Lindau: Gießerei nicht schon wieder besetzt

Eindringling 24.12.2006 17:05 Themen: Freiräume Kultur Repression Soziale Kämpfe
Die gestrige Demo für die Öffnung der leerstehenden Eisengießerei in Lindau brachte leider noch nicht den ersehnten Durchbruch für das ersehnte antifaschistische Kulturzentrum, aber wenigstens etwas Öffentlichkeit.
Insgesamt 16 Leute und ein vier Meter hoher Weihnachtsbaum beteiligten sich am 23. Dezember 2006 an der Demonstration der Liberins. Die Gruppe traf sich nachmittags vor den Toren der Axima. Diesem Konzern, der zur Suez-Gruppe gehört, gehört die seit über 30 Jahren leerstehende Fabrik am Motzacher Tobelbach. Er möchte das Gelände gerne loswerden und als Grundstück für mehrere Luxusvillen verkaufen, was aber noch nicht ganz durch den Stadtrat ist und angesichts ungünstiger Lage, überzogener Preisvorstellungen und unbekannter Altlasten wahrscheinlich noch lange nicht realisiert wird. Darum forderten die Liberins, Axima solle ihnen das Hausrecht bis zum Baubeginn übertragen. Die Antwort war kurz und knapp: Das macht sie nicht, sie schickt auch keine Verantwortlichen zu Verhandlungen, und wer dort oben eindringt, bekommt eine Anzeige.
Die Gießerei war bereits vor einem Jahr besetzt worden, und in der Nacht zum 1. Mai feierten die Liberins dort eine Party mit 50 Gästen, hauptsächlich Punks, was beides jeweils mit einer polizeilichen Räumung endete. Beim ersten Mal gab es nur Hausverbote, beim zweiten Mal Anzeigen, von denen jedoch die meisten (siehe  http://de.indymedia.org/2006/12/163647.shtml) bereits eingestellt wurden. Mit Spannung wird noch das Verfahren gegen Djabba Liberin erwartet, der als Ordensältester die Verantwortung für die Maiparty übernommen hat.
Die Demo zog von der Axima zunächst zum ehemaligen Club Vaudeville, der als Veranstaltungsort mit seiner Schließung in Lindau eine Lücke hinterlassen hat. Der Club hat zwar längst neue Räume, die sind aber größer und viel teurer als der alte Club, so daß dort unkommerzielle Konzerte mit DIY-Bands kaum noch durchführbar sind. Konzerte unter 12 Euro gibt es dort fast gar nicht mehr, weil sonst die Mietkosten nicht zu bezahlen wären.
Bei dieser Zwischenkundgebung wurde beschlossen, die eigentlich geplante Belagerung der Gießerei mangels TeilnehmerInnen abzublasen. Stattdessen zogen nur noch wenige Leute zur Gießerei, um dort den Weihnachtsbaum aufzustellen und eine kurze Abschlußkundgebung zu halten. Von den AnwohnerInnen gab es dort aber großen Zuspruch für das Anliegen und die Aktion, und das Transparent mit der schlichten Ansage: "Scheißkapitalismus!" brachte ihre Stimmung ziemlich auf den Punkt. Sie berichteten, wie der alte Hausmeister, der in einem Anbau der Gießerei gewohnt hatte, von dem Konzern vertrieben worden war, wie seine beiden Hängebauchschweine geschlachtet werden mußten und daß der Komplex mittlerweile völlig leersteht. Ein Kulturzentrum sei ihnen auf jeden Fall lieber als eine Bonzensiedlung oder auch eine leere Halle, und durch die Maiparty hätten sie sich auch nicht gestört gefühlt, sondern da hätte sie erst das Polizeiaufgebot aus dem Schlaf geschreckt, das dann die Räumung durchführte.
Auch wenn die Liberins ihr Hauptziel nicht erreicht haben, in der Werkshalle ihren Baum aufzustellen (der steht jetzt draußen vor dem Tor) und dort Weihnachten zu feiern, so haben sie immerhin eines ihrer Nebenziele erreicht, nämlich die Mächtigen in Angst und Schrecken zu versetzen. Der sichtlich nervöse Axima-Konzern hat den ganzen Komplex, den er eigentlich eh nur abreißen will, mit Überwachungskameras und Alarmanlagen bestückt und gestern nachmittag kurz vor der Demo extra noch die Zugänge verrammelt. Ihr dürft also auf den nächsten Streich des unbeugsamen kleinen Ordens gespannt sein – und natürlich auf Djabbas Prozeß...

Frühere Berichte zum Thema:
Besetzung an Weihnachten 2005:
 http://de.indymedia.org/2006/01/136048.shtml und  http://de.indymedia.org/2005/12/135758.shtml

Maiparty:
 http://de.indymedia.org/2006/05/145770.shtml

symbolische Wiederbesetzung durch Pflanzen:
 http://de.indymedia.org/2006/05/146762.shtml

P.S.: Und falls Ihr zufällig kurzfristig noch einen hübschen Vier-Meter-Weihnachtsbaum braucht, könnt Ihr ihn Euch gern abholen! Wegbeschreibung: Von Lindau aus Motzacher Straße bis Motzach, dort die erste rechts Richtung Streitelsfingen. Das Gebäude hinter der Brücke auf der rechten Seite ist die Gießerei, der Baum steht am Tor.
Public Domain Dedication Dieses Werk ist gemeinfrei im Sinne der Public Domain
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen