Goldminen im Regenwald genehmigt

Jukss 2006 01.01.2007 20:32 Themen: Globalisierung Weltweit Ökologie
Französische Regierung missachtet Menschenrechte!
Goldminen und Touristenparks zerstören indigenen Lebensraum in Französisch-Guyana!
Über die letzten Urwälder und Stammesvölker der EU, einen goldglänzenden Nationalpark und warum dies aktuell so brisant ist...
Das Land ist so groß wie Portugal, doch seine Einwohnerzahl entspricht gerade einmal der von Freiburg und seine Fläche ist zu 97 % bewaldet mit den größten tropischen Regenwäldern der EU, einem der letzten unberührten Lebensräume für indigene Kulturen.
Kulturen, die an den Flüssen tief im Dschungel ein nomadisches Leben führen, sich nur aus der Natur nehmen, was sie zum Leben brauchen und dann weiterziehen, um die Regeneration der Wälder zu ermöglichen. Kulturen, die kein Metall kennen, mit Steinäxten und Tontöpfen arbeiten.

Ein goldener Filz

Doch auch dieses Paradies ist bedroht. Denn in dem Land gibt es Gold. Und der Goldabbau bringt Umweltzerstörung durch zivilisatorische Infrastruktur, Vergiftung mit Quecksilber und Kriminalität. 90% der Goldminen sind illegal, denn illegale Goldminen zahlen keine Steuern, sind niemandem Rechenschaft schuldig, müssen keinerlei Umweltauflagen und Sozialstandards einhalten und zahlen in manchen Fällen noch nicht einmal ihre MitarbeiterInnen. Denn häufig werden ArbeiterInnen nach getaner Arbeit umgebracht anstatt bezahlt. Der Nachschub an neuen Minenarbeitern aus Brasilien reißt nicht ab und gleicht laut dem Anthropologen und Menschenrechtler Thierry Sallantin einem „Fass, in das dauerhaft Wasser läuft und so immer bis zum Überlauf voll ist, egal, wie viel Wasser es verliert.“ Der Unterschied zwischen legalen und illegalen Goldminen ist hauchdünn, die legalen Goldminen schaffen die Infrastruktur, die illegalen arbeiten den legalen zu.

Doch nicht selten arbeiten die Goldgräber und die Beamten in diesem abgelegenen Gebiet zusammen, die Grenze zwischen Korruption und Lobbyarbeit ist fließend. Schließlich zählen die Goldminen neben dem europäischen Weltraumzentrum zu den wichtigsten wirtschaftlichen Standbeinen in diesem tropischen Teil Frankreichs.
So hat die französische Regierung schon in den 1970er Jahren in Paris einen universitären Studiengang eingerichtet zu Minen-Geologie, in erster Linie eine Wissenschaft zur Ausbeutung unterirdischer Ressourcen.

Immer wieder werden Indigene von Goldgräbern umgebracht. Zudem benutzen die Goldgräber giftiges Quecksilber, um Gold aus den Erzen zu extrahieren. Quecksilber kann schon in kleinen Mengen Flüsse vergiften; vor allem in größeren, räuberischen Fischen sammeln sich die Schwermetalle nach dem Prinzip der „Schadstoffakkumulation“. Da die Fische oft von Indigenen gefangen und gegessen werden, leiden viele von ihnen bereits unter Schädigungen wie Krankheiten und es häufen sich Missbildungen bei Neugeborenen. Im Vorgang der Goldgewinnung verdampft Quecksilber und kann selbst Gebiete flussaufwärts und fernab der Goldminen noch kontaminieren. Dies betrifft vorallem den Westen des Landes, da die Passatwinde von Ost nach West wehen.

Zu der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, von Frankreich aus finanziell und wissenschaftlich unterstützt, kommt eine sehr naturfeindliche Einstellung der Eliten Französisch-Guyanas, die wie 90 % der Bevölkerung an der Küste leben und keinen Bezug zu den Wäldern haben (wollen). Natur wird - so wie es in Europa früher ebenfalls verbreitet – als wild, primitiv, chaotisch angesehen und ihr Nutzen in erster Linie als Ressourcenlager und maximal als Touristengebiet – was ein Straßennetz westlichen Vorbilds legitimiert.

Was steckt wirklich hinter den Nationalpark-Plänen

Nichts desto trotz gab es in den letzten 20 Jahren auch einige positive Entwicklungen: zum Beispiel haben die Umweltbewegungen ein Bewusstsein für intakte Natur geschaffen, welches sogar bis in die Regierungsebenen vordringen konnte und 1992 in Rio de Janeiro „gipfelte“, wo 172 Ländervertretungen vorgeblich die Rettung von Umwelt und Klima und Tropenwäldern auf ihrer „nachhaltigen“ „Agenda21“ verhandelten. Dort übte die französische Regierung massive Kritik an Brasilien, das zu dieser Zeit massive Abholzungen zulies und so gut wie keine Nationalparks oder Schutzgebiete für den Regenwald hatte. Allerdings war die französische Regierung in der misslichen Lage, auch selbst keinen einzigen Nationalpark in ihrem zu beinahe 97 % mit Regenwald bedeckten Departement an der Nordostküste Südamerikas zu besitzen – außer ein zwei Hektar großer Felsen im Meer für Küstenvögel.
In dieser Lage versprach die französische Regierung die Errichtung eines Nationalparks in Französisch-Guyana, der allerdings beim Rio+10-Gipfel 2002 in Johannesburg noch immer nicht eingerichtet war. Besorgt um ihr Image gerät die französische Regierung seitdem nun immer mehr unter Zugzwang und Chirac, der gerne das öffentliche Bild vom Indigenen-Freund bei der Bevölkerung erwecken möchte, will noch vor den Wahlen im April den prestigeträchtigen Nationalpark eröffnen.

Allerdings ist die Interessenslage in keiner Weise „regenwaldfreundlich“ und „indianerfreundlich“, die französische Regierung hat vor allem das Interesse an einem guten Image auf internationalem Parkett und natürlich bei den Wählern. Die Regionalregierung von Französisch-Guyana möchte so viel „Entwicklung“ und so wenig Schutzgebiete wie möglich.

Daraus entwickelte sich ein Plan für den Nationalpark, der die Lage für die Indigenen nur wenig verbessern und teilweise sogar verschlimmern könnte. Bisher ist das südliche, landesinnere Drittel von Französisch-Guyana ein geschütztes Gebiet für die Indigenen, das nur mit amtlicher Erlaubnis betreten werden darf und weder zum Tourismus, noch zum Goldschürfen zugänglich ist. Allerdings werden dort immer wieder illegale Goldminen entdeckt.
Das Gebiet des geplanten Nationalparks dehnt sich zwar deutlich über die Grenze des bisherigen Reservats aus, teilt sich allerdings in eine Kernzone und Gebiete, in denen Goldschürfen erlaubt ist. Diese liegen im Siedlungsgebiet der Wayana und bewirken dort eine noch stärkere Bedrohung für die Indigenen, da bisher noch kein Goldabbau erlaubt war.
Die Lobby der Goldschürfer hat es geschafft, dass das französische Gesetz zum Status von Schutzgebieten in diesem Jahr geändert wurde: Bisher waren in Nationalparks jeglicher Abbau an erneuerbaren oder fossilen Ressourcen unzulässig, das neue Gesetz genehmigt die Möglichkeit eines sogenannte „nachhaltigen“ Ressourcenabbaus. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass jeglicher Goldabbau die natürliche Lebensweise der Indigenen bedroht. Selbst wenn ökologische Belastungen und die mörderische Brutalität der Goldschürfer abnehmen, wird die Infrastruktur der „westlichen Zivilisation“ ein ursprüngliches Leben mehr und mehr unmöglich machen und die Quecksilberbelastung noch weiter zunehmen.
Welche Gefahren für die Indigenen existieren, zeigt das Beispiel der Akulio-Indigenen, die noch bis 1969 „unentdeckt“ im äußersten Südwesten des Landes umherzogen, dann allerdings kurz nach ihrer „Entdeckung“ von Missionaren des in Dallas / USA ansässigen „Summer Institutes of Linguistics“ in ein Missionswerk im Nachbarland Surinam verschleppt wurden und dort an Krankheiten gestorben oder wegen der vollkommen entwurzelten Situation in den Selbstmord getrieben wurden und seit Mitte der 1980er Jahre ausgestorben sind.
Und nicht zuletzt soll der Nationalpark für Tourismus zugänglich sein. Dazu soll das bisher nur per Boot oder Kleinflugzeug zugängliche Landesinnere mit Straßen erschlossen werden, was in allen Regenwaldgebieten der Welt bisher immer einherging mit der massiven Ausbreitung von Abholzung und Ressourcenplünderung. Zudem könnten die Indigenen in die Rolle von Schauobjekten geraten und von geschäftstüchtigen Touristenführern als „exotische Sensation“ vorgeführt werden.

Die negativen Folgen werden bei dieser Art von Nationalpark irreversibel sein und die entscheidenden Schritte werden wohl Anfang Januar 2007 eingeleitet – getarnt als wohltätige und Wählerstimmen bringende Nationalpark-Gründung. Ein mit der Goldförderer-Lobby ausgehandelter Nationalpark, indem nur dort das Goldschürfen verboten ist, wo auch keine Goldvorkommen lokalisiert sind.
In diesen Tagen laufen die Verhandlungen, die vielleicht noch einigen Regionen mit indigenen Siedlungen im Austausch zu anderen Gebieten den stärkeren Schutzstatus ermöglichen könnten.
Da ihr eigenes Image für die französische Regierung offenbar die wichtigste Motivation ist, ist es wichtig, dass sie auch international Druck bekommt. Denn internationaler Druck schmeckt ihr besonders bitter, versucht die Regierung schließlich, das Image „regenwaldfreundlich“ und “indigenenfreundlich“ hochzuhalten und die wirklichen Interessensgeflechte, die korrupten Verhältnisse und die Verbrechen gegen Menschen und Umwelt in Französisch-Guyana zu vertuschen.
Vor allem Druck aus Deutschland könnte besonders sensibel wirken, da Deutschland in der EU die meisten Beiträge bezahlt und Französisch-Guyana nur 57,6 % des vergleichbaren BIP zur Rest-EU hat (2003, EU-25 als Index) und deswegen von der EU mit Geldern zur „Entwicklungshilfe“ versorgt wird.

Deshalb ist es wichtig, jetzt zu handeln: Auf die Straße gehen, Protestkarten an die Regierung schicken, die französischen Medien einzuladen und mit viel Kreativität die Rettung eines Lebensraums und einer Lebensweise zu unterstützen, von der unsere zerstörerische Zivilisation durchaus einiges lernen könnte.

AM 2. JANUAR UM 14 UHR FINDET VOR DER FRANZÖSISCHEN BOTSCHAFT IN BERLIN EINE KUNDGEBUNG STATT!! BITTE KOMMT ZAHLREICH UND UNTERSTÜTZT DIESES AKTUELL WICHTIGE THEMA!!
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

wo

ist 02.01.2007 - 00:31
wo ist die französische Botschaft?

Position der frz. Botschaft

b. 02.01.2007 - 03:48
Die Botschaft ist direkt vorm Brandenburger Tor am Pariser Platz (in Berlin). Z. B. über S-Bahn Unter den Linden zu erreichen.