Klage gegen Versammlungsgebühren vor Gericht

http://demogebuehren.dl.am/ 30.01.2007 07:46 Themen: Antifa Repression Soziale Kämpfe
Bereits 2005 wurde gegen die von der Stadt festgesetzten Demonstrationsgebühren bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage eingereicht. Hintergrund der Klagen sind die Gebühren zur Durchführung einer Demonstration und die Einschränkung des Grundgesetzes Artikel 8, welcher eindeutig jeder Person in Deutschland das Recht auf Demonstrationsfreiheit zuspricht. Die Stadt Pforzheim versucht mit bürokratischen Mitteln, durch so genannte Demonstrationsgebühren, politische Gruppen, Organisationen sowie Einzelpersonen einzuschüchtern. Die anfallenden Gebühren werden offensichtlich je nach Gesinnung in ihrer Höhe bestimmt.
Versammlungsgebühren in Pforzheim

Dies erweckt den Anschein, dass Meinungen die dem gesellschaftlichen Mainstream der Stadt Pforzheim entgegen wirken, mit unterschiedlich hohen Kosten belastet werden.

Feststellen kann man diese Vorgehensweise anhand mehrere verschiedener Anmeldungen von Demonstrationen. Hierfür sollten folgende Beispiele genannt werden:

27.04.2002
Im Jahr 2002 fand von dem alternativen Verein für „Autonome Lebensweise und Kultur Pforzheim“ e.V. eine Demonstration für ein neues autonomes Zentrum statt. Hierfür wurden unter geringen Auflagen 25,00 Euro Demonstrationsgebühren erhoben.

24.06.2003
Der gleiche Verein meldete knapp ein Jahr später eine weitere Demonstration „Gegen die Streichung von Geldern bei Veranstaltungen des Vereins“ auf dem Ordnungsamt Pforzheim an, für welche eine Bearbeitungsgebühr von 15,- Euro auferlegt wurde.

03.08.2004
Für ein autonomes Zentrum wurde auch am 03.08.2004 eine Kundgebung und eine Demonstration bei der Stadt Pforzheim durch die „Initiative für ein autonomes Zentrum“ eingereicht. Hier wurde eine sogenannte Ausnahmegenehmigungsgebühr in Höhe von 50,- Euro erhoben.

23.02.2005
Bereits ein knappes halbes Jahr später, am 23.02.2005 wurde unter dem Motto „Kein Fußbreit den Faschisten – Opfermythos angreifen“ eine Demonstration durch die Innenstadt angemeldet. Da der 23. Februar schon seit Jahren für das Ordnungsamt und der Stadt Pforzheim ein „großes“ Problem darstellt, wurde kurzerhand dem Anmelder eine Demonstrationsgebühr in Höhe von 150,- Euro auferlegt. Bei diesem Anmelder handelte es sich um einen Schüler, dem zu diesem Zeitpunkt lediglich 25,- Euro Taschengeld im Monat zur Verfügung standen.

23.02.2005
An diesem Tag sollte vor der Nordstadtsuchule (ehemaligen Adolf-Hitler-Schule) eine geschichtliche Gedenkkundgebung gegen das Vergessen faschistischer Verbrechen statt finden. Der damals Arbeitssuchende Anmelder bekam statt einer Genehmigung für diesen Ort ein Verbot und eine Gebührenfestsetzung in Höhe von 100,- Euro überreicht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass an diesem Ort Polizeieinsatzkräfte zum Schutz der Neonazis stationiert waren.

10.10.2005 – 19.12.2005
In diesem Zeitraum meldete eine Person Kundgebungen in der Innenstadt gegen die neuen „Harz 4“ Gesetze an. Gebühren wurden hierbei keine Erhoben und somit konnte die Person ohne finanzielle Probleme dem Grundgesetzt Artikel 8 nachkommen.

17.01.2007 – 17.12.2007
Auch in diesem Zeitraum wurden bei den 3 Grazien in der Fußgängerzone in Pforzheim „Montagskundgebungen“ angemeldet. Durch „…bisherige Erfahrungen…“ der Stadt Pforzheim wurden auch dieses Mal keine Gebühren für das Recht auf Demonstrationsfreiheit erteilt.

Anhand dieser Beispiele sieht man, wie die Stadt Pforzheim, verdrehten durch Ordnungsamtsleiter Kühn, versucht, den Artikel 8 des Grundgesetzes bei bestimmten Voraussetzungen zu untermauern. Hierzu gibt es unzählige Versuche der Stadt, die Gebühren als legitim zu halten. Anhand verschiedener Beispiele, soll dies verdeutlicht werden.

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„Auf Ihr Grundrecht wurde keine Gebühr erhoben, sondern für das notwendige Tätigwerden der Behörde, das Sie durch die Ausübung Ihres Grundrechts bedingt haben“ (siehe Schreiben vom 02.05.05)

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„Für eine öffentliche Leistung kann eine Gebühr bis 10.000 € erhoben werden. Deren Höhe soll die mit der öffentlichen Leistung verbundenen Verwaltungskosten aller an der Leistung Beteiligten decken“ (siehe Schreiben vom 02.05.05)

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„Die Gebühr von 150,- Euro wurde am unteren Gebührenrahmen festgesetzt (…). Der gesetzlichen Forderung, dass die Gebühren die Kosten aller an der Leistung Beteiligten decken soll, wurde nicht einmal Rechnung getragen.“ (siehe Schreiben vom 02.05.05)

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„Sie haben (…) anklingen lassen, dass die Versammlung eine große Bedeutung für Sie hat. Auch diese Bedeutung muss in die Gebührenhöhe einfließen.“ (siehe Schreiben vom 02.05.05)

Diese hier aufgeführten Begründungen lassen sich in vielen der Auflagenbescheide des Ordnungsamtes nachlesen. Es wird mit einem immer wiederkehrenden Schema versucht, Menschen an ihrer Meinungsfreiheit durch Beschneidung des Grundgesetzes zu hindern. Folglich versuchte die juristische Vertretung der Stadt Pforzheim sogar vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe die Klagen zurück zu weisen. Dies wurde von Seiten des Verwaltungsgerichtes nicht durchgeführt. Statt dessen akzeptierte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Prozesskostenbeihilfe, welche nur bei Aussicht auf Erfolg erteilt wird.

Zum Tatsächlichen Prozess gegen die Stadt Pforzheim und deren Einschränkungen des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit, kommt es am 29.03.2007 um 9.00 Uhr vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe.

Da diese Entscheidung landesweite Bedeutung hat, wird auf eine breite solidarische Unterstützung vor, während und nach diesem Tag gehofft.

„Gegen Demonstrationsgebühren – für das Recht auf Meinungsfreiheit“

Bündnis gegen Demonstrationsgebühren
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Ergänzungen

Demonstrationsgebühr

Horst 31.01.2007 - 10:18
Ganz schön verrückt eine Demonstrationsgeb. auch noch im Amt hinzublättern.
Es gibt nur eins: spontan demonstrieren und eine handfeste Auseinandersetzung nicht scheuen.
Gleichzeitig müssen alle Fühler vorher ausgestreckt werden, damit bei anfallenden Strafgebühren bei Spontandemos Spendengelder eingesammelt werden können.
Es müssen Strafprozesse einkalkuliert werden, wofür Knete da sein sollte.
Vielleicht sind aber auch die Erfolgsaussichten für den Sieg eines Rechtsstreites, sei es gegen die Demonstrationsgebühren, sei es gegen Strafverfahren bei Spontandemonstrationen, nicht gar so gering. Auf jeden Fall ist ein(e) entsprechende(r) Rechtsanwalt/in einzuschalten, damit wenigstens Klarheit besteht.
Möglich, daß ein solches Ansinnen schon längst umgesetzt und hier nur noch nicht gemeldet ist.
Eine entsprechende Mitteilung bei indy wäre schon recht gut.

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vom Schreiberling bis hin zum Henker — Bernd Kudanek alias bjk