Protest gegen Neo-Nazi-Treffen in FFB

Klaus Maffei 28.01.2007 17:06 Themen: Antifa
Eisigkalt ist es an diesem Tag in Fürstenfeldbruck und obwohl Presse und a.i.d.a. (Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V.) die Veranstaltung sehr spät bekannt gaben, fanden ca. 300 Brucker und Zugereiste, den Weg nach FFB in die Hasenheide zum selbig heißenden Hotel Gasthof. Die Polizei ist im Vergleich zu Münchner Kundgebungen spärlich vertreten. Der zugewiesene Bürgersteig ist randvoll mit Demonstranten, die gerade so Platz haben.
Mit Trommel, Ratsche und Stimmorgan wird lautstark protestiert. Zusätzlich fahren immer wieder Autos hupend auf der angrenzenden Straße entlang, während ihre Insassen einige Zeichen der Ablehnung für die Neo-Nazis parat haben. So schwenkt beispielsweise ein Beifahrer sein entblößtes Hinterteil aus dem Seitenfenster, während der Fahrer das Gefährt in langsamer Geschwindigkeit, dauerhupenderweise vorbeibugsiert. Jubel bricht aus, die Polizei bleibt dennoch ruhig, versucht nicht zu eskallieren, viele Beamte sind selbst aus der Stadt und zeigen ebenfalls Unmut über diese Veranstaltung. Das in letzter Zeit öfters in negative Schlagzeilen geratene "USK" (Unterstützungskommando) tritt erst gar nicht in Erscheinung. Ein "Szene-Aussteiger" der ebnfalls Präsenz zeigt und sogar einen Ex-Kameraden auf antifaschistischer Seite trifft erzählt, daß solche Großveranstaltungen von einer großen Menge Alkohol begleitet werden. Er ist froh von diesen Leuten weggekommen zu sein. Die Kameradschaften, die oft für den Saalschutz zuständig sind, seien ein ganz schöner "Haufen gewalttätiger Vögel".


"Alte Hasen" im Rechten Geschäft

Unter dem Titel '9. politisches Neujahrstreffen' hatten die 'Deutsche Partei' und die 'Bürgerbewegung Pro München' zu einer großen Saalveranstaltung eingeladen. Laut eigener Ankündigung seien 'viele Spitzenfunktionäre national-freiheitlicher Parteien und Organisationen' als Teilnehmer dabei.
Als Redner werden beispielsweise Udo Pastörs genannt, der Fraktionsvorsitzende der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, welcher auch Beziehungen zur "Colonia Dignidad" (spanisch für : „Kolonie der Würde" heute Villa Baviera / bayerisches Dorf), ein festungsartig ausgebautes Siedlungsareal in Chile hat. Die Siedlung, in der während ihrer Hochzeit etwa 350 Menschen lebten, steht seit 1977 unter der Beobachtung der UNO und Amnesty International. Geflüchtete Bewohner berichteten, die Kolonie sei während der Pinochet-Diktatur jahrzehntelang als Folterzentrum des chilenischen Geheimdienstes genutzt worden. Später stellte sich heraus, dass in der Colonia Dignidad Chilenen gefangen gehalten und als Zwangsarbeiter eingesetzt worden waren. Es wurden verbrecherische, unethische, medizinische Versuche an Häftlingen durchgeführt. Kinder wurden in der Sektengemeinschaft immer wieder sexuell missbraucht und mit Elektroschocks und Psychopharmaka gequält.

Ebenso wurde mit Ralf Ollert dem geschäftsführenden Sprecher der Wählergruppe "Bürgerinitiative Ausländerstopp" geworben, nebenbei aktueller Landesvorsitzender der NPD Bayern, sowie Ulrich Pätzold der Bundesvorsitzende der Deutschen Partei, Rüdiger Schrembs wieder Mitglied bei NPD und jetzt auch Pro München, der schon1974 Leiter eines Arbeitskreises Ideologie der Aktion "Neue Rechte" war. Später betätigte er sich bei den Republikanern und wurde 1991 schließlich Mitglied der Programmkommision der Deutschen Allianz/Vereinigte Rechte dem Vorläufer der Deutschen Liga für Volk und Heimat. Der bei der CSU umstrittene Thomas S. Fischer vom Witikobund und auch Pro München ist ebenfalls mit von der Partie. Fischer wurde in der Einladung weiterhin als CSU Mitglied angepriesen, obwohl laut Zeitungsberichten die CSU behauptet, ihn im Sommer 2006 aus der Partei ausgeschlossen zu haben.

Als Moderatoren waren der Deutsche Partei Kreisrat aus FFB Wolfgang Bukow (früher Republikaner) und der 53 jährige Roland Wuttke aus Mering, Vorsitzender des NPD-Bezirksverbands Oberbayern vorgesehen. Beide gehören auch zu den Gründungsmitgliedern von 'Pro München'. Zwei Dutzend Münchner Neonazis hatten sich 2006 sich zur "Bürgerbewegung Pro München - patriotisch und sozial" zusammengeschlossen. Unter diesem Namen plant diese auch, zur Kommunalwahl 2008 anzutreten und unter scheinbar "neutralen" bzw. "harmlosen" Namen in die Öffentlichkeit zu treten. Die Mitglieder der "Bürgerbewegung" sind teilweise identisch mit dem Ende 2003 aufgelösten extrem rechten Sammlungsprojekt "Demokratie direkt". Jede Partei benötigt für die Teilnahme an den Wahlen zwar 1000 Unterschriften um zur Wahl zugelassen zu werden, doch da es bei den Stadtratswahlen keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, haben die Rechtsextremen sogar Chancen auf einen Einzug ins Kommunalparlament, denn dafür reicht schon etwa ein Prozent der Stimmen.

Jung-Neonazi Thomas Wittke der JN-Stützpunktleiter holt die Kameraden vom Bahnhof ab, welche den Bus verpasst haben oder denen es zu unsicher ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die Stadt zu fahren. Vor der Tür stehen Ordner in Form von kräftig aussehenden Männern, teils mit Sonnenbrille oder Bomberjacke. Immer wieder sprechen sie in ihre Funkgeräte, manchmal werden sie nervös, wenn die Stimmen von der Gegenseite etwas lauter werden. Einige von ihnen tragen rote Krawatten, die Parteifunktionäre kommen sogar im Anzug. Ab und zu winken sie, wenn sie ein "Nazis raus" von der Gegenseite hören, das nicht nur aus den Mündern zorniger autonomer Antifas erschallt. Sie scheinen sich über soviel Aufmerksamkeit zu freuen, sogar der Bayerische Rundfunk ist da und führt ein Interview durch. Auf Provokationen versuchen die braunen "Idealisten" möglichst nicht zu reagieren, auch wenn ihnen das manchmal nicht ganz gelingen mag. Gelegentlich macht sich ein "Kamerad" selbstständig und versucht auf die andere Seite zu gelangen.


Sogar die CSU protestiert

Bis auf vereinzelte Schneebälle verlaufen beide Veranstaltungen friedlich, brenzlig wird es kurzeitig, als Udo Pastörs auf der Bildfläche erscheint. Schneebälle fliegen und die Gegendemonstranten umringen ihn sofort "hufeisenartig", die Polizei muß einschreiten. Kleine Reibereien und Streitigkeiten gibt es immer mal wieder in den Seitenstraßen, wenn rechts und links aufeinander treffen. Die gute Laune geht jedoch eindeutig von den in der Kälte stehenden Demonstranten der Antifa-Kundgebung aus, die um sich warmzuhalten, immer wieder mit bissigen Kommentaren und Sprüchen Stellung beziehen. Manches was hier gegen den Feind geäußert wird, hat fast schon kaberettistische Qualitäten. Hier sind jedoch nicht nur, die oft von der Polizei betitelten Berufsdemonstranten zu sehen, sondern genauso Vertreter von Sozialforen, Vereinen und auch Stadträte aus Fürstenfeldbruck und Gröbenzell sind anwesend. So ist neben SPD und Grünen auch die CSU mit drei Mitgliedern vertreten. Nur einer fehlt; es ist der langjährige Bürgermeister (ebenfalls CSU) Sepp Kellerer. Kellerer, der auch vor Jahren schon fernblieb von antifaschistischen Kundgebungen und Demonstrationen und selbst die Genemigung für ein, durch den damaligen Stadtjugendrat geplantes Rock-gegen-rechts Konzert solange verzögerte, bis die Organisationsgruppe auseinanderfiel. Vermisst wird er von den Bürgern, die sich über ihre Stadt unterhalten. "Als Vertreter der Stadt sollte gerade er hier Gesicht zeigen", sagt ein Mann.

Daß der Hotel-Gasthof an der Hasenheide Neonazis beherbergt ist nicht neu. Beim letztjährigen '8. politischen Neujahrstreffen' hatte dort Carsten Beck, früherer Münchner Stützpunktleiter der JN und bis Dezember 2006 Vorstandsmitglied von 'Pro München e.V.', das neueste Sammlungsprojekt der extremen Rechten Münchens den Anwesenden vorgestellt. Ein Stadtrat weiß sogar mehr darüber zu berichten: "Hier finden schon öfter mal Veranstaltungen dieser Art statt", sagt er. Und nach Recherchen im Internet erfährt man, daß der Kreisverband der Fürstenfeldbrucker Republikaner jeden zweiten Dienstag im Monat ab 19 Uhr 30 dort eine Veranstaltung abhält. Der Wirt hat hingegen auf Anfrage der Presse mit folgender Antwort reagiert: "Die waren schon vor zwei Jahren hier und es ist alles friedlich geblieben, also warum soll es das jetzt nicht". Doch vor zwei Jahren war das Bürgerinteresse und der Informationsgrad über derartige Aktivitäten auch nicht ganz so hoch. Sogar das "Fürstenfeldbrucker Tagblatt" hatte zwei Artikel darüber veröffentlicht und dabei jeweils den Aufruf zur Protestkundgebung bekanntgegeben. "Nie wieder gehe ich in diesen Laden", sagt ein Einheimischer und viele stimmen ihm zu. "Der wird schon sehen wenn keiner mehr kommt, dann bringt ihm das Geschäft mit den Nazis gar nichts mehr".

Die Sonne schwindet mitlerweile auf der Seite der Protestler und es wird kälter. Der Geschäftsführer vom Mc Donald´s, der sich ein Haus weiter befindet bringt mehrere Male vollbeladene Tabletts mit Kaffee vorbei, den er dann unter den Bürgern verteilen lässt. Das lassen sich diese nicht zwei mal sagen und wärmen sich an den Bechern. "Hier sind viele ausländische Mitbürger beschäftigt", weiß einer. Die Stimmung hält lange an. Dennoch werden nach einigen Stunden frierens die Reihen immer lichter und irgendwann lässt der Anmelder die Versammlung auflösen, "damit die verbliebenen Leute gesammelt zum Bahnhof gehen können", sagt er.
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Ergänzungen

Titel der Ergänzung

Dein Name 29.01.2007 - 11:25
FFB = FürstenFeldBruck (Autokennzeichen: FFB ...ach neeeee.), ca. 25 km westlich von München

300 Antifa???

Statistik-Antifa 29.01.2007 - 12:53
Wie kommen einige immer auf solch illustre Zahlen? Man kann doch keinem realistisch denkenden Menschen erzählen, das in FFB mehr Antifas waren als auf der Anti-Nazi Demo am 20.05.07 in München. Realistisch geschätzt, waren leider nur ca. 150 Nazi-Gegner nach FFB gekommen. Und leider ist dann auf mittag ein Teil von denen wieder verschwunden.

Infos

La Schiava 29.01.2007 - 13:56
Die Polzei nannte die Zahl von 280 ProtestteilnehmerInnen - die Süddeutsche zeitung heute die von 300 und ich selbst habe vor Ort zeitweise 250 gezählt - allerdings konnten das die "offensiveren Antifaschisten" von ihrer POstition am südlichen Kundgebungsrand wahrscheinlich nicht so sehen; weiter im Norden standen "Bürger" ja nicht n ur auf dem Gehweg sondern auch in einer Einfahrt und auf Parkplätzen.
Also grob gesagt: 200 "bürgerliche" Antifaschisten und 50 "konsequente" Antifaschisten.
Und warum sollten ausgerechnet wir kleinere Zahlen als die bürgerliche Presse oder die POlzei annehmen?

Zusatzbemerkung: Nach Abschluss der Kundgebung, konnte ein Block von ca 50 Personen mit Front und Seitentransparenten bis zum Bahnhof gehen (es gab also quer durch Ffb eine Art "Minidemo"). Für bayerische Verhältnisse war die POlzei v ergleichsweise liberal - allerdings hat der Staatschutz natürlich schon so seine Photos gemacht.

Fazit: Probleme bei Infrastrutkur (kein Megaphon, kein Lautiwagen, wenig "Flyermaterial"); relativ gute Pressearbeit (schon am Samstag Artikel im Ffb Tagblatt, der Münchner AZ und der SZ (sowohl Regionalausgabe als auch Münchenausgabe)) - auch vor Ort (Bayrischer Rundfunk, SZ und Tagblatt)); überraschend hohe Mobilisierung (in München sind in der frühe gerade mal 25 Leute losgefahren und trotzdem agb es ziemlich viele Protestteilnehmer - v.a. aus der Region Ffb) vor oOrt dann) in kurzer Zeit (erst Mittwoch Nacht wurde Veranstaltungsort der Nazis bekannt);
Aktionen: ohne Vorbereitungstreffen schwer koordinierbar; offensives Vorgehen war daher (und wegen der Zusammensetzung der Kundgebung) schwer möglich (trotzdem u.a. ein schöner Schneeball auf Pastörs) - Schwerpunkt lag insofern also auf Öffentlichkeistaufklärung (exzellent gelungen - die Gaststätte HAsenheide wird wahrscheinlich in nächster Zeit ziemlich unter Druck geraten) und Druck auf andere Institutionen (der Rat von Gröbenzell hat inklusive der CSU-Mitglieder einstimmig die Naziveranstaltung verurteilt; lokale Politiker in Ffb haben zur Unterstützung der Kundgebung aufgerufen.....);
Zusatz: Die Nazis selbst werden wohl am meisten überrascht sein - bisher wurden sie in der HAsenheide nicht mit Widerstand und Protest konfrontiert. Auch das schnelle Reagieren der Antifaschisten wird sie verägern - es gibt Anzeichen dafür, dass die Nazis sich erst am Mittwoch selbst für die Hasenheide als Veranstaltungsort entschieden haben. Auch ihr Konzept als "bürgerlich-patriotisches-konservatives Wahlbündniss" ("Pro München) wahrgenommen zu werden, ist jetzt im Ansatz gescheitert - da die Presse die Informationen der AntifaschistiInnen aufgegriffen hat (also Pro-München als Projkekt von NPD und Freien Kameradschaften unter Einschluss einiger Feigenblätter).

Antifa

Anonym 29.01.2007 - 15:47
Egal wieviel es waren denn ob 150 oder 300 ! Hauptsache sie sehen es das sie auch in FFB unerwünscht sind.

Nächster Aufruf zum Gegenprotest ist am 3.2 in Murnau am Staffelsee. Da findet wieder ein Nazimistsonderverkauf statt mit Liedermacher und 10 % Rabatt auf alles.

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Hallo Mods — Klaus Maffei

wo zum teufel — ??

Und — egal

ja wat denn — Horst

@horst — La Schiava

Fotos — Antifa