Marokko: Aufruf zum Protest

Asociación Elin 14.01.2007 17:55 Themen: Antirassismus
Endlich erfolgt ein konkreter Aufruf mit Anklagen und Forderungen gegen das barbarische Vorgehen der EU-Abschottungspolitik, gehandhabt durch die marokkanische und algerische Armee und Ordnungskräfte. Die "Asociación Elin", die diesen Aufruf initiiert, berichtet von vor Ort... Zudem Aussagen von Flüchtlingen über Misshandlungen und Vergewaltigungen
Von: Asociación Elin; 12. Januar 2007
Ein weiteres Mal unterstützt Marokko die Europäische Union durch Aussetzungen von Flüchtlingen in der algerischen Wüste und verletzt damit die Rechte der MigrantInnen und Menschen auf der Flucht

Seit dem 23. Dez. 06 wurden mehrere hundert, von der UNO anerkannte Flüchtlinge, AsylbewerberInnen und ImigrantInnen aus der Subsahara mit Aufenthalt in Marokko, in Rabbat durch Sicherheitskräfte festgenommen und in die algerische Grenzregion von Oujda ( der offiziell geschlossenen Grenze zwischen Algerien und Marokko ) gebracht..., etwa 400 Personen, inkllusive Frauen und Kindern. Die meisten Papiere und Dokumente dieser Personen sind durch die Ordnungkräfte konfisziert oder zerstört worden. Diese Operationen gingen einher mit Misshandlungen seitens der Polizei, besonders Schläge mit Knüppeln, dem Verursachen von Wunden und Demütigungen. Auch schwangere Frauen und Mütter mit Kleinkindern wurden Opfer dieser brutalen Razzien. Die Zahl der Opfer beläuft sich auf zwischen 380 oder 400 Personen.

Als Nachrichten der Betroffenen die Asociación Elin erreichten, machte eine Gruppe der Vereinigung sich am 26. Dez. auf den Weg nach Rabbat, um die Geschehnisse zu überprüfen und zu helfen. Nachdem sie dort mit der Hoffnungslosigkeit der Flüchtlinge konfrontiert wurde, beschloss die Gruppe direkt nach Oujda zu fahren. Dabei wurde sie von dem Präsidenten der Flüchtlinge von der Elfenbeinküste in Rabbat begleitet, der die Situation bestens kannte und der ausserdem zuvor selbst schon in der Wüste ausgesetzt worden war...

BERICHT: "Auf dem Universitätsgelände von Oujda trafen wir uns mit einer grösseren Gruppe (von Flüchtlingen/MigrantInnen ), deren Aussehen und Gesichter, das physische und seelische Leid wiederspiegelten, das sie erlebt hatten. Die meisten von ihnen waren KongolesInnen und von der Elfenbeinküste; aber es waren auch Menschen aus Nigeria und Mali darunter. Einige kannten wir bereits von vorherigen Deportationen, von denen sie uns erzählten und sie baten uns, die Darlegung der Verletzung ihrer Rechte und ihrer mit Füssen getretenen Menschenwürde an kompetente Organismen weiterzuleiten."

DAS SIND IHRE WORTE: "Sie verhafteten uns in aller Frühe in unseren Häusern. Sie brachten uns auf das Komissariat und später wurden wir in Bussen quer durch ganz Marokko transportiert, länger als 12 Stunden Auf algerischem Territorium setzten sie uns, gruppenweise, immer ein Dutzend an verschiedenen Orten, aus und liessen uns allein. Die Gruppen waren mehrere Kilometer voneinander getrennt, entlang der marokkanisch-algerischen Grenze, nicht weit von Oujda entfernt. Mit Drohungen durch Schüsse in die Luft, zwangen uns die marokkanischen Kräfte in Richtung Algerien zu gehen. Später wurden wir dann von den algerischen Kräften genauso zurückgewiesen, die ebenfalls mit Gewehren in die Luft schossen. Nach mehr als 10 Stunden hin und her zwischen den beiden Armeen, gelang es der Mehrheit von uns in die Aussenbezirke von Oujda, in einen Wald in der Nähe des Uni-Geländes, zurückzugelangen.
Viele kamen in einem bedauernswerten Zustand hier an: Es gab Verletzte durch das die ganze Nacht lang Umherirren ohne adäquate Kleidung. Die Leute konnten sich mit nichts schützen und rannten, verschreckt von den Schüssen der marokkanischen Armee und den Einschüchterungen der algerischen, quasi blind um ihr Leben. In diesem Chaos gingen Manche verloren und einige der Frauen wurden vergewaltigt, darunter zwei Schwangere.
Seit wir zurück sind, schlafen wir im Freien ( die Nächte in Oujda sind kalt ); nur die Verletzlichsten, wie Frauen und Kinder, können sich unter Dächern verstecken und sich vor den Polizeikontrollen und der Kälte schützen. Wir sind seit fünf Tagen hier und die Polizei weigert sich, uns nach Rabbat zurückzulassen, wo wir ein paar Freunde haben die uns helfen können, denn wir haben jetzt überhaupt nichts mehr. Langsam breiten sich Mut,- und Hilflosigkeit unter uns aus und die Krankheiten aufgrund des Leidens, der Unsicherheit und fehlender Medikamente mehren sich, da wir alle sehr schwach und erschöpft sind."

DIE ASSOZIATION ELIN WEITER: "Sie erzählten uns, dass drei Frauen vergewaltigt worden waren; darunter eine junge Kongolesin, die im fünften Monat schwanger war und die deshalb zusätzlich eine Fehlgeburt erlitten hat. Seit sie notärztlich in ein Hospital eingeliefert wurde, spricht sie nicht mehr und durch den Schock ist ihr Allgemeinzustand ist besorgnisserregend. Dies zeigt einmal mehr, dass es die Frauen sind, die die Repression und Diskriminierung am härtesten erfahren. Ärzte ohne Grenzen und einige andere, humnitäre Organisationen liessen ihnen ein paar Medikamente, Plastikfolien, Decken und Lebensmittel zukommen, die aber nicht ausreichend sind. Am dramatischsten aber ist die Unsicherheit in der diese Menschen zu leben gezwungen sind, denn eine neue Deportation in die Wüste kann sich jeden Moment wiederholen.
Wir trafen uns ausserdem mit einer Gruppe von Frauen mit Kindern, die in einer Kirche von Ouja untergekommen waren und die mitsamt ihren, kaum einjährigen Kleinkindern in der Wüste ausgesetzt worden waren. Diese Kinder und ihre Mütter sind das eindringlichste Zeugnis für die Grausamkeit und Ungerechtigkeit dieser Gesellschaft, in der wir leben und die fähig ist, unterschiedlos zu foltern und zu töten, um ihren Status von Wohlstand und Konsum aufrechtzuhalten.

Die Asociación Elin fordert alle Organisationen, Assoziiationen, Gruppen und Einzelpersonen auf, dieses Dokument ( d.h. die folgenden Forderungen ) zu unterzeichnen und an kompetente Organismen zu verteilen.

Aufgrund der geschilderten Geschehnisse klagen wir an:

 Die schweren Menschenrechtsverletzungen, die im Namen des Schutzes der Aussengrenzen Europas begangen werden
 Die Handlungsweise und die Ausübung von Druck der Europäischen Union gegenüber/auf die angrenzenden Länder der Union und deren Konsequenzen für die Flüchtlinge und Migranten/tinnen sowie für die Transit,- und Herkunftstländer
 Das Schweigen von ACNUR in Marokko, der offenbar nicht in der Lage ist, den effektiven Schutz der Asylsuchenden und Flüchtlinge zu garantieren und der von daher nur die Illusion eines Schutzes aufrechthält, der unter diesen Umständen nicht mehr als das Risiko bedeutet, durch "Rechtebeschneidungen" den europäischen Polizeien zu dienen, die den Zutritt auf europäisches Territorium für Asylsuchende behindern.
 Die Nichteinhaltung der fundamentalsten Rechte der MigrantInnen und Flüchtlinge und der Internationalen Verpflichtungen hierzu, seitens Marokkos; insbesondere die entsprechenden Verpflichtungen der Genfer Konvention zum Flüchtlingsstatus und die Konvention über die Rechte der ArbeitsmigrantInnen und derer Familien.
 Wir betrachten die marokkanische Regierung und ebenso die Regierungen der Europäischen Union als verantwortlich für alle Konsequenzen für das Leben und die Gesundheit der MigrantInnen und Flüchtlinge, die durch diese Operationen, zu unmenschlichen Bedingungen und ohne jede Berücksichtigung der Rechte dieser Personen, ausgewiesen worden sind

Deshalb fordern wir mit aller Entschiedenheit:

 Die sofortige Rückkehr Aller, die aus ihren gewohnten Wohnsitzen vertrieben wurden sowie ihre persönliche Sicherheit
 Dass der spanische Staat die auf dem EU-Afrika-Gipfel getroffenen Abkommen auflöst, da diese den schweren Verletzungen der Menschenrechte Raum geben
 Die unverzügliche Wiederaufnahme aller Flüchtlinge, die sich auf marokkanischem Territorium befinden, da ihr rechtlicher Status von den marokkanischen Autoritäten nicht anerkannt ist und da deshalb ihre Integration und die Respektierung ihrer Menschenrechte völlig unmöglich sind
 Die unverzügliche Wiederaufnahme der weiblichen Flüchtlinge und Asylantragsstellerinnen und Minderjährigen, unter Berücksichtigung der Situation der besonderen Verletzlichkeit von Frauen und Minderjährigen innerhalb des marokkanischen Territoriums
 Das sofortige Handeln des ACNUR, um zu klären, was seine Kapazität zum Schutz der Flüchtlinge und Asylsuchenden, die sich auf marokkanischem Territorium befinden, ist
 Von der Europäischen Union fordern wir, jede Art von Massnahme und Druckausübung, die dazu dient, die Kontrolle ihrer Grenzen an Drittländer wie Marokko zu delegieren, einzustellen
 Ein sofortiges Handeln der europäischen Regierungen oder europäischen Parteien, das die integrative Rückkehr der männlichen und weiblichen Flüchtlinge in ihre Territorien begünstigt
 Ein sofortiges Handeln der europäischen Regierungen oder europäischen Parteien, mit dem von Marokko Erklärungen und die Respektierung der Menschenrechte verlangt wird
 Von der marokkanischen Regierung fordern wir die Respektierung der von Marokko ratifizierten internationalen Texte und die sofortige Einstellung von durch Druck seitens Europas konditionierten Handlungen im Bereich Migration und Flucht
 Ein sofortiges Aktivwerden der Afrikanischen Union, das Marokko die Respektierung der Menschenrechte der BürgerInnen des subsahaurischen Afrika abverlangt
 Wir rufen die nationalen, interessierten, subsahaurischen Botschaften auf, sich dieser Situation bewusst zu werden und die notwendigen Massnahmen zum Schutz der Rechte ihrer Landsleute zu ergreifen

Asociación Elin
 http://www.grupidi.net/elin/index.asp

( Quelle:  http://barcelona.indymedia.org/newswire/display/288832/index.php )

frei und gekürzt übersetzt: tierr@

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Marokko
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Spanien
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Ergänzungen

FORTSETZUNG

tierr@ 14.01.2007 - 18:14
AUSSAGEN DEPORTIERTER
( die vor allem auch einen Einblick in die Konsequenzen auf das alltägliche Leben und Überleben und den seelischen Druck der Betroffenen geben )...

"Am Samstag dem 23. ( Dez.06 ) um 07:00 Uhr morgens kam die marokkanische Armee zu uns nach Hause, als wir noch schliefen. Sie hatten an die Tür geschlagen und wir öffneten. Wir bewohnten zwei Stockwerke; in unserer Wohnung waren vier Personen, zwei Männer, noch eine Frau und ich. Sie drangen gewaltsam ein und sagten: "Abfahrt, nehmt Eur´e Sachen und auf, los... Ich zeigte ihnen das Papier von ACNUR und sie zerissen es. Unter Gewaltanwendung brachten sie uns zum Deportationszentrum im Stadtteil Aynnada 1. Dort standen sechs Busse. Wir fuhren direkt nach Oujda, ohne Vernehmung, ohne irgendetwas. Sie hatten mir das Telefon abgenommen. Um 18:30 kamen wir in Oujda an. Die Busse fuhren, immer zwei, in die Stadt ein und parkten dann irgendwo. Marokkanische Reporter kamen hinein und filmten. Wir waren im ersten der beiden Busse; sie hatten uns in Dreiergruppen getrennt; es war bereits Nacht... Es hatte bewaffnete Militärs. Sie stiessen uns, damit wir nach Algerien gingen und folgten uns. Sie stiessen uns mit Gewalt und trieben uns so vorwärts...
Die algerischen Militärs tataen uns nichts; sie zwangen uns lediglich nach Marokko zu gehen.
Wir marschierten los, um Oujda zu finden. Ich hatte die beiden Männer verloren, mit denen ich die Nacht lang zusammen gelaufen war. Ich lief ohne zu wissen, wo ich war, als ich drei Männer sah; es waren Marokkaner. Sie schnappten mich, zogen mir gewaltsam die Hosen aus uns alle drei, einer nach dem andern, vergewaltigten mich. Ich schrie, aber es war nirgendo jemand und sie sagten, wenn ich nicht zu schreien aufhörte, würden sie mich töten. Sie hatten Messer und Macheten.
Schliesslich liessen sie von mir ab und ich lief weiter. Um 2 Uhr morgens fand ich eine andere Gruppe, ebenfalls aus dem Kongo, die mich aufnahm und gegen 4 Uhr fanden wir dann den Weg. Ich hatte Asthmaanfälle und sie trugen mich; sie sagten dass ich Mut fassen soll und dass wir ankommen waren. Um 5 Uhr nahmen wir ein Taxi zur Fakultät. Als wir ankamen war Ärzte ohne Grenzen da, um die Frauen zu übernehmen. Sie haben uns behandelt und ich sagte ihnen, dass wir vergewaltigt worden waren; also machten sie einen Blut,- und Urintest. Bei mir nahmen sie kein Blut ab, weil sie keine Vene fanden. Ich war sehr schwach. Dann sind wir in die Kirche gegangen, um dort zu schlafen."
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Die Polizei war um vier Uhr morgens in die Wohnung gekommen. Sie hatten die Tür eingeschlagen. Wir waren fünf Männer in dem Haus, mit bestätigtem Asylantrag. Sie hatten uns in ein Fahrzeug gebracht, um uns auf das Komissariat in Aynnada 1zu bringen. Als wir sagten, dass wir den Komissar sprechen wollen, weil wir die Papiere hatten, wurden sie gewalttätig. Sie sagten "Nein"; jede Art von marokkanischer Polizisten. Gegen 17:00 Uhr setzten sie uns in einen Bus der uns zur Grenze fuhr, ohne dass wir bei einem Gericht oder auf dem Komissariat von Oujda gewesen waren. Dort übergaben sie uns den marokkanischen Militärs, die uns ausraubten, schlugen, beleidigten und bedrohten; sie sagten, dass wir ja nicht nach Marokko zurückkommen sollten, denn dann würden sie uns umbringen.
Wir betraten Algerien; dort griffen uns algerische Militärs an und verfolgten uns, mit den Gewehren in der Hand. Sie riefen: "Wir haben gesehen, dass Euch die marokkanischen Soldaten abgesetzt haben und als nächstes werden wir Euch töten und die marokkanischen Soldaten dazu." Ich lief zurück nach Oujda, zur Fakultät. Seit der Deportation bin ich krank, wegen der Schläge und allem. Seither habe ich jede Nacht draussen geschlafen. Alle haben den Acnur angerufen, um zu berichten, was geschehen ist. Die Leute sterben an den Grenzen; es muss eine Lösung gefunden werden. Ich wurde dreimal deportiert.
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"Um sechs Uhr morgens, wir waren müde, kamen sie und traten die Tür ein. Wir waren zu fünft im Haus, alles Asylantragsstellende. Wir zeigten ihnen die Papiere und sie haben gesagt, dass sie sie nicht annehmen und sie zerissen. Sie nahmen uns die Telefone und den Fernseher, den wir dort hatten, weg. Sie haben uns stark geschlagen, bis einige andere sagten, dass sie damit aufhören sollen.
Wir kamen direkt auf´s Komissariat von Aynnada 1 und von da aus direkt nach Oujda. Wir stiessen auf das algerische Militär und begannen zu rennen; wir versteckten uns, um nach Marokko hineinzukommen, bis zur Fakultät. Wir hatten weder Kleidung noch Schuhe, denn wir hatten noch geschlafen und siehatten uns nicht erlaubt, uns anzuziehen und uns halbnackt auf diesen Weg geschickt. Es gab eine Frau unter uns, die krank war und der wir geholfen haben, nach Ouida zu kommen. Sie hatte einen Finger verloren. Das Essen, das in Oujda an uns verteilt wurde, reichte nicht für alle.... Ärtze ohne Grenzen gab uns ein paar Medikamente. Unser Vermieter hat uns hinausgeworfen. Ich bin jetzt bei anderen Freunden untergekommen."
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"Sie haben mich um 06:00 aus dem Haus gebracht; ich habe keinen festen Schlafplatz, aber jetzt bin ich mit drei anderen zusammen. Wir waren zu viert im Haus; ich als einziger Minderjähriger. Sie schlugen die Tür ein, fügten uns Schaden zu und schlugen uns. Ich gab ihnen meine Papiere; aber sie fingen an, die Scheiben einzuschlagen. Wir wurden zum Komissariat und von dort direkt zur Grenze gebracht, ohne dass unsere Papiere überprüft wurden. Es war sehr kalt dort; ich hatte alles verloren, was ich besessen hatte; sie hatten uns im Pyjama und ohne Schuhe herausgetrieben. Die algerischen Militärs nahmen mich fest. Ich zeigte ihnen meine Papiere und sie sagten, wenn ich Asylbewerber sei, müsse ich nach Marokko zurückgehen. Davor aber schossen sie in die Luft. Dann wurde ich erneut von den marokkanischen Soldaten verhaftet, die mich zu einem Wachposten brachten; dort schlief ich auf dem Boden, halbtot vor Kälte... Ich konnte fliehen und lief zu Fuss nach Oujda. Ich bin viele Kilometer gelaufen, bis ich Oujda wiederfand."
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Es war um 00:04 Uhr morgens, als die Polizei an die Tür klopfte und sagte, dass wir zur Bestätigung unserer Papiere auf´s Komissariat gebracht würden. Wir waren acht Personen im Haus, Flüchtlinge und AsyslbeweberInnen. Als wir aber auf dem Komissariat von Aynnada 1 angekommen waren, wollte niemand etwas von unseren Papieren wissen und sie setzten uns stattdessen in einen Bus Richtung Oujda, bzw. dirket an die Grenze.
Sie hatten uns getrennt und nutzen die Nacht, um uns in die Wüste zu bringen. Wir waren 24 Personen, die sich auf den Weg zurück machten; wir liefen zusammen mit den Maliern und Nigerianern. Wir kamen in eine kleine Stadt und nahmen den Zug nach Rabbat.
Ich informierte ACNUR und sie sagten uns, dass sie eine Lösung suchen würden, dass es aber im Moment keine gibt. Unser Vermieter wurde von der Polizei festgenommen und beschuldigt, klandestine Mieter unterstützt zu haben. Er ist zu einer Geldstrafe von 2000 Dirhams verurteilt worden."
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"Die Polizei nahm mich fest, als ich noch in meiner Wohnung schlief. Sie brachten mich auf´s Komissariat in Agnada 1, von wo aus wir direkt an die algerische Grenze gefahren wurden. Dort wurde ich von Banditen ausgeraubt, die mir mein Handy und mein Geld stahlen. Danach bin ich mehrere Tage lang, mit fast nichts zu Essen und zu Trinken gelaufen, um nach Fez zu gelangen. Dort traf ich auf junge, afrikanische StudentInnen, die mich aufsammelten, mir zu essen und etwas zum Anziehen gaben und mir halfen, den Bus nach Rabbat nehmen zu können. Ich hatte keine Hoffnungen, dass der ACNUR mir dabei helfen würde, denn ich habe Deportationen von Freunden gesehen, die schliesslich von ihren Ärzten zurückgeschickt wurden, da der ACNUR von den marokkanischen Autoritäten nicht respektiert wird, und deshalb können wir nicht auf ihn zählen. Ausserdem war es sehr kalt in Oujda und ich hatte Angst, dass sie mich erneut festnehmen und an die Grenze bringen würden. Während wir auf dem Weg nach Fez waren, litten wir unter Demütigungen marokkanischer Jugendlicher, die uns wie eine Beleidigung das Wort "Neger" zuriefen", denn in marokkanischer Sprache hat es eine düstere Bedeutung und meint Sklave ( gan-gan auf Marokkanisch )."
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"Am 23. ( Dez. 06 ) erlitt ich meine zweite Deportation. Die Polizei drang bei mir zu Hause ein, wo ich mich zusammen mit meinem Mann und meiner kleiner Tochter befand. Sie traumatisierten mich derart, dass ich auf dem Komissariat in Ainnada 1einen Nervenzusammenbruch bekam. Ich verlor das Bewusstsein und begann krampfartig zu Zittern. Die Polizei sah sich gezwungen mich ins Hospital Avicene zu bringen, wo ich einen Tag lang wiederbelebt wurde.
Ich bin noch nicht beim ACNUR gewesen, um eine Erklärung über die Vorgänge zu machen, aber die Organisation weiss darüber Bescheid, dass meine Gesundheit und meine persönliche Situation sehr gefährdet sind. Überdies haben wir nun das Problem, dass der Vermieter nach diesen Geschehnissen, uns nicht wieder im Haus aufnehmen will. Das Leben in Marokko ist sehr diskriminierend. Manchmal werden Flüchtlinge, die eine Arbeit gefunden haben, von ihren Arbeitgebern geschlagen, weil sie genau wissen, dass diese nirgendwo ihre Rechte beanspruchen können. Der ACNUR kann sich nicht in das Arbeitsleben einmischen. Ausserdem verweigern die marokkanischen Hospitäler Flüchtlingen die Behandlung, wohlwissend, dass deren Ehre und Würde in den Deportationszellen verletzt worden ist."
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"Um sieben Uhr morgens schlug die Polkizei an die Tür und drang dann mit Gewalt ein. Im Haus gibt es drei Wonungen; in zwei davon befanden sich jeweils vier Personen und in der anderen waren ich und zwei meiner elfjährigen Kinder. Die Polizei schlug mich und hat die Kinder, die entkommen konnten, dort allein gelassen. Sie brachten uns direkt auf´s Komissariat, wo wir ihnen unsere Papiere übergaben, die sie nicht nahmen. Einer sagte:" Señora, ich erledige nur meine Arbeit." Auf dem Komissariat erlitt ich eine Nervenkrise, ich viel zu Boden, wie es mir schon einmal beim ACNUR passiert ist, und wurde ins Hospital gebracht..., dort liessen sie uns allein im Wartesaal und reanimierten uns. Ich floh aus Angst davor, dass sie mich wieder holen würden... Ich fand die Kinder weinend allein im Haus und nun will der Hausbesitzer keine Leute mehr wie uns haben, um zu vermeiden, dass die Polizei nocheinmal die Türen einschlägt... Sogar der Busfahrer will uns nicht mitfahren lassen."
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" Um sieben Uhr am Morgen drang die Polizei gewaltsam in meine Wonung ein. Mein Bruder ( der Sohn von Onina, der Frau die mich aufzog ) und ich konnten zunächst entkommen. Aber dann merkten wir, dass sie Mamá Hortense mitgenommen hatten. Es ist nicht das erste Mal, dass ich eine solche Situation erlebe. Ich habe mehr Deportationen mit meiner Mamá durchgemacht. Ich bin erschöpft und habe grosse Angst vor den Aggressionen; Mamá Hortense hat immer versucht, mich zu schützen und gesagt, dass ich noch am Wachsen bin, denn sie hatte Angst vor den Vergewaltigungen."
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Die Polizei kam gegen vier Uhr früh. Sie hatten an die Tür geschlagen und sie dann eingetreten. Wir waren acht Personen im Haus, alles AsylbewerberInnen. Wir legten unsere Papiere vor, aber sie sagten, dass diese erst auf dem Komissariat verlangt würden. Sie brachten uns in einem Bus nach PSP, wo es noch viele andere Leute gab und niemand Papiere sehen wollte. Sie trieben die Leute zusammen und stiessen uns mit Gewalt in einen Bus. Es hatte Frauen und Kinder. Dann wurden wir direkt zur Grenze gebracht. Es waren schlechte Leute; sie wollten nicht anhalten, damit wir unsere Notdurft verrichten konnten und uns dazu fesseln. Auf der Ausfahrt von Rabbat sagten sie zu und, dass wir im Bus urinieren müssten und manche benutzen dann Flaschen dazu, die hinausgeworfen wurden. Es waren sechs Busse, die immer paarweise in Oujda ankamen und uns an die Grenze brachten, wo es sotwas wie ein Militärcamp hatte. Die Militärs befahlen uns Dreiergruppen zu bilden und schlugen auf uns ein. Sie redeten in militärischem Befehlston mit uns. Sie zeigten nach Algerien und sagten, dass wir dorthin zu gehen hätten und dass sie zwei Schüsse auf jene abfeuern würden, die nach Marokko zurückkämen, denn sie führten Waffen mit sich. In meiner Gruppe gab es zwei Mädchen. Es war nacht und die Soldaten leuchteten mit Lampen in die Gesichter und befahlen uns zu einer Mauer zu kommen. Wenn wir nicht dorthin gingen, würden sie uns schlagen. Wir gingen und die Militärs folgten uns. Eines der Mädchen und ich hatten keine Schuhe. Das Mädchen konnte nicht fliehen und blieb zwischen den Soldaten zurück. Ich war allein auf der Flucht. Es gab einen Fluss auf dem Weg und in diesen sürtze ich mich. Dort blieb ich etwa eine Stunde, verletzt, zwischen den Dornen. Da es meine erste Deportation war, wusste ich nicht, wohin ich gehen oder wie ich entkommen sollte. Ich folgte dem Flusslauf und sah irgendwann einen Flughafen, den ich schon während der Deportation gesehen hatte und folgte dem Licht. Morgens gegen drei Uhr erreichte ich die Stadt, allein, mit kaputten und blossen Füssen. Ich fand die Anderen und wir gingen zur Fakultät, wo alle MigrantInnen waren.

( Quelle:  http://barcelona.indymedia.org/newswire/display/288832/index.php )