HH: Repression gegen Wasserturmwiderstand
Am 10. Januar jährt sich zum zweiten Mal der Umbaubeginn des Wasserturms im Hamburger Schanzenpark in ein ****-Luxushotel. Schon vor Baubeginn und auch währenddessen gab es diverse Demonstrationen, öffentliche und auch militante Aktionen.
Seit ebenfalls zwei Jahren gibt es die bestbewachteste, zudem illegale (lt. Gerichtsbeschluß) Baustelle zumindest Hamburgs. Ca. 400 Platzverweise und über 40 bis jetzt geführte Verfahren (keine einzige Verurteilung, fast alle endeten mit Einstellung, allerdings gegen Geldbuße) haben sich bis jetzt angesammelt.
Im folgenden zwei Beiträge zum eingestellten §129-Verfahren und zu zwei demnächst stattfindenden Prozessen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen dieses Projekt.
Seit ebenfalls zwei Jahren gibt es die bestbewachteste, zudem illegale (lt. Gerichtsbeschluß) Baustelle zumindest Hamburgs. Ca. 400 Platzverweise und über 40 bis jetzt geführte Verfahren (keine einzige Verurteilung, fast alle endeten mit Einstellung, allerdings gegen Geldbuße) haben sich bis jetzt angesammelt.
Im folgenden zwei Beiträge zum eingestellten §129-Verfahren und zu zwei demnächst stattfindenden Prozessen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen dieses Projekt.
§ 129 Verfahren in Hamburg eingestellt…..
Kriminalisierungswelle gegen den Wasserturmwiderstand entpuppt sich als Schlag ins Wasser
Das seit März 2005 gegen acht Beschuldigte laufende Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ist im Herbst vergangenen Jahres von der Staatsanwaltschaft sang- und klanglos eingestellt worden.
Am 4. März 2005 gab es in Hamburg und Lübeck mehrere militante Aktionen gegen das Luxushotel Marriot Treudelberg , das Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel, das Aufsichtsratsmitglied der Patrizia AG und CDU-Schatzmeister Harald Boberg und ein Mövenpickhotel in Lübeck. Es kam zu Glasbruch und farblichen Fassadenverschönerungen. Beim Marriothotel verbrannte ein Carport mit mehreren elektrischen Golfkarren. Erst 4 Tage nach den Aktionen stellte die Lübecker Polizei fest, dass es gegen das Mövenpickhotel offensichtlich 2 Aktionen am selben Tag gegeben hatte. Eine am frühen Abend und eine in der folgenden Nacht.
Zu den Aktionen in Hamburg bekannte sich die Arbeitsgruppe für einen Kolbenfresser im Motor der wachsenden Stadt. Zu einer Aktion in Lübeck gab es eine kurze Erklärung, die am Hotel gefunden wurde.
Nicht einmal zwei Wochen nach diesen Aktionen kam es in Hamburg zu der größten Durchsuchungswelle seit fast 10 Jahren. Bei 11 Hausdurchsuchungen wurden 7 Beschuldigte festgenommen, ed –behandelt und zur Abgabe von DNA-Material gezwungen. Eine weitere Person wurde vom Staatsschutz nicht zu Hause angetroffen. Diesen 8, später 9 Beschuldigten wurde die Bildung einer Kriminellen Vereinigung und die Durchführung aller in Frage stehenden Aktionen vorgeworfen.
Der Hintergrund für diesen Schnellschuss des Hanburger Staatsschutzes dürfte praktisch die Festnahme von zwei GenossInnen in der Nähe des Mövenpick Hotels kurz nach der ersten Aktion in Lübeck gewesen sein. Nach einem Aktenvermerk hatten die beiden vorher an einem vom Verfassungsschutz observierten Treffen teilgenommen. Nachdem die übrigen TeilnehmerInnen dieses Treffens identifiziert worden waren, wurden kurzum alle zur kriminellen Vereinigung erklärt.
Der politische Hintergrund dürfte allerdings in erster Linie für die Massivität des Angriffs auf linke Strukturen in Hamburg verantwortlich sein. Anfangs lag das Interesse der Innenbehörde und des Repressionsapparates darin, den gesamten Widerstand gegen den Umbau des Wasserturms in ein Luxushotel totzuschweigen. Die Innenbehörde versuchte vergeblich der Hamburger Presse einen Maulkorb in diesem Zusammenhang zu verpassen. Nach einer Häufung von militanten Aktionen kam der Staatsschutz zusehends unter Druck, zu Mal die Verfolgungsbehörden schon in den Jahren zuvor keine Ermittlungsergebnisse wegen anderer Aktionen präsentieren konnten.
Nach über 1 ½ Jahren nun haben alle umfangreichen Ermittlungen, Spurenauswertungen und Observationen zu nichts geführt, was auch nur ansatzweise das Konstrukt des Staatsschutzes hätte belegen können. Schon wenige Tage nach den Durchsuchungen hatten die AnwältInnen in einer Presseerklärung geschrieben:...handelt es sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht um ein Konstrukt des Hamburger Staatsschutzes. Völlig unterschiedliche Aktionen verschiedener Gruppen werden wider besseren Wissens willkürlich zusammengefasst und allen Beschuldigten insgesamt zugeschrieben.
Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um voneinander völlig unabhängige Aktionen in Hamburg und Lübeck.
Dies ergibt sich schon daraus, dass es zwei verschiedene Anschlagserklärungen gibt…
Genau diese Argumentation nimmt die Staatsanwaltschaft in der Einstellungserklärung auf und benutzt sie, um jetzt das Verfahren möglichst ohne Aufsehen einstellen zu können.
Im Zusammenhang mit den Aktionen der Arbeitsgruppe Kolbenfresser in Hamburg hat der Staatsschutz nichts in der Hand, jedenfalls nichts, was schriftlich festgehalten worden ist.
Wegen einer Aktion am Lübecker Mövenpickhotel, die nachts stattgefunden hat, haben sie offensichtlich genauso wenig ermittelt.
Die Konsequenz, die die Nacht vom 3. auf den 4. März 2005 nun haben wird, ist ein Verfahren gegen die beiden GenossInnen, die in der Nähe des Mövenpick Hotels festgenommen worden waren.
…und ein Verfahren wegen Glasbruch am Mövenpickhotel
Zwei Beschuldigten, die in der Nähe des Lübecker Mövenpickhotels festgenommen worden waren, ist im November die Anklageschrift zugestellt worden. Beschuldigt werden sie der „gemeinschaftlichen versuchten Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchten gemeinschaftlichen Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Nötigung“ Vermutlich wird der Prozess in den nächsten Wochen vor dem Amtsgericht St. Georg eröffnet werden.
Kurz nach der Aktion in Lübeck waren zwei Personen von einem Hotelangestellten auf der Straße festgehalten worden. Nach einem kurzen Gerangel konnten sie den Mann loswerden. Deutlich später wurden die beiden jetzt Angeklagten in einer Kneipe festgenommen und angeblich als die beiden vorher Verfolgten identifiziert.
Nach jahrelangen Ermittlungen des Staatsschutzes kommt es also jetzt zu einem Verfahren, dass im Wesentlichen auf der Aussage eines Hotelangestellten beruht. Nach der Niederlage des Repressionsapparates im Hinblick auf mehrere militante Aktionen ist dieser Prozess das einzige Ergebnis, dass Polizei und Justiz erreichen konnten. Gerade weil die beiden die einzigen sind, die jetzt noch beschuldigt sind, steht zu befürchten, dass die Staatsanwaltschaft ein großes Interesse an einer Verurteilung hat, um ihre Niederlage nicht ganz so extrem erscheinen zu lassen.
Die Repression wird nicht nachlassen. Ganz im Gegenteil. Gerade im Hinblick auf die G8 Mobilisierungen sind die Ansagen von BKA, LKA und VS deutlich genug. Mit jeder militanten Aktion, wie zu letzt dem flambierten Auto von Mirow, wächst der Druck auf den Apparat. Unser Ziel muss bleiben, sich weiter zu organisieren, um weiter politisch und praktisch intervenieren zu können und den Druck zu verstärken.
Den Betroffenen von Repression und gerade den vier GenossInnen, die auf ihre Prozesse wegen Widerstand gegen das Hotel im Wasserturm warten, muss unsere praktische Solidarität gelten. Achtet auf Terminankündigungen und kommt zu den Prozessen.
Hamburg, Januar 2007
Antirepressionsgruppe
-------------------------------------------------------------------------
Anklagekonstrukt wegen Wasserturmwiderstand
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen zwei GenossInnen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen den Hotelneubau im Wasserturm ist jetzt Anklage erhoben worden. Mit der Eröffnung eines Prozesses ist demnach bald zu rechnen.
Ausgangspunkt des anstehenden Verfahrens war die vorläufige Festnahme J.’s am 25.11.2005 mit anschließender Hausdurchsuchung und Beschlagnahme mehrerer Computer. Als Tatvorwurf wurde gemeinschaftliche Sachbeschädigung und schwere Nötigung genannt. Behauptet wird dabei eine Beteiligung von J. an Aktionen gegen Firmen, die am Bau des Luxushotels im Schanzenpark beteiligt sind, u.a. durch Veröffentlichung entsprechender Erklärungen zu den beiden Aktionen.
Zur Erinnerung: Am 28.10.2005 wurden auf Baufahrzeuge der Firma Engel in Hamburg– Eimsbüttel Widerstandsparolen angebracht und Reifen zerstochen. In der Nacht vom 24./25.11.2005 wurden Reifen des Zulieferers Lebbien untere dem Motto „Schade, dass Beton nicht brennt“ zerstochen. Die Firma liefert Beton für den Bau des Hotels im Wasserturm im Schanzenpark.
Nachdem es also am 25.11.2005 wegen der beiden Aktionen zu einer ersten Hausdurchsuchung gegen J. gekommen war, wurde am 31.05.2006 die Wohnung ein zweites Mal durchsucht. Diese zweite Durchsuchung richtete sich gegen die Mitbewohnerin C., die jetzt auch als Beschuldigte benannt wurde. Vorangegangen war dem zunächst eine monatelange umfängliche Observation verschiedener politischer Zusammenhänge durch den Staatsschutz. Gezielt observiert wurde das persönliche und politische Umfeld der beiden jetzt Angeklagten.
Diese Observationen wurden mit großem personellen und logistischen Aufwand durchgeführt. Teilweise waren mehrere Observationsteams parallel unterwegs und haben mehrere Personen an verschiedenen Orten gleichzeitig observiert.
Die Anklageschrift wirft zunächst J. vor, zweimal Beihilfe zur Sachbeschädigung geleistet zu haben, indem er weiteren unbekannten Tätern zugesagt hat, die Bekennungen zu den beiden Aktionen bei Engel und Lebbien zu verfassen und per e-mail zu veröffentlichen. Diesen Umstand der Veröffentlichung wertet die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Höhe des Sachschadens und der Drohung gegen andere Firmen zusätzlich als „besonders schweren Fall“ der Nötigung.
C. wird hingegen vorgeworfen, nur im Fall der Aktion gegen Lebbien Beihilfe zur Sachbeschädigung in Tateineinheit mit einem Fall der besonders schweren Nötigung begangen zu haben. Sie soll unmittelbar mit J. und einer weiteren unbekannten Person an der Erstellung des Bekennungsschreibens zu Lebbien beteiligt gewesen sein.
Durch die Observations- und Überwachungsmaßnahmen will die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass J. in beiden Fällen die Bekennungsschreiben per e-mail aus öffentlichen Internet-Cafés versandt hat. Darüber hinaus will die Anklagebehörde über bei der Durchsuchung beschlagnahmtes handschriftliches Material im Falle der Aktion gegen Lebbien auch eine AutorInnenschaft von J. und C. beweisen. Konkret geht es um einen handschriftlichen Zettel, der weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit dem Text der Bekennungs-e-mail aufweist. Mehrere Schriftgutachten einer polizeiinternen LKA-Gutachterin sollen die behauptete AutorInnenschaft von J. und C. belegen.
Die zweite Hausdurchsuchung diente vor allem der Beibringung von vermeintlichem Vergleichsschriftmaterial von C. zur Untermauerung der angeblichen Beteiligung von C. am zweiten Bekennungsschreiben.
Obwohl J. und C. trotz der umfänglichen monatelangen Observation und Ermittlungen keinerlei Kontakt zu den bis heute unbekannt gebliebenen Beteiligten an der Aktion gegen Engel und Lebbien nachgewiesen werden kann, konstruiert die Staatsanwaltschaft eine gemeinsam abgestimmte Vorgehensweise zwischen J, C. und den unbekannten Beteiligten. J. wurde sogar in der Zeit der Aktion gegen Lebbien umfänglich und gezielt observiert, ohne dass in dieser Hinsicht irgendwelche Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Das von der Staatsanwaltschaft behauptete gemeinschaftliche Vorgehen ist und bleibt nichts weiter als reine Spekulation.
Der Vorwurf der „schweren Nötigung“ ist der Versuch der Staatsanwaltschaft zum einen das Strafmass in die Höhe zu treiben, aber vermutlich auch diesen Straftatsbestand als Mittel umzuschreiben, um grade solche Aktionen und vor allem das Versenden von Erklärungen härter bestrafen zu können. Die Regelbeispiele im Strafgesetzbuch, bei denen von einer schweren Nötigung gesprochen wird sind da eindeutig, nämlich „Nötigung zum Schwangerschaftsabbruch, Nötigung zu einer sexuellen Handlung und Nötigung unter Missbrauch der Befugnisse oder der Stellung als Amtsträger“. Selbst vor diesem rein rechtlichen Hintergrund entlarvt sich die Anklage auf jeder Ebene als willkürliches Konstrukt.
Nach unserer derzeitigen politischen Einschätzung geht es bei dem Angriff des Staatsschutzes zum einen um die Kriminalisierung und Einschüchterung des Widerstands gegen das Hotelprojekts im Schanzenpark. Dabei wurde in dem Verfahren gegen J. und C. seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft sogar zwischenzeitlich überlegt, eine Verbindung zu dem mittlerweile eingestellten § 129-Verfahren wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wegen militanter Aktionen im März 2005 gegen mehrere Luxushotels in Hamburg und Lübeck und das Bezirksamt Eimsbüttel herzustellen.
Doch auch so richtet sich der anstehende Prozess nicht nur gegen J. und C.. Vielmehr ist er ein Angriff auf den Wasserturmwiderstand insgesamt, zumal ursprünglich das Repressionsinteresse dem gesamten öffentlich auftretenden Zusammenhang des „Freien Netzwerks zum Erhalt des Sternschanzenparks“ und seinem politischen Umfeld galt.
Weiterhin geht es bei dem Staatsschutzangriff natürlich auch immer um die Ausforschung der linken Szene und ihrer Strukturen insgesamt. Im Frühjahr 2006 musste der oberste Hamburger Verfassungsschützer Heino Vahldick öffentlich eingestehen, dass es in Hamburg schon seit längerer Zeit so viele militante Aktionen wie sonst in keiner anderen deutschen Stadt außer Berlin gibt. Nach den Enteignungsaktionen im Frischeparadies Goedecken und dem abgebrannten Auto des Chefs des Weltwirtschaftsinstitutes stiegen im Mai 2006 die gesamte Hamburger Presse wie auch überregionale Medien in dieses Thema ein. In der Presse wurden sämtliche größere und kleinere militante Aktionen der letzten Jahre aufgelistet. Kritisiert wurden Verfassungsschutz und polizeilicher Staatsschutz, weil all diese Aktionen nicht aufgeklärt wurden und kein einziger Täter präsentiert werden konnte. Dementsprechend groß ist der Erfolgsdruck für den Hamburger Staatsschutz in der Öffentlichkeit. Von daher hat der Repressionsapparat zur Zeit ein ganz wesentliches Interesse, großangelegte Ermittlungsverfahren gegen linke Projekte und Strukturen am laufen zu halten. Das jeweilige konkrete Verfahren und der konkrete Tatvorwurf sind relativ egal. Die Taktik scheint zu sein, bei jeder sich bietenden Gelegenheit größere Repressionswellen zu starten, um bei Durchsuchungen nach dem Motto „Irgendwas wird sich schon finden...“ Zufallstreffer zu landen. Entsprechende Observationen und ausgedehnte Telefon- und E-Mail-Überwachung sollen Erkenntnisse über Kontakte und Querverbindungen von Personen und politischen Strukturen liefern, die ihrerseits dann wieder in neue Kriminalisierungsversuche münden. Dieses Ausspionieren von linken Strukturen muss natürlich auch im aktuellen Kontext der anlaufenden Mobilisierung zum G-8 in Hamburg gesehen werden.
Das jetzt anstehende Verfahren gegen J. und C. ist in diesem Zusammenhang ein Angriff auf linke emanzipatorische Politik und der Versuch des Repressionsapparates endlich ein Verfahren wegen militanter Aktionen zu führen. Alle noch so umfangreichen Ermittlungen, Überwachungs- und Observationsmaßnahmen haben letztlich nur zu einem fragwürdigen Konstrukt gegen J. und C. geführt. Die Anklageerhebung mit diesem Konstrukt unterstreicht das Verfolgungsinteresse und gleichzeitig auch den öffentlichen und politischen Druck, unter dem der Repressionsapparat steht, endlich Ergebnisse in Form von Prozessen und Verurteilungen zu präsentieren.
Hamburg, Januar 2007
Prozessgruppe Wasserturm
Freies Netzwerk für den Erhalt des Sternschanzenparks
Spendenkonten:
______________
Empfänger www.schanzenturm.de
Konto-Nr. 964 049 201
BLZ 200 100 20
Postbank Hamburg
Empfänger Rote Hilfe Hamburg
Konto-Nr. 846 102 03
BLZ 200 100 20
Postbank Hamburg
Stichwort "Wasserturm"
Infos unter: http://www.schanzenturm.de/
Kriminalisierungswelle gegen den Wasserturmwiderstand entpuppt sich als Schlag ins Wasser
Das seit März 2005 gegen acht Beschuldigte laufende Verfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ist im Herbst vergangenen Jahres von der Staatsanwaltschaft sang- und klanglos eingestellt worden.
Am 4. März 2005 gab es in Hamburg und Lübeck mehrere militante Aktionen gegen das Luxushotel Marriot Treudelberg , das Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel, das Aufsichtsratsmitglied der Patrizia AG und CDU-Schatzmeister Harald Boberg und ein Mövenpickhotel in Lübeck. Es kam zu Glasbruch und farblichen Fassadenverschönerungen. Beim Marriothotel verbrannte ein Carport mit mehreren elektrischen Golfkarren. Erst 4 Tage nach den Aktionen stellte die Lübecker Polizei fest, dass es gegen das Mövenpickhotel offensichtlich 2 Aktionen am selben Tag gegeben hatte. Eine am frühen Abend und eine in der folgenden Nacht.
Zu den Aktionen in Hamburg bekannte sich die Arbeitsgruppe für einen Kolbenfresser im Motor der wachsenden Stadt. Zu einer Aktion in Lübeck gab es eine kurze Erklärung, die am Hotel gefunden wurde.
Nicht einmal zwei Wochen nach diesen Aktionen kam es in Hamburg zu der größten Durchsuchungswelle seit fast 10 Jahren. Bei 11 Hausdurchsuchungen wurden 7 Beschuldigte festgenommen, ed –behandelt und zur Abgabe von DNA-Material gezwungen. Eine weitere Person wurde vom Staatsschutz nicht zu Hause angetroffen. Diesen 8, später 9 Beschuldigten wurde die Bildung einer Kriminellen Vereinigung und die Durchführung aller in Frage stehenden Aktionen vorgeworfen.
Der Hintergrund für diesen Schnellschuss des Hanburger Staatsschutzes dürfte praktisch die Festnahme von zwei GenossInnen in der Nähe des Mövenpick Hotels kurz nach der ersten Aktion in Lübeck gewesen sein. Nach einem Aktenvermerk hatten die beiden vorher an einem vom Verfassungsschutz observierten Treffen teilgenommen. Nachdem die übrigen TeilnehmerInnen dieses Treffens identifiziert worden waren, wurden kurzum alle zur kriminellen Vereinigung erklärt.
Der politische Hintergrund dürfte allerdings in erster Linie für die Massivität des Angriffs auf linke Strukturen in Hamburg verantwortlich sein. Anfangs lag das Interesse der Innenbehörde und des Repressionsapparates darin, den gesamten Widerstand gegen den Umbau des Wasserturms in ein Luxushotel totzuschweigen. Die Innenbehörde versuchte vergeblich der Hamburger Presse einen Maulkorb in diesem Zusammenhang zu verpassen. Nach einer Häufung von militanten Aktionen kam der Staatsschutz zusehends unter Druck, zu Mal die Verfolgungsbehörden schon in den Jahren zuvor keine Ermittlungsergebnisse wegen anderer Aktionen präsentieren konnten.
Nach über 1 ½ Jahren nun haben alle umfangreichen Ermittlungen, Spurenauswertungen und Observationen zu nichts geführt, was auch nur ansatzweise das Konstrukt des Staatsschutzes hätte belegen können. Schon wenige Tage nach den Durchsuchungen hatten die AnwältInnen in einer Presseerklärung geschrieben:...handelt es sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht um ein Konstrukt des Hamburger Staatsschutzes. Völlig unterschiedliche Aktionen verschiedener Gruppen werden wider besseren Wissens willkürlich zusammengefasst und allen Beschuldigten insgesamt zugeschrieben.
Dabei handelt es sich in Wirklichkeit um voneinander völlig unabhängige Aktionen in Hamburg und Lübeck.
Dies ergibt sich schon daraus, dass es zwei verschiedene Anschlagserklärungen gibt…
Genau diese Argumentation nimmt die Staatsanwaltschaft in der Einstellungserklärung auf und benutzt sie, um jetzt das Verfahren möglichst ohne Aufsehen einstellen zu können.
Im Zusammenhang mit den Aktionen der Arbeitsgruppe Kolbenfresser in Hamburg hat der Staatsschutz nichts in der Hand, jedenfalls nichts, was schriftlich festgehalten worden ist.
Wegen einer Aktion am Lübecker Mövenpickhotel, die nachts stattgefunden hat, haben sie offensichtlich genauso wenig ermittelt.
Die Konsequenz, die die Nacht vom 3. auf den 4. März 2005 nun haben wird, ist ein Verfahren gegen die beiden GenossInnen, die in der Nähe des Mövenpick Hotels festgenommen worden waren.
…und ein Verfahren wegen Glasbruch am Mövenpickhotel
Zwei Beschuldigten, die in der Nähe des Lübecker Mövenpickhotels festgenommen worden waren, ist im November die Anklageschrift zugestellt worden. Beschuldigt werden sie der „gemeinschaftlichen versuchten Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und versuchten gemeinschaftlichen Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Nötigung“ Vermutlich wird der Prozess in den nächsten Wochen vor dem Amtsgericht St. Georg eröffnet werden.
Kurz nach der Aktion in Lübeck waren zwei Personen von einem Hotelangestellten auf der Straße festgehalten worden. Nach einem kurzen Gerangel konnten sie den Mann loswerden. Deutlich später wurden die beiden jetzt Angeklagten in einer Kneipe festgenommen und angeblich als die beiden vorher Verfolgten identifiziert.
Nach jahrelangen Ermittlungen des Staatsschutzes kommt es also jetzt zu einem Verfahren, dass im Wesentlichen auf der Aussage eines Hotelangestellten beruht. Nach der Niederlage des Repressionsapparates im Hinblick auf mehrere militante Aktionen ist dieser Prozess das einzige Ergebnis, dass Polizei und Justiz erreichen konnten. Gerade weil die beiden die einzigen sind, die jetzt noch beschuldigt sind, steht zu befürchten, dass die Staatsanwaltschaft ein großes Interesse an einer Verurteilung hat, um ihre Niederlage nicht ganz so extrem erscheinen zu lassen.
Die Repression wird nicht nachlassen. Ganz im Gegenteil. Gerade im Hinblick auf die G8 Mobilisierungen sind die Ansagen von BKA, LKA und VS deutlich genug. Mit jeder militanten Aktion, wie zu letzt dem flambierten Auto von Mirow, wächst der Druck auf den Apparat. Unser Ziel muss bleiben, sich weiter zu organisieren, um weiter politisch und praktisch intervenieren zu können und den Druck zu verstärken.
Den Betroffenen von Repression und gerade den vier GenossInnen, die auf ihre Prozesse wegen Widerstand gegen das Hotel im Wasserturm warten, muss unsere praktische Solidarität gelten. Achtet auf Terminankündigungen und kommt zu den Prozessen.
Hamburg, Januar 2007
Antirepressionsgruppe
-------------------------------------------------------------------------
Anklagekonstrukt wegen Wasserturmwiderstand
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen zwei GenossInnen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen den Hotelneubau im Wasserturm ist jetzt Anklage erhoben worden. Mit der Eröffnung eines Prozesses ist demnach bald zu rechnen.
Ausgangspunkt des anstehenden Verfahrens war die vorläufige Festnahme J.’s am 25.11.2005 mit anschließender Hausdurchsuchung und Beschlagnahme mehrerer Computer. Als Tatvorwurf wurde gemeinschaftliche Sachbeschädigung und schwere Nötigung genannt. Behauptet wird dabei eine Beteiligung von J. an Aktionen gegen Firmen, die am Bau des Luxushotels im Schanzenpark beteiligt sind, u.a. durch Veröffentlichung entsprechender Erklärungen zu den beiden Aktionen.
Zur Erinnerung: Am 28.10.2005 wurden auf Baufahrzeuge der Firma Engel in Hamburg– Eimsbüttel Widerstandsparolen angebracht und Reifen zerstochen. In der Nacht vom 24./25.11.2005 wurden Reifen des Zulieferers Lebbien untere dem Motto „Schade, dass Beton nicht brennt“ zerstochen. Die Firma liefert Beton für den Bau des Hotels im Wasserturm im Schanzenpark.
Nachdem es also am 25.11.2005 wegen der beiden Aktionen zu einer ersten Hausdurchsuchung gegen J. gekommen war, wurde am 31.05.2006 die Wohnung ein zweites Mal durchsucht. Diese zweite Durchsuchung richtete sich gegen die Mitbewohnerin C., die jetzt auch als Beschuldigte benannt wurde. Vorangegangen war dem zunächst eine monatelange umfängliche Observation verschiedener politischer Zusammenhänge durch den Staatsschutz. Gezielt observiert wurde das persönliche und politische Umfeld der beiden jetzt Angeklagten.
Diese Observationen wurden mit großem personellen und logistischen Aufwand durchgeführt. Teilweise waren mehrere Observationsteams parallel unterwegs und haben mehrere Personen an verschiedenen Orten gleichzeitig observiert.
Die Anklageschrift wirft zunächst J. vor, zweimal Beihilfe zur Sachbeschädigung geleistet zu haben, indem er weiteren unbekannten Tätern zugesagt hat, die Bekennungen zu den beiden Aktionen bei Engel und Lebbien zu verfassen und per e-mail zu veröffentlichen. Diesen Umstand der Veröffentlichung wertet die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Höhe des Sachschadens und der Drohung gegen andere Firmen zusätzlich als „besonders schweren Fall“ der Nötigung.
C. wird hingegen vorgeworfen, nur im Fall der Aktion gegen Lebbien Beihilfe zur Sachbeschädigung in Tateineinheit mit einem Fall der besonders schweren Nötigung begangen zu haben. Sie soll unmittelbar mit J. und einer weiteren unbekannten Person an der Erstellung des Bekennungsschreibens zu Lebbien beteiligt gewesen sein.
Durch die Observations- und Überwachungsmaßnahmen will die Staatsanwaltschaft nachweisen, dass J. in beiden Fällen die Bekennungsschreiben per e-mail aus öffentlichen Internet-Cafés versandt hat. Darüber hinaus will die Anklagebehörde über bei der Durchsuchung beschlagnahmtes handschriftliches Material im Falle der Aktion gegen Lebbien auch eine AutorInnenschaft von J. und C. beweisen. Konkret geht es um einen handschriftlichen Zettel, der weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit dem Text der Bekennungs-e-mail aufweist. Mehrere Schriftgutachten einer polizeiinternen LKA-Gutachterin sollen die behauptete AutorInnenschaft von J. und C. belegen.
Die zweite Hausdurchsuchung diente vor allem der Beibringung von vermeintlichem Vergleichsschriftmaterial von C. zur Untermauerung der angeblichen Beteiligung von C. am zweiten Bekennungsschreiben.
Obwohl J. und C. trotz der umfänglichen monatelangen Observation und Ermittlungen keinerlei Kontakt zu den bis heute unbekannt gebliebenen Beteiligten an der Aktion gegen Engel und Lebbien nachgewiesen werden kann, konstruiert die Staatsanwaltschaft eine gemeinsam abgestimmte Vorgehensweise zwischen J, C. und den unbekannten Beteiligten. J. wurde sogar in der Zeit der Aktion gegen Lebbien umfänglich und gezielt observiert, ohne dass in dieser Hinsicht irgendwelche Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Das von der Staatsanwaltschaft behauptete gemeinschaftliche Vorgehen ist und bleibt nichts weiter als reine Spekulation.
Der Vorwurf der „schweren Nötigung“ ist der Versuch der Staatsanwaltschaft zum einen das Strafmass in die Höhe zu treiben, aber vermutlich auch diesen Straftatsbestand als Mittel umzuschreiben, um grade solche Aktionen und vor allem das Versenden von Erklärungen härter bestrafen zu können. Die Regelbeispiele im Strafgesetzbuch, bei denen von einer schweren Nötigung gesprochen wird sind da eindeutig, nämlich „Nötigung zum Schwangerschaftsabbruch, Nötigung zu einer sexuellen Handlung und Nötigung unter Missbrauch der Befugnisse oder der Stellung als Amtsträger“. Selbst vor diesem rein rechtlichen Hintergrund entlarvt sich die Anklage auf jeder Ebene als willkürliches Konstrukt.
Nach unserer derzeitigen politischen Einschätzung geht es bei dem Angriff des Staatsschutzes zum einen um die Kriminalisierung und Einschüchterung des Widerstands gegen das Hotelprojekts im Schanzenpark. Dabei wurde in dem Verfahren gegen J. und C. seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft sogar zwischenzeitlich überlegt, eine Verbindung zu dem mittlerweile eingestellten § 129-Verfahren wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wegen militanter Aktionen im März 2005 gegen mehrere Luxushotels in Hamburg und Lübeck und das Bezirksamt Eimsbüttel herzustellen.
Doch auch so richtet sich der anstehende Prozess nicht nur gegen J. und C.. Vielmehr ist er ein Angriff auf den Wasserturmwiderstand insgesamt, zumal ursprünglich das Repressionsinteresse dem gesamten öffentlich auftretenden Zusammenhang des „Freien Netzwerks zum Erhalt des Sternschanzenparks“ und seinem politischen Umfeld galt.
Weiterhin geht es bei dem Staatsschutzangriff natürlich auch immer um die Ausforschung der linken Szene und ihrer Strukturen insgesamt. Im Frühjahr 2006 musste der oberste Hamburger Verfassungsschützer Heino Vahldick öffentlich eingestehen, dass es in Hamburg schon seit längerer Zeit so viele militante Aktionen wie sonst in keiner anderen deutschen Stadt außer Berlin gibt. Nach den Enteignungsaktionen im Frischeparadies Goedecken und dem abgebrannten Auto des Chefs des Weltwirtschaftsinstitutes stiegen im Mai 2006 die gesamte Hamburger Presse wie auch überregionale Medien in dieses Thema ein. In der Presse wurden sämtliche größere und kleinere militante Aktionen der letzten Jahre aufgelistet. Kritisiert wurden Verfassungsschutz und polizeilicher Staatsschutz, weil all diese Aktionen nicht aufgeklärt wurden und kein einziger Täter präsentiert werden konnte. Dementsprechend groß ist der Erfolgsdruck für den Hamburger Staatsschutz in der Öffentlichkeit. Von daher hat der Repressionsapparat zur Zeit ein ganz wesentliches Interesse, großangelegte Ermittlungsverfahren gegen linke Projekte und Strukturen am laufen zu halten. Das jeweilige konkrete Verfahren und der konkrete Tatvorwurf sind relativ egal. Die Taktik scheint zu sein, bei jeder sich bietenden Gelegenheit größere Repressionswellen zu starten, um bei Durchsuchungen nach dem Motto „Irgendwas wird sich schon finden...“ Zufallstreffer zu landen. Entsprechende Observationen und ausgedehnte Telefon- und E-Mail-Überwachung sollen Erkenntnisse über Kontakte und Querverbindungen von Personen und politischen Strukturen liefern, die ihrerseits dann wieder in neue Kriminalisierungsversuche münden. Dieses Ausspionieren von linken Strukturen muss natürlich auch im aktuellen Kontext der anlaufenden Mobilisierung zum G-8 in Hamburg gesehen werden.
Das jetzt anstehende Verfahren gegen J. und C. ist in diesem Zusammenhang ein Angriff auf linke emanzipatorische Politik und der Versuch des Repressionsapparates endlich ein Verfahren wegen militanter Aktionen zu führen. Alle noch so umfangreichen Ermittlungen, Überwachungs- und Observationsmaßnahmen haben letztlich nur zu einem fragwürdigen Konstrukt gegen J. und C. geführt. Die Anklageerhebung mit diesem Konstrukt unterstreicht das Verfolgungsinteresse und gleichzeitig auch den öffentlichen und politischen Druck, unter dem der Repressionsapparat steht, endlich Ergebnisse in Form von Prozessen und Verurteilungen zu präsentieren.
Hamburg, Januar 2007
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Empfänger www.schanzenturm.de
Konto-Nr. 964 049 201
BLZ 200 100 20
Postbank Hamburg
Empfänger Rote Hilfe Hamburg
Konto-Nr. 846 102 03
BLZ 200 100 20
Postbank Hamburg
Stichwort "Wasserturm"
Infos unter: http://www.schanzenturm.de/
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)
Ergänzungen
Kundgebung 10. Januar
@Barbara
Flyer zur Kundgebung
Was ist
Ansonsten schöne Grüße (auch an die Leute die anscheinend sehr viel Energie in Aktionen stecken).
eine Baustelle ist zwar noch kein Hotel
es gab andere nutzungskonzepte
http://www.schanzenturm.de/
dna-löschung beantragen
Solidarität
Demo: "Für euch soll`s rote Rosen regnen! - Solidarität mit dem Ungdomshuset"
13h Gänsemarkt.
Viva!
Ein trügerisches Bild zeugt die Schanze
Stay Rude!
P.S. Gibt es eigentlich die ZECK noch ???
Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen
Wasser brennt anders — Barbara
H2O-Turm, Synedoch einer Niederlage — Fritz Bauch
Nun aber schnell! — bliblubb
@wasser brennt anders — hää???