Randale in der Pariser Metro

Randale in der Pariser Metro 28.03.2007 12:17 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Brennende Mülleimer in der Pariser Metro: Etwa hundert Menschen haben gegen die Festnahme eines Schwarzfahrers protestiert. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Eine Fahrkartenkontrolle in der Pariser U-Bahn hat schwere Krawalle ausgelöst. Menschen, die sich keine teueren Tickets leisten konnten, werden in aller Öffentlichkeit in der Metro regelmäßig von den Kontrolleuren erniedrigt. Als dieses wieder geschah zündeten hunderte Pariser am Dienstagabend an der Station Gare du Nord Mülleimer an und warfen Gegenstände auf Polizisten, nachdem es Streit mit einem Schwarzfahrer gegeben hatte.

Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten ein. Durch diese Eskalation wurden auch Fensterscheiben eingeworfen und Geschäfte geplündert. Auch ein Informationsstand ging in Flammen auf. Die Metrostation wurde für mehrere Stunden geschlossen, neun Menschen wurden laut der Polizei festgenommen. Der konservative Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy sprach am Mittwoch in einem Radiointerview von «Aufruhr» und verteidigte das Vorgehen der Polizei.

Hunderte Schaulustige hatten sich während der Zusammenstöße am Gare du Nord versammelt. Viele Jugendliche wehrten sich mit Metallstangen gegen die Polizeiübergriffe und schlugen gegen Getränkeautomaten und Schaufenster. Mehrere Mülleimer gingen in Flammen auf.

Laut den bürgerlichen Medien wird die Szene wie folgt dargestellt:

Die Auseinandersetzung habe begonnen, als ein Mann ohne Fahrkarte während einer Überprüfung zwei Kontrolleure geschlagen habe, sagte ein Sprecher der Pariser Verkehrsbetriebe RATP. Daraufhin hätten auch Jugendliche zunächst die Kontrolleure angegriffen und dann hinzueilende Polizisten.

Kontrolleure und Polizisten seien von Projektilen getroffen worden, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Force Ouvrière. Einige Jugendliche wiesen diese Darstellung zurück. Vielmehr habe ein Polizist einen Jugendlichen afrikanischer Abstammung grob behandelt.

Die Station Gare du Nord ist ein Knotenpunkt von Metrolinien und Vorortzügen.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

fotos davon

finie l´apathie 28.03.2007 - 20:22
ich hab auf der pariser indy seite ganz nette fotos gesehen, bin aber irgendwie zu blöde zum rübertransportieren. könnte das wer o.welche anderen machen? da sind sie:  http://paris.indymedia.org/sommaire.php3?id_mot=25
danke

Police partout...

Livia 28.03.2007 - 20:35
Kurz einige ergänzungen zu den Geschenissen und dem Kontext:

Die Person die festgenommen wurde wegen Schwarzfahren ist "sans-papier" (illegaler einwanderer).

Einiges erklärt auch die Zusammenstösse in dieser Metrostation:

- es halten sich dort viele jugendliche auf, die oft von Polizei belästigt werden. Der Frust ist gross vor den ewigen Kontrollen

- seit mehreren Monaten waren die "automatische Türen" defekt so dass die Leute sich an das gratisfahren gewöhnt hatten. Seit zwei Wochen funktionnieren diese wieder und es wird massiv dort kontrolliert. Kontrolleure in Uniform "verstecken sich" und nehmen mit hilfe, der in zivil gekleideten, Kontrolleure die Leute fest. Diese Methode kommt bei den BenutzerInnen des parisen Metro eben schlecht an, da wie schon erwähnt sich viele ans gratis fahren gewöhnt hatten (der Metro ist teuer). Hinzu kommt einfach dass die Kontrolleure in Zivil Sau methoden haben

- diese Metrostation (gare du Nord) wird sehr stark bewacht. Die Repression ist dort sehr stark, andauernd werden die Leute kontrolliert. Die Police Nationale (und auch die "berüchtigte" Brigade Anti-criminalité mit ihren expeditiven Methoden), die Gendarmerie und sogar die Militärs laufen dort herum.

Es scheint also nicht verwunderlich dass es zu diesen Zwischenstössen gekommen ist. Sicherlich, ist man nicht sofort ein netter revolutinärIn wenn man ein Stein schmeisst! Dass da auch leute drunter sint die eben mehr wegen der Randale da sind als sonst ist möglich. Aber einst ist auch sicher, die Leute wollen sich nicht alles von den Bullen gefallen lassen und haben Recht sich zu wehren. Die parolen die dort gerufen worden (so wie es sogar die AFP, französische Presseagentur berichtet)wie "Police partout, justice nulle part!" (versteht ja wohl jeder, ohne übersetzung) oder "A bas l'Etat, les flics et les patrons !" (Nieder mit Bullen, Staat und Arbeitgeber) zeigen dass es nicht nur um idiotische Randale ging.
Hinzu muss man sagen dass die Leute sich eben wehren wenn die Bullen eingreifen. Vor kurzem , in Paris wollten die Bullen einen illegalen-einwanderer bei einer Schule festnehmen, der dort seine Kinder abnehmen wollte. Dort störten Eltern, passanten usw die Bullen, versuchten das Bullenauto zu stoppen etc. Am Tag darauf wurde sogar die Direktorin der Schule und eine andere Person in Gewahrsam genommen. Beide wurden nach einigen Stunden wieder freigelassen
 http://www.latelelibre.fr/index.php/2007/03/des-maternelles-du-xxeme-a-paris-sous-tension

Es ist eben halt nicht immer so spektakulär, aber es kommt schon vor dass die Leute sich gegen die Bullen wehren. Man hört eben sehr wenig davon...warum wohl?


...

Officer Krupky 29.03.2007 - 02:14
Das Problem ist komplex: Franzosen trauen i.d.R. dem Staat viel weniger als Deutsche, halten dafür die Demokratie als Prinzip höher. Französische Bullen sind gewöhnlich härter als hierzulande, aber in diesem Falle wahlloser Zerstörung genießen sie sicher die Unterstützung der Mehrzahl (!) der Pariser. Politisch sind die Auseinandersetzungen eher nicht, da fanden sich einfach mal wieder Leute, um die Sau rauszulassen. Die U-Bahnhöfe sind nachts gut bewacht, um Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen, Gangs... zu verhindern. Der Anlass mag politisch sein: "natürlich" vornehmliche Kontrolle eines fremd Aussehenden! Aber die Konsequenz war sinnlose Gewalt! Auch mal darüber nachdenken, dass kommunale Verkehrsunternehmen immer - und das wird in Paris nicht anders sein - Zuschüsse brauchen. Woher die wohl kommen? Alles für Alle umsonst funktioniert eben nicht so ohne weiteres, erst recht nicht in größeren Gemeinwesen! Zweifelsohne hat Gewalt immer soziale Ursachen, aber für den persönlichen Frust immer das "Schweinesystem" verantwortlich zu machen und sich sogar mit Krawallmachern paar hundert Kilometer weiter weg zu solidarisieren ist wohl schon krank...

Schwarzfahren in Paris...

Warhead 29.03.2007 - 15:04
...das ist was für Zeitgenossen die es wirklich riskant und abenteuerlich lieben.Erstmal ist da ne Sperre,die möchte mit nem Ticket gefüttert werden...angesichts der unglaublichen Metropreise,der unglaublichen Preise in Paris überhaupt...kein Wunder das sie alle mit Baguettes unterm Arm rumlaufen,das ist das Einzig Bezahlbare...schreit einen die Schranke regelrecht an "Überspring mich"...so getan.Dummerweise bog gerade eine Patroullie Legionäre um die Ecke,und die nehmen auch Schwarzfahrer hoch...und sie tun es nicht zärtlich,sondern effektiv.
Schwarzfahren ist unglaublich teuer,sie möchten die Kohle gleich sehen...hatte ich nicht,das gab dann ein Zwangswochenende im Hotel der Sourete.Immerhin,die haben kein Aufhebens gemacht wo einer herkommt oder wie einer aussieht,ob Barfuss oder lackschuh,sie behandelten alle gleich...unfreundlich.Eigentlich behandeln sie einen auch mit Ticket unfreundlich,man fragt etwas,sie grinsen,drehen sich um und gehen,auf Englisch,in Stückelfranzösisch,Deutsch...ob man Uniformierte fragt oder Zivilisten,es dauert lange bis man im Gängegewirr der Metro einen Samariter findet.
Ich bin mal einem Metromitarbeiter hintergehechelt...macht Tür auf,schmeist Tür zu,ich stoppe Tür und plumpse in den Raum...der ist vollgestopft mit grimmigen Fremdenlegionären,dreie schon ihre Kanone im Anschlag als ich in den Raum reinrummse...ich ächze nur "Scheisse""Pardon"...drehe mich um,brüllt einer berlinernd hinterher "ey Keule,stilljestandn,haste dir valoofen,willste heim zu Muttern?"Ein Schauerdialekt...aber in diesem Moment kam er mir wie süsse Musik vor...er zeigte mir nicht nur den richtigen Weg,der nahm gleich drei Mann mit,klemmte mich in die Mitte und fuhr mich per Metro zum Place Concorde,mit dem Rat in Frankreich und ganz besonders in Paris Französisch zu reden oder zu schweigen und verdammt nochmal lieber zu Fuss gehen anstatt sich den Stressereien mit Cops und Kontros auszuliefern...denn die Legion wacht auch über Schwarzfahrer

politisch

The Pirate 30.03.2007 - 01:06
Angesichts dessen, dass laut Agentur Reuters einige der Jugendlichen Sprüche gegen Sarkozy skandierten kann man nicht behaupten, das ganze sei unpolitisch. Es geht um das Thema "Innere Sicherheit". Man schaue sich an, dass im Gare du Nord mit Maschinengewehren bewaffnete Militärs patroullieren seit dem 11. Sept. 2001. Das wird auch nicht jedem "Normalbürger" passen. Die Jugendlichen wehren sich gegen die Kontroll- und Überwachungsscheiße.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 13 Kommentare an

Auf welcher Seite stehen die FO? — Klassenstandpunkt

"Guerilla Krieg" — Aleks

vorsicht — assel

Pff — ...

Force ouvriere — franzmann

pff? — assel

Für den zivilen Ungehorsam! — Störenfried

steilvorlage — eremitos

@ assel — pfff

nochmal zu den gangs — eigentum ist diebstahl j. p. proudhon

@chavezz — Fuck the System!

Auja... — endlich...