Evo Morales entlässt seinen Bergbauminister

Wladek Flakin 31.03.2007 18:36 Themen: Weltweit
Der bolivianische Präsident Evo Morales von der Partei Bewegung zum Sozialismus (MAS) entliess am Mittwoch seinen Bergbauminister Guillermo Dalence. Seinen Platz nahm der bisherige Vizeminister, Alberto Echazú. Der offizielle Grund für den Wechsel: Dalence war letzte Woche ohne die Erlaubnis der Exekutive nach Kuba gereist, um an einer Konferenz der Bergbauminister von Kuba, Venezuela, Bolivien und Nicaragua teilzunehmen - alle Staaten, die der Bolivianischen Alternative für Amerika (ALBA) angehören.
Der Wechsel geschieht vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den privaten Bergbaukooperativen und dem staatlichen Bergbaukonzern. Der Vorsitzender des Verbandes der Bergbaukooperativen (FCM), Andrés Villca, begrüsste die Entscheidung, denn sein Sektor habe eine bessere Beziehung zu Echazú. Dalence war wegen seiner Befürwortung der Verstaatlichung des Bergbaus ein Dorn im Auge der Kooperativen und des internationalen Kapitals (siehe The Economist vom 12. Februar,  http://www.economist.com/world/la/displaystory.cfm?story_id=E1_RSDGNNT&CFID=114948175&CFTOKEN=3c91bbc-65029586-432f-48ef-9319-9d96dd4be8e7)

Roberto Chávez, der Generalsekretär der Bergarbeitergewerkschaft Boliviens (FSTMB) äusserte seine Befürchtung, dass die Entlassung des Ministers den Prozess der Veränderung, der unter Dalence begonnen hatten, schaden würde. Dabei geht es um die Neugründung des staatlichen Bergbaukonzerns COMIBOL oder die Rücknahme von Konzessionen, die multinationalen Konzernen begünstigen.

Ein Sprecher der FSTMB sagte jedoch gegenüber diesem Autor, dass sie den neuen Minister nicht ablehnen. “Hauptsache sie nehmen nicht irgendjemanden, der keine Ahnung vom Bergbau hat. Echazú ist ein Bergbauingenieur, er hat Ahnung.” Die FSTMB sei zufrieden, solange kein Vertreter der Kooperativen an der Spitze des Bergbauministeriums stehe. Allerdings wurde als neuen Vizeminister einen Vertreter der Kooperativisten ernannt. Die FSMTB ist nur deswegen gestört, weil die Entscheidung “im Palast, weit weg von uns und den Bolivianern getroffen wurde.”

Die bolivianische Presse spekuliert, dass die unerlaubte Reise nach Kuba nur eine Vorwand sei, und sucht nach den wahren Gründen (zwischendurch hat Dalence gegenüber der Presse gesagt, dass Morales und der Vizepräsident Garcia Linera sehr wohl von der Reise informiert waren). Dalence und Echazú umarmten sich noch auf der Pressekonferenz, als der neue Minister vorgestellt wurde. Nach den Gründen für seine Entlassung gefragt, kommentierte Dalence nur: “Sie müssen den Präsidenten fragen.” Aber bei der Vorstellung des neuen Ministers erwähnte Morales mit keinem Wort den Abgang des alten.

Dalence ist nicht in der Regierungspartei MAS und könnte deswegen als unzuverlässig gelten. Er ist eng an die staatlichen Bergarbeiter gebunden, denn er war in den 80er Jahren Vorsitzender ihrer Gewerkschaft FSTMB. Echazú dagegen ist Bergbauingenieur und Akademiker, und ausserdem eine bekannte Figur der maoistischen PC/ML, die Teil der MAS ist.

Dalence diente seit dem 6. Oktober 2006, nachdem sein Vorgänger Walter Villaroel entlassen wurde. Dieser wurde als Vertreter der Kooperativen zum ersten Bergbauminister in der Regierung von Evo Morales ernannt. Nachdem ein Versuch der Kooperativisten, ein staatliches Bergwerk in der Stadt Huanuni gewaltsam an sich zu reissen, 14 Tote hinterlassen hat, wurde Villarroel entlassen und der ehemalige Gewerkschaftsführer Dalence an seine Stelle gesetzt.

Dalence galt als Provokation für die Kooperativisten, die im Februar eine Demonstration mit 20.000 Teilnehmern in La Paz organisierten. In dieser Hinsicht könnte die Ernennung Echazús ein Versuch sein, einen Minister zu finden, der zwischen beiden Fraktionen steht. So muss die MAS-Regierung an allen Fronten versuchen, die wachsenden Spannungen im Land – zwischen staatlichen Bergarbeitern und Kooperativisten, zwischen Indigenen und “Weissen”, zwischen Hochland und Tiefland, zwischen arm und reich - mit immer neuen Kompromissen zu beruhigen.

von Wladek Flakin, La Paz, 29.3.07
von der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION (http//www.revolution.de.com)
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