Obergericht kaute 2 Monate lang an Eldar S.

Maxx 07.02.2007 16:06
Nun ist das Urteil im Fall Eldar S. mit Freispruch für die schlagende Polizei mit 2 Monaten Verzug doch noch eingetroffen. Auf 123 Seiten sanktionieren die Oberrichter Schätzle, Meyer und Ruggli (alle SP) Polizeihandlungen je sadistischer umso eher. Sämtliche Zeugen, welche die Schläger aus den Reihen der Zürcher Stadtpolizei belasten, werden auf hässliche Art in ihrer Würde verletzt, menschlich diffamiert oder anderweitig der verschrobenen oder verzerrten Wahrnehmung bezichtigt. Ein paar Beispiele dazu:
Besonders die Aerzte, die Eldar S. am 21.4.2002 ab ca. 22.30 Uhr im USZ notfallmässig behandelten, fürchtet das Obergericht am meisten. Denn auch die über 4 Jahre hinweg nicht untersuchende Staatsanwaltschaft hörte diese Aerzte wohlweislich nicht an. Auf S. 43 des Obergerichts-Urteils heisst es: „Unwahrscheinlich ist, dass sich die Aerzte nach viereinhalb Jahren noch an den exakten Wortlaut Eldar’s erinnern und und damit glaubwürdig eine Schilderung des Tatverlaufes am Weinbergfussweg wiedergeben könnten. Zudem wäre nicht mehr zuverlässig feststellbar, wie weit diese Erinnerung auf der damaligen Schilderung von Eldar S. beruht und wie weit diese nicht insbesondere durch spätere Berichterstattung und Kommentare in den Medien beeinflusst wurde.“
„Was die Aerzte im USZ anbetrifft, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sie den Erzählungen von Eldar S. aufgrund der Blessuren an seinem Kopf Glauben schenkten, wie es zuvor schon Dr. Walter (siehe weiter unten) getan hatte. Es liegt (...) sogar ein konkreter Hinweis dafür vor, dass diese sich von der Schilderung des Eldar S. nachhaltig beeindrucken liessen. Bei der Beweiswürdigung müsste damit zumindest ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass sich die Aerzte von Eldar S. bereits schon für seine Sicht der Dinge hatten einnehmen lassen und womöglich sogar Partei ergriffen hatten. Vor diesem Hintergrund wäre ihre Aussage nicht geeignet, die bereits vorhandenen Zweifel an den Aussagen von Eldar S. auszuräumen.“

In ähnlich einseitiger Weise verfahren die 3 Oberrichter auch mit den direkten Zeugen: (S. 68) „Der Zeuge Martin B. wurde erstmals am 22. Mai 2002 befragt, einen Monat nach dem fraglichen Vorfall am Weinbergfussweg. Es steht fest, dass in diesem Zeitpunkt bereits breit in der Presse über diesen Fall berichtet und TV-Beiträge ausgestrahlt wurden. Schon von daher muss zu Gunsten der angeklagten Polizisten davon ausgegangen werden, dass der Zeuge vor seiner Einvernahme bereits einer gewissen Beeinflussung ausgesetzt war, welche die beiden Polizisten in ein schlechtes Licht gerückt hatte.
Kommt hinzu, dass der Zeuge Eldar S. und dessen Vater immerhin so gut kannte, dass er sofort nach dem Vorfall persönlich bei diesem vorbeiging und einige Zeit bei ihm blieb. (...) Aufgrund von Hinweisen kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass auf den Zeugen Martin B. zumindest durch die TV-Journalistin Liz Horowitz erheblicher Druck ausgeübt wurde.“
„Der Zeuge räumte insbesondere ein, dass er dem Sonntagsblick für eine Befragung zur Verfügung stand, da er den Vater des SoBli-Journalisten Sandro Brotz persönlich kenne. (...) Überschrieben ist der Artikel mit „Zürcher Polizisten prügelten Tankwart spitalreif. Zeuge klagt an: „Ich dachte, da wird jemand getötet“. Der Artikel kann nicht anders denn als Vorverurteilung der beiden Polizisten Reto K. und Bernhard S. verstanden werden.“
„Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls eine gewisse Zurückhaltung bei der Würdigung der belastenden Aussagen dieses Zeugen am Platz.“
(Dann wird von S. 68 bis S. 74 dargetan, weshalb der Zeuge Martin B. nicht einzuvernehmen sei. Schlusssatz: „Von einer nochmaligen Einvernahme des Zeugen Martin B. ist abzusehen.

Weiter zu Zeugin Hülya S. Sie sagte vor viereinhalb Jahren gegenüber der Staatsanwaltschaft u.a. aus: „Ich hörte Schreie. Ich hörte Hilfeschreie, sie kamen immer näher. Ca. nach dem 6. Ruf ging ich raus, um zu schauen, was los ist. Ich ging dann nach draussen und auch eine zweite Person aus der Kirche, ein Herr, ging ebenfalls auf der anderen Türseite nach draussen, um zu schauen, was los ist. (...) Der Herr fragte zuvor noch, ob das wahr sei, was er da sehe und ich antwortete, ja, das sei kein Film, er solle doch etwas tun. Er tat aber nichts. Ich schrie dann aufgeregt und laut, ob die beiden (Polizisten) eigentlich spinnen und dass sie aufhören sollten.“
(...und jetzt kommt, auf S. 76, das obergerichtliche Verdikt gegen die Zeugin:) „Die Zeugin lehnt die Gewaltanwendung mit Schlägen an sich ab. Damit ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass ihre Beobachtungen aus einer durchaus subjektiven Wahrnehmung erfolgten. Andererseits fällt auf, dass sie nach eigenem Bekunden sich nicht eingemischt hätte, wenn sie früher erkannt hätte, dass es sich um Polizisten handelte, dann aber gleichwohl einem Uniformpolizisten sagte, so gehe man „trotz allem“ mit Menschen nicht um.“
Und auf S. 77 der Schlusspunkt: „Eldar S. verlangt auch die gerichtliche Einvernahme dieser Zeugin. Auch dieser Antrag ist abzuweisen.“

Notfallarzt Dr. Martin Walter, von der Urania als „Notfall-Psychiater“ zwecks Verfrachtung des Polizeiopfers ins Burghölzli beigezogen, „funktionierte“ damals am 21.4.2002 um ca. 18.30 Uhr nicht in diesem Sinn. Vielmehr wies er Detektiv Ringier, nach Untersuchung des Polizeiopfers, an, Eldar S. sofort in den Notfall des Unispitals USZ zu überbringen, da Gefahr auf innere Verletzungen bestand.
Erst anfangs Juli 2002 durch den laschen Staatsanwalt Michael Scherrer befragt, legte er diesem sicherheitshalber ein schriftliches Statement vor (siehe auch auf www.eldar.ch). Nun unterliess es das Obergericht aber, Walters Erklärung im 123-seitigen Urteil zu übernehmen, und dies aus gutem Grund:
Dr. Walters „Fehler“ lag laut den 3 Oberrichtern nämlich darin, dass er von Eldar S. (S. 85) „einen absolut glaubwürdigen Eindruck“ hatte. Und überdies ausführte: Ich habe mir überlegt, dass Eldar S. ja von Fachleuten verhaftet wurde und ich kann mir nicht vorstellen, wie eine lege artis erfolgte Verhaftung zu derartigen Wunden führen kann.“
Zudem entfuhr es Dr. Walter (scheinbar unglücklich), er sei „als Arzt vornehmlich dem jeweiligen Patienten verpflichtet“ und das gelte „wohl auch im vorliegenden Fall so“ (S. 86). Damit aber hat sich dieser Arzt aus Sicht der 3 Oberrichter endgültig disqualifiziert. Verdikt gegen Dr. Walter auf S. 87: „Die Unschuldsvermutung (zugunsten der angeklagten Polizisten) lässt den erhöhten Verdacht einer Befangenheit des Zeugen Dr. Walter nicht bei Seite schieben.“

Gesucht wird somit „Der Zeuge“ oder „Die Zeugin“, die geeignet wären, einen Rambo-Polizisten wirklich und verbindlich und gerichtsplausibel belasten zu können. Im Fall Eldar S. gab es diese, laut den 3 SP-Oberrichtern nicht.
Das 123seitige Schriftstück lässt aber nur eines wirklich zu, nämlich, dass sich alles ganz anders abgespielt hatte: Die beiden Polizisten nahmen nicht etwa eine „Personenkontrolle“ vor, sondern sie waren beauftragt, Eldar S. zu überfallen und ihm einen möglichst schmerzvollen Denkzettel zu verpassen und ihn anschliessend möglichst ausser Landes zu schaffen. Zu diesem Zweck wiesen sie sich selbstverständlich nicht als Polizisten aus. Infolge der Hilfeschreie des Opfers eilten unpässlicherweise zwei Kirchgänger herbei und wurden Zeugen der völlig einseitigen Schlägerei.
Das vorliegende Urteil bildet von daher bloss Kulisse, um diesen Tatbestand aufwändig aus der Welt zu schaffen. Wer sich Zeit und Ruhe nimmt, sich in diese Justiz-Posse einzulesen, wird bald bemerken, dass hier ganz offenkundig ein Skandal vertuscht werden soll.
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Ergänzungen

Worum geht es?

Ich 07.02.2007 - 17:00
>Vielleicht solltet ihr einen Einführungtext dazuschreiben, indem erklärt wird, worum es überhaupt geht, bevor ihr gleich in die Materie einsteigt. Auch ein Link könnte schon helfen.

Link zur Vorgeschichte

@utonomer Verlinker 08.02.2007 - 02:01
Die Website zur kompletten "Geschichte" um Eldar S. findest du hier:  http://www.eldar.ch