Rote Hilfe zu Demogebühren in Pforzheim

GGG 01.04.2007 13:17
Am 29. März 2007 wies das Karlsruher Verwaltungsgericht die Praxis der Stadt Pforzheim zurück, die Anmeldung von Demonstrationen mit hohen "Verwaltungsgebühren" zu belegen. Dieses Vorgehen entbehre zumindest in Baden-Württemberg jeder juristischen Grundlage. Geklagt hatten zwei AnmelderInnen antifaschistischer Demonstrationen in Pforzheim, die Gebühren von bis zu 150 Euro bezahlen sollten. Mit diesem klaren Signal hat das Karlsruher Gericht sich deutlich gegen die Versuche zahlreicher Behörden positioniert, die Ausübung der Versammlungsfreiheit zu einer bezahlten Dienstleistung seitens der staatlichen Organe zu deklarieren.
Verwaltungsgericht lehnt Demogebühren ab
Göttingen,30.03.2007

Am 29. März 2007 wies das Karlsruher Verwaltungsgericht die Praxis der Stadt Pforzheim zurück, die Anmeldung von Demonstrationen mit hohen "Verwaltungsgebühren" zu belegen. Dieses Vorgehen entbehre zumindest in Baden-Württemberg jeder juristischen Grundlage. Geklagt hatten zwei AnmelderInnen antifaschistischer Demonstrationen in Pforzheim, die Gebühren von bis zu 150 Euro bezahlen sollten. Mit diesem klaren Signal hat das Karlsruher Gericht sich deutlich gegen die Versuche zahlreicher Behörden positioniert, die Ausübung der Versammlungsfreiheit zu einer bezahlten Dienstleistung seitens der staatlichen Organe zu deklarieren.

Tatsächlich hatte der Vertreter der Stadt Pforzheim die Gebühren mit dem Verwaltungsaufwand gerechtfertigt, der durch die Erstellung von Auflagen und die Anwesenheit der Polizeikräfte verursacht würde. So müssten ja auch bei anderen Leistungen der Behörden Zahlungen entrichtet werden.

Abgesehen davon, dass diese "Leistungen" von den DemoanmelderInnen keineswegs gewünscht oder gefordert waren, sondern vielmehr seitens der Stadt dazu dienten, die Möglichkeiten der Demonstration einzuschränken, wird das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit dieser Argumentation zur (Luxus-)Ware erklärt. In den letzten Jahren wurden politische Veranstaltungen zunehmend durch schikanöse Auflagen in ihrem Grundanliegen, öffentliches Gehör für ihre Forderungen zu finden, eingeschränkt. Beispielsweise wurden häufig die Demonstrationsrouten in unbewohnte Gebiete verlegt, die erlaubten Dezibelgrenzen für Lautsprecheranlagen in absurd niedrigen Bereichen angesiedelt oder der gesamte Zug von massiven Polizeiketten umgeben, so dass Transparente für PassantInnen kaum lesbar waren und Flugblätter nicht verteilt werden konnten.

Der Versuch der Stadt Pforzheim, sich für derartige Sabotageaktionen gegen das Versammlungsrecht auch noch von den Betroffenen bezahlen zu lassen und zugleich die VeranstalterInnen von Demonstrationen auf finanziell besser gestellte Organisationen zu beschränken, kann nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts als gescheitert betrachtet werden.

Allerdings äußerten sich die Karlsruher Richter nicht grundsätzlich zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Demogebühren und schlossen eine Revision durch die beklagte Stadtverwaltung nicht aus. Zudem besteht in anderen Bundesländern wie z. B. in Bayern die rechtliche Grundlage für Demogebühren, was die Möglichkeit offenlässt, dass das Land Baden-Württemberg diesem schlechten Beispiel folgt. Dennoch muss das Urteil als klarer Sieg für die Versammlungsfreiheit gewertet werden.

"Damit hat das Gericht klargestellt, dass Behörden nicht völlig willkürlich politische Grundrechte durch finanzielle Hürden einschränken und sie als käuflich erwerbbare Ware definieren dürfen. Über das Urteil des Karlsruher Verwaltungsgerichts hinaus bleibt es aber wichtig, grundsätzlich gegen solche absurden Einschränkung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung vorzugehen - auch und gerade dort, wo solche Grundrechtsverletzungen wie in Bayern gesetzlich abgesegnet sind", erklärte Sprecher Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.

Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e. V.
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Roter Helfer 01.04.2007 - 16:05
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