswehrmobil

Rongkong Coma 20.04.2007 10:56 Themen: Militarismus
Einen Tag vorher war es angekündigt worden: Ein Bundeswehr-Infomobil sollte den Schulhof des Goethegymnasiums in Weimar besuchen. Auf einer Tafel im Foyer der staatlichen Schule wurden die Schüler aufgefordert: "Nutzt diese Gelegenheit!"
Am Morgen des 18. April erlebten jedoch sowohl die Lehrer, die den Info-Bus organisiert hatten, als auch die anwesenden Bundeswehrsoldaten eine Überraschung...
Über Nacht hatten Unbekannte das Mobil, welches für eine Karriere bei der Bundeswehr wirbt farbenfroh verschönert. So war die Heckscheibe komplett geschwärzt und mit dem Schriftzug "No War!" versehen. An den Scheibenwischern warehn Blumen befestigt und an den Seiten des LKWs war zu lesen: "Kein Leid, kein Mord, kein Morgensport!", "Deutsche Waffen, Deutsches Geld morden mit in aller Welt" und "Alle Soldaten sind Mörder, aber psst...".

Der Anschlag rief sichtliches Ärgernis bei den Bundeswehr-Vertretern hervor, die ab halb acht auf dem Schulgelände anwesend waren und unsägliches Entsetzen bei einigen Lehrern der Schule. Kurz nachdem die Parolen entdeckt worden waren, wurde die Poliei informiert, die kurz anwesend war, sich aber nach einiger Zeit entfernte.

Der Anschlag löste Diskussionen in nahezu jeder Klasse aus, die im Gebäude in der Amilienstraße unterrichtet wurde. Fast alle Lehrer_innen nutzten die ersten beiden Stunden um über die Vorfälle zu diskutieren. Jedoch gaben die Bundis nicht klein bei und besuchten ebenfalls einige Klassen, um die Schüler_innen davon zu überzeugen, dass es klar ist, dass "so ein Tulpenfüßler, wenn er aus dem Busch springt abgeknallt werden muss."

Nachdem extra ein Feldjägerwagen angerollt kam, um die Parolen abzufotografieren, machte sich einer der Bundis daran die Parolen mit Graffitty-Killer zu entfernen. Bis zum Abend dauerte es an, bis der letzte Farbklecks entfernt war.

Das Bundeswehrmobil ließ es sich leider auch nicht nehmen trotz des Anschlages zur Hofpause seine Pforten zu öffnen um interessierte Schüler_innen über die Karriere bei der Bundeswehr aufzuklären. Kurz nachdem der/die erste Schüler_in das Mobil betreten hatte, entrollten einige kritische Schüler_innen ein Transparent auf dem zu lesen war: "Gegen Krieg, Hunger und Ausbeutung - Kinder schützen weltweit - Rassismus und Faschismus angreifen - überall!". Ebenfalls wahr eine Friedensfahne zu sehen. Der Schulleitung schien es jedoch nicht zu gefallen, dass einige Schüler_innen ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen wollten und versuchte ihnen das Transparent zu entwenden. Nach einer kurzen Diskussion durften die Schüler_innen jedoch bis zum Schluss vor dem Bundi-Mobil stehen bleiben. Verhindert wurde jedoch, einen Tucholsky-Text über das Schülerradio zu verlesen und einige Interessierte, die nicht Schüler_innen am Goethegymnasium sind, wurden vom Schulgelände verwiesen.
Einige Mutige Anti-Militarist_innen wagten es sogar die Höhle des Löwen zu betreten um die Ausbilder auf Schlagzeilen wie Hakenkreuzfahnen im Ausbildungsprogramm der Bundeswehr und Folterungen in Kasernen anzusprechen. Die Angesprochenen blockten dies ab, in dem sie es als Ausnahmen verhamlosten. Davon, dass Drill und die menschenverachtende Hierarchie, die militärischen Organisationen stets zu Eigen ist und somit logischerweise zu solchen Vorkommnissen führen, wollten sie nichts wissen. Eine Dunkelziffer solcher Ereignisse gäbe es nicht.

Die Vorkomnisse führten wie gesagt zu vielfältigen Diskussionen unter den Schülern. Einige Lehrer_innen des Goethegymnasiums zeigten jedoch wieder einmal mehr, dass sie an Demokratie im Schulsystem nicht interessiert sind und rechtfertigten die Anwesenheit des Mobils damit, dass die Bundeswehr für zivile Ausbildung sorge. Sie wurden sachlich darauf hingewiesen, dass es egal ist welche Ausbildung mensch bei der Bundeswehr macht, es immer auch eine zum Soldaten ist. Die moralische Ablehnung des Soldatentums stieß auf Unverständnis. Nur wenige Lehrer_innen äußerten ihr Unbehagen angesichts der Bundeswehr-Werbung auf dem Schulhof. Teilweise wurde vom Lehrerpersonal geäußert, sich abgrundtief für das antimilitaristische Angagement der Schüler zu schämen. In einer Diskussion, vertrat eine Lehrerin die Position, dass eine solche Sprüh-Aktion ebenso wie Mord als politisches Mittel zu verurteilen sei. Leider gab es auch einige Schüler_innen, die dem beipflichteten.

Insgesamt sorgten die Aktionen für Aufsehen und eine breite Debatte.
Soldaten sind Mörder.
Neue Heimat Europa verraten!
Wiederentwaffnung - sofort!
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Ergänzungen

Noch weitere Bilder

Antimilitarist_in 20.04.2007 - 12:28
Hier weitere Bilder

PR-Strategien der Bundeswehr

Bundeswehr vom Platz fegen 20.04.2007 - 12:32

Die PR-Strategien der Bundeswehr in Zeiten von Jugendarbeitslosigkeit und "Hartz IV" sind weit gediehen. siehe:


 http://www.imi-online.de/2007.php3?id=1518

Liste mit Reklameorten bundesweit ganzes Jahr

sdfsfd 20.04.2007 - 12:33
sehr schön, passt wunderbar zu derzeit laufenden aktionen anderswo gegen bw in den arbeitsämtern.
vgl.  http://bundeswehr-wegtreten.125mb.com/

Und hier noch eine Liste (Antwort auf eine Kleine Anfrage) der Reklameeinsätze mit mehr Hintergründen (warum werden welche Waffensysteme gezeigt etc.):
 http://www.ulla-jelpke.de/uploads2/1604768_Bundeswehr-Reklame.pdf

Was bitte soll ein Tulpenfüßler sein???

den kannt ich noch nicht 20.04.2007 - 13:47
Auf welche Menschen bezieht sich das???




Ansonsten: Geile Aktion, weiter so.
Autos von reaktionären Lehrern können auch ein bischen Farbe vertragen...

Antimilitaristische Referate

Keck 20.04.2007 - 14:09
Welche Gruppen bieten antimilitaristische Referate, bzw. Verweigerungsberatung an Schulen an? An wen kann mensch sich wenden?

Mit "Tulpenfüßler" meinte der Bundi Afghanen.

Die Aktion wurde von keiner Gruppe organisiert, sondern lediglich von einigen Individuen durchgeführt. Die Pace-Fahne steht nicht für alle Schüler, die an der Aktion teilgenommen haben.

Kommunismus!

Stuttgart/Ludwigsburg

P aus L 20.04.2007 - 14:30
Bei der Azubimesse vom 26.04.2007 - 28.04.2007 in Ludwigsburg bei Stuttgart wird auch wieder das Heer anwesend sein.

Bisher verliefen diese Werbeveranstaltungen in der Region immer ohne Probleme...

ZEIT DAS ZU ÄNDERN!

Bundeswehr Infomobil in Weimar/ Bilder

Antifaschist_inn 20.04.2007 - 14:40
Das richtig große Bundeswehrmobil ist vom 17. - 20. Mai in Weimar. Es wird mit weiteren Protesten gerechnet.
Hier noch ein paar weitere Bilder der anwesenden Soldaten (leider keine Soldatinnen).
Wer weiß, wie die anwesenden Bundies hießen (sie haben sich in jeder Klasse vorgestellt), kann das bitte hier veröffentlichen.

Schöne Aktion

antifa wolfen 20.04.2007 - 22:31
Eine sehr schöne Aktion. Nur leider werden sicher die Schüler/Innen, welche an diesem Tag mit Transpi auf dem Schulhof standen mit starker Repression in nächster Zeit rechnen müssen. Für die Lehrer und Bundeswehrfaschos stand der Hauptschuldige für diese "Farbanschläge" ja faktisch vor ihnen. Durch das Schulsystem, welches auf Kontrolle und Unterdrückung jeglicher alternativer Denkweisen steht (jedenfalls FAST immer), scheint den Schüler/Innen ja jetzt etwas bevorzustehen. Unser Beleid! ansonsten solidarische grüße aus wolfen...

Lehrer, die Rekrutenschinder,

Peter Lustig 20.04.2007 - 23:06
sie brechen schon das Kreuz der Kinder - Wolf Biermann

@keck

der sprechende Zander 20.04.2007 - 23:30
Wir hatten damals an der Schule im Rahmen des Geschichts-/Sozialkundeunterrichts einmal nen "Jugendoffizier" und einmal jemanden von der Kampagne (  http://www.kampagne.de ) da und dann nochmal beide zusammen (wobei der Bundi n anderer war, aber egal). So geschehen in Berlin.

Respekt für die Aktion auf jeden Fall. Wünsch euch viel Energie für mögliche Repressionen!

Bundeswehr wegtreten!

Film über BW-Propaganda

Proper Gander 20.04.2007 - 23:46
Zum Download bei Indymedia:

Dokumentarfilm "Gesteuerte Demokratie?" von Steven Hutchings

Ausgehend vom “sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel” am Ende des kalten Krieges untersucht Gesteuerte Demokratie? Kontinuitäten und Veränderungen in der Informations- und Medienarbeit der Bundeswehr. Anhand von Zeitzeugeninterviews mit Soldaten aus Einheiten für “Psychologische Kampfführung” (PSK) bzw. “Psychologische Verteidigung” (PSV) wird deren vornehmlich gegen die DDR gerichtete Propaganda- und Zersetzungstätigkeit beschrieben. Der Apparat der PSK bzw. PSV wurde einhergehend mit einer Skandalisierung seiner verdeckt ausgeführten Ausforschungs- und Einwirkungstätigkeit im bundesdeutschen Inland zum Ende der 80er Jahre aufgelöst. Nach der Wiedervereinigung werden die Aufgaben der PSV unter neuem Namen und mit veränderten Aufträgen von verschiedenen Stellen der Bundeswehr fortgeführt. Auch die aktuelle Entwicklung dieses militärischen Beeinflussungsapparates wird im Film veranschaulicht. Unter die Lupe genommen werden die Akademie für Information und Kommunikation, die Informations- und Medienzentrale der Bundeswehr sowie das Zentrum für Operative Information.

Auch auf DVD, Kontakt per Email!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 21 Kommentare an

SUPER! — NDS LOBKOMMANDO

fein gemacht, SchülerInnen! — älteres Semester

gut — kids

Coole Aktion aber... — abersager

Toll! Toll! Toll! — Bundeswehr wegtreten!

Frage — FragendeR

gute Aktion — darf ich

Offizier ? — aus dem Werbetext

... — ...

richtig so — peter anti-bundeswehr

Zukunft — Klaus H.

@henne — Entsetzter

Tolle aktion — weiter machen

nicht mehr das — eremitos

Die sind überall — Atheist

Klasse! — gorchfockversenken

Kommentar — Mahner