Abschiebung verhindert -Bleiberecht gefordert

www.carava.net 26.02.2007 16:16 Themen: Antirassismus
München: lautstarker Protest für das ganze Bleiberecht – gestoppte Abschiebung am Flughafen
200 Menschen zogen am Samstag, 24. Februar, mit einem Demonstrationszug unter dem Motto: „Für das ganze Bleiberecht- weg mit dem Angstzustand Duldung“ durch München. Die Demonstration stand im Rahmen des bundesweiten Aktionstages „100 Tage und kein Bleiberecht“. Aufgerufen hatte die Bleiberechtsplattform München, an der sich unter anderem die „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen“, „Jugendliche ohne Grenzen (JOG)“ und der Bayerische Flüchtlingsrat beteiligen.

Der Protest richtet sich sowohl gegen die sogenannte Bleiberechtsregelung der Bundesinnenministerkonferenz in Nürnberg im November 2006 als auch gegen die Pläne der Regierungskoalition für eine bundesgesetzliche Bleiberechtsregelung, da nach diesen Regelungen die meisten Flüchtlingen vom Bleiberecht ausgeschlossen bleiben. Außerdem soll nach den Plänen der Regierungskoalition eine Bleiberechtsregelung mit gleichzeitigen massiven Verschärfungen des Ausländergesetzes erkauft werden.
Anstelle davon fordern die AktivistInnen der Bleiberechtskampagne ein ganzes Bleiberecht ohne Ausschlüsse, das Schluss macht mit dem Angstzustand von Duldung, drohender Abschiebung und Illegalisierung, und die Abschaffung rassistischer Ausländergesetze.

An der lautstarken und bunten Demonstration beteiligten sich Menschen vieler verschiedener Nationalitäten, darunter zahlreiche BewohnerInnen von Münchner Flüchtlingslagern, die selbst mit unsicherem Duldungs-Status leben oder die aufgrund von gegen Null tendierenden Asylanerkennungszahlen momentan kaum eine andere Perspektive haben, als ein Leben mit Duldung oder die Abschiebung. In den Redebeiträgen stellten Betroffene und UnterstützerInnen, die sich in Gruppen wie Karawane und Jugendliche ohne Grenzen engagieren, dar, was es konkret heißt, mit Duldung zu leben. Ein spezielles Augenmerk wurde dabei sowohl auf die Kriminalisierung von „Duldungs“-InhaberInnen wegen angeblichem „Verstoß gegen die Passpflicht“ als auch auf die spezielle Situation der Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge gelegt. Da die Demonstration großteils durch migrantische Wohn- und Geschäftsviertel ging, wurden vom Lautsprecherwagen aus auch Beiträge in türkischer Sprache gehalten. Bereichert wurde die Demonstration auch durch die gerappten statements der Hip Hop- Acts „Microphone Mafia“(Köln) und „Lea Won“(München).

Zu Beginn versuchten bekannte Neonazis aus dem Spektrum der sogenannten „Autonomen Nationalisten“ die Demonstration zu stören, TeilnehmerInnen der Demo sorgten jedoch dafür, dass sie schnell das Weite suchen mussten.

Nach kurzen Zwischenstopps vor dem Münchner Hauptbahnhof und dem Strafjustizzentrum endete der Demozug vor der Münchner CSU-Zentrale, wo der Politik dieser Partei, die mit rassistischer Stimmungsmache jeglichen Ansatz einer Bleiberechtsregelung torpädiert, eine wütende Absage erteilt wurde.

Die Demonstration war ein deutliches Signal, dass sich die FlüchtlingsaktivistInnen nicht mit einer Pseudo-Bleiberechtsregelung zufrieden geben, die zudem mit rassistischen Gesetzesverschärfungen erkauft wird, sondern dass der Kampf für das ganze Bleiberecht mit voller Kraft weitergehen muss.



Praktischer Bleiberechtskampf: Abschiebung verhindert



Ein Zeichen, was tagtäglicher Kampf ums Bleiberecht in der Praxis bedeutet, haben AktivistInnen der Karawane am Montag, 26. Februar, mit der Verhinderung der Abschiebung von Yabre Oumarou gezeigt: Yabre sollte an diesem Tag um 10.15 Uhr von München aus mit einem Flug der Air France über Paris nach Quagadougou abgeschoben werden. Auch in Paris und Quagadougou protestierten Menschenrechtsgruppen.

Die Karawane hatte zunächst dazu aufgerufen, die Air France mit Faxen und Telefonaten dazu zu bewegen, die Mitnahme von Yabre Oumarou zu verweigert; zahlreiche Faxe und Anrufe aus dem gesamten Bundesgebiet gingen bei der französischen Fluggesellschaft ein.

Am Montag, den 26. Februar schließlich, fuhren Aktivisten der Karawane an den Münchner Flughafen, sprachen Fuggäste und Crewmitglieder am Gate an, verteilten Flugblätter und forderten damit dazu auf, die Abschiebung in letzter Minute zu stoppen.

In Burkina-Faso selbst erregt der Fall schon vorher großes Medieninteresse. So berichtete die größte unabhängige Tagesszeitung „Le Pays“ schon am 13. Februar über den Fall ( http://www.lepays.bf/quotidien/lumieres2.php?codeart=10697&numj=3808):



Freiheit für Yabre Oumarou!


Yabre Oumarou ist seit 1993 in Deutschland – er flüchtete vor Verfolgung und Folter aus Burkina Faso. 1994 heiratete er und hat mit seiner Frau eine gemeinsame Tochter, die jetzt 11 Jahre alt ist. Seit 1996 ist er von seiner Frau getrennt. Zehn Jahre lang arbeitete Yabre Oumarou in Deutschland und bezog keinerlei staatliche Unterstützung, obwohl er im Zustand der Duldung leben musste.

Trotz Vaterschaft, seiner Erwerbstätigkeit und Integration erhielt er kein Aufenthaltsrecht. Im Sommer letzten Jahres wurde er bei Nürnberg, wo er sich bei einem Freund aufhielt, verhaftet und in Abschiebehaft verbracht.

Obwohl die Abschiebung verhindert wurde, sitzt Yabre weiter in Abschiebehaft. „Wir werden weiter Druck auf die verantwortlichen Behörden ausüben“, sagt Hamadou Dipama von der Karawane. „Ich rufe Alle zur Solidarität mit Yabre auf um seine umgehende Freilassung zu erreichen. Der Protest geht weiter bis Yabre frei ist!“.

Auch in Burkina Faso macht das „Comité de soutiens a Yabre Oumarou B.F.“, bestehend aus verschiedenen Menschenrechtsgruppen, weiter Druck. Neben Protesten am Flughafen ist vor allem die deutsche Botschaft Ziel ihrer Proteste. Sie fordern ein Ende der Kollaboration mit dem diktatorischen Regime von Präsident Blaise Compaoré!

Burkina Faso ist einer der ärmsten Staaten der Welt und respektiert die Menschenrechte nicht (vgl. amnesty international Bericht 2005). 1987 kam der heute noch regierende Präsident durch einen Militärputsch an die Macht.
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Ergänzungen

Passt ja

Schritt 01 27.02.2007 - 01:27
Integrations-Verweigerern droht Abschiebung
Frankfurt am Main - Die "Frankfurter Rundschau" berichtete unter Berufung auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, Zuwanderer sollten ausgewiesen werden können, wenn sie sich "integrationsfeindlich" verhalten. Wer in "schwerwiegender Weise" etwa die Integration von Familienangehörigen beeinträchtigt und hartnäckig durch einen "besonders integrationsfeindlichen Charakter" auffällt, solle zum Verlassen des Landes verpflichtet werden können.

Nicht geschafft!

Veronika Eho 07.05.2007 - 19:49
Yabre befindet sich seit dem 27.04.2007 in der JVA Hannover/Langenhagen, Niedersachsen. Das Abschiebelager befindet sich gleich auf dem Flughafengelände....Yabre wartet auf Post: Yabre Oumarou, JVA Hannover, Benkendorff Straße 32, 30855 Langenhagen. Und wenn es da irgendwo ganz mutige Leute gibt , ein Besuch ist noch besser, nur reinkommen ist nicht so einfach. Gibt es neuere Informationen?

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