Europäische Innenministerkonferenz in Dresden

indyteam dd 15.01.2007 20:10 Themen: Antirassismus G8 Repression Soziale Kämpfe
Gegen das vom 14.-16.01.2007 stattfindende Teffen der EU-Innenminister im Dresdner Kongresszentrum und für Menschenrechte von Flüchtlingen demonstrierten heute mehr als 100 Menschen.
Seit dem 14. Januar treffen sich in Sachsens Landeshauptstadt Dresden die Innenminister der Europäischen Union, um sich auf diesem ersten informellen Treffen im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft auf eine gemeinsame Politik gegen Migranten zu verständigen. Teilnehmer dieses ersten Treffens waren neben dem deutschen CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble, der u.a. die Möglichkeit für einen Abschuss von Passagiermaschinen fordert, Bayerns Innenminister Günther Beckstein, der neben Ausländerfeindlichkeit in jüngster Zeit mit dem Ruf nach einem Verbot von so genannten Killerspielen auffällt, Rikke Hvilshøj der rechtsliberalen dänischen Partei Venstre und etliche andere europäischen Minister. EU-Justizkommissar Franco Frattini der Partei des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi "Forza Italia" und etliche Minister forderten dabei eine Stärkung der europäischen Grenzschutzagentur Frontex. Die Aufgabe der "Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen" bedeutet letztendlich eine systematische Überwachung der See -und Luftwege, um bspw. Boote mit Flüchtlingen bereits kurz nach der Abfahrt aufzubringen und wieder zur afkrikanischen Küste zurückzuschicken. Gleichzeitig unterstützt die EU Vorhaben afrikanischer Länder, um Camps für zurückgewiesene Flüchtlinge zu bauen.

Darüber hinaus fördert die EU den von der spanischen Regierung auf drei Jahre angelegten Afrika-Plan, diplomatische Vertretungen in den afrikanischen Ländern zu bauen, mit dem mittelfristigen Ziel, von den Staaten so genannte "Rückführungsabkommen" unterzeichnen zu lassen.

In der politischen Diskussion zum Thema Migration geht es jedoch nicht um die Gründe für die Flucht von Menschen aus Bürgerkriegsnationen und prekären Lebensverhältnissen, die im Zusammenhang mit der so genannten neoliberalen Politik Europas gesehen werden müssen. Den europäischen Regierungen geht einzig und allein darum, Menschen die Möglichkeit auf ein besseres Leben zu nehmen. Das politische Verständnis europäischer Staaten lässt sich sehr gut an der Innenpolitik der jeweiligen Staaten sehen, wo in Europa Millionen von illegalisierten Menschen elementarste Grundrechte wie Bewegungsfreiheit und die Chance auf Bildung verweigert werden, um sie nach Jahren der Isolation, wieder in ihrer Herkunftsländer abzuschieben in denen sich nachwievor nichts an den oft desolaten Zuständen geändert hat und wo sie oft mit der Angst leben müssen, gefoltert oder sogar umgebracht zu werden.

Im letzten Jahr kamen nach Schätzungen von europäischen Menschenrechtsorganisationen mehr als 5.000 Menschen auf dem gefährlichen Weg über den Atlantik und das Mittelmeer nach Europa ums Leben.

Um auf diese Zustände hinzuweisen, demonstrierten heute mehr als 100 Menschen in Dresden. Nach einer Kundgebung an der Frauenkirche ging es über den Fürstenzug, vorbei am sächsischen Landtag zum Kongresszentrum in dem zu diesem Zeitpunkt die Themen "Zukunft der europäischen Innenpolitik ab 2010" und "Migration" auf der Tagesordnung standen. Die Ausübung demokratischer Grundrechte wird auch für politisch engagierten Menschen in Deutschland immer schwerer gemacht. Das zeigen einmal mehr die Demoauflagen für diese Demonstration, der es nicht gestattet war, auf der Straße entlanglaufen, aber selbst das hinderte einige der eingesetzten Beamten nicht daran, ständig Leute zu provozieren, indem sie sich vor die Transparente stellten. Auch wurden die ganze Zeit über die VersammlungsteilnehmerInnen abgefilmt, obwohl es dazu überhaupt keinen Grund gab. Nach einigen Redebeiträgen vor dem Kongresszentrum, um das eine Bannmeile errichtet worden war, wurde die Versammlung schließlich aufgelöst. Es kam zu keinen Festnahmen oder Personalienfeststellungen.

No border, no nation, stop deportation!
No nation, no border, fight law and order!!

Weiterführende Links:

EU-Seite dieses Treffens
Initiative "Bleiberecht für alle"
Infos rund um und gegen das G8-Treffen 2007 in Heiligendamm
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Ergänzungen

Danke

anti g8 hamburg 15.01.2007 - 22:44
dass durch leute wie euch die "kleinen" gipfel-randerscheinungen zu der eu- ratspräsidentschaft nicht einfach hingenommen werden!
Die Gipfelzeit beginnt nicht im Juni in Heiligendamm, sondern bereits jetzt dezentral, siehe auch zum Finanzministertreffen in Essen:  http://de.indymedia.org/2007/01/166039.shtml

Euren Bericht und weitere Infos haben wir veröffentlicht unter:
 https://hamburg.dissentnetzwerk.org/Heiligendamm/EUDresden

solidarische grüße

noch paar fotos

icke 16.01.2007 - 00:35
hier noch ein paar fotos

noch paar fotos 2

icke 16.01.2007 - 00:38
hier noch ein paar fotos no.2

noch paar fotos 3

icke 16.01.2007 - 00:40
hier noch ein paar fotos no.3

Nicht nur Migration

... 16.01.2007 - 11:35
Auf der Agenda des Treffens steht nicht nur die Stärkung von FRONTEX und andere Maßnahmen, die gegen MigrantInnen, die von außerhalb der EU kommen, gerichtet sind, sondern insgesamt eine verstärkte Zusammenarbeit der Polizeibehörden innerhalb der EU. U.a. FRONTEX soll schrittweise auch exekutive Befugnisse in den Mitgliedsstaaten erhalten, das gilt aber auch für die anderen Polizei- und Sicherheitsbehörden der EU.
Problematisch ist dies deshalb, weil diese nichteinmal der parlamentarischen und juristischen Kontrolle unterstehen, wie die nationalen Polizeien, so ist es bei FRONTEX und EUROPOL ganz klar, das Polizei- und Geheimdiensttätigkeiten vermengt werden.
Wer sich gegen FRONTEX und den Rat der Innen- und Justizminister einsetzt, der tut das also nicht nur für die "Anderen", sondern konkret für sich selbst, und, auch wenn das komisch klingen mag, für Demokratie und Rechtsstaat, jedenfalls gegen dessen Abbau zugunsten eines Raums des permanenten Ausnahmezustands, der "Raum der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts" genannt wird.
www.ipw-home.de.vu

Die Agenda des Verbrechens

... 16.01.2007 - 11:41
findet sich übrigens hier:
 http://www.eu2007.de/de/Meetings_Calendar/Dates/January/0114-JI.html
mehr Scheußlichkeiten:
 http://www.eu2007.de/de/
zum Schmunzeln: Roman Herzog und das konservative CAP schießen quer: EU gefährdet Demokratie in Deutschland
 http://www.welt.de/data/2007/01/13/1176169.html

weitere reaktionen

ergänzer 17.01.2007 - 10:37
neben den oben besprochenen sachen einigten sich viele der minister zum abschluss dieses treffens darüber, einheitliche eu-kriterien für den umgang mit so genannten "killerspielen" zu schaffen. letztendlich mit der hoffnung, diese spiele in zukunft leichter verbieten zu können und verbunden mit einem dringlichen appell an die moral (sic!) der hersteller solcher spiele. selbst deutschlands bundesjustizministerin zypries stellt daraufhin richtig fest, dass es ein "weitverbreiteter irrglaube" sei im internet irgendetwas verbieten zu können. bayerns innenminister beckstein geht in dieser diskussion sogar noch ein stück weiter, er forderte im november 2006, dass "'killer-spiele' [..] in der größenordnung von kinderpornographie eingeordnet werden, damit es spürbare strafen gibt.".

dass für dieselben leute in der politik der tod tausender flüchtlinge jährlich an den europäischen außengrenzen moralisch ziemlich egal ist und sie stattdessen einen weiteren ausbau der grenzenbefestigungen befürworten mutet da fast schon als schlechter witz an.

Im Interesse der BürgerInnen?

no-racism.net 24.01.2007 - 18:57
Krieg und Terror gegen MigrantInnen. Ein Kommentar zum informellen Treffen der Innen- und JustizministerInnen in Dresden von no-racism.net unter:  http://no-racism.net/article/1971