Demo: "Kein Schorle für Nazis!" in Grünstadt und Kirchheim

Artikelschreiberin 14.01.2007 18:45 Themen: Antifa
Am Samstag, den 13. Januar demonstrierten in Grünstadt und Kirchheim bis zu 800 AntifaschistInnen gegen zwei Zentren der NPD. Die Polizei schickanierte die Demo von Anfang an, bei Übergriffen gab es zahlreiche Verletzte. Die TeilnehmerInnen der Demonstration ließen sich dadurch aber nicht einschüchtern. Die Demo war eine der größten und entschlossensten in der Rhein-Neckar Region seit Jahren.
Die Demo begann gegen 14.10 Uhr, also mit mehr als einer Stunde Verspätung, zunächst in Grünstadt. Diese Verspätung ist auf die schikanösen Vorkontrollen sämtlicher AntifaschistInnen durch die Polizei zurückzuführen. So wurde versucht noch vor Beginn der Demonstration die TeilnehmerInnen einzuschüchtern.

Direkt am Anfang versuchte die Polizei die zum Teil völlig überzogenen Auflagen, wie zum Beispiel das Verbot von Sonnenbrillen(!), durchzusetzten um die DemonstrantInnen zu schikanieren. Die rheinland-pfälzische Polizei behauptet in ihrer Pressemitteilung, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit heute erfolgreich geschützt zu haben. In wie weit das Versammlungsrecht dadurch geschützt wird, dass die eilnehmer der Demonstration durch eine Prügelorgie gezwungen werden, ihre Sonnenbrillen abzunehmen, bleibt das Geheimniss der rheinland-pfälzer Polizei.

In einer knappen halben Stunde wurde zunächst eine Runde durch die Innenstadt von Grünstadt gedreht. Auch wenn in Grünstadt selbst kein Zentrum der Nazis liegt, erscheint dies sinnvoll. Sowohl Kirchheim als auch Altleiningen liegen direkt neben Grünstadt, und dies ist die nächstgrößere Stadt.

Die gesamte Zeit über wurde die Demonstration von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet. Die Polizei hat nicht bekannt gegeben mit wievielen Leuten sie im Einsatz war. Doch Augenschein und die Angabe, dass auch Unterstützung, u.a. aus Hessen anwesend war, lässt auf sicher mehr als 500 PolizistInnen schließen. Darunter auch sogenannte BFE-Einheiten, Hundestaffel und ein Hubschrauber.

Die PolizistInnen traten äußerst aggressiv auf und schlugen von Beginn an immer wieder DemonstrationsteilnehmerInnen. Es kam während der Demonstration mehrfach zu Schlagstockeinsätzen auf friedlich Demonstrierende. Eine Person wurde bewusstlos geschlagen und musste sich mit einer Gehirnerschütterung in der Notaufnahme behandeln lassen. Mindestens fünf weitere Personen erlitten Platzwunden. Die Zahl derer mit Blutergüssen und Prellungen lässt sich nicht mehr zählen. Wie die Polizei sich dieses Verhalten als "Schutz des Versammlungsrechts" zurechtlügen kann, muss sämtlichen BeobachterInnen völlig unbegreiflich bleiben.

Das autoritäre und polizeistaatliche Auftreten der Polizei setzte sich auch in Kirchheim fort. Dort nahmen etwas weniger Menschen an der Demonstration teil. Dies dürfte vor allem an der mit so vielen Personen recht umständlichen Fahrt von Grünstadt nach Kirchheim gelegen haben. Trotz der massiven Polizeiübergriffe ließen sich die DemonstrantInnen auch hier nicht einschüchtern. Die Demonstration wurde bis zum Schluss durchgeführt und nicht etwa abgebrochen, wie es sich die Polizei gewünscht hätte. Die Drohungen vom Polizeilautsprecherwagen aus wurden durch Pfiffe und Parolen übertönt.

Presse und BewohnerInnen konnten sich vor Ort ein Bild von der Polizeigewalt machen. Zahlreiche, teils heftige Diskussionen bei den bürgerlichen DemonstrantInnen lassen hoffen, dass nicht blind den Pressemeldungen von Polizei und Stadt geglaubt wird. Insgesamt lässt sich hier eine postive Entwicklung beobachten. Zahlreiche Bürger aus Grünstadt und Kirchheim und sogar auswärtige reihten sich im hinteren Teil der Demo ein. Die WASG und die Grünen waren mit Fahnen und Transparenten vertreten. Die von der politischen Polizei geschürte Hetze gegen die linksradikalen Antifas führte nicht dazu, dass sich die Bürger fernhielten. Wie Lügen und Gewalt der staatlichen Repressionsorgane aussehen ist am Samstag deutlich geworden. Problematisch ist jedoch zu sehen, dass einige Leute aus Kircheim aus Angst nicht auf die Demo gingen. In Gesprächen berichteten diese, dass sie Angst vor Racheakten der Nazis haben, die ja mitten im Ort, Tag für Tag, anwesend sind.

Das vom "Aktionsbüro Rhein-Neckar" angekündigte "Nationale Zentren verteidigen" hat nicht ansatzweise stattgefunden. Auf dem "Infoportal" wird ernsthaft versucht die Zahl der TeilnehmerInnen völlig plump auf knapp 200(!) herunter zu lügen. Auf den Fotos kann sich jede/r selbst einen Eindruck verschaffen. Auf der Mauer des Zentrums in Kirchheim saßen ein paar gelangweilte Nazis, offenbar mit schlechten Augen... Ein paar andere führten sich wie Gorillas auf, vermutlich sollte dies AntifaschistInnen einschüchtern. Es erweckte allerdings einen völlig lächerlichen Eindruck. Zu den aus anderen Regionen bekannten Angriffen auf Antifademos, die im Vorfeld für möglich gehalten wurden (siehe hierzu:  http://de.indymedia.org/2007/01/165926.shtml), war das Aktionsbüro Rhein-Neckar nicht in der Lage. Den Antifas zugucken war angesagt.

Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die antifaschistische Bewegung im Südwesten der Bundesrepublik auf dem richtigen Weg ist. Bereits im Vorfeld wurde versucht, die Demonstration zu kriminalisieren. Die massiven gewalttätigen Angriffe auf die TeilnehmerInnen werden in Zukunft mehr Beachtung finden müssen.
Dennoch sind 800 TeilnehmerInnen ein deutlicher Mobilisierungserfolg, der sicher alle positiven Erwartungen übertroffen hat. Die Demo agierte lautstark und geschlossen, auch gegen die Schickanen und Übergriffe der Polizei. Die Strategie der Einschüchterung ist damit nicht aufgegangen. Und das Aktionsbüro Rhein-Neckar war wieder einmal nicht zu nennenswerten Aktionen in der Lage...

Weiterer Bericht zur Demo:  http://de.indymedia.org/2007/01/165981.shtml

Hintergrundinfos wurden bereits vor der Demo in diesem Artikel  http://de.indymedia.org/2007/01/165869.shtml zusammengestellt.
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aycaramba 15.01.2007 - 20:18

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