Fritz! Verwaltungsgericht Gießen.

Ulrich Brosa 11.03.2007 23:29 Themen: Repression
Ein Mitglied der Projektwerkstatt Saasen wurde festgenommen und fünf Tage lang eingesperrt. Zur Rechtfertigung dieser Maßnahme erfanden Polizei- und Justizangehörige falsche Anschuldigungen. Obwohl das aktenkundig ist, wurde die Forderung nach Entschädigung von der Polizei abgewimmelt. Zugleich wurdedie Rechtsmittelbelehrung erteilt, der Betroffene könne beim Verwaltungsgericht klagen. Das Verwaltungsgericht seinerseits erklärte sich für unzuständig. Die Rechtsmittelbelehrung der Polizei sei zwar falsch, doch den Schaden daraus müsse der Betroffene auf sich sitzen lassen.
Es geht hier nicht um die beliebte Datenfernübertragungshardware Fritz!der Firma AVM, sondern nur um den Präsidenten des VerwaltungsgerichtsGießen.

Aktenkundig oder nicht aktenkundig

Weshalb es Aufregung um den Vizepolizeipräsidenten Daschner gab, haben viele nicht verstanden. Daschner wollte den Magnus Gäfgen doch nur foltern lassen; er hat es gar nicht gemacht. Gäfgen aber hat den Jakob v.Metzler umgebracht, diesen süßen kleinen Multimillionärssohn. Einen solchen Unhold zu foltern ist sozusagen vornehmste Polizistenpflicht. Warum also Kritik am braven Daschner?

Folter ist bei der deutschen Polizei üblich. Es trifft auch Menschen, denen nichts vorzuwerfen ist. Falls die es wagen sich darüber zu beschweren, fragt der Polizeihauptmann einfach seine Folterknechte, die so genannten Polizeibeamten. Die sagen natürlich, selbstverständlich täten sie so etwas nie. Drauf schreibt der Polizeihauptmann, es gäbe "nicht den geringsten Anhaltspunkt" für die Wahrheit der Foltervorwürfe. Der Gefolterte bekommt ein Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung an den Hals.

Doch Daschner war dumm genug seinen Folterbefehl schriftlich zu geben. Außerdem hat kein Kollege Daschners Zettel aus der Akte gerissen, bevor sie Gäfgens Verteidiger bekam. Daschners Folterbefehl ist AKTENKUNDIG, eine Rarität ersten Rangs.

Festnahme und fünf Tage Gefängnis für Federball

Am 14.5.2006 hat das Clownsheater der Projektwerkstatt an dengut beleuchteten Gerichtsgebäuden in Gießen nachts Federballgespielt. Das hat gereicht um bei etlichen Polizeioberendie letzten Sicherungen zum Durchbrennen zu bringen.Nach schärfster Observation nahm unsere Polizei diese Linksterroristen um 4 Uhr morgens endlich fest. Einer von ihnen von ihnen, Jörg Bergstedt, wurde in Unterbindungsgewahrsam genommen und fünf Tage lang durch diverse hessische Gefängnisse gekarrt.

Bergstedt wurde vergeworfen, er hätte an der CDU-Zentrale in Gießen randaliert. Es ist AKTENKUNDIG, dass Polizei und Richter schon damals wussten: Bergstedt hat zu der Zeit Federball gespielt. Verfolgung Unschuldiger ist ein Verbrechen. Die Polizei- und Justizangehörigen, die sich daran beteiligt haben, müssten längst in Untersuchungshaft sitzen. Bergstedt müsste Schmerzensgeld und Haftentschädigung bekommen.

Der irrsinnige Aufwand mit Mobilem Einsatzkommando (MEK), mit etlichen Operativen Polizeieinheiten (OPE) und mit Haufen von Zivilfahndern wegen eines Federballspiels ist ohne Auftrag desPolizeiministers Bouffier undenkbar. Bergstedt meint, dass Bouffier fällig ist, sobald genügend Leute verstanden haben, was am 14.5.2006 geschah. Das ist sicher richtig. Bouffier ist allerdings seit langem fällig. Er ist in und für Hessen weitaus gefährlicherals alle islamistischen Terroristen zusammen.

Polizei und Verwaltungsgericht

Jedenfalls will Bergstedt die Demütung der schikanösen Festnahmeund die daraus folgende Freiheitsberaubung nicht auf sich beruhenlassen. Er hat die Polizei aufgefordert die Rechtswidrigkeit ihrer Maßnahme anzuerkennen. Die Rechtstante Brecht von der Polizei hat zurückgeschrieben, nein, die Rechtswidrigkeit anerkennen wolle die Polizei nicht. Aber Bergstedt könne ja beim Verwaltungsgericht Gießen gegen den Bescheid klagen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen die polizeiliche Maßnahme vom 14.05.2006 und diesen Widerspruchsbescheidkann Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht Gießen, Marburger Straße 4,35390 Gießen, schriftlich oder zur Niederschrift der Urkundsbeamtin oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. Die Klage muss die Klägerin oderden Kläger, die Beklagte oder den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrensbezeichnen. Die Klage ist gegen das Land Hessen, vertreten durch das PolizeipräsidiumMittelhessen, dieses vertreten durch den Polizeipräsidenten, zu richten. Die Klage solleinen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen undBeweismittel sollen angegeben werden.

Im Auftrag
Brecht
Assessorin

Mit dieser Rechtsmittelbelehrung und den aktenkundigen Beweisen für das Fehlverhalten diverser Polizisten meinte Bergstedt gut für eine Fortsetzungsfeststellungsklage ausgestattet zu sein. So eine Klage kostet Geld. Bergstedt reichte einen einen Antrag auf Prozesskostenhilfe ein. Doch das Verwaltungsgericht Gießen teilte Bergstedt mit, Prozesskostenhilfe bekäme er nicht, da seine Klage aussichtlos wäre. Bergstedt ließ nicht locker. Am 26.2.2007 kam es zu Verhandlung, Aktenzeichen 10 E 1698/06.

Vorsitzender Prof.Dr.Fritz erklärte gütig, das Verwaltungsgericht sei nicht zuständig. Bergstedt hätte bei der ordentlichen Gerichtsbarkeitklagen müssen. Falls die Festnahme nach § 127 StPO erfolgt sei,gelte das sowieso. Doch gelte das auch, falls der § 33 HSOG der Festnahme zugrunde gelegt worden sei. Das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz ist zwar im Allgemeinen eine Domäne des Verwaltungsgerichts, aber beim § 33 HSOG in Verbindung mit dem sogenanntenFreiheitsentziehungsgesetzausnahmsweise nicht.

Dass die Polizei eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt hatte,sei zwar bedauerlich, aber "das kommt mal vor", sagte Fritz.Und leider leider leider habe Bergstedt in der Zeit, als erauf die Bearbeitung seiner Fortsetzungsfeststellungsklage wartete,seine Frist bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit versäumt.

Wegen der falschen Rechtsmittelbelehrung wolle man aber demHerrn Bergstedt bei der Aufteilung der Prozesskosten entgegenkommen.Er müsse die Prozesskosten der Polizei nicht bezahlen.

Alle Anträge Bergstedts die Akten vom 14.5.2006 beizuziehen, wurden selbstverständlich abgeschmettert, da ja das Gericht nichtzuständig sei. ("Beiziehen" ist der juristischen Ausdruck für "lesen".)

Am Ende der kurzen Verhandlung verlas der vorsitzende Fritz das schon fertig gedruckte Urteil:

  1. Der Beschwerde Bergstedts gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfewird nicht stattgegeben.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
  3. Der Streitwert beträgt 5000 Euro.


Zwei Standardtricks der Behörden

Nehmen wir an, die Argumente des Verwaltungsgerichts zur Zuständigkeitwären richtig, so dass das Verwaltungsgericht nicht für eineEntschädigung wegen der verbrecherischen Festnahme sorgen konnte.Dann aber hätte es für eine Entschädigung Bergstedts wegen derfalschen Rechtsmittelbelehrung sorgen müssen.

"Das kommt mal vor!" Damit hat Fritz sich selbst als parteilichentlarvt. Fritz weiss, dass sich Polizisten und Richter am 14.5.2006 eine Reihe schwerer Straftaten geleistet haben. Statt aber für Aufklärung zu sorgen trägt das Verwaltungsgericht dazu bei, Kollegen-Straftaten im justiziellen Nirwana verwehen zu lassen.

Der vorsitzende Fritz hat Juristerei studiert und etliche Titel auf sich gezogen.Er bringt aber nicht mehr zustande als zwei höchst banale Tricks, die seitJahrtausenden zur Grundausstattung jeder Behörde gehören:

  1. Bei unangenehmen Angelegenheiten wird die eigene Zuständigkeitabgestritten.
  2. Die Verfehlungen der eigenen Klientele werden geleugnet oder, wennsie aktenkundig geworden sind, bagatellisiert.
Seltsamerweise scheint Fritz nicht zu kapieren, was er mit seiner Parteilichkeitanrichtet. Wenn er einmal in einen Sack gesteckt und fünf Tage langvon einem Keller in den nächsten geschmissen würde, wird das Gejaule vom abscheulichen Terrorismus alle Medien durchschallen. Nachdemaber Fritz und Kollegen die letzten Äste abgesägt haben, auf denen sie selbstsitzen, wird das auch nicht mehr helfen.
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Ergänzungen

Jakob

Eule 12.03.2007 - 10:45
"Gäfgen aber hat den Jakob v.Metzler umgebracht, diesen süßen kleinen Multimillionärssohn."

Eine solche herabwuerdigung eines ermordeten Kindes zum Zwecke der Meinungsmache ist recht schaebig.

diese Bemerkung ist wiklich mehr als schäbig

der Leberkranke 12.03.2007 - 12:16
"...Gäfgen aber hat den Jakob v.Metzler umgebracht, diesen süßen kleinen Multimillionärssohn."
Hey sag mal bist du total bescheuert. Nur weil er der Sohn dieses von irgend so einem reichen Frankfurter Bankmanager war, war er trotzdem ein unschuldiges kleines Kind. Er trug nicht die geringste Schuld an den kuruppten machenschaften seines Vaters. Diese Bemerkung zu einem ermordeten Kind ist wirklich mehr als schäbig.

Der angewandte Terminus...

Warhead 12.03.2007 - 13:04
...mag mir nicht gefallen.Er impliziert das Vorhandensein unwerten Lebens,nämlich das des "süssen kleinen Millionärssohnes".
Und solche Abwertungen können wir uns generell sparen,wir wissen alle wohin sowas führen kann.
Zudem hat diese Sottise nichts mit dem Unrecht zu tun das Bergstedt widerfuhr,zumal Jörg nicht umgebracht wurde sondern höchst fidel durchs Leben schreitet,im Gegensatz zu Jakob.
Ich ziehe einen anderen Kontext.Gier,Geltungsgeilheit und Machtmissbrauch brachten den einen um und Bergstedt in den Knast.
Und da ein Querkopf dem anderen ähnelt kann ich mir die Genugtuung und das innere Grinsen Bergstedts trotz aller Nervereien gut vorstellen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 8 Kommentare an

hmm.. — egal

Bergstedt for Innenminister — SWSG-Mieter X

@Swsg-Mieter — Warhead

@APPD-Warhead — Was bist Du?

Auch schon... — Warhead