150 auf Antifa-Warm-Up-Demo in Lübeck

BAAN 30.03.2007 23:35 Themen: Antifa
Heute fand in Lübeck einen Tag vorm Naziaufmarsch am 31.3. eine antifaschistische Warm-Up-Demo unter dem Motto "Kein Raum für Nationalismus, Rassismus und deutsche Geschichtsverdrehung!" statt. Am frühen Abend bewegten sich etwa 150 TeilnehmerInnen größtenteils aus dem autonomen Antifa-Spektrum lautstark durch die Innenstadt.
Die Demo zu der das "Bündnis Autonomer Antifas Nord [BAAN]" aufgerufen hatte, startete mit knapp einer halben Stunde Verspätung gegen 17.30 Uhr vom Bahnhof. Da die Polizei den Auftaktort in eine wenig belebte Straße parallel zu den Bahnschienen legte, fand hier keine Kundgebung statt. Der Demozug ging lautstark auf der für morgen genehmigten Route des "Trauermarsches" vom gesamten norddeutschen Nazispektrum am Holstentor vorbei zum Kohlmarkt, wo die erste Zwischenkundgebung stattfand. In einem Redebeitrag wandte sich die "Gruppe Zunder (Kiel)" nahe der belebten Einkaufsstraße gegen jegliche Art von Nationalismus, sei er zum Zwecke kapitalistischer Machterhaltung oder Überzeugung verfolgungswahnsinniger potentieller Massenmörder.

Mit zeitweise lautstarken Parolen gegen den morgigen Naziaufmarsch, staatlichen Rassismus und deutschen Nationalismus ging der antifaschistische Protest einmal durch die Innenstadt. Nachdem die "Autonome Antifa Ostholstein" während der zweiten Zwischenkundgebung den morgigen Versuch der Neo- und Altnazis, anlässlich des Jahrestags der alliierten Bombenangriffe auf Lübeck, deutsche Geschichte in einen Opfermythos eines unschuldigen Volkes umzulügen, als unerträgliche Geschichtsverdrehung bloß stellte, bewegte sich die Demo zurück zum Bahnhof. Hier endete sie mit einer kurzen Abschlusskundgebung zum letzten Stand zu den morgigen Gegenaktivitäten. Die Auftaktkundgebung der Demonstration des "Wir können sie stoppen!"-Bündnis beginnt um 10 Uhr am Markt.

Die Bullen begleiteten die Demo mit einigen Kräften, hielten sich aber verhältnismäßig zurück.

Die heutige Antifa-Demo war bei recht guter Stimmung und bestem Wetter ein gelungener Auftakt für erfolgreiche Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch an diesem Wochenende in Lübeck und konnte hoffentlich einige derjenigen, die bisher noch nichts von den samstäglichen Zuständen in Lübeck wussten, dazu bewegen, an den Antifaaktionen teilzunehmen.

Aktuelles und nützliches unter www.wirkoennen-sie-stoppen.de und www.baanord.tk.
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Ergänzungen

Richtiger Link

@utonomer Verlinker 31.03.2007 - 04:01

Redebeitrag der Gruppe Zunder (Kiel)

GZ 01.04.2007 - 01:17
Wir sind nicht Deutschland, nicht Papst und das hier ist kein Sommermärchen!

Spätestens mit der Fußballweltmeisterschaft letzten Sommer ist es für alle sichtbar geworden: Was 1990 mit der Aneignung der DDR durch die Bundesrepublik und den Jubelorgien kapitalismussehnsüchtiger Deutscher begann und in den darauf folgenden Jahren von NPDlern bis Grünen gepredigt wurde ist kollektiv getragener Normalzustand geworden:
Die Deutschen dürfen wieder Patrioten sein und völlig unbeschwert von Iro-Perücke bis Autodach die schwarz-rot-gelben Farben hochhalten! Bestätigt durch „Du bist Deutschland!“-Kampagnen, einen deutschen Papst, der sich seiner HJ-Vergangenheit nicht schämt und wohltätige humanitäre Kriegseinsätze, die der ganzen Welt Deutschlands Lehre aus seiner längst abgeschlossenen Vergangenheit überbringen soll.

Alles eine völlig normale Entwicklung eines „Volkes“, das nach 60 Jahren ohne Identität endlich wieder zu sich findet?

Wer einen Blick hinter die schwarz-rot-gelbe Plastikfahnenfassade wagt, findet dahinter außer ´ner Pulle Öttinger für 29 Cent wahrscheinlich alles andere als das, was auf eine unverkrampfte Party schließen lässt. Für viele derjenigen, die im letzten Sommer am lautesten nach Deutschland schrieen, war dies der krampfhafte Versuch, wenigstens für 90 Minuten plus Nachspielzeit zum großen Ganzen dazugehören zu dürfen. Auch wenn mensch das ganze Restjahr, als Sozialschmarotzer entwürdigt, auf dem Sozialamt nach Almosen betteln darf, der Arztbesuch zum Luxus verkommt und auch das Bildungssystem nach und nach so umgetüftelt wird, dass das auch für die eigenen Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit so bleibt. Aber für den Kauf einer deutschen Plastikfahne reichte die Kohle sogar für diejenigen, die ein paar Monate nach der großen Fußballsause plötzlich als „neue Unterschicht“ aus dem nichts kommend das deutsche Spielfeld betraten. Ein paar aufrührerische Querköpfe in Medienlandschaft und Politik kamen daraufhin auf die Idee, dass die materielle und geistige Verwahrlosung von Teilen der so offenen deutschen Gesellschaft vielleicht doch was mit dem schikanösen Verarmungsprogramm „Hartz 4“, drei Euro Stundenlohn für Vollzeitarbeit oder der Wegkürzung von sozialen Freizeitangeboten zu tun haben könnte. Aber nix da, einer Debatte um die Ursachen von Armut in einem der reichsten Länder Welt wurde mit dem guten alten Totschlagargument des kapitalistischen Sachzwanges, des Wohlergehen des Wirtschaftsstandortes und der ach so leeren Kassen geschickt die Luft abgedrückt, bevor sie beginnen konnte.

Richtig gefährlich wird das ganze, wenn der fahneschwingende Hans Mustermann feststellt, dass trotz des für das deutsche Wohlergehen bereitwillig immer enger geschnallten Gürtels, statt Besserung ihm immer mehr die Luft wegbleibt und sich all das ganze „Du bist Deutschland!“ Gelaber als reiner Beschiss entpuppt. Dann wird er sich der Einfachheit halber statt von dem so lieb gewonnen und mit offenen Armen angenommenen Stolz auf seine Nation wahrscheinlich eher von der naiven Gutgläubigkeit gegenüber „den da oben“ verabschieden und stattdessen selbst Hand anlegen. Gegen alles, was ihm nicht deutsch genug erscheint oder es auch gar nicht will: Ob nun MigrantInnen, Linke oder Homosexuelle. Gleichzeitig wird der ihm eingeimpfte - angeblich gesunde - Nationalismus der willkommene Anknüpfungspunkt für gewisse wirre, antisemitische und weltverschwörerische Theorien als kläglicher Erklärungsversuch für den kapitalistischen Normalzustand sein. Auch eine geschichtsverfälschende Opferhaltung eines angeblich jahrelang gescholtenen, unschuldigen Volkes findet seinen Nährboden im „gesunden Nationalismus“, Beides wird morgen von den Nazis aus NPD und Kameradschaften, die hier in Lübeck aufmarschieren wollen, wiederholt propagiert werden.

Dass dies auch anders geht zeigt, dass viele Menschen anfangen, den Fehler nicht als von außen kommend oder gottgegeben, sondern in dem in seiner Logik auf Ausbeutung und Klassengesellschaft beruhenden kapitalistischen System zu suchen. Dies wird z.B. daran deutlich, dass in den letzten Jahren der Unmut über die meist individuelle Bedrohung der eigenen Existenz wieder vermehrt auf die Straße getragen wird. Ob mit wilden Streiks bei Opel, in Form der Montagsdemobewegung, mit den andauernden Protesten gegen Studiengebühren oder als der kommende Massenprotest zum diesjährigen G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm. Dass diese Bewegungen leider alles andere als frei von nationalistischen Scheinlösungsmodellen oder wilden Verschwörungstheorien sind, sollte uns als radikale, emanzipatorische Linke nicht grundsätzlich abschrecken. Im Gegenteil, dies sollte uns ermutigen, antinationalistische, sozialrevolutionäre Positionen überall dort sichtbar zu machen, wo sie zumindest angehört werden.

Nationalismus bleibt scheiße, ob als Mittel kapitalistischer Machterhaltung oder als Überzeugung von verfolgungswahnsinnigen, potentiellen Massenmördern.
Denn wir brauchen weder einen HJ-Papst, noch eine Identität durch vor gerade mal zwei Jahrhunderten mit der Etablierung bürgerlicher Herrschaft herbeikonstruierte, rein zufällige Nationalstaaten.
Unsere Lösungsvorschlag für die menschenunwürdigen gesellschaftlichen Zustände hier und weltweit lautet nicht etwa den Gürtel enger zu schnallen oder gegen herbeihalluzinierte Volksfeinde zu hetzten, sondern das schwachsinnige, mörderische kapitalistische Herrschaftssystem über Bord zu werfen und an seine Stelle eine solidarische, gleichberechtigte Gesellschaftsordnung zu stellen.

Deutschen Nationalismus bekämpfen!
Kapitalismus abschaffen!















Bild

von HL-Live 01.04.2007 - 01:23
Antifa-Warm-Up-Demo, 31.3. Lübeck

Bericht der LN-Online

30.3. 01.04.2007 - 01:34
"Warm up": Linke probten schon mal vor der großen Demo heute

Mit 40 Minuten Verspätung wegen technischer Probleme, aber voller Entschlossenheit machten sich gestern etwa 100 linke Demonstranten auf den Weg vom Bahnhof auf in Lübecks Innenstadt. Begleitet von einem guten Dutzend Polizeiwagen legten die Protestierenden den Verkehr am Lindenteller lahm, bevor es vorbei am Holstentor zur ersten Zwischenkundgebung am Kohlmarkt ging. Auch in der City hatte die Polizei die Straßen abgeriegelt.

Die Passanten in der Stadt scharten sich um die Menge aus schwarz gekleideten, die Gesichter hinter großen Sonnenbrillen versteckenden Linken. Am Vorabend der für heute angekündigten Kundgebung rechter Demonstranten in der Stadt betonten die Linken, man werde nicht zulassen, "dass die Nazis den Bahnhof auch nur verlassen", geschweige denn "einen Schritt in die Innenstadt machen". "Nazi-Aufmarsch verhindern!", forderten sie auf ihren Plakaten.

Der Protest verlief friedlich. Für heute werden rund 3000 Gegner der Nazi- Kundgebung am Kohlmarkt um 10 Uhr erwartet. kb

Bericht von HL-Live

30.3. 01.04.2007 - 01:35
Warm up: Laut gegen Nazi-Demo

Friedlich ging am Freitagabend gegen 19.15 Uhr die so genannte "Warm up Demo" gegen den rechten Aufmarsch am Samstag zu Ende. Sie begann mit über einer halben Stunde Verspätung am Bahnhof.

Die Strecke führte die knapp 100 - überwiegend jungen - Teilnehmer über Holsten- und Königstraße durch die Stadt. Die Demonstranten machten zwar lautstark auf ihr Anliegen aufmerksam, zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei meldet lediglich kleinere Verkehrsbehinderungen.

Das Aktionsbündnis "Wir können sie stoppen" ruft für Samstag um 9.30 Uhr zu einem Gottesdienst in der Marienkirche auf, um 10 Uhr beginnt eine Demonstration auf dem Markt. Von dort führt der Weg über die Königstraße, den Koberg, die Beckergrube und die Untertrave zur Willy-Brandt-Allee, wo eine Abschlusskundgebung geplant ist.

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