Kiel: 200 auf spontaner Ungdomshuset-Solidemo

Soligruppe Kopenhagen (Kiel) 04.03.2007 14:06 Themen: Freiräume
Gestern Abend demonstrierten zwischen 22 und 23 Uhr 150-200 Menschen in Kiel, um sich mit dem am Donnerstag geräumten Ungdomshuset in Kopenhagen zu solidarisieren und die Freilassung der im Laufe der seitdem andauernden Proteste und einer umfassenden Razzia in fast allen linken Projekten Kopenhagens am Samstagmorgen Festgenommenen, darunter auch einige GenossInnen aus Schleswig-Holstein, zu fordern.
Ab 22 Uhr sammelten sich auf dem Kieler Dreiecksplatz trotz kürzester Mobilisierung bis zu 200 Ungdomshuset-UnterstützerInnen, um gegen 22.15 Uhr durch die Bergstraße, am dänischen Konsulat und der Holstenbrücke vorbei, durch die Holstenstraße zum Hauptbahnhof zu demonstrieren. Es wurden insgesamt zwei Redebeiträge in der Holstenstraße, die durch ein derzeit dort stattfindendes Stadtfest für die Uhrzeit recht belebt war, und am Hauptbahnhof gehalten. In ihnen wurde zum einen auf die brutalen Massenverhaftungen und Razzien in Kopenhagen im Zusammenhang mit den andauernden massiven Protesten hingewiesen und die sofortige Freilassung aller gefangenen GenossInnen gefordert, zum anderen auf die skandalöse Entwicklungsgerschichte des Konfliktes ums Ungdomshuset und die destruktive Verhandlungsposition der Stadt hingewiesen, die zur Zeit in den Straßenschlachten in Kopenhagen mündet. Die Stadt Kopenhagen als alleinige hierfür Verantwortliche wurde nahegelegt, den Ungdomshuset-NutzerInnen auf der Stelle ihr Haus im Jagtvej 69 zurückzugeben und den Staatsterror gegen linke Strukturen einzustellen.

Die Demo war lautstark mit durchgängig skandierten Parolen und Transparenten zum Thema und wurde von PassantInnen interressiert aufgenommen. Ein Hitlergruß von aus einem Bus provozierenden Nazis wurde mit Flaschenwürfen beantwortet. Die erst nach 20 Minuten panisch zum Konsulat eilende Polizei war wegen zahlenmäßiger Unterlegenheit sehr zurückhaltend, als Unterstüzung aus Eutin eintraf, war die Demo bereits aufgelöst. Zum Abschluss der Demo gab es zur Freude der DemoteilnehmerInnen ein lautes Feuerwerk am Hauptbahnhof und im Anschluss sollen in der Innenstadt vereinzelt Mülleimer gebrannt haben. Im Stadtteil Gaarden tauchten heute Nacht neue Ungdomshuset-solidarische Parolen an den Wänden auf. Die Demonstration zeigte wiedereinmal deutlich, dass die Ungdomshuset-Räumung ein nicht auf Dänemark beschränkter Widerspruch ist, sondern von vielen Menschen als Angriff auf den eigenen Versuch selbstverwaltetes Leben zu organisieren gewertet wird. Um an den Mobilisierungserfolg anzuknüpfen und die internationalen Solidaritätsaktionen fortzusetzen, findet am Montag um 17.oo Uhr eine weitere Solidemo in Kiel vom Asmus-Bremer-Platz zum dänischen Konsulat statt.
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Ergänzungen

1. Redebeitrag

Ungdomshuset lebt! 04.03.2007 - 14:16
SOLIDARITÄT MIT DEM UNGDOMSHUSET IN KOPENHAGEN!

Trotz massiver Proteste auf verschiedenen Ebenen wurde das linksradikale Kultur und Jugendzentrum „Ungdomshuset“ in Kopenhagen am Donnerstag, 1.3. von schwer bewaffneten dänischen Bullen gewaltsam geräumt. Seitdem kam es in Kopenhagen zu durchgehenden massiven Protesten und Krawallen. Wir solidarisieren uns mit dem Kampf unserer GenossInnen in Kopenhagen und sehen den Angriff auf eines der bedeutendsten linken Zentren Skandinaviens als einen Angriff auf die gesamte linke Bewegung weltweit.

Der Konflikt, der in den letzten Tagen Kopenhagen in Brand setzte, begann im Jahre 2001 als die Stadt Kopenhagen das seit 1983 unkommerziell und autonom genutzte „Ungdomshuset“ an eine christliche Sekte verkaufte, deren Vorhaben es war, die selbstbestimmte Kulturarbeit durch reaktionären religiösen Fundamentalismus zu ersetzen. Begleitet von vielfältigem öffentlichen Protest und Widerstand gegen die drohende Zerstörung eines der letzten linken Zentren Kopenhagens, liefen seitdem mehrere Gerichtsverhandlungen um die tatsächlichen Eigentumsrechte des Hauses. Am 28.8.06 entschied das Landesgericht schließlich, dass das Haus nun rechtmäßig der Sekte „Faderhuset" gehöre.

Seitdem mobilisierten die Ungdomshuset-AktivistInnen im letztn halben Jahr zu unzähligen Demonstrationen und Aktionstagen nach Kopenhagen. Mit unterschiedlichsten Mitteln wurde eine politische Lösung des Konflikts gefordert. Eine von vielen unterschielichen Menschen getragene solidarische Stimmung breitete sich in ganz Kopenhagen und sogar weit über die dänischen Grenzen hinaus, aus.

Schon vor Monaten fand sich im Zuge dieser positiven Stimmung eine Stiftung, die das Haus zu Gunsten der NutzerInnen von den fanatischen Christen zurückkaufen wollte. Die Kampagne setzte schließlich sogar das Stadtparlament so unter Druck, dass eine Mehrheit sich nach jahrelanger Verarschung und Ignoranz für die Stiftungslösung aussprach, um nicht die Konsequenzen einer Räumung tragen zu müssen. Die Sekte jedoch weigerte sich auch nach mehrmaliger Erhöhung des Kaufangebotes, zu verkaufen. Der Stadt fiel in dieser Situation nichts besseres ein, als den Ungdomshuset-AktivistInnen lächerlicherweise ein Haus zum Kauf anzubieten. Auch das Angebot der BesetzerInnen, das Haus im Jagtvej 69 zu verlassen, wenn die Stadt kopenhagen ein Ersatzobjekt zur Verfügung stellt, wurde abgelehnt. Den Höhepunkt der christlich-fanatischen und polizeilichen Zerstörungswut stellt der von kopenhagener Polizei unterstützte und von der Stadt bewilligte Antrag des „Faderhuset“ von Anfang Januar dar, das Ungdomshuset gleich nach seiner Räumung abreißen und das Grundstück brach liegen zu lassen.

Wegen der sturen Weigerung der Kopenhagener Stadtverwaltung den Konflikt im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen, kam es am Donnerstag im Zuge der Räumung -auch wenn diese vorher aus Angst vor der abzusehenden starken und breiten, auch internationalen Unterstützung für das „Ungdomshuset“ immer wieder verschoben wurde- zur unausweichlichen Konfrontation der Stadt mit den UnterstützerInnen des Ungdomshuset, die zur Zeit in brennenden Barrikaden, lahmgelegten Stadtvierteln und brutalen Massenverhaftungen münden.

Die Situation des Ungdomshuset ist kein Einzelfall, sondern steht symbolisch für die permanente Schikanierung von autonomen Zentren überall. Daher ist uns egal, ob wir um die Bauwagenplätze in Hamburg, die Alternative in Lübeck, die Alte Meierei in Kiel, die Köpi in Berlin - welche die Polizei aktuell vor einer Woche versuchte zu durchsuchen - oder eben um das Ungdomshuset in Kopenhagen kämpfen. Unser Kampf für ein besseres Leben und eine befreite Gesellschaft gilt überall!

Wir haben in Vergangenheit deutlich gemacht und unterstreichen auch heute mit dieser Spontandemo wiedereinmal, dass wir unsere GenossInnen in Kopenhagen nicht alleine lassen. Auch aus Kiel sind heute UnterstützerInnen in Kopenhagen, um zusammen mit den vielen anderen UnterstützerInnen aus aller Welt den nach wie vor andauerden Kampf ums Ungdomshuset praktisch zu unterstützen. Aus dem selben Grund sitzen einige unserer GenossInnen in Kopenhagen im Knast, da sie heute morgen bei willkürlichen Durchsuchungen linker Projekte in Kopenhagen aus dem Schlaf gerissen und festgenommen wurden.

Wir fordern die sofortige Beendigung des durch die Stadt Kopenhagen geschaffenen Konflikts, indem sie den Ungdomshuset-NutzerInnen ihr Haus zurück geben und der Staatsterror gegen den Räumungsprotest eingestellt wird.

Freiheit für unsere gefangenen GenossInnen! Solidarität mit dem Ungdomshuset!

2. Redebeitrag

Ungdomshuset lebt! 04.03.2007 - 14:17
Freiheit für unsere gefangenen GenossInnen in Kopenhagen!

Nachdem die dänische Polizei am Donnerstag, 1.3.07 in den Morgenstunden mit Anti-Terror-Einheiten das seit 1982 existierende und seit 2 1/2 Monaten besetzte linke Kultur- und Politikzentrum Ungdomshuset in Kopenhagen gewaltsam räumte, kam es zu massiven Protesten der Ungdomshuset-UnterstützerInnen in Kopenhagen. Den ganzen Tag gab es mehrere Demonstrationen mit tausenden TeilnehmerInnen, spätestens in den frühen Abendstunden verlor die Polizei die Kontrolle vor allem im Heimatstadtteil des Ungdomshuset Nörrebro. Bis in die späte Nacht brannten unzählige Barrikaden, mehrere Geschäfte und Banken wurden entglast und die überforderte Polizei von Kleingruppen angegriffen. Dabei kam es zu etwa 200 Festnahmen. Wie in der ganzen Welt kam es auch in Deutschland zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen, in Hamburg nahmen über 800 Menschen an einer abendlichen Demo durch das Schanzenviertel teil.

Auch am Freitag wurden die Aktionen in Kopenhagen fortgesetzt. So wurde die Parteizentrale der Sozialdemokraten, die die kopenhagener Bürgermeisterin stellen, besetzt. In den Abendstunden kam es wieder zu mehreren Demonstrationen in Nörrebro mit tausenden TeilnehmerInnen. Mit einem Durchbruchversuch einer Demo gegen Mitternacht wurde die Intensität der Krawalle in der Nacht von Freitag auf Samstag nochmals gesteigert.

Da die dänische Polizei auch 48 Stunden nach der Räumung des Ungdomshuset die Lage in Nörrebro nicht annähernd in den Griff zu bekommen schien, setzte sie zu einem umfassenden Schlag gegen die linke Szene Kopenhagens an und durchsuchte heute Vormittag verschiedene linke Projekte und nahm dabei insgesamt 120 Menschen fest. Die Repression richtete sich gegen fast alle Räume, die angereisten (internationalen) AktivistInnen als Schlafmöglichkeit und Anlaufpunkt dienten oder in denen Strukturen wie z.B. die Antirepressionsorganisation "Anarchist Black Cross" arbeiteten.

Die Zahl der Festgenommenen ist mittlerweile auf über 500 gestiegen, die Gefängnisse Kopenhagens sind so überfüllt, dass einige Gefangene in andere teile Dänemarks verlagert werden sollen. Die vor allem aus Deutschland kommenden festgenommenen internationalen AktivistInnen, darunter auch einige unserer GenossInnen aus Kiel, sollen nach Bullenangaben größtenteils umgehend abgeschoben werden.

Dass auch dieser massive Repressionsschlag gegen die linken Strukturen Kopenhagens nicht dazu führte, dass der Widerstand gegen die Räumung des Ungdomshuset zerschlagen wurde, sondern stattdessen von immer mehr Menschen getragen wird, zeigt, dass auch heute wieder mehrere Demonstrationen durch Kopenhagen ziehen. In den frühen Abendstunden sogar mit 6000 TeilnehmerInnen.

Wir sind heute auch hier in Kiel auf der Straße, um uns mit dem Anliegen des Widerstand in Kopenhagen solidarisieren wollen. Dass in Kopenhagen die Straßen brennen hat allein die Stadt Kopenhagen zu verantworten, die erst ein seit Jahren genutztes Haus sogar rechtswidrig an eine rechte christliche Sekte verkaufte, sich dann weigerte ein Ersatzobjekt zur Verfügung zu stellen und dann mit schwer bewaffneten Anti-Terror-Einheiten das Ungdomshuset räumen ließ und sich nun in ihrem barbarischen Zerstörungswahn auch die Option offen hält, das historische Gebäude im Jagtvej 69 abzureißen.
Wir empfehlen der Stadt Kopenhagen, den Staatsterror gegen linke Strukturen, selbstverwaltetes Leben, unkommerzielle Jugendkultur und Menschen, die für ihre Überzeugungen auf die Straße gehen auf der Stelle einzustellen und den Ungdomshuset-AktivistInnen ihr Haus zurückzugeben. Vorher wird es in Kopenhagen mit Sicherheit keine Ruhe geben, werden auch noch so viele Menschen eingesperrt, abgeschoben oder verprügelt.

Kopenhagen ist überall - Linke Freiräume verteidigen!
Freiheit für unsere gefangenen GenossInnen!
Solidarität mit dem Ungdomshuset!

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auf gehts! — baader