Demo gegen den EU-Gipfel in Berlin geplant

NLOler 24.02.2007 14:18
Seit Mitte Januar trifft sich ein Bündnis der Berliner Linken zur Vorbereitung von Aktivitäten gegen den EU-Gipfel am 25.3. in Berlin. Dieser Gipfel dient dem Abfeiern des 50. Jahrestags der Gründung der damaligen EWG durch die Unterzeichnung der sog. Römischen Verträge. Hier ein Einblick in die Vorbereitung
Seit Mitte Januar trifft sich ein Bündnis der Berliner Linken zur Vorbereitung von Aktivitäten gegen den EU-Gipfel am 25.3. in Berlin. Dieser Gipfel dient dem Abfeiern des 50. Jahrestags der Gründung der damaligen EWG durch die Unterzeichnung der sog. Römischen Verträge. Er soll ein erklärter Höhepunkt der deutschen Präsidentschaft werden, die das mit der Lissabon-Strategie definierte Ziel hat, die EU zum konkurrenzfähigsten und stärksten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Als Ziel dieser Jubelfeier hat die Bundesregierung ausgegeben, dass die „Entscheidungsträger“ die Gelegenheit bekommen, „ihr Eintreten für die europäischen Werte und Bestrebungen zu bekräftigen“. Ein genauerer Blick in das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft macht die Verlogenheit der EU-Regierungen deutlich, wenn es heißt, dass die EU „nach den leidvollen Erfahrungen von Krieg, Vertreibung und Elend heute den europäischen Kontinent in Frieden eint“. Nicht nur ist der letzte Krieg in Europa gerade einmal 8 Jahre her, 2 der 3 inhaltlichen Schwerpunkte des deutschen EU-Programms handeln von der Umsetzung der Kriegspolitik auf EU-Ebene im Rahmen sog. Sicherheitspolitik und Terrorismusbekämpfung. Wirtschaftliche, soziale und ökologische Fragen sind der dritte Schwerpunkt, wobei hier die weitere Stärkung der Kapitalseite eindeutig dominiert. Außerdem ist für den Gipfel geplant, eine neue Verfassung vorzulegen, die die EU als christliche Einheit definiert.
Das Netzwerk Linke Opposition Berlin, ein Zusammenschluss von Kritikern der Fusion von WASG und PDS mit Verbänden in neun Bundesländern und der Zielsetzung, die Linken innerhalb, aber auch außerhalb der WASG zusammenzubringen und außerparlamentarische Initiativen zu entwickeln, hat deshalb für Mitte Januar zu einem ersten Treffen in Berlin eingeladen. Zu diesem Treffen kamen neben Vertretern der fusionskritischen WASG Berlin auch Aktive des Arbeitskreises Internationalismus der IG Metall, der Gruppe Arbeitermacht, des Gegeninformationsbüros, der Roten Aktion Berlin, der ARAB, des RSB, des Roten Oktober, des Antikriegskomitees Neukölln, der beiden Jugendgruppen Revolution sowie des NLO Berlin.
Auf dem Treffen kam man überein, eine Kampagne gegen den EU-Gipfel vorzubereiten, die neben Veranstaltungen über die EU auch fantasievolle Aktionen rund um das sog. Bürgerfest am 24. und 25.3. an Brandenburger Tor und Reichstag und eine Demo am 25.3. vorsieht. Zu weiteren Treffen stießen Vertreter von Attac, der Achse des Friedens, der ALB, des SAV, des Breiten Bündnisses für Kolumbien und der Plattform f. d. Einheit d. Arbeiter & Völker (BIR-KAR), eines migrantischen Zusammenschlusses aus der Türkei und Kurdistans - sowie von Flüchtlingsinitiativen hinzu. Mittlerweile wurde ein Aufruf beschlossen, der die umfangreiche Kritik an der EU zusammenfasst. Allerdings wird er nicht von allen Gruppen der Vorbereitung getragen, Attac, WASG, SAV u.a. wollen mit eigenen Aufrufen zu den Gegenaktivitäten mobilisieren. Hinzu kommen Gruppen wie DKP, KPF und Solid, die sich noch nicht entschieden haben, aber an der Demo interessiert sind, andere wie Autonome KommunistInnen und das Europäische Netzwerk für Jugendwiderstand unterstützen den Aufruf.
Die Demo wird mittlerweile von einem Bündnis getragen, dessen Breite die eher etablierte Linke, die Gewerkschaftslinke, die radikale Linke, das ML-Spektrum sowie die migrantische Linke umfasst. Alle Beteiligten verstehen die Initiativen als Bestandteil der Anti-G8-Mobilisierung nach Heiligendamm und versuchen, mit der Anti-EU-Kampagne der Mobilisierung nach Mecklenburg-Vorpommern zusätzlichen Schwung zu geben. Die Forderungen im Aufruf sind ein Ausdruck der Breite des Bündnisses.
Die Demo soll am 25.3. um 14 Uhr am Alexanderplatz in Berlin-Mitte beginnen und so nah wie möglich zum Gipfelort führen. Allerdings besteht für das Bündnis das Problem, das die Regierung noch nicht mitgeteilt hat, wo sie denn nun ihre Jubelfeier abhalten will. Außerdem existiert in Berlin die mittelalterliche Bannmeile, mit der jede missliebige Demo rund um den Reichstag verboten werden kann.

Als Dokumentation der Aufruf:

Nein zum Europa des Kapitals!
Stoppt die Militarisierung der EU!

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Vollendung des Binnenmarkts, Durchsetzung der neo-liberalen Verfassung, weitere Auslandseinsätze und Militarisierung, Abschottung der EU-Außengrenzen, Sicherung des Zugangs zu strategischen Rohstoffen und Märkten – all das sind erklärte Ziele der Bundesregierung für den Doppelvorsitz von EU und G8.
Am 24. und 25. März finden sich die 27 Staats- und Regierungschefs der EU zu einem EU-Gipfel in Berlin ein, um den 50. Jahrestag der Gründung der damaligen EWG durch die Unterzeichnung der sog. Römischen Verträge abzufeiern. Dies soll ein erklärter Höhepunkt der deutschen Präsidentschaft sein, die das mit der Lissabon-Strategie definierte Ziel hat, die EU zum konkurrenzfähigsten und stärksten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.
Und das hat Kontinuität. Schon 1944 angedacht von Ludwig Erhard von der Reichsgruppe Industrie und SS-Verbrechern wie Otto Ohlendorf, hat der gemeinsame europäische Wirtschaftsraum zum Ziel, mit über 400 Millionen Arbeitskräften und KonsumentInnen einen Wirtschaftskoloss zu schaffen, dem kein Konkurrent gewachsen ist.
Stellten im Zweiten Weltkrieg ZwangsarbeiterInnen und unter normal bezahlte Frauen das Gros der Arbeitskräfte, ist in unseren Tagen geplant, dass sich das Lohnniveau an den niedrigsten Standards innerhalb der EU angleicht. Gleiches gilt für alle anderen – einst erkämpften – sozialen Rechte. Sie sollen entweder ganz abgeschafft oder dermaßen reduziert werden, dass sie keine Rede mehr wert sind. Als Vorgeschmack zeigt Hartz IV deutlich, wohin die Reise gehen soll. Konkret bedeutet das für uns: Rente mit 67, Abschaffung der allgemeinen Gesundheitsvorsorge, EU-Dienstleistungsrichtlinie (Bolkestein-Direktive), Privatisierungen, Bildungsnotstand, Massenarmut und Billiglohn.
Das Ziel der von keinen sozialen Rechten begrenzten Verfügungsgewalt am Arbeitsmarkt (Lissabon-Agenda, Bolkestein-Direktive) ist gemeint, wenn die Bundesregierung bekannt gibt, dass die Entscheidungsträger“ mit der Jubelfeier die Gelegenheit bekommen sollen, „ihr Eintreten für die europäischen Werte und Bestrebungen zu bekräftigen“. Wiederaufgetischt werden soll eine europäische Verfassung, die wegen ihrer unsozialen Ausrichtung nicht nur von den Bevölkerungen Frankreichs und den Niederlanden abgelehnt wurde, sondern deren größten Zumutungen wie die Bolkestein-Direktive durch gewerkschaftliche Mobilisierungen vorerst abgeschwächt wurden. Auf europäischer Ebene koordinierte Streiks der Hafenarbeiter erzwangen die Rücknahme des Port Package.
Natürlich soll der neuerliche Anlauf zur Verfassung nach deutschem Vorbild geschehen: Da der Verfassungsentwurf durch die Bevölkerung in Frankreich und in den Niederladen gestoppt wurde, sollen nun keine Volksabstimmungen mehr stattfinden.
Gleichzeitig wird mit den „europäischen Werten“ versucht, die Bevölkerungen auf Linie zu bringen, indem der „Kampf der Kulturen“ gegen Fundamentalismus, Terrorismus und die muslimische Welt im allgemeinen propagiert wird. So handeln denn auch 2 der 3 inhaltlichen Schwerpunkte des deutschen EU-Programms von der Umsetzung der Kriegspolitik auf EU-Ebene. Wie zum Hohn steht im Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, dass die EU „nach den leidvollen Erfahrungen von Krieg, Vertreibung und Elend heute den europäischen Kontinent in Frieden eint.“ Und das, wo der letzte Krieg in Europa gerade einmal 8 Jahre her ist.
Ausgerechnet am 24. März – dem Jahrestag des NATO-Kriegs gegen Jugoslawien, mit dem die Grundlagen für weitere Angriffskriege mit deutscher Beteiligung gelegt wurden – feiert sich die EU als „Friedensmacht.“ Wie kriegslüstern die EU-Politik ist, zeigt auch schon die Tatsache, dass die meisten EU-Staaten am Irak- oder Afghanistankrieg beteiligt sind. Und diese Kriegstreiber werden sich Anfang Juni zum sog. G8-Gipfel in Heiligendamm treffen, um die Strategie zur weiteren Ausplünderung der Welt zu besprechen.
Der angebliche Kampf gegen Islamismus und Terrorismus ist in Wirklichkeit die Verbreitung von Rassismus, z.T. mit christlich-fundamentalistischen Ansichten. Nicht nur in Irland sind Abtreibungen verboten, vor zwei Jahren noch war in Warschau der Christopher Street Day verboten. Dieses christliche Weltbild soll aber mit einer neuen Erklärung in der europäischen Verfassung verankert werden.
Abgerundet wird das Gerede um die Verfassung mit Lobeshymnen auf Humanismus und Menschenrechte, die angeblich in der EU garantiert werden. Fakt ist, dass der spanische Staat Folterungen durchführt. Mittlerweile werden in allen EU-Staaten unter Folter erpresste Geständnisse als Beweismittel zugelassen, Gefangene werden in Folterstaaten überstellt und Flüchtlinge dorthin abgeschoben. Schon vor 20 Jahren haben deutsche Gerichte geurteilt, dass Folter kein Asylgrund sei.
Der Bekämpfung von Migrationsbewegungen aus dem Süden ist ein weiterer zentraler Aspekt der Europäischen Union. Diejenigen Menschen im Trikont, deren Lebensgrundlagen durch die ökonomischen und militärischen Raubzüge der EU-Staaten zerstört wurden, sollen mit polizeilichen und militärischen Mitteln davon abgehalten werden, dort hinzugelangen, wo sich der durch jahrhundertelange koloniale Ausbeutung zusammengestohlene Reichtum zeigt: in der kapitalistischen Metropole. An den spanischen Küsten kann jeden Tag gesehen werden, wie das rassistische Projekt „Festung Europa“ umgesetzt wird. Bewegungsfreiheit gibt es hier nur für Märkte und Waren, Menschen wird dieses Recht mit Gewalt vorenthalten.
Aber nicht nur Flüchtlingen wird die Einreise verweigert. Wurde beim Fall der Mauer 1989 noch die Reisefreiheit als Ideal propagiert, so werden heute regelmäßig zu Staatsgipfeln wie in Genua 2001 oder zu Fußballspielen wie bei der letzten WM die Grenzen dichtgemacht.
Gegen ein Europa der Herrschenden, wo der Einzelne keine Rechte mehr hat!

• Keine Verfolgung von Flüchtlingen! Keine Abschiebungen! Aufenthaltsrecht für alle!
• Ein frei bestimmbares Leben für alle! Keine Verfolgung von Schwulen, Lesben und Transgender!
• Kein weiterer Abbau von sozialen Rechten! Keine Umsetzung der Bolkestein-Direktive und der Agenda von Lissabon!
• Angleichung der Löhne und aller sozialen Standards an das oberste Niveau! 35-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich und uneingeschränktes Streikrecht!
• Nein zur EU-Verfassung!
• Weg mit der EU-Anti-Terror-Liste! Abzug aller Truppen!
• Kein G8-Gipfel in Heiligendamm! Auf zur Anti-G8-Demonstration!
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Ergänzungen

einige interessante Links

verlinker 25.02.2007 - 12:52
 http://www.anti-eu.info/ Die Homepage des Anti-EU-Gipfel-Bündnisses
 http://www.eu2007.de/includes/Downloads/Praesidentschaftsprogramm/EU-P-AProgr-d-2911.pdf Das Arbeitsprogramm der Regierung zur EU-Präsidentschaft

28.05.2007 EU-Gipfel in Hamburg

nn 25.02.2007 - 15:18
Vom 28.-29.05.2007 findet in Hamburg der größte Gipfel der Eu-Ratspräsidentschaft statt. 1500 Delegierte und Außenminister aus Asien und Europa werden zum ASEM erwartet. Dort werden wirtschaftliche und politische Perspektiven der Zusammenarbeit diskutiert und die EU positioniert sich als globale Gegenspielerin zu den USA. Autonome und Linksradikale Gruppen mobilisieren zu einer internationalen Demonstration am 28.05. Die Behörden haben angekündigt, dass die Innenstadt abgesichert werden soll und massive Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.

Beteiligt euch an der Demo und stört den Gipfel!

Infos:  https://hamburg.dissentnetzwerk.org/
Kontakt: summitblock[at]nadir[dot]org

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Für ein soziales Europa — globalize

soziale EU — lucien