Die Linke und die Internetsicherheit

lesender arbeiter 08.02.2007 17:42 Themen: Indymedia Netactivism
Internettrojaner, heimliche Internetüberwachung, Vorratsdatenspeicherung, diese Begriffe sorgen in Kreisen von InternetnutzerInnen und ZivilgesellschafterInnen in der letzten Zeit für heftige Diskussionen. Doch ist es auch ein Thema für die Linke? Dieser Frage widmete sich am vergangenen Mittwoch der Rote Abend der Internationalen KommunistInnen im Berliner Stadtteilladen Zielona Gora.
Das Internet und die Linke



Der vollbesetzte Raum zeigte, dass das Thema durchaus auf Interesse stößt. Der Berliner Rechtsanwalt Michael Below machte in seinen Referat klar, dass Internetkontrolle eben nicht erst da anfängt, wo ein Polizeitrojaner eingesetzt wird. Zahlreiche private Firmen erweisen sich als Datenschleudern, die von KundInnen, die im Internet etwas bestellen, Profile anfertigen, die dann die Grundlage für Werbemails bilden. Mit dem Abschluss eines Internetgeschäfts erklärt sich die KundIn scheinbar damit einverstanden, dass die Daten weiter gegeben würden. Doch hier beginnt schon eine Grauzone an. Oft werden die Daten auch in anderen Ländern, z.B. in den USA verwendet, weil die Firmen eben internationale Filialen haben. Dann gelten die US-Datenbestimmungen, die weniger auf den Datenschutz ausgerichtet sind, als die in europäischen Ländern. So kann dann auch mal ein Fluggast in die USA die Erfahrung machen, dass sein Datenprofil ihn zur unerwünschten Person erklärt. Vielleicht hat er gerade den Koran und eine Landkarte des Irak erstanden?

Der Jurist Sönke Hilbrans, der auch Vorsitzender der Dt. Gesellschaft für Datenschutz ist, ging dann auf gegenwärtige Debatte um die heimliche Internetüberwachung ein. Dabei warnte er vor Panik. Noch immer sie die Bespitzelung durch V-Personen wesentlich gravierender als die Internetüberwachung. Viele Pläne von SicherheitspolitikerInnen funktionieren aus technischen Gründen noch nicht.
Hilbrans plädierte für Gelassenheit und bürgerrechtlichen Engagement gegen neue Pläne, den Zugriff auf die Daten zu intensivieren. Ein Beispiel ist das im letzten Herbst verabschiedete Verfassungsschutzgesetz von NRW, das die heimliche Ausschnüffelung von Computern erstmals in einen Bundesland legalisiert. Entsprechende Pläne gibt es auch bundesweit. Viele Politiker, allen voran Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, interpretieren den Beschluss der Bundesanwaltschaft von Anfang dieser Woche in erster Linie als Aufforderung, jetzt so schnell wie möglich die gesetzliche Grundlage für die heimliche Internetüberwachung zu schaffen.


Bürgerrechtliches Engagement

Dagegen mobilisieren verschiedene Initiativen, die sich auch aus dem Publikum zu Wort melden. Die von den EU-Gremien beschlossene Vorratsdatenspeicherung steht im Mittelpunkt verschiedener Aktivitäten. Die Initiative www.vorratsdatenspeicherung.de will mit Eingaben an Bundestagsabgeordnete und einen Gang nach Karlsruhe dieses Projekt stoppen. Das ist auch das Anliegen des Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V. (FoeBuD). Die aktuelle Debatte hat auch verschiedene MitstreiterInnen aktiviert, auch in Berlin eine Gruppe aufzubauen.
Neben der Kampagne gegen die Vorratsspeicherung widmet sich FoeBuD aktuell vor allem dem Widerstand gegen die Radio Frequency Identification, einen Schnüffel-Chip, der uns auf Pässen etc. in Zukunft verstärkt begegnen wird. Im FoeBuD-Shop gibt es auch ganz pfiffige Umschläge etc. mit denen die Funktion dieser Chips noch beeinträchtigt werden. Eine andere Initiative, die sich am Mittwoch vorstellte ist die Piratenpartei, die einen ihrer Schwerpunkte in der Ablehnung jeglicher Schnüffelei im Internet und in der Änderung der Copy- und Urheberrechte legt. Es gibt Ableger in verschiedenen europäischen Ländern und eine Teilnahme an der nächsten Europa-Wahl wird angestrebt.

Sicher Surfen im Netz

Ein Genosse von den Internationalen KommunistInnen lenkte dann die Debatte dann wieder auf den heimischen Schreibtisch bzw. den PC. Er hat nämlich die Broschüre „Sicher Surfen im Netz“ vorgestellt, die in den kommenden Tagen unter www.interkomm.tk heruntergeladen werden kann.
Dort wird an praktischen Beispielen gezeigt, wie sich der InternetnutzerInnen so weit wie möglich gegen unliebsame MitleserInnen schützen können. An erster Stelle steht hier die Verschlüsselung. Sehr detailliert werden die einzelnen Schritte beim Installieren des Verschlüsselungsprogramms Pretty Good Privacy (PGP) erklärt.
„Problemzone Festplatte“ ist ein weiterer Abschnitt überschrieben, der sich mit der Verschlüsselung der gesamten auf dem Computer befindlichen Daten befasst. Was man bei der Computersicherung alles beachten muss, machen die HerausgeberInnen der Broschüre am Beispiel der Passwörter deutlich. So sollte man als Code nicht einfach sein Geburtsdatum wählen. Das ist zwar immer schnell zu erraten. Aber das gilt leider auch für Dienste und Beamte, die sich Zugang zu den Daten verschaffen wollen. Ein sicheres Passwort sollte aus einer Kombination von Zahlen, Buchstaben und sonstigen Zeichen bestehen und aus mindestens 12 Zeichen umfassen. Solche und ähnliche Tipps findet der Leser in der handlichen Broschüre viele.
Im Nachwort machen die Herausgeber noch mal ihre Intention deutlich. Es geht nicht darum, Panik über den alles überwachenden Staat zu verbreiten. Allerdings sollten einige einfache Sicherheitsstandards eingehalten werden. Davor sollte man sich auch nicht mit dem Argument herummogeln, dass man ja nichts zu verbergen habe. Vielmehr sollte man sein Recht auf seine Daten einfach einfordern und sich nehmen. Darüber waren sich am Roten Abend alle einig.
Und noch etwas war unstrittig. Hundertprozentige Sicherheit im Netz gibt es natürlich nicht, wie mensch hundert Prozent vor Spitzeln sicher sein kann. Doch hier wie dort geht es darum, zumindest die möglichen Sicherheitsstandards einzuhalten. Das kann aber auch heißen, im Zweifelsfall mal spazieren zu gehen, um Sachen zu besprechen und nicht einfach der Bequemlichkeit halber eine Nachricht zu mailen.

Lesender arbeiter




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Ergänzungen

Neues von Himml..äh.. Schäuble

aasdfg 09.02.2007 - 00:41
Schäuble: Trojaner sollen auch private Tagebücher durchsuchen
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/85023

voll besetzt?

wann? 10.02.2007 - 15:00
Sorry, aber wenn 10 bis 12 Menschen um 17.30 Uhr bei der Vorführung eines aufgezeichneten Vortrags in Friedrichshain sitzen, dann ist das nicht besonders viel - wir müssen mehr in den Kiez rein!!!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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