ETA bekennt / Madrid sei verantworlich

Ralf Streck 10.01.2007 15:51 Themen: Soziale Kämpfe Weltweit
Die baskische Untergrundorganisation ETA hat sich zu dem Anschlag auf den Madrider Flughafen bekannt. Sie greift die spanische Regierung an, dass sie sich nicht an die Absprachen gehalten hat und den Friedensprozess damit vergammeln ließ und die Repression sogar noch verstärkt hat. Sie macht sie auch für die beiden Toten verantwortlich, schließlich habe sie den Sicherheitskräften mehr als eine Stunde Zeit zur Räumung gegeben und den Ort der Bombe genau benannt, damit das Parkhaus geräumt wird. Deutlich wird, dass die Erklärung, die Waffenruhe aufrecht halten zu wollen, keine Reaktion auf die Forderungen der linken Unabhängigkeitsbewegung ist, denn zum Zeitpunkt des Schreibens waren die beiden Toten noch nicht gefunden. In dem Feature gibts auch viele Hintergründe und Links zum Weiterlesen.
Wie es nicht anders zu erwarten war, hat sich die ETA zu dem Anschlag in Madrid bekannt. Etwas merkwürdig definiert sie ihr Verhältnis zur Waffenruhe. Die, so glaubt sie offenbar, könne sie jederzeit wieder unterbrechen. Sie bestätigt sie zwar auf der einen Seite, bekräftigt aber, ihre "Antworten" würden in Funktion des Verhaltens der spanischen Regierung ausfallen. "Wir wollen klar unseren Willen für einen Friedensprozess ausdrücken, ihn anzuregen und zu verstärken. Besteht aber die aktuelle Situation des Angriffs auf das Baskenland fort, wie wir im Kommunique vom August ausgedrückt haben, wird die ETA entsprechend antworten".

Sie macht die Regierung dafür verantwortlich, dass die derzeitige Situation eingetreten ist, weil die den Prozess habe vergammeln lassen. Sie habe sich nicht an die im Vorfeld getroffenen Vereinbarungen gehalten, obwohl die ETA sie mehrfach angemahnt habe und in der letzten internen Zeitschrift Zutabe (die auch in den Medien breit veröffentlicht wurde) klar vor einem Scheitern des Dialogprozesses gewarnt hatte: "Wenn die Regierung ihre geschlossenen Vereinbarungen nicht einhält und sichtbare Schritte macht, wird der Prozess zerbrechen" hieß es darin. Obwohl die ETA auch ankündigte, "neue Schritte auf dem Weg der Verhandlungen mit der spanischen Regierung zu machen".

In der Erklärung stellt die ETA fest, dass die Regierung die Repression weiter verstärkt habe, allerdings habe sie zuvor eine Abrüstung nach einer Waffenruhe zugesichert: Es sollte keine Verhaftungen mehr geben und die Polizeipräsenz sollte abgemildert werden. Die Organisationen der linken Unabhängigkeitsbewegung sollten ihre politische Arbeit ungestört ausführen können.

Stattdessen, sei neun Monate später noch, "das Parteiengesetz in Kraft, das gegen jedes rechtsstaatliche Prinzip verstößt. Die Angriffe auf die Aktivitäten der linken Unabhängigkeitsbewegung dauern ohne Unterbrechung an. Die politische Aktivität, die Aktivität der politischen Organisationen im Land ist unmöglich, mehr als hundert Aktivitäten seien verboten worden, das geht einher mit Strafbefehlen, Verhaftungen und Prügel. Es gibt die Folter, seit der Ankündigung der Waffenruhe der ETA wurden von den verschiedenen Polizeien mehr als Hundert Menschen verhaftet. Die Maßnahmen eines Ausnahmezustands gegen das Kollektiv der baskischen politischen Gefangenen dauern an, die so genannte Parot Doktrin wurde geschaffen, womit 185 gefangene Basken entführt und erneut zur lebenslangen Haft verurteilt worden." Sie führt auch die Grausamkeit des Staatsanwalts im Verfahren gegen Iñaki de Juana, der (seit 65 Tagen zum zweiten Mal im Hungerstreik) zum Tod verurteilt wurde und den man als Tauschmittel benutzen wolle. (Brief von ihm unten) "Das ist die Chronik einer repressiven Strategie, die in keinem Moment dieser langen neun Monate ausgesetzt worden sind".

Die ETA bedauert ausdrücklich den Tod der beiden Ecuadorianer, drückt den Familien inständig ihr Beileid aus und solidarisiert sich mit dem Kollektiv der Einwanderer aus Ecuador. Letztlich macht sie die Sicherheitskräfte für die beiden Toten verantwortlich. Sie habe keine Toten gewollt und deshalb mehr als eine Stunde zuvor mit drei Anrufen vor der Bombe gewarnt und sogar den genauen Ort mitgeteilt, an dem die Bombe abgestellt wurde.© Ralf Streck den 10.01.2006




Brief des Hungerstreikenden an die Versammelten im Radsportstadion (wurde allerdings verboten):

Agur terdi Belodromora etorri zareten guztiei!

Madrilgo “12 de Octubre” ospitaletik, animo eta indarrez beteriko lerro batzuk helarazi nahi dizkizuet, eguneroko borrokarako, Euskal Herriak, Herri eta Nazio gisa merezi duena lortu arte.

Como todos sabréis la situación de los presos y presas políticas no es que vaya mejorando sino, todo lo contrario, cada vez somos objetivo de mayores y mas despiadadas agresiones. Mi situación es sólo un ejemplo más.

Todos los presos políticos sufrimos por igual las mismas arbitrariedades, las mismas injusticias, irregularidades y acoso de una administración penitenciaria y unos poderes del estado arrogantes, prepotentes y autoritarios, que presumen de inmovilismo; que hacen de la venganza un comportamiento político; que se niegan a reconocer lo que somos, presos políticos; y, sobre todo, se niegan a reconocer las causas por las que estamos encarcelados, que no son otras que la defensa ante las agresiones históricas que Euskal Herria sufre.

Sólo la resolución de las causas del conflicto podrá traer la justicia y la libertad por la que luchamos desde hace generaciones.

La amnistía, que no es la simple excarcelación de los prisioneros y prisioneras, sino que implica el reconocimiento del conflicto político, y resolverlo es la llave irrenunciable para una futura solución duradera. Luchemos por la amnistía y por todo lo que este concepto implica con todas nuestras fuerzas; y con el mismo tesón con que lo hacemos desde hace décadas. Y entonces sin duda llegará.

Berriz ere, animo guztia helarazten dizuet datorrenari eusteko, gehien egon beharreko une hauetan borrokan segitzeko. Eta askatasun oihu bat ere bidali nahi dizuet.

Gore Euskal Herria Askatuta!
Gora Euskal Herria Sozialista!
Aurrera bolie!
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Ergänzungen

notwehr?!

machno 10.01.2007 - 20:03
die ETA teilt den sicherheitskräften frühzeitig mit wann und wo eine bombe deponiert wurde. der madrider flughafen wird seit jahren durch spezialkräfte überwacht und "beschützt". warum schaffen es diese nicht die bombe zu entschärfen, obwohl ihnen mehrfach der genaue abstellort und die explosionszeit genannt worden sind? sind die "terrorismus"-geschulten spanischen sicherheitsorgane doch so schlecht ausgebildet, dass sie trotz aller nötigen informationen keine bombe entschärfen können?

die ETA hat alles nur mögliche getan die entschärfung der bombe zu ermöglichen. so wie sie gehandelt hat, sollte es keine explosion geben. die eskalation und diskreditierung des politischen gegners ist für die spanischen behörden äusserst wichtig. das interesse die explosion der bombe zu verhindern war minimal. denn ein bruch der waffenruhe durch eine spektakuläre aktion könnte womöglich zur verschärfung und zur nachträglichen rechtfertigung von repressionen genutzt werden...

der friedensprozess im baskenland wird seit der waffenruhe der ETA permanent durch die spanische regierung und verwaltungsorgane sabotiert. eine befriedung scheint nicht erwünscht. vielmehr werden die baskischen vertreter kriminalisiert, inhaftiert und getrieben. die spanischen behörden zünden jeden tag eine neue "bombe". jene warnen jedoch nicht, sondern schlagen zu...

@machno

Leider 10.01.2007 - 20:21
ist das falsch. Der Anschlag sollte definitiv ausgeführt werden. Die anonymen Anrufer haben ausdrücklich davor gewarnt, zu versuchen, die Bombe zu entschärfen. Viel eher wirft ne Frage auf, warum die Bombe "gezielt gesprengt" wurde, wie die Polizei mitgeteilt hatte, wenn man das Parkhaus nicht geräumt hatte. Die Schwester des einen Toten hatte das ja mehrfach beklagt, dass sie die Polizei mehrfach darauf aufmerksam gemacht hat, dass ihr Freund noch im Parkhaus ist und im Auto schläft.
Wollte jemand im Sicherheitsapparrat, dass es Tote gibt? Das halte ich für viel eher wahrscheinlich. Schließlich gab es genug Versuche den anlaufenden Friedensprozess zu stoppen (unter anderem mit der mutmaßlichen Ermordung mindestens des einen Gefangenen im Frühjahr) oder auch zahllose Versuche ihn zu torpedieren, als er am Laufen war. Die Frage, wem nutzen diese Toten, könnte auch hier einen Weg weisen.

PP braucht Opfer

Ron 10.01.2007 - 21:48
Ähnliches passierte auch vor 4 jahren als die Eta in den Urlaubsorten Bomben hoch gehen ließ.Gebäude die sich direkt neben der Bombe befanden wurden trotz Warnung nicht evakuiert. Anschliessend gab es natürlich für die Medien die Bilder von Verletzten Touristen. Ein Deutscher der damals mit blutverschmierten Kopf in der tagesschau/etc. zu sehen war, kritisierte auch das verhalten der span. Sicherheitsbehörden, dies wurde allerdings in dt. Medien nicht gesendet.
Nebenbei bemerkt wird der Madrider Flughafen von 4500 Kameras überwacht.

Gerade Bilder gesehen

Ü-Kamera 11.01.2007 - 15:36
Habe gerade eienn Bericht mit Aufnahmen der zahllosen Ü-Kameras gesehen. Die Stützen die These, dass man eventuell bewußt Tote herbeiführen wollte. Da laufen drei Menschen mit Koffern auf den Wägelchen in aller Ruhe auf das Parkhaus zu. Die Zugänge waren offensichtlich nicht abgesperrt, denn sie wurden kurz vor dem Erreichen des Parkhauses (zum Glück) von der Explosion überrascht. Sie dürften zu den 24 Verletzten gehört haben. Man sieht sie noch weglaufen, aber das Trommelfell dürfte mindestens gelitten haben. Ein paar Sekunden später hätte das eventuell tödliche Folgen für sie gehabt. Ist das nur die berühmte spanische Schlamperei oder steckt mehr dahinter?

Auf EiTB

Pelota 12.01.2007 - 11:21
Danke habe ich gefunden, hier der Link für alle anderen:
 http://www.eitb24.com/portal/eitb24/multimedia_player_video/multimedia_videos?idioma=es&cl=/politica
Allerdings würde ich sagen das weglaufen anders aussieht, ist wohl eher die Druckwelle die die Leute zurückwedelt. Naja 1,5 Stunden vorher warnen ist auch verdammt kurzfristig, da waren die Leute bestimmt schon unterwegs zum Parkhaus.

Batasuna...

Miguel Angel Blanco 14.01.2007 - 00:27
... will Forderung nach Ende der Gewalt nicht mittragen:

>  http://www.nzz.ch/2007/01/13/al/newzzEWWG60KU-12.html

P.S. Was die ETA selbst von solchen Demonstrationen hält, hat sie am 13. Juli 1997 an mir vorgeführt:

>  http://es.wikipedia.org/wiki/Miguel_Ángel_Blanco_Garrido
>  http://en.wikipedia.org/wiki/Miguel_Ángel_Blanco

Terroristisch

Ralf 21.01.2007 - 11:38
Wie vorauszusagen war, wurden vom Obersten Gerichtshof die baskischen Jugenorganisationen nun doch als "terroristisch" eingestuft ( http://de.indymedia.org/2006/11/162121.shtml) Mehrfach hatte der Gerichtshof, der von ultrarechten Richtern dominiert ist, das Urteil verschoben. Unter den neuen Bedingungungen, nach dem Ende der Waffenruhe ( http://de.indymedia.org/2007/01/165256.shtml), haben sie nun ein klares Gesinnungsurteil gesprochen. Terroristisch ist es nun schon, für eine politische Vorstellung einzutreten. Damit wurde Präjudiz für die folgenden Verfahren geschaffen und dürfte Auswirkungen in ganz Europa haben, falls eine solche Definition nicht zurückgedrängt wird.

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