Brunnenstr. 183: Räumung oder Runder Tisch ?

Hanna 30.03.2007 19:01 Themen: Freiräume Kultur Soziale Kämpfe
Der Konflikt um die Brunnenstr.183 schwelt weiter. Trotz eines runden Tisches haben sich die Bewohner_innenn mit dem neuen Eigentümer Manfred Kronawitter noch auf keine Lösung verständigen können. Bisher war der Eigentümer durch Müllräumung, Anzeigen wegen Verleumdung gegen einen Bewohner der Brunnenstr.183 und gegen die Passauer Zeitung aufgefallen. Am runden Tisch zeigte er sich wohl gesprächiger. Am Telefon auch. Ein Interview mit Dr. Manfred Kronawitter:
*Herr Kronawitter, Sie schreiben in einer Presseerklärung, Sie würden soziale Projekte, soziale Utopien wie den Umsonstladen begrüßen. Warum sorgen Sie dann gerade für das Ende dieses Projekts?

Das ist Unsinn. Ich zerstöre kein Projekt! Ich habe ein verrottetes Haus gekauft, das in seinem jetzigen Zustand wirklich nicht gerade viel Platz für soziale Utopien lässt. Wenn ich mir das Haus anschaue, wundert´s mich eher, dass da drin überhaupt noch jemand leben kann. Gesund ist das auf jeden Fall nicht. Mir war lediglich aus dem Geichtsgutachten bekannt, dass das Gebäude offensichtlich durch Hausbesetzer genutzt wird und sich im Erdgeschoss ein Ladengeschäft befindet. Und jetzt da die Nummer des bösen Kapitalisten aufzumachen, der alles kaputt machen will, ist lächerlich. Vielleicht haben Sie auch den Rest meiner Erklärung gelesen, dann wissen Sie auch, dass ich nicht vorhabe, etwas kaputt zu machen.

*Sie sprechen da etwas undurchsichtig von einem sozialen Projekt für alte Menschen, das könnte auch der Altersruhesitz von gut Betuchten sein?

Sie haben doch keine Ahnung! Wie alt sind Sie? Sie haben wahrscheinlich noch nicht gesehen, wie Menschen in Altersheimen dahinvegetieren, wie Menschen dort nur noch auf ihren Tod warten. Jahrelang durften sie schuften, haben eine Familie gegründet und am Ende sitzen sie alleine da, abgeschnitten vom gesellschaftlichen Leben, Kultur, Theater, Cafehaus, Politik! Das alles ist für sie nicht mehr vorgesehen. Sie müssen bestenfalls noch Bastelstunden über sich ergehen lassen. Ich habe da eine andere Vorstellung vom Altwerden. Leider wird das alles nur noch schlimmer. Der Sozialstaat wird abgebaut, Altersarmut nimmt zu. Und am Ende bist du einsam. Und wenns ganz schlimm kommt, arm und vereinsamt. Das muss alles ganz anders werden. Statt allein zu wohnen, müsste man mit mehreren in einem Haus zusammen wohnen, statt am Stadtrand irgendwo mit den Vögeln zu zwitschern, mitten drin im Leben. Dazu braucht man Wohnungen, in denen du im Notfall auch mit Krücken oder Rollstuhl zurechtkommst. Und vielleicht ist da ein junger Nachbar, der einem den Einkauf mitmacht. Und das ist es, was ich in ganz kleinem Rahmen umsetzen möchte: generationenübergreifendes, barrierefreies Wohnen. Ohne Verein, ohne staatliche Gelder, ohne großes Brimborium.

*Warum müssen Sie das unbedingt in Berlin machen?

Warum muss ich mich rechtfertigen, dass mir Berlin gefällt? Haben Sie was gegen Fremde? Natürlich Berlin, selbstverständlich Berlin! Weil in Berlin der Bär tanzt. Kann sich ein Rentner was Besseres vorstellen, als in der Großstadt zu leben, in der Nähe eines Parks, neben Cafes und nahe dem Einkaufsladen, mit nur ein Paar Schritten zum öffentlichen Verkehrsmittel. Hier pulsiert das Leben, im Sommer wie im Winter, und er hat auch am Lebensabend noch Anschluss daran.

*Sie haben laut Presseerklärung des Umsonstladens die komplette Schließanlage des Hauses zerstören lassen, wozu?

Das ist doch nicht wahr. Von Anfang an haben die Bewohner mich als Feind betrachtet. Erst wurde mir gesagt, dass jeder Kontakt nur über den Anwalt laufen soll. Dann wurde von ihnen behauptet, ich wollte nicht mit ihnen reden. Als ich in den Hof hinein wollte, wurde mir die Hoftüre zugesperrt. Ich konnte noch nicht einmal mit einem Architekten das Kellergeschoß besichtigen. Ein Schlüssel existierte nicht, da ja auch niemand mir als Mieter gegenübertreten wollte, und eine Schließanlage hat es überhaupt niemals gegeben. Kafkaesk nennt man so was auch. Ich habe dann dem Anwalt gesagt, dass ich eine neue Schließanlage einbauen lassen werde, und die Mieter einen neuen Schlüssel haben können. Das alles habe ich auch noch über einen Aushang an der Türe vorher angekündigt. Das war wohl für Einige schon ein aggressiver Akt, jedenfalls reagierten einige Herren dort dann ziemlich bedrohlich. Und wenn mich jemand ungerechtfertigt beleidigt und bedroht, werde ich sauer. Das war keine vernünftige Kommunikation, wie ich es mir vorstelle. Da wird der Presse gegenüber behauptet, ich hätte fremde Wohnungen betreten und damit Hausfriedensbruch begangen. Das ist nicht wahr. Diese Verleumdung wurde systematisch von einem Herrn aus dem Umsonstladen betrieben. Und dagegen war ich gezwungen, gerichtlich vorzugehen. Das Gericht hat ihm jetzt untersagt, diese Lüge über mich zu verbreiten. Aber das ist ja gar nicht das Schlimmste. Dass da Einige anfangen, Bilder von mir und meinem Praxisteam zusammen mit Lügen über mich ins Internet zu stellen, das ist eine große Sauerei. Da gab es teilweise indirekte Aufrufe, mir zuhause Besuche abzustatten! Das hat mit meinen Vorstellungen von Zivilgesellschaft nichts zu tun. Das ist bodenlos.

*Sie fühlen sich wirklich bedroht?

Ja wie würden Sie sich denn fühlen, wenn man sie fälschlicherweise als fiese Type, als bösen Kapitalist, darstellen würde und behauptet, sie wollten Mieter auf die Strasse setzen, sie würden eigenhändig deren Hab und Gut aus dem Fenster auf die Strasse werfen, also ne ganz finstere Gestalt also zu sein, und dann veröffentlicht man ihre Wohnadresse mit der versteckten Aufforderung, es mir heimzuzahlen.

*Die Brunnenstrassen-BewohnerInnnen schreiben auf ihrer Homepage, dass sie immer wieder von Attacken von Kapitalinvestoren bedroht wurden, die trickreich versuchten, ihr Hausprojekt zu zerschlagen.

Das mag ja sein. Vor allem sehe ich aber, dass dieses Haus seit vielen Jahren dem Verfall preisgegeben wurde. Und zwar von so genannten Investoren, aber wohl auch von den Bewohnern. Mich stören diese Vereinfachungen. Dass wir im Kapitalismus leben, wissen wir alle. Die Verteilung von Eigentum ist höchst ungerecht. Hier und vor allem im Rest der Welt. Aber dahinter stecken doch keine bösen Einzelpersonen. Es sind riesige Konzerne, es sind bestimmte Spielregeln, ein System, das viele Facetten hat. Wer hier nicht unterscheidet, hat wirklich ein sehr einfaches Bild vom Kapitalismus. Und wenn ich da an die Methoden denke, mich als Feind zu brandmarken, macht mir das ein wenig Angst. Nicht nur persönlich, nein, auch wenn ich daran denke, dass sich diejenigen, die das tun, sich auch noch als „links“ bezeichnen und die Welt verändern wollen. Ich meine, man sollte genau hinschauen: warum macht wer was, und dann auch Unterschiede zur Kenntnis nehmen. Auf jeden Fall steht fest: Ich bin kein Hedge-Fond, und unabhängig von meinem Aussehen bin ich auch nicht die Fratze des Kapitalismus. Mein Ziel ist, und das betone ich, nicht die Zerschlagung eines Hausprojekt, sondern die Realisierung meines Wohnprojekts. Und das muss wirtschaftlich durchgerechnet werden, weil sonst funktioniert so was nicht, es sei denn, man hat genug Geld und kann es verschenken , ohne wenn und aber!
Und wenn mich jemand zu Unrecht angreift, dann ergreife ich nicht die Flucht. Das kann ich Ihnen versprechen.

*Aber nun scheint doch etwas Bewegung in die Verhandlungen gekommen zu sein. Vor einigen Woche gab es einen runden Tisch beim Bezirksamt. Sehen Sie Chancen für eine Einigung?

Ich habe etwas dafür getan, aber leider war das Ergebnis nicht gerade berauschend, eher traurig. Ich fand es erstmal eine Zumutung, mit anonymen Menschen zu verhandeln. So etwas bin ich nicht gewohnt. Das ist alles sehr einseitig. Ich habe mich vorgestellt, bin jederzeit ansprechbar. Und die Bewohner machen auf heimlich, listig, nicht fassbar. Schlimm fand ich auch die anwesenden Politiker. Keiner hat ernsthaft versucht, das Projekt Brunnenstr. zu unterstützen mit konstruktiven Vorschlägen. Das war nur BlaBla. Herr Hirsch als Vertreter des Senats sagte sogar, dass es keine Gebäude in Berlin geben würde, die als Ersatz angeboten werden könnten. Er schloss definitiv Hilfe vom Senat aus. Das ist eigentlich eine Frechheit, wenn man den Leerstand von Gebäuden im öffentlichen Besitz kennt.

*Was haben Sie denn für eine Lösung getan?

Sie können meine Vorschläge alle in meiner Pressemeldung nachlesen. Das ganze wurde vom Bezirk auch protokolliert. Für mich ist klar: Mietvertrag bleibt Mietvertrag. Ich werfe niemanden mit einem gültigen Mietvertrag aus dem Haus. Ich bin sogar einen Schritt weiter gegangen und biete denjenigen, die bisher dort als wohnend gemeldet waren, einen sozialverträglichen Mietvertrag nach der Sanierung an. Für den einzigen Rentner im Haus biete ich weitreichende Sicherheiten. Das ist mehr als die Stadt Berlin tut, die gerade ganze Mietsblöcke an Hedge-Fonds verscherbelt hat.

*Aber den Umsonst-Laden wollen Sie doch draußen haben.

Das ist nicht wahr. Ich habe auch schon der Taz gesagt, dass der Laden zwar nicht in mein Wohnprojekt passt, dass ich die Idee aber sympathisch finde. Wenn der Laden keine besseren Räumlichkeiten findet, werden wir einen gewerblichen Mietvertrag machen müssen. Ich kann aber das Projekt nicht finanzieren. Schon jetzt sitze ich auf hohen Summen von Betriebkosten, die seit Jahren von niemandem bezahlt werden. Jetzt will Vattenfall plötzlich Geld für Strom von mir, den ich nicht verbraucht habe. Falls ich Geld zum Spenden übrig habe, bestimme immer noch ich, für wen. Und mir liegt menschenwürdiges Wohnen im Alter am Herzen. Hierauf konzentriere ich mein Engagement.
Der Berliner Oberbürgermeister Wowereit hat doch im Wahlkampf seine Unterstützung für den Umsonstladen verkündet. Ich verstehe nicht, warum die Bewohner hier von ihm und den politischen Parteien nicht auch Taten einfordern. Stattdessen wird mir als Privatmensch soziales Sponsoring abverlangt, zu dem ich wirtschaftlich gar nicht in der Lage bin.

*Wie soll es weitergehen?

Ich kann nur für mich sprechen. Ich bin zu Gesprächen und nach Sanierung zum Abschluss von Mietverträgen unter den von mir genannten Konditionen bereit. Ich bin für eine Lösung ohne Polizei. Aber das ist von den Bewohnern und deren Rechtsanwalt abhängig. Sicher ist, ich lasse mich nicht veräppeln und den Beginn von dringenden Baumaßnahmen weiter verzögern. Dass Haus muss so schnell wie möglich saniert werden. Die Wohn- und Lebensbedingungen sind dort nicht menschenwürdig. Durch die Verweigerungshaltung der Bewohner werde ich gezwungen, Schritt für Schritt den Rechtsweg zu gehen, um die Sanierung umzusetzen. Das mache ich so, wie es sich in einer Zivilgesellschaft gehört, nur mit rechtsstaatlichen Mitteln. Das ist alles, was ich tun kann, und tun werde.

*Herr Kronawitter, ich bedanke mich für das Gespräch.
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Ergänzungen

presseerklärungen

nicht egal 30.03.2007 - 20:23
Alle Presseerklärungen der Brunnenstr. 183 gibt es hier:
 http://www.brunnen183.de/umsonst.html

Presseerklärungen vom Eigentümer sind hier:

Pressemitteilung vom 13. März 2007

Runder Tisch sucht Lösung für die Brunnenstrasse 183

Am Donnerstag werde ich zusammen mit Vertretern des Bezirksamts Mitte, interessierten Vertretern der Parteien in der BVV, Betreibern des Umsonstladens und dem Anwalt der Hausbesetzer, Herrn Heusinger, an einem runden Tisch versuchen, im Konflikt um die Brunnenstrasse 183 in Berlin-Mitte eine zufrieden stellende Lösung für alle Beteiligten zu finden.

Zum Hintergrund meines Engagements:
Meine berufliche Erfahrung des würdelosen Umgangs mit alten Menschen in unserer Gesellschaft ließ eine Idee entstehen: Sanierung eines Altbaus in überschaubarer Größenordnung, um ein menschenwürdiges, nachhaltiges Wohnen in Berlin zu ermöglichen. Die Lage des Hauses sollte für die Bewohner mit öffentlichen Verkehrsmittel gut erreichbar und möglichst zentral sein – kurz: mitten im Leben! Die Wohnungen sollten so gestaltet sein, dass ein generationenübergreifendes, barrierefreies Wohnen in flexiblen Wohngruppen oder Einzeln von der Wiege bis ins hohe Alter möglich wäre, ohne Angst vor einem drohenden Umzug aus Behinderungs- oder Altersgründen zu haben. Das Finden eines geeigneten Objektes war schwierig, der Kauf des Objektes kompliziert, der Zustand des Hauses miserabel: Brunnenstrasse 183 in Berlin-Mitte. Die bisherigen Eigentümer hatten offensichtlich kein Interesse oder nicht die Möglichkeit, lebenswürdige Wohnbedingungen zu schaffen. Das Haus ist teilweise einsturzgefährdet und der sonstige Zustand kann ohne Übertreibung als gesundheitsschädlich bezeichnet werden. Sanierungsarbeiten sind schon seit Jahren dringend notwendig.

Feindseligkeiten der Bewohner
Schlimm war von Anfang an die mangelnde Gesprächsbereitschaft der bisherigen Bewohner und ihr offensichtlicher Hass auf den neuen Eigentümer. Das alleinige Ansinnen, den Hof oder Dachboden zu betreten, wurde von Einigen mit Drohungen, mit Beleidigungen und letztendlich Verleumdungen beantwortet. Gegen die Verleumdung eines der Betreibers des „Umsonstladen“, ich hätte widerrechtlich eine Wohnung betreten und fremdes Eigentum vom Dachboden auf die Strasse geschmissen, musste ich mich per Unterlassungserklärung zur Wehr setzen. Das Urteil gegen den Verleumder ist rechtskräftig. Auch andere Methoden machen eher Angst vor den dahinter liegenden Vorstellungen von „emanzipierter und freier Gesellschaft“. Hier soll wohl von Einigen versucht werden, einen plumpen „Klassenkampf“ zu inszenieren, den es nicht gibt. Weder ist mein Projekt mit den Plänen von renditegeilen Hedge-Fonds zu
vergleichen, noch ist mir die soziale Lage von Menschen in unserer Gesellschaft egal. Im Gegenteil: ich beabsichtige, mit meinen begrenzten Möglichkeiten an einer Verbesserung innerhalb der bestehenden Grenzen zu arbeiten. Somit handelt es sich bei meinen Plänen für die Brunnenstr. 183 nicht um die brutale Zerstörung eines sozialen Zusammenhangs, sondern eher um unterschiedliche Vorstellungen davon. Es ist für mich nicht sozial, wenn gebrechliche Menschen ohne Heizung in zugigen Wohnungen mit Einfachverglasung den Winter überstehen müssen.

Soziale Gesellschaft
Auch ich verfolge das Ziel einer sozial gerechten Gesellschaft. Insofern gibt es Gemeinsamkeiten, auch wenn bei einigen Szene-Unterstützern des Umsonstladens recht einfache Gut/Böse-Vorstellungen herrschen. Der „Umsonstladen“ wurde zu einem Aushängeschild in der Szene, wobei die Logik des dortigen „Handels“ auch bei „Linkstheoretikern“ nicht wirklich nachvollzogen werden kann. Immerhin stellt er als ein Stück „Schlaraffenland“ einen Farbtupfer in der tristen Kiezlandschaft und eine „Bereicherung“ in vieldeutigem Sinne dar. Können die Kosten für die Verwirklichung dieser „Sozialutopie“ wirklich einer Privatperson aufs Auge gedrückt werden? Oder ist es nicht doch eher so, dass für solche auch von mir begrüßten sozialen Versuche oder Projekte die Gemeinschaft, sprich Senatsverwaltung und Bezirksverwaltung, die richtigen Anlaufstellen sind? Gibt es nicht zahlreiche Liegenschaften in Berlin-Mitte, die im Augenblick nur Kosten verursachen, ohne dass eine sinnvolle Nutzung diese rechtfertigen würden? Was hindert daran, solche Kostenverursacher in Nutzbringer umzuwandeln, in dem sie in sozial förderliche Projekte und Maßnahmen eingebunden werden?

Gemeinsame Lösung
Die Verwirklichung meines privaten Projektes, eines sozialen und solidarischen Wohnens von verschiedenen Generationen unter einem Dach, ist es mir wert, trotz der mir entgegengebrachten Vorurteile meine Gesprächsbereitschaft zu zeigen. Soweit es mir als Privatperson möglich ist, werde ich den Bewohnern der Brunnenstrasse 183 entgegenkommen. Ganz sicher ist aber für ein konstruktives Gespräch auf dem Boden der Legalität auch die Kompromissbereitschaft der Bewohner und die Bereitschaft zur kreativen Suche nach Lösungsmöglichkeiten von Seiten der Senatsverwaltung und des Bezirks Mitte notwendig. Ich hoffe auf eine schnelle und für alle Seiten zufrieden stellende Lösung des Konflikts um die Brunnenstrasse 183.

Passau, den 13. März 2007 Dr. Manfred Kronawitter

2. Presseerklärung vom Eigentümer

bvv-mitte 30.03.2007 - 20:30
Pressemitteilung Runder Tisch Brunnenstrasse 183 vom 15. März 2007

Traurige Erkenntnis:
Keine Hilfe für den Umsonstladen durch Land Berlin - Mediation vorgeschlagen

Bereits zu Beginn des Runden Tisches kam es zu einer Absurdität: Herr Rechtsanwalt Heusinger wollte die Namen der von ihm am Runden Tisch vertretenen Personen nicht preisgeben. Anwesende Vertreter der Brunnenstrasse stellten sich mit Pseudonymen oder Vornamen vor. Eigentlich wäre das schon Grund genug für mich gewesen, das Treffen abzubrechen. Wenn doch Mietverträge angeblich bestehen sollen, warum werden dann dem Eigentümer die wesentlichen Bestandteile der Mietverträge seit über einem Jahr verschwiegen? Ich soll Verträge anerkennen, deren Inhalt ich nicht kenne. Noch nicht einmal die Vertragspartner werden mir bekannt gemacht. Trotz dieser Heimlichtuerei und beabsichtigten Undurchsichtigkeit habe ich im Interesse der Sache meine sozial verträglichen Lösungsvorschläge für eine friedliche Beilegung des Konflikts vorgelegt:

(1) Bei mir besteht grundsätzlich die Bereitschaft, ein vom Senat oder Bezirk angebotenes ähnliches Gebäude, das die Kriterien für mein Projekt erfüllt, als Ersatz zu akzeptieren. (2) Der bisher im Haus lebende und gemeldete Rentner kann auch nach der Sanierung im Haus bleiben (Senioren-WG). Übrige Mieter, die am 30. Jan. 2007 ihren Wohnsitz in der Brunnenstr. 183 hatten, erhalten bevorzugt Mietverträge, die sich am Mietzins einer Genossenschaftswohnung orientieren. Voraussetzung ist die Gewährleistung der notwendigen Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen und die Akzeptanz einer bei sanierungsbedingten Bedarf notwendigen, adäquaten Umsetzwohnung.
(3) Der Umsonstladen ist ein unterstützenswertes Projekt. Falls die Betreiber des Umsonstladens auf die kostenlose Nutzung von Räumen bestehen, müsste der Bezirk bzw. Senat, also die öffentliche Hand, für eine Finanzierung dieses Projekts sorgen. Da für den Umsonstladen größere Lagerflächen notwendig sind, bieten sich als Ersatz mehrere leerstehende Immobilien des Bezirks an. Prinzipiell kann auch für den Umsonstladen ein Gewerbemietvertrag abgeschlossen werden. Für eine kurze Übergangsfrist könnten günstige
Seite 2 Runder Tisch Brunnenstrasse 183 vom 15.März 2007 Pressemitteilung
Sonderkonditionen vereinbart werden. Der Betrieb des Ladens ist allerdings leider von mir nicht finanzierbar. Im Falle, dass der Senat (wie im Wahlkampf vom Regierenden Bürgermeister, Herrn Klaus Wowereit, versprochen) den Umsonstladen unterstützen will und eine der zahlreichen leerstehenden Liegenschaften anbietet, wäre die vollständige Realisierung beider Projekte möglich.
(4) Die bisherigen Aktionen der Bewohner sollen wohl eher der Verzögerung und dem Versuch dienen, mir finanziellen Schaden zuzufügen. Als Eigentümer habe ich einen Rechtsanspruch auf Umsetzung meines Projekts. Wenn wir heute zu keiner Einigung kommen, werde ich unverzüglich alle notwendigen rechtsstaatlichen Mittel einsetzen, um eine Sanierung und Modernisierung des Gebäudes zügig durchzuführen.

Ergebnis:
Diese Lösungsvorschläge wurden vom Rechtsanwalt Heusinger und den anwesenden Sympathisanten und Bewohnern der Brunnenstrasse abgelehnt (Sie scheuten sich nicht, einen betagten Rentner in die dreistündige Sitzung mitzubringen und zu instrumentalisieren). Ihren Vorschlag, mir das Grundstück ohne Angebot eines Ersatzobjekts abzukaufen, musste ich ablehnen, da auch ich mein Projekt verwirklichen will. Besonders interessant waren die Ausführungen des Senatsvertreters, Herrn Hirsch: Er ließ keinen Zweifel daran, dass das Land Berlin weder ein Ersatzgrundstück für den Tausch noch eine freistehende Liegenschaft für den Umsonstladen zur Verfügung stellen und keinerlei Mittel für den Betrieb (Mietzahlungen) des Ladens bereitstellen will. Es blieb bei wortreichen Lippenbekenntnissen, wie gerne doch Politik und Senat soziale Projekte in Berlin-Mitte unterstützen wollen. Als Eigentümer ließ ich keinen Zweifel daran, dass ich den Umsonstladen nicht finanzieren kann. Unstrittig war, dass der Laden keinen Mietvertrag hat. Da es zu keiner Einigung am Runden Tisch kam, bin ich also gezwungen, Räumungsklagen gegen die momentanen Nutzer anzustrengen, um die überfällige Sanierung des Hauses in die Wege leiten zu können. Zur Vermeidung einer Räumung schlug ich eine Mediation zur Klärung der Mietvertragsfrage der in der Brunnenstrasse gemeldeten Personen innerhalb eines Zeitrahmens von 4 Wochen vor. Ob dies gelingt, wird sich in kürzester Zeit zeigen.
Berlin, 16. 03.2007

Presse dazu

Martina 30.03.2007 - 20:39
TAZ v. 16.3.2007

Runder Tisch für Umsonstladen

Über die Zukunft des Hausprojekts Brunnenstraße 183 in Mitte wird neu verhandelt. Gestern trafen sie sich bei einem ersten runden Tisch BewohnerInnen mit dem Eigentümer, dem Arzt Manfred Kronawitter aus Passau. Beide Seiten hatten bisher noch nie direkt miteinander gesprochen. Kronawitter war angetan von der "äußerst angenehmen Atmosphäre" des Treffens. Moderiert wurde das Treffen von Ralf Hirsch, dem Koordinator für Hausprojekte bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Das Ergebnis: weiterreden. In den drei bis vier Wochen wollen sich die Beteiligten erneut zusammensetzen. Solange herrsche "Waffenstillstand", so eine Bewohnerin. Auch sie zeigte sich nicht unzufrieden. Das Haus in der Brunnenstraße, in dem derzeit 25 Menschen wohnen, ist seit 1990 ein linkes Projekt. Im Erdgeschoss befindet sich der Umsonstladen: Besucher können dort unentgeltlich bis zu drei Gegenstände einfach mitnehmen. Kronawitter ist der Laden jedoch ein Dorn im Auge: Er will den offiziellen derzeitigen MieterInnen zwar anbieten, nach einer Sanierung zu einer Miete auf "Genossenschaftsniveau" zurückzukehren, sagte er der taz. Der Umsonstladen aber soll raus. Darum solle sich der Senat kümmern. Der habe, so Hirsch, dafür aber keine Mittel. Der Streit dürfte also weitergehen. UST


Leserbrief vom Eigentümer in der TAZ vom 27.3.2007

Farbtupfer in Kiezlandschaft

betr.: "Runder Tisch für Umsonstladen", taz vom 16. 3. 07

In Ihrem Beitrag über die Verhandlungen zum runden Tisch für die Brunnenstraße 183 behaupten Sie, der Umsonstladen sei mir ein "Dorn im Auge" und ich sei der Meinung, die Bewohner könnten zwar sozialverträgliche Mietverträge erhalten, "der Umsonstladen soll aber raus". Das entspricht nicht der Wahrheit.

Richtig ist, dass auch für den Umsonstladen ein Mietvertrag vereinbart werden kann, obwohl er nicht unbedingt in mein Wohnkonzept für das Haus passt. Ich halte den Umsonstladen für ein unterstützenswertes soziales Projekt. Die wirtschaftstheoretisch dahinter stehende Kapitalismuskritik scheint mir zwar etwas skurril, aber dennoch sympathisch. Immerhin stellt der Laden als ein Stück "Schlaraffenland" einen Farbtupfer in der tristen Kiezlandschaft und eine "Bereicherung" in vieldeutigem Sinne dar.

Ich bin aber der Meinung, dass die finanzielle Förderung derartiger Projekte nicht auf Privatpersonen abgewälzt werden kann. Es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, in einer sozialen Stadt für sozialen Ausgleich zu sorgen. In diesem Sinne könnte der Senat bzw. der Bezirk problemlos helfen: Durch kostenfreie Nutzung ohnehin leer stehender Gebäude, die nur Kosten verursachen, wäre das Projekt gesichert. Kostenneutrale Ersatzobjekte würden von beiden Seiten des runden Tisches akzeptiert. Die kategorische Ablehnung dieser Optionen durch den Senatsvertreter Herrn Hirsch halte ich für eine sozialpolitische Bankrotterklärung. MANFRED KRONAWITTER, Passau

taz Berlin lokal Nr. 8236 vom 27.3.2007, Seite 24, 25 LeserInnenbrief

"Wowi hilf!"

Faktensucher 31.03.2007 - 01:10
Alle Pressemitteilungen im Original gibt es hier:
 http://www.frankbertermann.de/umsonst.htm

und hier ist die umstrittene Pressmitteilung des Umsonstladens:


UMSONSTLADEN berlin brunnenstrasse 183 umsonstladen.info

PRESSEMITTEILUNG 15. August 2006 (Nr. 3)

Brunnen 183 bittet: „Wowi hilf!“
Bedrohtes Hausprojekt Brunnenstrasse 183 lädt Wowereit ein

Nachdem der neue Hauseigentümer der Brunnenstrasse 183 das dort beheimatete soziokulturelle
Wohnprojekt seit Wochen bedroht und die seit langem existierenden Mietverhältnisse nicht
respektiert, sehen die Bewohnerinnen und Bewohner nur noch eine Chance: „Wowi hilf!“.

Beim morgigen Kiezspaziergang *von Klaus Wowereit durch die Brunnenstrasse wollen die
Bewohner und Projekte des bedrohten Hausprojektes „Brunnenstrasse 183“ Klaus Wowereit und
Markus Pauzenberger (MdA-Kandidat) über die aktuellen Ereignisse in ihrem Haus informieren
und für politische Unterstützung des offenen Künstler- und Projektehauses werben. Anschließend wollen die Kandidaten im Umsonstladen bei einem Kaffee über die aktuelle Lage und Perspektiven beraten.
In den letzten Wochen hat sich die Situation um das Hausprojekt in der Brunnenstrasse 183 nach einem Eigentümerwechsel dramatisch zugespitzt. Der neue Eigentümer Dr. Manfred Kronawitter aus Passau missachtet regelmäßig die Rechte der Mieter des Hauses, ist wiederholt in Wohnungen eingedrungen, hat Eigentum der Bewohner aus dem Haus entwendet und zudem am heutigen Dienstag die komplette Schließanlage des Hauses zerstört, so dass die rund 30 Bewohner des Hauses nun gezwungen sind, in einem komplett offenen und ungesicherten Haus zu wohnen. Kronawitter verweigert beharrlich die Mietverhältnisse der Bewohner anzuerkennen und in Verhandlungen eine Lösung des Problems zu erreichen.
Die BewohnerInnen und die im Haus angesiedelten Projekte hatten Anfang 2006 gemeinsam versucht, dass Haus selbst zu erwerben und damit dem sich seit Jahren drehenden Spekulationskarrussel um die Brunnenstrasse 183 ein Ende zu setzen. Doch der Eigentümer und die Gläubigerbank Eurohypo-AG hatten das Haus hinter dem Rücken der BewohnerInnen an den Passauer Arzt Dr. Kronawitter veräußert. (Nähere Infos: www.brunnen183.de)
Seit vielen Jahren ist das Hausprojekt ein wichtiger Anlaufpunkt für freie KünstlerInnen aus aller Welt.
Zudem befindet sich im Ladengeschäft des Hauses der Umsonstladen. Die Brunnenstrasse 183 liegt außerdem im Sanierungsgebiet „Rosenthaler Vorstadt“. In diesem Gebiet wurde als städtebauliches Ziel festgelegt, dass die Altbauerneuerung „mit den Betroffenen abzustimmen und sozialverträglich durchzuführen“ ist.
Weitere Informationen zum Hausprojekt und zum Umsonstladen können Sie bei uns gern
telefonisch erfragen. Ansprechpersonen sind:

- für die Mieter/-innen: XXX , Tel. XXXXXXX
- für den Umsonstladen: XXX, Tel.XXXXXXX
sowie unser Haus-Rechtsanwalt Hr. Heusinger, Tel. 84712540.

leicht durchschaubare Rhetorik

Brunni 31.03.2007 - 12:51
Spannendes Interview. Eine wichtige Frage fehlt jedoch: Warum kauft Kronawitter ausgerechnet die Brunnen183, wenn er den Umsonstladen sympathisch findet (,der sich Mieten auf Genossenschaftsniveau niemals leisten könnte) und Hausprojekte auch irgendwie gut? In zentraler Lage gibt es in Berlin viele leerstehende Häuser, durchaus auch zu dem Preis, den Kronawitter bezahlt hat. Er könnte doch der Stadt ein Gebäude abkaufen, wenn er meint, sie habe so viele leer stehen..
Und Ihr anderen KommentatorInnen: lasst Euch von Kronawitters Gequatsche doch nicht verwirren! Der Typ will die Miete um fuenf Euro pro qm anheben und spricht von Sozialprojekt für Ältere. Dafür kauft er ein besetztes Haus und will es räumen lassen. Nicht der Umsonstladen hat ein skurriles wirtschaftspolitisches Konzept - Kronawitter betreibt verkürzte Kapitalismuskritik:"Dass wir im Kapitalismus leben, wissen wir alle. Die Verteilung von Eigentum ist höchst ungerecht. Hier und vor allem im Rest der Welt. Aber dahinter stecken doch keine bösen Einzelpersonen. Es sind riesige Konzerne, es sind bestimmte Spielregeln, ein System, das viele Facetten hat." oder auch:"Ich bin kein Hedge-Fond, und unabhängig von meinem Aussehen bin ich auch nicht die Fratze des Kapitalismus." Böse sind also die Hedge-Fonds und riesige Konzerne, keine Einzelpersonen. Er gibt vor, Sysmtekritik zu betreiben, aber doch nur, um sich selbst vor Kritik zu schützen, um sein Verhalten als alternativlos hinstellen zu können. Dabei ist er Arzt, müsste kein besetztes Haus in letzter Sekunde kaufen, das die MieterInnen selbst kaufen wollten, um sein wirtschaftliches Handlungsfeld auszudehnen. Er will also sagen: schimpft auf anonyme Konzerne, nicht auf mich. Ich kann nichts für das, was ich tue. Dabei ist er Verursacher der Probleme der Brunnen183!
Fight the game, fight the players.
Brunnen183 und Umsonstladen bleiben.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

Tja leude! — ge witta

Nicht euer Ernst! — antikapitalistin

.. — .

hm, — ..

Alle böse alle fies — Warhead