Pfefferspray-Sani-Training in Bremen

Felizitas 30.03.2007 15:15 Themen: Repression
Nachdem auch in Bremen das Pfefferspray zur Lieblingswaffe der Polizei bei Demos wird [1], fand in Bremen kürzlich ein Sani-Workshop mit dem Schwerpunkt Tränengas und Pfefferspray statt. Dabei wurden Techniken ausprobiert und geübt, die bisher vor allem von US-amerikanischen Demo-Sanis propagiert wurden.
Im Anbetracht des näher rückenden G8 Gipfels und der damit verbundenen Aktionen, dachten wir uns, dass es an der Zeit ist sich auch praktisch vorzubereiten. Daher wurde zu solch einem Workshop eingeladen. Nach einer Einführung mit Rollenspielen (Deine Gruppe wird von Bullen verfolgt, eine Person stürzt aus unbekannter Ursache und bleibt liegen, die Bullen kommen, was nun?) und viel probieren, was die sonstige Demo-Erste-Hilfe angeht, ging es im zweiten Teil vor allem um den Umgang mit Pfefferspray und Tränengas.
Dabei wurden im ersten Schritt Unterschiede und Gebrauchsweisen der Stoffe erklärt.
In den letzten Jahren ist das Pfefferspray immer beliebter bei der Polizei geworden, da es zuverlässiger funktioniert. Es ist einfach eine extrem scharfe, in Öl gelöste Flüssigkeit, die entweder zersteubt oder als dicker Strahl versprüht wird. Alles, was Öl bindet, nimmt diese Flüssigkeit auf: Lippenstifte, Fettcremes und leider auch die Haut. Besonders empfindlich sind dabei die Schleimhäute und vor allem, wirklich ganz vorne die Augen. Braucht die Flüssigkeit auf normaler Haut noch etwas Zeit im richtig zu wirken, so ist dies in den Augen (und auch im Mund - bäh!) nicht der Fall.
Deshalb ist es sinnvoll sich zu Schützen, wenn es geht. Auf den meisten Demos sind dazu nur wenige Dinge möglich. Aber wir raten allen eines: Werdet BrillenträgerInnen. Wenn es damit gelingt das eindringen in die Augen zu verhindert, ist viel gewonnen.
Des weiteren scheint das Zeug (wir haben nicht das schärfste benutzt), je nach Hauttyp unterschiedlich zu wirken. Im Gesicht wirkt es extrem stark, führt zu anhaltenden Schmerzen und Rötungen der Haut. An Händen oder Beinen war dagegen bei einigen kaum etwas zu spüren. Deshalb kann es schon helfen die Hände hoch zu reißen, wenn der Strahl kommt. Allerdings solltet Ihr Euch dann nicht mit den Händen in das Gesicht fassen.
Im Weiteren haben wir die von den GenossInnen aus den USA vorgeschlagenen Methoden LAW und VOFIBA ausprobiert. Unser LAW bestand aus bei uns handelsüblichem Maaloxan, 1:1 gemischt mit Wasser, sowie Wasser zum nachspülen. Dieses wurde zum ausspülen der Augen genommen. Die Erfahrung mit dem Maaloxan war recht gut (hätte ruhig noch etwas länger benutzt werden können).
VOFIBA ist eine Behandlung, bei der das Pfefferspray erst mit Öl abgebunden und dann mit Alkohol entfernt wird. Dieses sollte schnell passieren, damit das Pfefferspray nicht zu weit in die Haut einzieht. Auch muss das Öl schnell wieder von der Haut entfernt werden, da der Ölüberschuss auf der Haut zu einem schnelleren Eindringen in die Haut führt.
Ist das Opfer der Attacke sowohl in Augen als auch im Gesicht (ist ja meistens so) getroffen, dann ist es vermutlich sinnvoll erst die Augen mit LAW zu spülen und sich dann um die Haut zu kümmern. Der Nachteil ist, dass das Spray dann Zeit hat einzudringen und es deshalb vermutlich auf der Haut noch eine Weile brennt.
Zur Zeitdauer der Wirkung lässt sich sagen: Der Schmerz lässt nach ca. 45-60 Minuten nach. Der Grund dafür ist nicht(!!), dass die Flüssigkeit abgebaut wurde. Der Grund ist, dass das Hystamin, welches als Transmitter den Schmerz überträgt, aufgebraucht ist. Da das Zeug noch auf der Haut ist, kann es durch Waschversuche oder Schwitzen wieder aktiv werden. Daher: Lasst Eure Haut im Gesicht danach für mindestens einen Tag in Ruhe. Hände, Klamotten, alles wo das Zeug dran sein könnte gehören aber gewaschen!!
Unten an diesem Text ist noch die Broschüre, die auch auf gipfelsoli.org erhältlich ist, angehängt. Da steht das alles auf Englisch und noch etwas ausführlicher drin.
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Ergänzungen

Spülen mit Wasser

RO 30.03.2007 - 17:46
Naja spülen mit Wasser bringt eigentlich nur nen kühlenden Effekt... aber da der Kampfstoff ja in Öl gelöst ist lässt er sich mit normalen Wasser nich so leicht entfehrnen...

Wegen der Sache von wegen solche Mittel (Neutralisatoren) wären passive Bewaffnung...
Der Reiz/Kampfstoff im Pfefferspray kann Verätzungen auf der Netzhaut verursachen... weshalb eine schnellst mögliche Behandlung erfolgen sollte, wenn das passive Bewaffnung ist trifft das auch auf eine Mullbinde und ein Pflaster zu... *Kopfschüttel_über_die_Bullizei*

Schutzbrillen

Michael 30.03.2007 - 23:44
Schutzbrillen, welche das gröbste abhalten sollten, gibt's für wenig Geld in jedem Baumarkt. Es gibt sie auch in Ausführungen zum über einer anderen Brille tragen, die sind allerdings auch sperriger. Wenn es etwas hochwertigeres sein soll, dann helfen Fachgeschäfte für Laborbedarf.

Reizgas Neutralisator

Sucker 31.03.2007 - 01:00
Einfach mal zum nächsten Optiker gehen, und ganz offen nach Augenspülung bei Reizgas fragen. Gibt es in großen Flaschen (ich glaub 1/2L waren das) für zwischen 5-8 Euro. Wirkt super, getestet auf der NATO Siko in München. Und falsch machen kann man bei der "Behandlung" mit dem Zeug auch nix.

CS-Pfeffer und Co.

Solix 02.04.2007 - 23:29
Oft wird in den Brustbereich geziehlt, da die Dosis meist sehr stark ist. Das Gesicht schwillt innerhalb von 30 sek böse an. Ein Kopf ist nämlich wesentlich schwerer zu treffen als die Brust, der ballistische Strahl löst sich beim Auftreffen in feinen Sprühnebel und Ende (wobei dann ein kleiner Schwenk Richtung Gesicht zusätzliche "Freude" bereitet). Am besten 10 Minuten Auge unter fließendem Wasser ausspülen, bis das Brennen deutlich nachlässt. Das Auge ist danach nur leicht gerötet. Es bleiben keine Folgeschäden bei genügend langem Auswaschen!

Beim stöbern bin ich auf das "Erste-Hilfe-Spray" gestoßen, das patentierte Produkt für schnelle Augen- und Wundreinigung. Das Spray wurde speziell für die sterile Reinigung und Linderung nach dem Einsatz von Pfeffersprays und anderen Reizstoffsprays entwickelt. Es bietet aber auch schnelle Hilfe bei sonstigen Augen- und Hautreizungen und kann auch zur Reinigung verschmutzter Wunden eingesetzt werden.

Einfach die Augen, Haut oder verschmutzte Wunde aus etwa 20 cm Entfernung besprühen. Dabei den Kontakt zwischen Sprühdose und Haut oder Wunde vermeiden.

Inhalt: 100 ml sterile physiologische Kochsalzlösung.
Größe: ca. 17 cm

Info auf:
 http://www.yatego.com/kh-security/p,45831529d8e65,45548c79e1c1b0_5,erste-hilfe-spray-100-ml?sid=08Y1175544542Y121a9241f941748353

Preis im Moment noch bei 20,47

;-)

Hier noch ein paar Tips vom G8 Gipfel in Evian, bei dem auch oft Gas auch in Kartuschen eingesetzt wurde:

1. Zitronensäure gibt einem/r kurzzeitig Linderung gegen CN/CS-Gas.
2. Aber mit dem Zitronensaft wird der menschliche Körper darüber hinweggetäuscht, wieviel CS/CN sich schon in den Atemwegen bzw. am/im Körper angereichert hat. Deswegen ist es mit Zitronensäure auch nicht mehr möglich zu erkennen, wenn die CS/CN-Konzentration zu stark, ggf. lebensgefährlich wird (u.a. Lungenödem möglich, ist ja schließlich auch als Kampfgas der Armee zur Aufstandsbekämpfung entwickelt worden). Deswegen ist es auch so gefährlich, sich mittels Zitronensäure schützen zu wollen: ganz schnell ist die Dosis an CN/CS überschritten und dann kollabiert der Körper - und dann ist schnelle medizinische Hilfe angesagt - in Demo-Situationen eher eine seltene Dienstleistung.

Der beste Schutz gegen CS/CN ist (neben professionellen Gasmasken ;) ) ein Tuch und Wasser zum Augenausspülen. Ebenso gegen Tränengas soll übrigens KAISER-NATRON helfen, das ist so´n Zeug gegen Magenübersäuerung, gibt´s in der Apotheke billig. Wird als Pulver mit Wasser angerührt und kann für Haut, Augen und auch zum Mundausspülen benutzt werden.

(Ebenso verwendbar als: Backpulver, Zahnpflege, Putzmittel, Geruchsabsorber, Weichspüler, Deodorant, durchblutungsfördernder Badezusatz, usw. Es hilft bei Insektenstichen und ist auch zum Kochen prima geeignet. Hartes Wasser wird durch Kaiser Natron weicher.
Es ist mild alkalisch und kann daher auch innerlich angewendet werden. Kaiser Natron bindet und neutralisiert organische Gerüche z.B. im Kühlschrank, Mülleimer, Auto und aus der Kleidung)




Aber man kann sich ja auch mal wehren:

ZIMTBLATTÖL, Zimtrindenöl ist noch etwas härter...oder Nelkenöl. Wirkung: Wird irgendwann mal ziemlich heiß auf der Haut.

VITAMIN C-PULVER (=ASCORBINSÄURE)
Ca. 2 Eßlöffel Pulver mit etwas Wasser gemischt. Je nach Stelle unterschiedlich schmerzhaft. Die Wirkung setzt erst nach einigen Minuten ein, aber dann immer stärker werdend: Die Haut wird wund, brennt und juckt.

ESSIG

Haushaltsessig (keine Essigessenz!) in ein Nasenspray-Fläschchen füllen.
Dann Essig wie Nasenspray anwenden. Wird ein Pumpspray-Fläschchen benutzt,
ist die Wirkung noch durchschlagender: Brennen und Kribbeln in der Nase und Nasennebenhöhlen, brennen in der Luftröhre. Auch als Sprühnebel in die Augen zu sprühen

PFEFFER

Kleingerieben in der Nase als "Niespulver" oder in den Augen als starkes Reizmittel
Wirkung: Nießen, Augenbrennen.

JUCKPULVER

Gekauftes oder selbsthergestelltes (Glaswollvlies mit Schmirgelpapier
kleinreiben; viel "effektiver")


UND WO BEKOMMT MAN ALL DIESE FEINEN SACHEN?

> Zimtblattöl, Zimtrindenöl, Nelkenöl:
...Überall da, wo es ätherische Öle und Duftlampen gibt.

> Vitamin C-Pulver:
Reformhaus, Apotheke.

> Glaswollvlies, Schmirgelpapier:
im nächsten Baumarkt

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Salzwasser — 777

Salzwasser?!..!? — Mr. Salt