Chaos an Boliviens Flughäfen

Wladek Flakin 29.03.2007 18:31 Themen: Weltweit
Ab dem 1. April brauchen alle BolivianerInnen ein Visum für die Einreise in die Europäische Union. Viele Hunderte Menschen wollen nach Europa, bevor diese neue Regelung in Kraft tritt, und deswegen gibt es Chaos auf den Flughäfen des Andenlandes. In guter bolivianischer Tradition haben Passagiere ihre Unzufriedenheit mit Besetzungen zum Ausdruck gebracht.
Am Dienstag wurde der Flughafen Viru Viru in der Stadt Santa Cruz von rund 200 Passagieren, die meisten mit Tickets nach Spanien, besetzt. Sie hatten seit mehr als 48 Stunden auf ihren Abflug gewartet. Es gab kleine Auseinandersetzungen zwischen Passagieren und Vertretern der bolivianischen Fluggesellschaft LAB, aber ein Grossaufgebot der Polizei konnte die Ruhe bewahren.

Am gleichen Tag besetzten Kunden das Reisebüro Gina Europa Tours in der Stadt Cochabamba und nahmen einige Mitarbeiter kurzzeitig als Geiseln. Sie warfen der Firma vor, mehr Tickets verkauft zu haben, als es Plätze gab.

Währenddessen wurde bekannt, dass der militärische Flugtransportdienst TAM ins Geschäft einstieg: Für 390 US$ pro Person transportierten sie Menschen von Santa Cruz nach Sao Paolo, damit sie auf einen Flug Richtung Europa umsteigen könnten. Ein Skandal enstand, weil ein solcher Flug am Montag Verspätung hatte und rund 100 BolivianerInnen in Sao Paolo sitzen blieben.

Der TAM hat eingentlich den Auftrag, Flüge zu entlegenen Orten auf dem bolivianischem Territorium zu organiseren, wo keine Linienflüge angeboten werden. Der General Luis Trigo, Kommandierender der bolivianischen Luftwaffe, zu der der TAM gehört, nannte es gegenüber der Presse ein “halbwegs dreckiges Geschäft”, denn die Befehlshaber des TAMs hätten “keine Autorisierung, Flugtickets zu verkaufen.”

Am Dienstag hat die spanische Regierung angekündigt, dass 82 Bolivianern, die mit einem Kreuzschiff in Valencia ankamen, die Einreise verweigert wurde, weil ihnen bestimmte Papiere fehlten. In den wenigen Tagen bis zum Inkrafttreten der neuen Einreisebestimmungen wird das Chaos vermutlich zunehmen.

von Wladek Flakin, La Paz, 28.3.07
von der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION (www.revolution.de.com)
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Ergänzungen

Korrektur und Update

Wladek Flakin 30.03.2007 - 04:04
Die Situation an Boliviens Flughäfen entwickelt sich zu einer wirklichen nationalen Krise.

Aber zuerst eine Korrektur: der Grund, dass diese 82 BolivianerInnen nicht vom Kreuzschiff auf spanisches Territorium gehen durften, war nicht, dass ihnen bestimmte Papiere fehlten. Wie es im Artikel heisst, brauchen BolivianerInnen erst am dem 1. April ein Visum, um in die EU einzureisen. Diese 82 hatten Unmengen an Gepäck auf Teneriffa bringen wollen; bei einer Kontrolle zeigte sich, dass ihnen entweder die Mittel für den Tourismus fehlten, oder dass sie kein Ticket für die Rückfahrt hatten, oder dass sie schon vorher aus Spanien ausgewiesen wurden. Vier BolivianerInnen, die Rückflugtickets besassen, durften in Spanien aussteigen.

Jetzt fährt das Kreuzschiff "Sinfonia" nach Genoa weiter. Ob die 82 BolivianerInnen in Italien aussteigen dürfen, ist unbekannt.

Gestern sind drei Vorstandsmitglieder der bolivianischen Fluggesellschaft LAB wegen Verdacht auf Betrug festgenommen worden. Hunderte Passagiere sitzen an den Flughäfen in Santa Cruz und Cochabamba fest, nachdem die LAB seit dem 22. März alle Flüge nach Spanien suspendiert hat. Die Passagiere schaffen es jetzt sowieso nicht nach Spanien vor dem 1. April und sie fordern ihr Geld zurück - manche hatten bis zu 3.000 US$ für den Flug bezahlt. Aber die 2,4 Millionen US$, die die LAB damit eingenommen hat, sind nicht zu finden.

Währenddessen wurde bekannt, dass Mitarbeiter der LAB US$300 von den Passagieren forderten, um Flugzeugbenzin für den Flug nach Madrid zu kaufen. Die ehemals staatliche Fluggesellschaft hat Schulden in Millionenhöhe, unter anderem acht Millionen für die Mitarbeiter, die seit 10 Monaten nicht den vollen Lohn ausbezahlt bekommen.

von Wladek Flakin, La Paz, 29.3.07

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