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BGH-Urteil zu Anti-Nazi Symbolen

AutorIn 15.03.2007 12:25
Die Verwendung durchgestrichener Hakenkreuze ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht strafbar, wenn die Distanzierung zum Nationalsozialismus eindeutig ist. Der Dritte Strafsenat des obersten Gerichts in Karlsruhe hob damit das Urteil des Stuttgarter Landgerichts auf.
BGH-Urteil

Anti-Nazi-Symbole dürfen verwendet werden

Geklagt hatte ein Versandhändler, der vom Landgericht Stuttgart im September 2006 zu 3600 Euro Geldstrafe verurteilt worden war, weil er in großem Umfang Anti-Nazi-Symbole vertrieben hatte.

Bei der mündlichen Revisionsverhandlung vor dem BGH vergangene Woche in Karlsruhe hatten sowohl Bundesanwaltschaft wie die Verteidigung Freispruch beantragt.

Das Stuttgarter Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass es um eine grundsätzliche Tabuisierung nationalsozialistischer Kennzeichen gehe.

Bundesanwalt Gerhard Altvater sagte dagegen bei der Verhandlung vor dem für Staatsschutz zuständigen Dritten Strafsenat des BGH, es sei objektiv erkennbar gewesen, dass sich die vertriebenen Aufkleber und Symbole gegen den Nationalsozialismus richten. Die Symbole könnten auch nicht von Neonazis missbraucht werden.

Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wird nach Paragraf 86 a Strafgesetzbuch mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe geahndet.

Gemeint sind damit vor allem Kennzeichen aus dem Arsenal der Nazi- Propaganda - Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen oder Grußformen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, der Wiederbelebung von Nazi-Organisationen möglichst keinen Vorschub zu leisten und gegenüber dem Ausland jeglichen Anschein zu vermeiden, dass sich Nazi-Symbole in Deutschland wieder ausbreiten könnten.

Unter die Vorschrift fällt nicht nur die Verwendung solcher Symbole durch Neonazis, sondern auch ihr Gebrauch in der Werbung etwa für Schallplatten und Bücher.

Nicht strafbar ist es dagegen, wenn beispielsweise Hakenkreuze im Zusammenhang mit staatsbürgerlicher Aufklärung über das NS-Regime oder für Kunst, Wissenschaft oder zeitgeschichtliche Berichterstattung verwendet werden.

(Quelle: sueddeutsche.de)
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Ergänzungen

Mitteilung der Pressestelle

BGH 15.03.2007 - 14:24
Durchgestrichenes Hakenkreuz kein verbotenes Kennzeichen

Das Landgericht Stuttgart hatte den Inhaber eines Unternehmens wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach § 86 a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte für die Punkerszene Aufkleber, Anstecker und ähnliche Gegenstände vertrieben, auf denen nationalsozialistische Kennzeichen in einer Form abgebildet worden sind (Durchstreichen, Zerschmettern u. a.), dass bereits aus der Darstellung die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus deutlich wurde.

Der 3. Strafsenat hat das Urteil aufgehoben und den Angeklagten freigesprochen. Zur Auslegung des § 86 a StGB hat er ausgeführt, dass der Tatbestand zu weit gefasst ist und der Einschränkung bedarf. Dies war bereits im Gesetzgebungsverfahren erkannt, die Eingrenzung der Vorschrift im Einzelfall aber der Rechtsprechung überlassen worden. Dementsprechend hatte der Senat schon in früheren Entscheidungen bestimmte Kennzeichenverwendungen ausgenommen, bei denen sich aus den Umständen ergeben hatte, dass der Schutzzweck des Gesetzes ersichtlich nicht verletzt war. Nunmehr hat er entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation auch dann nicht von § 86 a StGB erfasst wird, wenn bereits der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt. Dies gilt selbst dann, wenn solche Artikel aus kommerziellen Interessen massenhaft vertrieben werden. Die Befürchtung des Landgerichts, rechtsextreme Personen könnten diese Lockerung des Verbots ausnutzen und ihrerseits derart abgeänderte Kennzeichen verwenden, hat der Senat nicht geteilt. Er ist davon überzeugt, dass Anhänger rechtsextremer Organisationen Darstellungen, in denen solche Kennzeichen in gegnerischer Zielrichtung verwendet werden, als Verhöhnung der ihnen "heiligen" Symbole empfinden und selbst nicht gebrauchen würden.

Der Senat hat die Sache selbst abschließend entschieden. Bei den vom Angeklagten vertriebenen zahlreichen Artikeln war – mit einer Ausnahme - eindeutig und offenkundig die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus deutlich gemacht worden und daher der Tatbestand nicht erfüllt. Lediglich bei einer CD-Hülle war die Distanzierung allerdings nicht auf den ersten Blick erkennbar und daher unzureichend. Doch hat der Senat ausgeschlossen, dass dem Angeklagten angesichts der besonderen Umstände insoweit ein entsprechender Vorsatz nachgewiesen werden könne, und ihn insgesamt freigesprochen.

Urteil vom 15. März 2007 – 3 StR 486/06

LG Stuttgart – 18 KLs 4 Js 63331/05 – Entscheidung vom 29. September 2006

Karlsruhe, den 15. März 2007

Pressestelle des Bundesgerichtshof
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

n-tv zitiert AABaWü

antifa 26.03.2007 - 16:01
Donnerstag, 8. März 2007

Hakenkreuz im Müll

Bundesanwälte für Freispruch

"Schildbürgerstreich" war noch die mildeste Form der Kritik, die sich das Landgericht Stuttgart anhören musste. Das "Antifaschistische Aktionsbündnis Baden-Württemberg" sah darin gar einen neuen Beleg für staatliche Repression. Kein Wunder: Die Stuttgarter Richter hatten einen Paragrafen, der die Wiederbelebung der Nazi-Ideologie eindämmen soll, ausgerechnet auf einen Versandhändler aus der Punk-Szene angewendet. Der hatte massenhaft Artikel mit derselben Zielrichtung im Sortiment - der Bekämpfung von Neonazis und Rechtsextremisten.

Seit Donnerstag dürfte die konsternierte Antifa-Szene ihren Glauben an den Rechtsstaat wiedergefunden haben: Sogar die Bundesanwaltschaft, einstmals Feindbild aller Linken, beantragte den Freispruch des Angeklagten. Und vieles deutet darauf hin, dass sich der Bundesgerichtshof (BGH) bei der Urteilsverkündung nächste Woche den Karlsruher Anklägern anschließt.

Das Stuttgarter Verfahren endete im September 2006 mit einer Geldstrafe von 3.600 Euro für den 32-jährigen Jürgen Kamm aus dem baden-württembergischen Winnenden. In großer Zahl hatte Kamm Aufkleber, T-Shirts und andere Artikel mit Aufdrucken verkauft, deren plakative Aussagen wenig Raum für Zweifel ließen: Durchgestrichene, zertretene, in den Müll geworfene Hakenkreuze, garniert mit Sätzen wie "Kein 4. Reich". So etwas gab es schon in der Weimarer Republik, als kritische Sozialdemokraten und Gewerkschaftler das Hakenkreuz der aufkommenden Nationalsozialisten karikierten. Wofür sie nach Hitlers Machtergreifung mit harten Strafen rechnen mussten.

Es waren vor allem die Stuttgarter Staatsanwälte, die sich nach Kräften mühten, Anti-Nazi-Symbole aus dem öffentlichen Raum zu verbannen. Beim zunächst widerstrebenden Landgericht erstritten sie gegen Kamm ein Urteil wegen des "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen". Es gehe den Anklägern, sagte Verteidiger Thomas Fischer, offenbar um das Ansehen Deutschlands - also etwa um die japanischen Touristen, die zu Hause empört von all den Nazi-Abzeichen berichten könnten. Plausibler, so Fischer, sei aber doch folgendes Szenario: Die Japaner erzählen daheim, dass in Deutschland Menschen bestraft werden, die Hakenkreuze durchstreichen.

Allerdings zeigte Walter Winkler, Vorsitzender des 3. BGH-Strafsenats, keinen Zweifel an der redlichen Gesinnung von Landgericht und Staatsanwaltschaft. Sie seien offensichtlich von der Sorge getrieben, dass - wenn man die Tür nur einen Spalt offen lasse - sofort die "braune Flut" nachdränge.

Und die Verhandlung zeigte, dass die Sorge so ganz unberechtigt nicht ist. Zwar waren sich Verteidiger Fischer und Bundesanwalt Gerhard Altvater einig, dass jene Anti-Nazi-Symbole aus Kamms "Nix-Gut"-Versand, deren Aussage klar und eindeutig sei, nicht vom Strafgesetzbuch erfasst werden könnten. "So etwas sollte in einem demokratischen Rechtsstaat nicht bestraft werden", sagte Altvater.

Andererseits war beispielsweise ein aus Kamms Sortiment stammendes Emblem mit einem Umweltmännchen, das nach dem Vorbild von Schildern im Stadtpark ("Halte deine Umwelt sauber") ein Hakenkreuz in den Papierkorb wirft, von der rechtsextremen Szene dankbar aufgegriffen worden. "Ihr stimmt uns heiter. Der Nationale Widerstand marschiert geschlossen weiter", dichteten die braunen Verseschmiede dazu. Und das CD-Cover einer Punk-Band mit Adolf Hitler auf dem Reichsparteitag war erst auf den dritten Blick als Nazi-Kritik zu erkennen.

So wird der BGH in seinem Urteil eine juristische Feinabstimmung vornehmen müssen, die einem Missbrauch durch die durchaus fantasiebegabte rechtsextreme Szene nicht Vorschub leistet. Dass die Richter aber die Kriminalisierung von Anti-Nazi-Symbolen stoppen werden, dürfte schon aus einem Grund unausweichlich sein: Sonst wären nämlich Parteiabzeichen der NSDAP stärker gegen eine Verunglimpfung geschützt als die Embleme von CDU oder SPD.

(Wolfgang Janisch, dpa)

Quelle:  http://www.n-tv.de/775883.html

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Na endlich!

Bibi 15.03.2007 - 13:24
Na endlich mal ne gute Nachricht! Wurde ja auch Zeit das dieses dämliche Verbot gekippt wurde!

Sexismus!!

Dame 15.03.2007 - 14:12
dämlich sagt man nicht, da es von dame abgeleitet wird und somit sexistisch ist, genauso wie spasst oder schwul keine beleidigungen, sondern diskriminierungen darstellen!

dämlich kommt von dumm...

nachkucker... 15.03.2007 - 16:30
... kommt von "dumm" , mittelhochdeutsch "toum" = Qualm, Dunst, also einer, der etwas benebelt ist. Frühere sprachgeschichtliche Formen sind "däme-lig" und "dämisch" in der Bedeutung von dumm, albern, benebelt Siehe auch: "Dämlack" mundartlich für "Blödmann" usw. Man könnte also auch vermuten, dass, wer "dämlich" von Dame ableitet, in seinem eigenen begrenzten Geist etwas benebelt sei... ( http://www.workpage.de/etym.php)

nicht alles, was oberflächlich nach verbaler diskriminierung und abwertung riecht ist es auf den zweiten blick. bei dämlich scheint es so zu sein. ausserdem, was soll solch eine ergänzung wenn es um ein gerichtsurteil geht...

Juhuuu!

Juhuuu! Rufer 15.03.2007 - 16:34
Ist das fantastisch!

Es ist zwar total absurd das man sich in Deutschland (!) darüber freuen muss das man tatsächlich Symbole gegen Nazis verwenden darf, aber dennoch.
Ich freu mich sehr, gerade bei dem düsteren Kurs den mindestens dieser Staat nimmt.
Richtung Überwachung, Gedankenkontrolle, Datenkontrolle.
Mich wundert nur das nicht noch eine weitere Beründung des versuchten Verbotes für Anti-nazizeichen Copyrightkonflikte waren.
:-))

@ Dame

Sprachwissenschaftlerin 15.03.2007 - 23:00
Wie kommst Du darauf dass "dämlich" von "Dame" abgeleitet ist?
So einen (dämlichen) Unsinn hab ich ja noch nie gehört...