Polen 2007 - Ausgrenzung & Diskriminierung

eQual! Halle 15.03.2007 23:44 Themen: Antifa Gender Kultur Repression Weltweit
In Polen plant die Regierung ein Gesetz, das die Sexualaufklärung an Schulen unter Strafe stellt, wenn die Existenz von Homosexualität, die Möglichkeit homosexueller Neigungen erwähnt wird. Es drohen Geldstrafen und Berufsverbote für Lehrkräfte und Direktoren. Die Initiative eQual hat nun einen Aufruf an Politiker im Bundestag und im EU-Parlament gesendet, in dem sie eine Reaktion auf die permanente Verletzung von Menschenrechts-Abkommen, EU- und EG-Verträgen fordert.
Der Anlass
Das Bildungsministerium Giertychs, des Parteichefs der „Liga Polnischer Familien“, hat ein Gesetz geplant, nach dem Lehrer und Schuldirektoren, die im Aufklärungsunterricht an ihren Einrichtungen gleichgeschlechtliche Lebensformen auch nur erwähnen, mit Geldstrafen oder der sofortigen Entlassung rechnen müssen. Abgesehen davon, dass der Aufklärungsunterricht schon jetzt kaum seinem Namen gerecht wird, bedeutet dies ein Betätigungsverbot für alle Sexualpädagogen, die öffentlich homosexuelle Handlungen erwähnt haben. Eine Mehrheit ist dem Gesetzentwurf bereits sicher, so Ministerpräsident Kaczynski. Schließlich, so erklärt Vizebildungsminister Miroslaw Orzechowski in einem in Deutschland nicht unbekannten Duktus, „richtet sich die homosexuelle Propaganda direkt gegen die elementaren Interessen unseres Staates“.

Der Hintergrund
In Polen gibt es kein öffentliches Leben für Homosexuelle. Sie werden von einer konservativen und homophoben Gesellschaft ausgegrenzt, und die Gefahr, von Rechtsradikalen auf der Straße angegriffen und dann von der zu spät eintreffenden Staatsgewalt verhaftet zu werden, ist groß. Beispielhaft für die polnische Realität ist der Bericht eines Schwulen aus Poznań: Eine Demonstration für Gleichberechtigung war von Rechtsradikalen angegriffen worden, die Polizei nahm daraufhin alle Demonstranten fest. Die Angreifer blieben unbehelligt. „Ich kann es nicht fassen, dass ich als Bürger der EU, die alle Minderheiten schützt, von der Polizei verprügelt und wie ein Krimineller behandelt werde. Es war purer Horror, als ich nach meiner Verhaftung im Polizeiauto saß. Die Leute trommelten mit ihren Fäusten gegen die Scheiben und schrien: ,Bringt sie um! Ab nach Auschwitz, ab ins Gas!’ Und die Polizisten haben uns die ganze Zeit ausgelacht!“
Politiker aller Couleur überbieten sich mit Hetzparolen. Homophobie gehört in Polen zum guten Ton, sie sorgt oft gar für einen Karriereschub. Auch Teile der Medien, allen voran der erzkatholische Sender „Radio Maria“, verbreiten die krudesten Geschichten über die „perversen“ Homosexuellen.

Die Politik
Roman Giertych ist bekannt für seine Hetze gegen „Päderasten“ und die „schwule Kultur“. Auch mit den Juden und der Europäischen Union hat er das eine oder andere Problem. Man kann ihn jedoch nicht einfach ignorieren wie irgendeinen rechten Stammtischredner, ist er doch Polens Vize-Regierungschef und Bildungsminister.
Die Regierung Kaczynski macht Ernst: Nach der Zensurbehörde „Zentrum der guten Medien“ wurde ein „Institut für gute Erziehung“ geschaffen, zur Meinungsdiktatur gesellt sich die der Moral. Das neue Polen, Mitglied der EU, ist rückschrittlicher denn je. Unbehelligt verschickten katholische Organisationen Broschüren an die Schulen, in denen behauptet wird, dass Homosexuelle Blut und Fäkalien äßen. Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellt das geplante Gesetz dar: eine wissenschaftliche Sexualaufklärung in der Schule soll unter Strafe gestellt werden!

Action
eQual! Halle hat sich nun an Politiker in Deutschland und der EU gewandt: Die Erklärung ist auf der Seite  http://www.gleich.tk veröffentlicht.

Die Forderungen der Gruppe sind folgende:

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"Dość – Genug!
Es geht hier um den Verstoß gegen die Internationale Menschenrechtscharta und andere Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen. Es geht um die Verletzung von Artikel 6 des EU-Vertrags, Artikel 13 des EG-Vertrags und Artikels 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Für uns geht es darum auch um das Schweigen, um die Gleichgültigkeit, um die Ignoranz der europäischen Regierungen. In diesem Augenblick werden in Europa Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, ihrer Grundrechte beraubt, öffentlich verleumdet. Sie werden attackiert, ohne einen Schutzraum zu besitzen.

Wir fordern von den europäischen Regierungen und den zuständigen Stellen in der Europäischen Union bei der polnischen Regierung zu intervenieren und

die Rücknahme des Gesetzentwurfs zum ‚Schutz der polnischen Jugendlichen vor homosexueller Propaganda’,

die Respektierung der genannten Abkommen und Verträge, d. h. Rücknahme aller Gesetze und Erlasse, die die Diskriminierung von Personen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Neigung zur Folge haben,

die Gewährung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit und anderen demokratischen Grundrechten,

die Strafverfolgung von Gewalttaten gegen Homosexuelle sowie

die Strafverfolgung von antisemitischer, rassistischer oder homophober Propaganda

einzutreten.


Wir rufen Parteien, Organisationen, Vereine und Einzelpersonen auf, ebenfalls Druck auf die Länderregierungen, die EU und vor allem die polnische Regierung auszuüben und sich unseren Forderungen anzuschließen.
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eQual! Halle ist eine Initiative lesbischer und schwuler Studierender an der Martin-Luther-Universität Halle und der HfKD Burg Giebichenstein

 equal_halle@gmx.net

 http://www.gleich.tk
 http://www.kampania.org.pl


Ansprechpartner
BOTSCHAFT DER REPUBLIK POLEN
in der Bundesrepublik Deutschland

Dr. Marek PRAWDA
Botschafter
tel.: (+49 30) 22313100

Lassenstr. 19-21, 14193 Berlin-Grunewald
Tel.: (+49 30) 223130
Fax: (+49 30) 22313155
e-mail:  info@botschaft-polen.de
 http://www.berlin.polemb.net/




Erklärung von eQual! Halle
 http://www.gleich.tk
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Ergänzungen

LPR zu Problemschülern

briks 16.03.2007 - 00:12