Gö: Freispruch für Cornelius Yufanyi

prozessbeobachterInnen 16.01.2007 19:41 Themen: Repression
Heute, am 16.01.2007 fand der Prozess gegen Cornelius wg. Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte statt.
Zu den Hintergründen siehe:  http://de.indymedia.org/2007/01/166003.shtml

Beim Amtsgericht fanden sich zur Unterstützung von Cornelius 60 Menschen ein, die als ProzessbeobachterInnen im Gerichtssaal waren bzw. vor dem Amtsgericht eine Kundgebung abhielten.
Bei der Vernehmung der Polizisten wurde schnell klar, dass es sich um eine unrechtmäßige Polizeiaktion gehandelt hat. Die Polizisten konnten sich nicht erinnern, ob die „unangemeldete Versammlung“ aufgelöst worden war und/oder ob den TeilnehmerInnen gesagt worden war, warum sie ihre Personalien abgeben sollten. Einer meinte: „Mir wurde gesagt, ich soll das machen, ich wusste selber nicht, warum. Ich habe den Befehl einfach ausgeführt.“
Der andere erzählte, dass sie die Personalien feststellen sollten, um einE VersammlungsleiterIn zu ermitteln. Auf Nachfrage des Richters erklärte er, dass sie hätten gucken wollen, ob vielleicht jemand schon einmal eine Kundgebung angemeldet hätte und als VersammlungsleiterIn in Frage kommen würde.
Daraufhin sagten sowohl Richter als auch Staatsanwalt, dass sie einem Polizisten, der sie einfach nach ihren Personalien fragen würde, auch nur „Guten Tagen – Sie können mir mal im Mondschein begegnen“ sagen würden. Der Richter meinte, er hätte seinen Perso meistens auch gar nicht mit.
Die Polizisten konnten auch nicht erklären, warum sie ausgerechnet die Personalien von Cornelius haben wollten. Zur Frage, warum ihnen Cornelius aufgefallen ist: „Der hatte ein gelbes Hemd an und war der einzige Farbige.“
Einer der Polizisten meinte ihn als „Rädelsführer“ ausgemacht zu haben, da er besonders laut Parolen gebrüllt haben soll. Der Richter verwies allerdings darauf, dass das Mitbrüllen von Parolen in einer Gruppe jemanden noch nicht zum „Rädelsführer“ machen würde.
Ob die angebliche Versammlung aufgelöst worden war, wusste keiner der Polizisten so genau. Sie gaben aber zu, dass die TeilnehmerInnen und auch Cornelius bereits dabei waren, sich vom Ort zu entfernen. Einer der Polizisten dazu: „Es war ziemlich schwierig, die Personalien festzustellen, da die Leute bereits in verschiedene Richtungen weggingen.“

Bereits nach zwei von vier Zeugen wurde die Beweisführung abgeschlossen, da der Sachverhalt so offensichtlich war. Der Staatsanwalt beantragte Freispruch. Es gab keinen Grund für die Personalienfeststellung, zumal die Versammlung sich sowieso schon auflöste und es ist unklar geblieben, warum sie ausgerechnet Cornelius mitgenommen haben.
Da die Personalienfeststellung also unrechtmäßig war, war Cornelius Widerstand dagegen erlaubt. Dem hat sich der Richter sofort angeschlossen.

Das zeigt wieder einmal, dass es richtig und auch erfolgreich sein kann, sich gegen Strafbefehle zur Wehr zu setzen.
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Ergänzungen

Nicht das erste Mal

... 16.01.2007 - 19:57
Nicht das erste Mal, dass die Bullen über die Strenge schlagen.

 http://de.indymedia.org/2006/10/159748.shtml

Das verteilte Flugblatt...

ErgänzerIn 16.01.2007 - 20:08
Gegen rassistische Polizeigewalt und Sondergesetze

Am Dienstag, den 16. Januar 2007 steht Cornelius Yufanyi vor Gericht, weil – wieder einmal – die Polizei nicht nur versucht, antirassistischen Widerstand zu kriminalisieren, sondern auch, weil in ihrem Handeln die rassistische Struktur des deutschen Rechtssystems zum Ausdruck kommt.

Der Hintergrund

Am 16. Mai 2006 fand ein Prozess gegen einen Unterstützer der Familie Saado aus Ossenfeld statt, die um ihr Bleiberecht kämpft. Es hatten sich einige Leute eingefunden, die den Prozess mitverfolgen wollten. Im Gerichtssaal gab es aber nur Platz für sehr wenige Leute, so dass einige draußen bleiben mussten. Um darauf aufmerksam zu machen, was im Gebäude gerade für ein Prozess stattfindet, stellten sich Personen, die keinen Platz bekommen hatten, mit zwei Transparenten vor das Amtsgericht.

Nach Ende des Prozesses standen mehrere Einsatzwagen der Polizei vor dem Amtsgericht bereit. Die Beamten gingen auf die ProzessbesucherInnen zu und forderten die Herausgabe der Personalien wegen „Abhalten einer unangemeldeten Versammlung“. Es wurde den BesucherInnen des Prozesses - darunter auch JournalistInnen - verboten, den Platz vor dem Amtsgericht zu verlassen. Die Polizei hinderte Leute gewaltsam am Weggehen und wurde zunehmend aggressiv und handgreiflich. Direkt an der Berliner Strasse wurden die meisten Leute in einer Art Kessel festgesetzt, ohne dass die Strasse wenigstens notdürftig abgesperrt wurde. Weitere Personen wurden die Strasse entlang verfolgt und Cornelius Yufanyi wurde schließlich regelrecht über die viel befahrene Strasse gejagt, mitten auf der Strasse niedergeworfen und festgenommen.
Laut damaligem Polizeibericht wurden drei Leute wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte angezeigt. Deshalb steht Cornelius Yufanyi nun vor Gericht.

Die Vehemenz mit der die Polizei gegen die Anwesenden vorging, steht zwar auch in der Kontinuität antirassistischen Widerstand zu kriminalisieren, aber vor allem zeigte sich im Vorgehen der Polizei die rassistische Struktur des Polizeiapparates. Es waren nach Ende des Prozesses ungefähr 30 Personen vor dem Amtsgericht, davon zwei, die dem Aussehen nach „nicht-deutscher“ Herkunft waren. Während etliche der weißen, deutschen Anwesenden schließlich ohne Personalienkontrolle gehen durften, wollen sie genau von diesen zwei Personen unbedingt die Personalien. Cornelius Yufanyi verfolgten sie sogar bis zur Kreuzung Weender Tor.


Rassismus bei der Polizei

Das Handeln der VollzugsbeamtInnen beruht auf einer Gesetzeslage, die nicht-deutsch-aussehende Menschen von Vornherein in den Verdacht stellt, kriminell zu handeln. Es gibt etliche Gesetze, gegen die ausschließlich Nicht-Deutsche verstoßen können, wie zum Beispiel die Residenzpflicht oder den illegalen Aufenthalt. Die Befugnis der Polizei verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen zu können, wann immer, wo immer und wen immer sie wollen, begünstigen ein Klima, in dem vor allem „nicht-deutsch-aussehende“ Personen kontrolliert werden. Die Kriterien für die Kontrolle selbst genügen schon einer rassistischen Vorurteilsstruktur. Egal wie sich eine nicht-deutsch-aussehende Person verhält, sie benimmt sich immer verdächtig.

Nicht selten arten derartige Kontrollen in Übergriffen, Festnahmen und Misshandlungen aus.

Rassistische Polizeigewalt ist in Deutschland keine Ausnahme

Im Januar 2004 veröffentlichten Amnesty international und die Aktion Courage Berichte über rassistisch motivierte Polizeigewalt in Deutschland. In beiden Berichten werden exemplarisch recherchierte „Fälle“ von Misshandlungen durch deutsche Polizisten dokumentiert. Überwiegend sind nicht-deutsche Personen davon betroffen. Und die wenigsten „Fälle“ werden überhaupt bekannt. Die meisten Opfer scheuen sich an die Öffentlichkeit zu gehen oder die Beamten anzuzeigen. Wer den Mut hat, eine Anzeige zu erstatten, muss nicht nur mit einer Gegenanzeige der Polizei rechnen, sondern auch damit, dass Staatsanwaltschaft und RichterInnen der Polizei mehr glauben als den Opfern und nur wenig bis gar nicht ernsthaft gegen die Polizei ermitteln. Und nur in fünf Prozent der überhaupt angezeigten Polizeiübergriffen wird ein Gerichtsverfahren eröffnet.

Auch die Kampagne für Opfer rassistisch motivierter Polizeigewalt hat in einer Chronik für Berlin mehrere solcher Fälle in den Jahren von 2000 bis 2005 dargestellt.

Im Januar 2002 saß S.F. auf dem Rücksitz seines Autos, um einen defekten Sicherheitsgurt zu reparieren. Vier Beamte verlangen seine Personalpapiere. Als S.F. aus dem Auto steigt, wird er von dem Polizeihund attackiert und ein Beamter sprüht im Pfefferspray in die Augen. Er wird auf den Boden geworfen und er wird mit Handschellen abgeführt. Noch im Einsatzwagen wird er geschlagen und ihm wird mit Erschießung gedroht. Nach fünf Stunden darf S.F. die Polizeiwache verlassen. Er erstattet keine Anzeige. Die Beamten zeigen ihn wegen Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung an. S.F. wird zu einer Geldstrafe von 1600 Euro verurteilt.

Anders dagegen ging der Fall eines Journalisten aus. Während einer Demonstration versucht der Journalist K.H. eine Polizeiabsperrung mit hochgehaltenem Pressausweis zu passieren. Die beamten lassen ihn nicht durch. Einer von ihnen schlägt K.H. mehrfach vor die Brust und ins Gesicht. Er erleidet einen Jochbeinriss und Prellungen. Nur zufällig wurde das Geschehen von einer unbeteiligten Person gefilmt. Der Film bestätigt die Aussagen von K.H. Da die Beamten behauptet hatten, K.H. habe zuerst zugeschlagen, müssen sich drei Beamte wegen Falschaussage vor dem Amtsgericht verantworten. Der Haupttäter wurde wegen Körperverletzung im Amt verurteilt.

Aber da normalerweise keine ZeugInnen dabei sind, die alles auf Film festhalten, kommt es in der Regel nicht zu Verurteilungen gegen die BeamtInnen. Die Opfer werden im Gegenteil zu den eigentlichen TäterInnen gemacht. Betroffenen und ZeugInnen wird unterstellt sie würden lügen, um die Polizei „in den Dreck zu ziehen“; die Schuld für den Übergriff wird bei den Opfern gesucht, die durch ihr Verhalten die übermäßige Gewalt nötig gemacht oder zu mindestens provoziert hätten.

Auf die Übergriffe oder Misshandlungen folgen meist nur Ermittlungen gegen das Opfer. Auf Grund einer Gegenanzeige der BeamtInnen und einer systematischen Nicht-Verfolgung und Nicht-Sanktionierung von Übergriffen hat meistens nicht der Täter, sondern das Opfer mit einer Verurteilung zu rechnen.

Wenn das alles nicht funktioniert, dann werden die BeamtInnen zu Opfern ihrer Arbeitsbedingungen umdefiniert – der Übergriff oder die Misshandlung seien angesichts des Stresses, dem die Beamten ausgesetzt seien, verständlich. Nur in den seltensten Fällen kommt es tatsächlich zu einer Verurteilung der BeamtInnen, den eigentlichen TäterInnen.


Todesfolgen

Selbst in Fällen von „Totschlag“ funktioniert diese Art von Schutz der BeamtInnen.

Erinnert sich noch jemand an den ersten durch die Polizei Getöten in der Bundesrepublik? Philipp Müller wurde am 11. Mai 1952 bei einer Demonstration in Essen von einem Polizisten erschossen. Zwei Kugeln trafen Philipp Müller in den Rücken, eine Kugel traf sein Herz tödlich. Die Schüsse sind damals vom Dortmunder Landgericht als Notwehr eingestuft worden.

Im Juni 1994 wurde in Hannover Halim Dener von einem Polizeibeamten beim Plakatieren erschossen. Halim Dener starb durch einen Schuss in den Rücken aus nächster Nähe. Im Juni 1997 wurde der Polizeibeamte vom Vorwurf der „fahrlässigen Tötung“ freigesprochen.

Amir Ageeb sollte am 28. Mai 1999 abgeschoben werden. Er wurde an Händen und Füßen gefesselt, ihm wurde ein Integralhelm aufgesetzt und mit einem Seil die Oberschenkel gefesselt. Zusätzlich wurden er noch mit Armen und Beinen an den Sitz im Flugzeug gefesselt. Während die Beamten seinen Kopf nach unten drückten, starb Amir Ageeb, Todesursache: lagebedingter Erstickungstod.
Laut Staatsanwaltschaft erfolgte der "Erstickungstod durch massive Einwirkung von Gewalt." Im Fall von Amir Ageeb wurden die Beamten vor Gericht im Oktober 2004 wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge schuldig gesprochen. , was wie gesagt, selten vorkommt.
Amir Ageeb starb in Polizeibewahrsam während seiner Abschiebung. Seit 1993 sind F Flüchtlinge während der Abschiebung gestorben und 299 wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt.
Insgesamt sind in Deutschland 128 Menschen zwischen 1993 und 2003 in Polizeigewahrsam gestorben. Dazu gehört auch Oury Jallou, der am 7. Januar 2005 in einer Polizeizelle in Dessau verbrannte, gefesselt an Händen und Füßen.

Wir fordern:
Die Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze
Bei Übergriffen nicht wegsehen, sondern einmischen
Eine unabhängige Untersuchungskommission für rassistische Polizeiübergriffe

Die Kundgebung war nicht angemeldet!

----- 17.01.2007 - 13:31
Obwohl grün\weiß inkl. Zivis massig anwesend waren, offensichtliche vorgegebene Strategie.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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good news — onlina

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