Stinkige CDU-Kameradiskussion in Dresden

eleisha 06.03.2007 19:21 Themen: Freiräume
Am 4. März 2007 fand in im Club Scheune in der Dresdener Neustadt eine Veranstaltung zur geplanten Kameraüberwachung dieses Viertels statt. Geladen hatte die CDU, gekommen waren der Polizeipräsidenten Dresdens, Dieter Hanitsch, der Oberstaatsanwalt Andreas Feron, der Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel und zwei Vertreter der "Initiative Neustadt". Diese Initiative besteht aus Gewerbetreibenden, Stadtteilpolitikern und anderen, die sich für wichtig halten. Moderiert wurde von einem Vertreter der Jungen Union Dresdens, Patrick Schreiber. Der angedrohte Minister für Justiz blieb dem Spektakel fern, er hatte wohl etwas Besseres zu tun.
Das Motto der Veranstaltung war so dämlich wie passend für die Wahrnehmung des alternativen Stadtteils durch die CDU: Kaufen! Saufen? Raufen!? Mit diesem klar provozierenden Slogan, dazu mitten im Szeneviertel, war die Grundlage für eine hitzige Diskussion gegeben, zumal eine in ähnlicher Besetzung stattgefundenen Veranstaltung ein paar Wochen zuvor bereits eine breite Ablehnung der Überwachungspläne gezeigt hatte.

Dass diese Diskussionsrunde eine Alibiveranstaltung von Seiten der CDU und den Überwachungsbefürwortern darstellte, war wohl den meisten der Beteiligten klar. Bis jetzt haben die Befürworter für die Installation von Kameras keine Oppositionsmeinungen ernst genommen oder auch nur im geringsten Maße darauf reagiert.

Die Strategie mit welcher sich diese in die Veranstaltung begaben war offensichtlich. Es wurde sehr wohl darauf geachtet die Worte Kameras oder Überwachung nicht zu verwenden, dass die meisten Menschen, jedoch gerade wegen diesem Thema in die Scheune gekommen waren, da sie eben keine Interesse daran zeigen sich abfilmen zu lassen, kristallisierte sich doch sehr schnell herraus.
Es wurde von einem Katalog der Initiative Neustadt gesprochen, welcher von Platzumgestaltung bis Selbstbeschränken des Verkaufs von Alkohols reichte.
Es wurde versucht den Menschen durch Vorstellung eben diesem Massnahmenkataloges und das Rumgeeiere um Strafverfolgung, Ordnung und erhöhte Wachsamkeit von Nachbarn, die Menschen in eine Scheindiskussion zu verstricken.
Ernst zu nehmende Diskussionspartner stellten sie daher von Anfang an nicht da, auch war es nicht anders zu erwarten, das Bewohner_Innen und Überwachungsgegner die Podiumsrunde nicht ernst nehmen würden.

Die Moderation durch Patrick Schreiber dominierte durch unverhältnismäßiges Überhören von Einwänden der Zuhörer, die keinesfalls Interesse daran hatten die Selbstbeweihräucherung der Initiative Neustadt weiter hinzunehmen, Menschen die unangenehme Fragen stellten wurde durch laute Ansagen das Wort abgeschnitten.
Patrick Schreiber war bereits nach einer halben Stunde nervlich am Ende und gab die Moderation auf, nachdem ein netter Neustadtbewohner auf den Tischen des Podiums ein wenig aufgeräumt hatte. Anschließend stand er draußen mit Tränen im Gesicht. Ein neuer Moderator fand sich ein und erst dann konnten auch Menschen zu Wort kommen die sich deutlich gegen Überwachung aussprachen. Die Aufnahme der Personalien, des Störers wie er von den Podium gesehen wurde, waren schnell durch zwei noch anwesende Polizisten aufgenommen wurden, selbst bei einer Diskussion über Überwachung zeigt sich, wie schnell im Auge der Justiz unverhälnismäßiges Hadeln geahndet wird.

So war es nicht verwunderlich, dass der Polizeipräsident Dresdens immmer mehr in sich zusammengesunken ist, als ihm die von Buttulo herangenommen Statistiken zur Rechtfertigung der Notwendigkeit von Überwachungskameras, einmal erklärt und auseinandergommen wurden. Auch das es keine signifikanten Änderungen im Verhalten von Menschen gibt, die per Videokameras überwacht werden, war ihm bis dato nicht bekannt oder es wurde einfach ignoriert.

Klar ist es auf jeden Fall, dass diese Veranstaltung mehr als gestunken ;-) hat und die Bewohner_Innen und Besucher_Innen der Neusadt keine Kameras wollen und auch keine Gründe sehen, sich beobachten zu lassen, nur weil es der Polizei gefällt anhand von drei Ausschreitungen im Jahr die Neustadt als Kriminalitätsschwerpunkt zu diffamieren. Das mit solchen Zahlen keine Statistik geführt werden kann und solche, die von Überwachern und der Polizei erstellt werden, nicht ernst genommen werden steht außer Frage.

Keine Kameras in der Neustadt. Keine Akzeptanz für Überwacher und Repressionen von Polizei, CDU und dem Innenministerium.
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Ergänzungen

NeutstadtWiki

Neustädterin 06.03.2007 - 21:38
Wer mehr über die geplante Kameraüberwachung in der Dresdner Neustadt lesen möchte, sollte sich das Neustadtwiki mal ansehen.

 http://neustadtwiki.sytes.net

MOPO 06.03.07

... 07.03.2007 - 12:02
CDU in der Neustadt beim wilden Plakatieren ertappt

"Zum Glück gibt es noch keine Videoüberwachung in der Neustadt", wird sich der CDU - Politiker Patrick Schreiber denken. Denn wenn das Szenenviertel überwacht würde, hätte man auf Video Schreibers Trupp beim Plakatieren sehen können.

Die Christdemokraten hängten 80 Pappen in der Neustadt auf. Werbung für die gestrige Veranstaltung: "Kaufen! Saufen? Raufen?! Wie geht es weiter auf der Aleunstraße?" Ausgerichtet vom CDU - Ortsverband Neustadt, dessen Vorstand Stadtrat Schreiber ist - nur vergaßen die CDUler, die Plakatierung ordnungsgemäß beim Straßen- und Tiefbauamt anzumelden. Amtsleiter Reinhard Koettnitz: "Uns liegt kein Antrag dafür vor. Also sind die Plakate nicht genehmigt." Schreiber: " Ich habe immer alle Plakate angemeldet und es hat auch geklappt. Das muss irgendwo hängengeblieben sein - tut mir leid."
In der Gesprächsrunde ging es um Videoüberwachung und Vorschläge der "Initiative Neustadt", wie man besser Krawallen entgegenwirken kann. Der angekündigte Justizminister Geert Mackenroth (CDU) kam nicht, dafür Oberstaatsanwalt Andreas Feron. Außerdem waren Polizeipräsident Dieter Hanitsch, Ordnungbürgermeister Detlef Sittel (CDU), die "Initiative Neustadt" und Schreiber im Podium. Zu Redaktionsschluss lief die Veranstaltung noch. AW

SZ - 7.März.07

nix name 07.03.2007 - 12:42
Eklat bei Neustadt-Debatte
Von Thilo Alexe und Franziska Dähn

Eine von der CDU veranstaltete Diskussion über Gewalt in dem Szeneviertel ist aus dem Ruder gelaufen.

Patrick Schreiber sitzt fassungslos auf dem Podium. „Ich breche das jetzt hier ab“, stammelt der Neustädter CDU-Stadtrat entsetzt in ein Mikrophon. Der Großteil der weit über 150 Zuschauer im proppevollen Saal des Kulturzentrums Scheune grölt. Schreiber steht entnervt auf und verlässt die Bühne.

Was ist passiert? Unter dem Motto „Kaufen! Raufen? Saufen!? Wie geht es weiter auf der Alaunstraße?“ hat die Neustädter CDU am Montagabend zur Podiumsdiskussion über die Zukunft des Szeneviertels geladen, das im Herbst und zu Silvester mehrfach Ort für Ausschreitungen war. Der Abend ist gründlich aus dem Ruder gelaufen.

Anzeige erwogen

Das Publikum, das Videoüberwachung und Alkoholverkaufsverbot mehrheitlich und lautstark ablehnt, quittiert die Statements der Runde zunächst mit ironischem Applaus. Dann setzt es Zwischenrufe, Podiumsredner werden regelrecht niedergebrüllt. Stinkbomben erzeugen in dem Saal den Geruch eines seit Wochen nicht gereinigten Autobahnklosetts, und irgendwann stürzt ein Mann nach vorne. Es entsteht ein Tumult.

Polizeisprecher Thomas Herbst, der in der ersten Reihe sitzt, überwältigt mit einem Kollegen den Störer. „Ich werde wahrscheinlich Anzeige erstatten“, sagt Schreiber am Tag danach. „Irgendwann ist eine Grenze erreicht.“ Der Stadtrat wie auch die Polizei vermuten, dass die Störaktionen von Überwachungsgegnern geplant waren. „Das sah inszeniert aus“, sagt der CDU-Mann. „Schade, dass es so gelaufen ist.“

Die Debatte, die schließlich doch noch stockend weitergeht, bringt allerdings nur in Nuancen Neues. Polizeipräsident Dieter Hanitsch erklärt, dass die Polizei „anlass- und einzelfallbezogen“ auf Videoüberwachung setze. Die Beamten entscheiden, wann die Kameras – vier sind geplant – eingeschaltet und ob Bilder aufgezeichnet werden. Zahlen zur Kriminalitätsentwicklung nennt er nicht. Herbst fügt auf Nachfrage hinzu, dass ein Konzept bis Sommer erarbeitet werde, erst dann solle die Überwachung starten können. Es sehe eine „präventive“ Polizeipräsenz im Viertel vor. Störer sollen von geschulten Deeskalations-Teams, wie sie auch bei Dynamospielen im Einsatz sind, angesprochen werden. Die Überwachung, über die dem Landesdatenschützer stets berichtet werden müsse, sei ein Teil des Maßnahmeplans. Voraussichtlich drei Kameras sollen in Scheune-Nähe installiert werden. Ein auf dem Gebäude des Restaurants Espita bereits installiertes Gerät ist Herbst zufolge nicht in Betrieb.

Hausordnung für ein Viertel

Der Besitzer des Spätshops „Capa“ auf der Alaunstraße weist vehement zurück, dass sein Engagement in der Initiative Neustadt, in der sich rund 50 Anwohner zusammenschlossen, einen gewerblichen Hintergrund habe: „Es geht um eine friedliche Neustadt.“ Initiativen-Sprecher Jörg Logé setzt auf ein „Bündel von Maßnahmen“, wozu Kulturveranstaltungen und die Gestaltung des Platzes vor der Scheune zählen müssten. Bei seiner Forderung nach einer „Hausordnung für die Neustadt“ brandet derbes Gelächter auf. Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) fasst die Podiumsrunde so zusammen: „Das war nicht unbedingt ein leuchtendes Beispiel für ein gelungenes Gespräch.“



Auszüge aus der Diskussionsrunde:

Jörg Logé, Sprecher der Initiative Neustadt
Wir haben Bedenken bezüglich des aufgezwungenen Alkoholverbots und der Videoüberwachung. Mit unserem Bündel von Maßnahmen setzen wir vor allem auf die Eigeninitiative der Anwohner und Gewerbetreibenden, etwa mit freiwilligen Verpflichtungen, Deeskalationstrainings. Ergänzend sind dann polizeirechtliche Schritte und Baumaßnahmen vorgesehen.


Dieter Hanitsch, Polizeipräsident Dresdens
Vor der Scheune sind die Sichtverhältnisse, insbesondere in der Nacht, sehr schlecht. Hier liegt jedoch statistisch ein Kriminalitätsschwerpunkt, erhebliche Polizeipräsenz ist mitunter geboten. Videoüberwachung ist anlass- und einzelfallbezogen durchaus angebracht. Keiner will rund um die Uhr etwas aufzeichnen oder Grabesruhe in der Neustadt!

Andreas Hoffmann, Spätshop-Besitzer und Initiative Neustadt
Die Initiative hat nichts mit unseren kommerziellen Interessen zu tun. Wir sind durch das Alkoholverbot nicht in unserer Existenz bedroht, aber wir haben etwas gegen die Gewalt und Randale in der Neustadt. Gemeinsam suchen wir nach Lösungen, die nicht von oben angeordnet werden. Das Alkoholverbot konnten wir durch die Unterstützung der Räte vorerst abwenden.

Andreas Feron, Oberstaatsanwalt, Staatsanwaltschaft Dresden
Es muss um die zügige Verfolgung von Straftaten gehen. Bei Personen über 21 Jahren sowie eindeutiger Beweislage kann das Verfahren bereits jetzt beschleunigt werden. Die Hauptklientel der Randale in der Neustadt ist jedoch jünger. Auch dann sollte das Ziel eher die sanfte erzieherische Maßnahme statt eines langen Verfahrens sein, um Folgetäter abzuschrecken.

Schleichender Realitätsverlust?

PeterPan 13.03.2007 - 01:08
Also ich finde es ja immer wieder interessant Pressemeldungen zu Veranstaltungen zu verfolgen an denen ich selbst teilgenommen habe. Die Person die hier auf Indymedia als "Störer wie er von den Podium gesehen wurde" beschrieben wird, war ein stark alkoholisierter Mann um die 40 Jahre der den Podiumsteilnehmern mit seinem Rucksack die auf den Tischen stehenden Gläser und Flaschen weggeschlagen hat. Nachdem er 2x ausgeholt hatte schnappten ihn einige der in der ersten Reihe sitzenden Personen, darunter auch 2 Beamte. Die Tatsache, daß selbst Leute die sich derart asozial benehmen auf Indymedia noch als "nette Person" durchkommen läßt tief blicken.

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