Berlin: Antifaschist bleibt in U-Haft

(maximal 45 Zeichen) 04.01.2007 17:08 Themen: Antifa
Der 21 Jährige wurde am 12. Dezember 2006 vom Landeskriminalamt (Abteilung 81 – Staatsschutz) verhaftet, weil er angeblich bei einer Auseinandersetzung mit den zwei Neonazi-Kadern Stefanie Piehl (NPD-JN) und Sebastian Zehlecke (KS-Tor) am 30. November in Lichtenberg beteiligt gewesen sein soll. Obwohl die beiden nur leicht verletzt wurden (Platzwunde und ein gebrochener Finger) und es keine weiteren Beweise gegen ihn gibt, wurde noch am Tag seiner Festnahme Untersuchungshaft wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr angeordnet. Gestern entschied der zuständige Haftrichter Ziegler am Amtsgericht Berlin, dass der Antifaschist wegen versuchtem Totschlag bis zum nächsten Haftprüfungstermin in zwei Monaten in der JVA-Moabit in Untersuchungshaft bleiben muss.
Offensichtlich soll an diesem Fall ein Exempel für die Zukunft statuiert werden. So auch der Wortlauf des Richters Ziegler: "Auch aus generalpräventiven Gründen ist solchen in Berlin mittlerweile üblichen, ohne jeden Anlaß begangenen Straftaten, mit unbedingten Freiheitsstrafen zu begegnen.". Auseinandersetzungen mit Neonazis werden per se als sinnlos deklariert, obgleich die rechte Hegemonie auf den Straßen Berlin-Lichtenbergs bundesweit für Schlagzeilen sorgt.

Über den juristischen Kunstgriff des "versuchten Totschlags" wird in diesem Fall nicht nur der Ermittlungs- und Verurteilungsdruck ins Unermessliche gesteigert, auch die Anforderungen an die Beweislast und an die Untersuchungshaftkriterien wie z.B. Fluchtgefahr sinken erheblich. So ist jeder noch so krasse Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten gerechtfertigt. Auf der anderen Seite stehen nämlich nur die Aussagen zweier Neonazis und einige aufgefundene Selbstschutzgeräte in der Wohnung des Antifaschisten.

Der anklagende Oberstaatsanwalt Jörg Raupach ist kein Unbekannter. Er ist Chef der Abteilung 11 der Staatsanwaltschaft Berlin und für politische motivierte Straftaten zuständig. Er wettert seit Mitte der 90iger Jahre als Vorsitzender des Verbandes Berliner Staatsanwälte beispielsweise gegen die Duldung von Drogenkonsum und für härtere Strafen bei migrantischen NormübertrerInnen. Raupach war auch Leiter der tendenziösen Zentralstelle zur Aufarbeitung des SED-Unrechts und klagte fleißig Mauerschützen an. 2006 machte er sich als sog. "Stadionstaatsanwalt" einen Namen beim Weghaften von Fußballfans. Zuletzt ist er im November 2006 aufgefallen, als er anfing das "Good-Night-White-Pride" Symbol in Berlin wg. "Aufruf zu Straftaten" zu verfolgen und regelmäßig Demos wegen dem Symbol zusammenzuknüppeln. Durch und durch ein politischer Aktivist seit Jahrzehnten. In ihm hat das Berliner LKA den langersehnten Ankläger gegen Links gefunden.

Aber auch der Richter Ziegler ist seit Jahren bekannt für das Überstrapazieren von Gesetzen. Während er 2001 die Rasterfahndung aufgrund der Terrorgefahr gegen Studierende in Berlin juristisch genehmigte, entließ er die flüchtenden Aubis-Manager Klaus Wienhold und Christian Neuling wieder aus der U-Haft und machte so die Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität lächerlich. Im politischen Bereich unterschreibt er regelmäßig Hausdurchsuchungsbefehle wegen Kleinigkeiten und ist williger Helfer des LKAs bei unkonventionellen Ermittlungsmethoden.

In Konsequenz ist es Neonazis in Berlin jederzeit möglich ihnen bekannte Antifaschisten für lange Zeit in den Knast zu schicken. Das politisch motivierte Berliner LKA, die Staatsanwaltschaft und die willigen richterlichen Helfer, sorgen für die entsprechende Legitimation.

Spendenkonto: Rote Hilfe Berlin / Kontonummer: 7189590600 / Bankleitzahl: 10020000 / Stichwort: 12.12.2006

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Ergänzungen

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"versuchter Totschlag" — Ergänzerin

@ "indy" — egal

Emanzipation — sollte hier