Baskische Kommunisten sollen verboten werden

Ralf Streck 21.02.2007 10:44 Themen: Repression Weltweit
Wenn im spanischen Staat Wahlen anstehen, dann wird auch über Verbote von baskischen Parteien diskutiert. Vor den Wahlen zum Regionalparlament in der Provinz Navarra und den Gemeinderatswahlen im Mai ist es wieder soweit. Die ultrakonservative Volkspartei (PP) versuchte gestern (heute) das Thema im Madrider Parlament einzubringen, denn nun will die PP auch die „Kommunistischen Partei der Baskischen Territorien“ (EHAK) verbieten lassen. Nachdem alle Parteien das Vorhaben abgelehnt haben, wird es wohl einen Vorstoß der Justiz geben, obwohl die keine Kompetenz in dem Fall hat.
Wieder einmal behauptet die PP, eine Partei oder Wählerliste wäre der baskischen Partei Batasuna (Einheit) untergeordnet, die im März 2003 unter der PP-Regierung verboten wurde. Weil der nie eine Verbindung zur ETA nachgewiesen werden konnte, wurde, mit Unterstützung der Sozialisten (PSOE), extra ein neues Parteiengesetz verabschiedet. Demnach können Parteien verboten werden, wenn sie etwas unterlassen, nämlich die Anschläge der ETA ausdrücklich so zu verurteilen, wie es die Regierung verlangt. Dass Batasuna die Anschläge als Ausdruck eines seit Jahrzehnten schwelenden bewaffneten Konflikts nur bedauert, reichte den beiden großen spanischen Parteien nicht, schließlich wollten sie die Partei ja verbieten.

Nun hat allerdings die PP ein Problem mit EHAK. Sie wurde nach der Gründung 2002 nach dem neuen Parteiengesetz geprüft und noch unter der PP-Regierung zugelassen. So ist mit dem Vorstoß klar, dass die PP die PSOE-Regierung vor den Wahlen im nächsten Frühjahr unter Druck bringen will und nun und behauptet, EHAK sei eine Tarnorganisation von Batasuna und stehe damit im Dienste der Untergrundorganisation ETA. Doch selbst der Ermittlungsrichter Baltasar Garzón, der viele baskische Organisationen für die PP verboten hat, sieht keine Beweise dafür. Nach dem Regierungswechsel 2004 hat er ohnehin seine Meinung geändert. Es sei nicht korrekt, die ETA mit anderen Organisationen wie Batasuna gleichzusetzen, sagte er kürzlich. Dabei hat gerade er mit seiner These, die baskische Linke sei der ETA untergeordnet, deren Kriminalisierung vorangetrieben.

Mit ihrer Initiative blieb die PP gestern im Parlament allein. Keine Partei wollte sie dabei unterstützen, alle Parteien zu verbieten, welche der linken Unabhängigkeitsbewegung angehören. Ihr stinkt natürlich, dass EHAK 2003 im Stehgreif mit 12,5 Prozent den Sprung ins baskische Regionalparlament geschafft, nachdem Batasuna ihre Sympathisanten zur Wahl der Kommunisten aufforderte. Dass sich EHAK an die gleichen Wähler wendet, wie etliche verbotene Parteien und Wählerlisten, reicht der PSOE diesmal nicht aus, um ein Verbotsverfahren einzuleiten. Das war nicht immer so, denn unter den Sozialisten wurde ein Verbotsverfahren gegen Herritaren Zerenda (HZ)zu den Wahlen zum Europaparlament eingeleitet und es genau damit begründet. So ergab sich die absurde Situation, dass HZ im französischen Baskenland antrat und im spanischen Baskenland verboten war.

Allerdings hat die PP, deren Anhänger noch immer die Schaltstellen der Justiz einnehmen, eine Parallelstrategie parat. Erneut will sie über die Justiz Politik machen. Die Sonderkammer am Obersten Gerichtshof, die mit dem neuen Parteiengesetz geschaffen wurde, will von sich aus gegen EHAK vorgehen. Dabei wurde diese Kompetenz über das Gesetz der Regierung oder der Staatsanwaltschaft zugeschrieben, die als Ministerium zur Regierung gehört.

Die konservativen Richter greifen zu einem Trick und wollen das Verfahrens, das zum Batasuna-Verbot führte, als Erweiterung fortführen. Die Entscheidung dafür könnte im Plenum des Gerichtshofs heute fallen. Mit neun Richtern haben die Konservativen darin eine klare Mehrheit. Dass der Justizkontrollrat (CGPJ) einschreitet, ist nicht zu erwarten. Deren Präsident ist auch der Präsident der Sonderkammer für Parteienverbote und treibt das Verfahren an. Es ist schon erstaunlich im spanischen Justizsystem, dass so etwas möglich ist. Allerdings ist das vor allem der mangelnden Opposition der Sozialisten während der Regierungszeit der PP zu verdanken, die alle, auch noch so absurden Vorgänge mitgetragen hat, wenn die PP mit dem Begriff "Terrorismus" hantierte und deshalb auch das Parteiengesetz unterstützte.

Jetzt fällt alles dies der PSOE und sie kann gegen die politisch agierenden Richter nicht einmal vorgehen, weil auch im Kontrollrat CGPJ die von der PP eingesetzten Richter noch eine Mehrheit haben. Die blockieren dort auch die Reform des Kontrollrats, weshalb der Justizminister kürzlich erklärte, dem "fehlt die Legitimität", weil sein Mandat schon vor drei Monaten ausgelaufen ist.

Ein Ausweg wäre, endlich das neue Parteiengesetz wieder zu streichen, wie es etliche Parteien fordern. Damit würde Batasuna oder anderen Parteien wieder eine legale Betätigung möglich und das würde den festgefahrenen Prozess zu einer friedlichen Lösung des Konflikts wieder in Gang zu bringen. Das die ETA die Waffenruhe unterbrochen hatte, lag vor allem daran, dass die Sozialisten sich an zwei Versprechungen nicht gehalten haben. Eine Entspannung für die 700 baskischen politischen Gefangenen und eine Veränderung am Parteiengesetz, damit sich die baskische Linke wieder legal im spanischen Staat bewegen kann.

© Ralf Streck, Donostia den 21.02.2007
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