Morgen wieder Fight Club mit Nazis in Gera

Antifaschistische Aktion Gera [AAG] 09.02.2007 18:47
Nichts gewusst oder alltägliche Normalität? Wieder Fight Club mit Nazis in Gera

Nach damaligen Protesten weicht der Eastfight e.V. nun in das nahe gelegene Ronneburg aus

GERA, 9. Februar. Nachdem es im letzten Jahr ruhig wurde um die Fight Clubs mit Nazis in Ostthüringen und Sachsen, wirbt der Eastfight e.V. erneut für solch eine Veranstaltung. Am morgigen Samstag kann er die städtische „Bogenbinderhalle“ in Ronneburg bei Gera nutzen. Dabei ist es eindeutig, dass der Verein, seine Kämpfer und mehrere Sponsoren aus der Naziszene stammen und keinerlei Berührungsängste zu ihr haben. Aus diesem Grund äußert die Antifaschistische Aktion Gera [AAG] ihr absolutes Unverständnis gegenüber der erneuten Vermietung eines städtischen Gebäudes.
Bereits im Dezember 2005 informierte die [AAG] anlässlich des ersten Fight Clubs des Eastfight e.V. über den Verein und seine Verstrickungen in die Naziszene. Damals beschäftigten sich die Lokalpresse, der Stadtrat von Gera und der Landtag von Thüringen mit der Veranstaltung, jedoch ohne Konsequenzen für den Eastfight e.V. und den damaligen Fight Club.

Unterlassungsklagen gegen Antifaschisten und Dementis wie „Politische Gesinnungen oder Aktivitäten von Sportlern stellen für das Eastfight-GYM kein Aufnahmekriterium dar!“ können auch weiterhin über die wahre politische Gesinnung nicht hinwegtäuschen.
Beweise gab es bereits 2005 genug. Mitglieder dieses Vereins trugen schon damals neben Kleidung mit „Eastfight“-Aufdrucken auch T-Shirts und Pullover mit eindeutigen Schriftzügen wie „Opa war kein Verbrecher“ oder „Sportfrei für Gera“ und das von der Waffen SS geschaffene „Schwarze Sonne“-Symbol. Unter ersterem Slogan initiierten Nazis in den letzten Jahren Aktionen gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“. Letzterer lehnt sich an die Marke „Sport Frei“ an. Diese wird von Neonazis aus Bremen und Zarrentin vertrieben und ist in Nazi-Hooligan- und -Fight Club Kreisen beliebt.
Außerdem wurden der [AAG] damals Informationen zugespielt, nach denen sich Mitglieder beim Training per Hitlergruß begrüßten.
Der Vorsitzende des Vereins Lars Weber soll 2005 selbst an einer Diskothekenschlägerei in Gera beteiligt gewesen sein und gute Kontakte zur überwiegend nazistischen Fight Club Szene im 60 Kilometer entfernten Chemnitz halten. Deren Mitglieder griffen im November 2004 und Oktober 2006 antifaschistische Demonstrationen in Chemnitz an. Zuerst warfen sie mit Flaschen und Zaunslatten und skandierten Parolen wie „Juden raus“, zwei Jahre später griffen sie mit Steinen an. Bei Fight Clubs in Chemnitz war der Großteil der Zuschauer der Naziszene zuzuordnen und wartete mit Parolen wie „Ostdeutschland-Naziland!“, „Sieg Heil!“ oder „Hoonara!“ - der Szeneabkürzung für Hooligans, Nazis Rassisten - auf, worüber auch das ARD-Magazin Panorama berichtete.
Von der eigenen Website des Vereins sind Fotos abrufbar, die nochmals verdeutlichen, wer sich hinter dem Eastfight e.V. verbirgt. Zu sehen sind Mitglieder mit einem auf den Oberarm tätowierten Wehrmachtssoldaten, einem T-Shirt, auf dem ein Wehrmachtssoldat bei einer Hinrichtung abgebildet ist und einem T-Shirt mit der Aufschrift „Consdaple“. Diese Marke wurde vom Naziversand „Patria-Versand“ aus Landshut entworfen, vertrieben und ist ausschließlich in Naziläden zu erhalten. Sie ist in der Szene äußerst beliebt, da bei Verdeckung einiger Buchstaben der Schriftzug „NSDAP“ hervorkommt.
Weitere Aufnahmen vom ersten Fight Club am 26. Dezember 2005 zeigen Mitglieder des Vereins beim Aufbau, die unverhohlen die Nazikleidungsmarke „Thor Steinar“ tragen. So auch ein Teil des Publikums, das damals eindeutig der Naziszene zuzuordnen war.

Die Liste der Sponsoren kann die Vorwürfe nur erhärten. Der Naziladen „Youngland“ aus der Straße des Friedens 3 in Gera wurde zwar nicht nochmals aufgeführt, dies aber wohl nur, weil er mehrfach Ziel von Polizeirazzien war, das Medieninteresse des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) auf sich zog und eindeutig aus der Naziszene stammt.
Dafür gehört der Naziladen „Objekt 90“ aus Ronneburg mittlerweile zum festen Kreis des Eastfight e.V. und tritt nach dem ersten Fight Club nun wieder als Sponsor in Erscheinung.
Das Geschäft verkauft am Markt 20 in Ronneburg neben den in der Naziszene beliebten Marken „Lonsdale“, „Fred Perry“ und „Everlast“, auch die Nazikleidungsmarke „Thor Steinar“. Auf der Internetseite des Geschäfts wird sie als „Flaggschiff“ an erster Stelle aufgeführt und jeder bestellbare Artikel angeboten.
Die Kleidungsmarke „Thor Steinar“ wird von Nazis aus Brandenburg vertrieben und erfreut sich seit 2002 großer Beliebtheit in der Naziszene. Modisch transportiert diese aktuell bedeutendste Nazikleidungsmarke völkische Symbolik, Runen, welche sich an die NS-Zeit anlehnen und den charakteristischen Aufdruck „Ultima Thule“, was auch der Name eines Rechtsrock Musiklabels aus Schweden ist.
Unterdessen wird der „The Last Resort Shop“ in Zwickau erneut als Vorverkaufsstelle für den Fight Club in Gera deklariert und reiht sich in die Liste der Naziläden ein.
Dessen bisheriger Betreiber Ralf "Manole" Marschner, der mittlerweile den zweiten in Zwickau ansässigen Naziladen „Heaven&Hell“ eröffnete, war Sänger in der Naziband „Westsachsengesocks“ und mehrfach Ziel von Polizeirazzien. Grund hierfür waren seine Verstrickungen in den Vertrieb von Musik mit verfassungsfeindlichen Inhalten in die verbotene Blood & Honour Bewegung. Außerdem war er in die Verbreitung der CD "Ran an den Feind" der einschlägig bekannten und verbotenen Naziband „Landser“ involviert. Er kaufte ihnen mehrere tausend Stück ab und stand deswegen auch vor Gericht.
Der Anführer der Naziband, Michael Regener alias „Lunikoff“ muss u.a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung eine über dreijährige Haftstrafe absitzen.
„The Last Resort Shop“ bietet ebenfalls ein großes Sortiment der erwähnten Nazikleidungsmarke „Thor Steinar“ an.
Weiterhin tritt die Sicherheitsfirma „Alpha DSD“ als Sponsor des Fight Clubs in Gera auf, welche wie der Naziladen „Objekt 90“ mittlerweile zum festen Kreis des Eastfight e.V. gehört und zum ersten Fight Club in der Panndorfhalle in Gera den Sicherheitsdienst stellte. Diese Sicherheitsfirma trat durch Naziparolen und einen körperlichen Übergriff in Erscheinung. Bei einer Veranstaltung im Juni 2005 griffen Türsteher dieser Firma alternative Jugendliche an und beschimpften diese mit antisemitischen und nazistischen Äußerungen - sie mussten sich vor Gericht verantworten.

Dass es dem Eastfight e.V. nicht gelang, erneut eine städtische Halle in Gera anzumieten, ist die einzig richtige Konsequenz. Doch die Situation in dem geradezu dörflichen Vorort Ronneburg ist prekärer als vermutet. An Nazis und deren Auftreten scheint sich niemand zu stören oder „will nach den Veröffentlichungen zum letzten Fight Club niemand etwas gewusst haben?“ stellt die Pressesprecherin der Antifaschistischen Aktion Gera [AAG] Anna Schneider in Frage.
Der jetzige Fight Club unter dem wenig geistreichen Titel „bad blood contest“ ist hierbei nur ein Teil des Problems. Der Naziladen „Objekt 90“ existiert ungestört mitten in der Stadt und sponsert noch dazu den Sportverein „FSV Ronneburg“, der Nazi Christian Bärthel schaffte es sogar zeitweise unentdeckt in den Verbund der „Freien Wähler“. Nazis gehören zum alltäglichen Stadtbild und erst im November wurden die Fensterscheiben eines türkischen Imbiss von Unbekannten eingeschlagen.

Damit sich offener wie latenter Rassismus, Antisemitismus und Nazismus nicht ungestört etablieren können, muss dem in allen gesellschaftlichen Bereichen eine unmissverständliche Absage erteilt werden. „Der kommende Fight Club ist keineswegs eine harmlose Boxveranstaltung. Hinter ihm stehen Nazis und deren Sympathisanten verschiedener Couleur. Sie geben sich scheinbar unpolitisch, doch ihnen muss durch jede und jeden ebenso Paroli geboten werden wie der NPD und den Nazis der Rechtsrockszene“, so Anna Schneider abschließend.

Antifaschistische Aktion Gera [AAG] | Februar 2007
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Ergänzungen

Geraer Antifa gegen Kampfsportabend

OTZ 10.02.07 12.02.2007 - 17:19
Geraer Antifa gegen Kampfsportabend

Ronneburg weist Vorwürfe zurück Ronneburg (-um-). Eine Kampfsportveranstaltung heute abend in der Ronneburger Bogenbinderhalle ist ins Visier der Antifaschistischen Aktion Gera (AAG) geraten.

Der Eastfight e.V. sei ein Verein, dessen Kämpfer und mehrere Sponsoren aus der Naziszene stammten bzw. keinerlei Berührungsängste zu ihr hätten, lautet der Vorwurf. Die AAG äußerte in einer gestern nachmittag verbreiteten Pressemitteilung ihr Unverständnis, dass die städtische Halle für diesen Verein bereitgestellt worden sei.

Bürgermeister Manfred Böhme (CDU) erklärte, ihm sei nichts über den politischen Hintergrund des Geraer Kampfsportvereines bekannt. Er wisse nur, dass Peter Bäumler heute seinen Meistertitel im Thaiboxen verteidigen will.

"Es ist der Sohn von unserem Stadtratsmitglied Herrn Bäumler, und für den lege ich meine Hand ins Feuer", betonte der Bürgermeister; Jürgen Bäumler gehört übrigens der PDS-Fraktion im Ronneburger Rat an.

Bei der Polizei ist die Veranstaltung mit 600 Teilnehmern, darunter aus den Niederlanden, Frankreich, der Slowakei und Tschechien, angemeldet. Im Internet distanziert sich der Eastfight e.V. von "jeglichen politischen Motivationen". Allerdings gilt Vereinsvorsitzender Lars Weber als einschlägig polizeibekannt.

Weihnachten 2005 hatte eine Kampfsportveranstaltung in der Geraer Panndorfhalle für politische Diskussionen gesorgt.

"Der Stadtrat bietet keine Unterstützung für Personen mit neonazistischer Gesinnung oder Veranstaltungen, bei denen Neonazis unter dem Deckmantel sportlicher Betätigung versuchen, Einfluss auf die Gesellschaft zu erlangen", hieß es in einer Erklärung.

Damals hatte die Geraer Antifa ebenfalls gewittert, dass die Neonazi-Szene hinter der Veranstaltung steckt.

"Dass es dem Eastfight e.V. nicht gelang, erneut eine städtische Halle in Gera anzumieten, ist die einzig richtige Konsequenz", so AAG-Sprecherin Anna Schneider.

Ostthüringer Zeitung (OTZ) 10.02.07