Repression gegen Hamburg Graffiti

BLA / BEL 03.04.2007 00:30
Das Hamburger Rechtswesen spricht sich pauschal gegen jede Form von urbaner 'Stadtverschönerung' aus, und startet gegenüber Hamburg's Graffiti Ur-Gestein 'OZ' eine Kampagne, die dem Underground heftig ein reinfahren tut. Solidarität ist eine Waffe!
Für ihn ist es Kunst, für den Staatsanwalt Sachbeschädigung: Hamburgs bekanntester Sprayer ''OZ'' muss sich seit Montag wieder vor einem Gericht der Hansestadt verantworten. In einem Prozess am Amtsgericht Barmbek warf der Anklagevertreter dem 57-jährigen Graffiti-Oldie unter anderem vor, in die Scheibe einer Sparkassenfiliale, in eine Telefonzelle sowie einen U-Bahn-Fahrstuhl seine ''Tags'' (Schriftzeichen) gekratzt zu haben. ''OZ'', der wegen seiner Leidenschaft schon etliche Jahre hinter Gittern verbracht hat, bestritt zum Prozessauftakt jede Schuld. ''Ich weise die Anklagevorwürfe zurück'', ließ er durch seinen Verteidiger Andreas Beuth erklären. (Beuth ist in der autonomen Linken sehr beliebt)

Die Anklage stützt sich auf die Aussagen von einem Dutzend Polizeibeamten, die ''OZ'' nach Verbüßung einer Haftstrafe observiert hatten. Der 57-Jährige war erst im Oktober frei gekommen und nach Erkenntnissen der Ermittler schon wenige Wochen später wieder rückfällig geworden. In einem Einkaufszentrum fiel er Zivilfahndern durch ''sehr merkwürdiges Wischen'' am Fenster einer Sparkasse auf. ''Dort, wo er mit der Hand gewischt hat, sind Kratzspuren'', sagte ein Polizeibeamter. Allerdings teilte die Sparkasse dem Gericht mit, keine auffälligen Kratzer entdeckt zu haben.

Der notorische Graffiti-Sprayer ''OZ'' hinterlässt seit fast 20 Jahren seine Spuren im Hamburger Stadtbild. Die Behörden hatten ihn zunächst immer laufen lassen, weil sie seine Straftaten als harmlos ansahen. Im Laufe der Zeit aber wurde OZ dann zu Freiheitsstrafen verurteilt, zuletzt zu drei Jahren Haft.
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Ergänzungen

OZ Tatkomplex

Huarg 03.04.2007 - 01:22
"Auf das Konto des notorischen Sprayers gehen nach Erkenntnissen der Polizei rund 120 000 Zeichen - an Häuserwänden, Verkehrsschildern, Bahnanlagen, Laternen und Bushaltestellen. Mehrmals musste sich der 54-jährige Sozialhilfeempfänger Josef Walter F. wegen der Sprühereien vor Gericht verantworten.

Der unter dem Namen „Oz“ bekannte Sprayer aus Hamburg hat am 23. September 2004 ein drakonisches Urteil von dem Landgericht Hamburg hinnehmen müssen. Nachdem ihn das Amtsgericht Hamburg im Februar diesen Jahres zu 1 Jahr und 9 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt hatte, ging der Verurteilte, aber auch die Staatsanwaltschaft in Berufung. Das Landgericht erhöhte die Strafe in der Berufungsverhandlung daraufhin noch einmal um 15 Monate auf 3 Jahre Freiheitsstrafe.

Der Graffiti-Oldie war erst im August 2002 nach zwei Jahren Haft aus dem Gefängnis entlassen worden. Im Prozess hatte der 54-Jährige seine Bilder als Kunst verteidigt. "Kunst und Schmiererei sind zweierlei", meinte Oz.

Er bezeichnete sich selbst als "entarteten Künstler".

Auch das Urteil hatte Herrn F. indes nicht stoppen können. Noch während des Wartens auf die Revisionsentscheidung konnte ihn die Polizei insgesamt sechs Mal dabei stellen, als er seine Zeichen in die Scheiben von Bushaltestellen ritzte.

Auch bei diesen Festnahmen setzte sich "OZ", der stets geltend machte, zu Unrecht verfolgt zu werden, massiv zur Wehr. Auch bei den jüngsten Festnahmen stritt Herr F. jede Tatbeteiligung ab.

Der Angeklagte hat die meisten der gegen ihn erhobenen Vorwürfe von Anfang an mit Entschiedenheit bestritten. Er zögerte auch nicht einen Augenblick, als ihm im Verfahren vor dem Amtsgericht eine Bewährungsstrafe bei einem vollen Geständnis in Aussicht gestellt wurde, denn er „könne nicht zugeben, was er nicht getan habe“. Die Widersprüche und Unklarheiten die in der Beweisaufnahme zu Tage traten, überzeugten die Richter nicht. Sie kamen aufgrund ihrer „freien Beweiswürdigung“ zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten begangen hatte.

Bei den erhobenen Vorwürfen gegen den Anklagten handelte es sich um insgesamt 25 Vorwürfe die in fünf Tatkomplexe eingeteilt werden können:

1. Tatkomplex - Widerstand gegen Polizeibeamte an der S-Bahn

Der Angeklagte wurde im Dezember 2002 wegen dem Vorwurf der Sachbeschädigung durch Aufsprühen von Graffiti an eine Mauer in der Nähe einer S-Bahnanlage von zwei Polizeibeamten mit einem Diensthund vorläufig festgenommen. Bei der Festnahme soll der Angeklagte die beiden Polizeibeamten beleidigt und sich der Festnahme widersetzt haben. Er habe versucht einen Polizeibeamten zu treten und in die Hand zu beißen, weiterhin habe er nach dem Diensthund getreten.

Der Angeklagte schilderte, dass er bei der Festnahme von den Polizeibeamten geschlagen und getreten wurde. Man habe den Diensthund auf ihn gehetzt. Dieser habe dann ein Stück Stoff am Knie aus seiner Hose gerissen. Der Hundebiss wurde von den Polizeibeamten bestätigt.


2. Tatkomplex – Zerkratzte Schaufensterscheiben

Der Angeklagte soll in einer Straße mit Geschäften im März 2003 am frühen Abend von einem Zeugen beobachtet worden sein. Der Angeklagte habe einen Beleuchtungsmasten bemalt. Sodann habe er sich zunächst auf einem Fahrrad sitzend, mit der flachen Hand an den Schaufensterscheiben verschiedener Geschäfte abgestützt. Dann habe er kreisende Bewegungen mit der flachen Hand gemacht, wobei er etwas Rotes in der flachen Hand hatte. Später sind an 9 der Schaufensterscheiben Kratzer festgestellt worden. Außerdem fand man in dem Rucksack des Angeklagten einen roten Kreuzschraubendreher.

Aus der Sicht der Verteidigung bestehen erhebliche Zweifel an der technischen Möglichkeit mit einem Kreuzschraubendreher in der von dem Zeugen geschilderten Art und Weise einen derart starken Druck auf eine Schaufensterscheibe auszuüben um die entsprechenden Kratzer zu verursachen.
Aus Sicht der Verteidigung ist der Angeklagte aufgrund des relativ stumpfen Werkzeugs, seiner relativ leichten Konstitution, der angenommenen offenen Handhaltung und der kurzen Zeit von ca. 5 Minuten nicht in der Lage, derartige Kratzer zu verursachen.


3. Tatkomplex - Widerstand im Tunnel

Der Angeklagte soll im Juni 2003 in einem Tunnel an einem S-Bahnhof zwei Polizeibeamte beleidigt haben indem er sie als „Nazis“ bezeichnete.
Der Angeklagte ließ sich in der Hauptverhandlung dahingehend ein, er habe in dem Tunnel Aufkleber gegen Nazis angebracht und sei daraufhin von den Polizeibeamten festgenommen worden. Sie hätten ihn brutal zu Boden gebracht und ihm sodann mit dem Knie in den Rücken getreten. Dann habe man ihm die Handfesseln derart fest angelegt, dass er schmerzhafte Quetschverletzungen an den Handgelenken erlitt. In dem Zusammenhang habe er „Nazimethoden“ gesagt und dies sei auf die Festnahme bezogen gewesen. Er habe damals auch Anzeige gegen die Polizeibeamten erstattet.

Die Polizeibeamten bestritten das geschilderte brutale Vorgehen.


4. Tatkomplex – Bemalen von Verteilerkästen

Der Angeklagte soll im September 2003 zwei Stromverteilerkästen, drei Telefonverteilerkästen und einen Postkasten in einer Straße mit zwei verschiedenen Motiven bemalt haben.



5. Tatkomplex – Fahrstühle beschädigt

Der Angeklagte soll am 19.10.2003 an einer U-Bahnstation an 2 Fahrstühlen Glasscheiben eingeschlagen haben. Der Angeklagte hat dies von Anfang an bestritten.

Aus den oben genannten Einsatzstrafen wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet."

smiley

oz 03.04.2007 - 10:53
..vor allem bekannt wurde er durch die einfachen smileys, die bis heute diverse (Verkehrs)Schilder und Wände zieren, die haben begeistert; sein tag is nich ganz so spannend...
freedom of street, just watch what/where you spray!

:)

:) 03.04.2007 - 14:02
oz kennt jedes kind in hamburg, schon imma ham mich die smilys und "oz" schriften begleitet.
Nun wäre vielleicht mal solidarität aus der graffiti szeane gefragt...wobei die sich ja doch lieber gegenseitig gegen die beine pissen^^

Iconic Turn inna Hafenvokü

BLA / BEL 03.04.2007 - 19:07
Das Nachdenken über die Graffiti in der Metropole Hamburg und die Bilder in der Kunst hat lange vor den akademischen und intellektuellen Debatten als Bilderkrieg der Klassen begonnen. Es waren nicht SprayerInnen, sondern KünstlerInnen, welche zuerst die Frage gestellt haben, wie es denn um das Verhältnis zwischen jenen Bildern, die wir nach der Konvention als Sachbeschädigung bezeichnen, und den vielen anderen Bildern draußen in der Öffentlichkeit bestellt sei.
Siehe Wandbemalung in der Geschichte um die ehemals 'besetzten' Häuser an der Hafenstrasse oder der 'Roten Flora'.
Die 'Szene' um 'Credits' zu ersuchen scheint wohl einen Schuss in den Ofen gleich zu kommen. Voll krass die Profilneurotiker.

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