Verfassungsschutz unternimmt Anwerbeversuch

Dagobert Duck 17.12.2006 19:17 Themen: Antifa Repression
Verfassungsschutz unternimmt Anwerbeversuch in Frankfurt (Oder) (Brandenburg)

> Antonome Antifa Frankfurt (Oder) und Dissent-Netzwerk im Visier der Behörde
> gleicher VS-Beamte unternahm auch in Bernau (Brandenburg) Anwerbeversuch
> detaillierte Dokumentation der Ereignisse unter soligruppe-frankfurt.de
Seit Sommer 2006 versuchten Agenten des Verfassungsschutzes eine Person aus der linken Szene der Stadt Frankfurt (Oder) für Informantendienste anzuwerben. Der junge Aktivist wurde am 23.06.2006, einem Freitagnachmittag, auf offener Straße in der Nähe seines Arbeitsplatzes von einem sich als Journalisten ausgebenden und unter dem Namen „Björn Kloppstock“ auftretenden Mann (siehe Bild) angesprochen. Im Verlauf von sechs Monaten kam es zu drei Treffen mit dem VS'ler. Es stellte sich heraus, daß der Aktivist nach dem Willen der Beamten in unterschiedlichen Bereichen tätig werden sollte. Informationen sollten nicht nur über die Autonome Antifa Frankfurt (Oder) und die Verbindungen dieser in andere Städte gesammelt werden. Auch das die G8-Gipfelproteste vorbereitende Dissent-Netzwerk sollte ausspioniert werden. Dazu sollte die Person an Plena und Vorbereitungstreffen der Gruppen teilnehmen und in Mailverteiler gelangen, um die Passwörter dann an den VS weiterzugeben. Sein Einsatz sollte sich nicht auf die Region Brandenburg beschränken. Die Teilnahme an Veranstaltungen in anderen Bundesländern war ausdrücklich vorgesehen. Als Gegenleistung winkten bis zu 500 Euro monatlich. Der Kontakt wurde am 13.12.2006 abgebrochen. An diesem Tag sollte ein viertes Treffen stattfinden, bei dem der Aktivist erste konkrete Informationen über die Autonome Antifa Frankfurt (Oder) liefern sollte.

Bereits am 22. September wurde in Bernau bei Berlin ein junger Antifaschist von dem selben VS-Beamten angesprochen. Auch hier sprach Kloppstock den Aktivisten mit seinem vollen Namen an und gab vor aus Berlin zu sein und sich gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Er stellte sich jedoch mit dem Namen „Jörn“, und nicht wie in Frankfurt (Oder) als „Björn“, vor. Wahrscheinlich aus Unachtsamkeit unterschrieb der Beamte zwei Mails an den Aktivisten aus Frankfurt (Oder) dann auch mit „Jörn“, anstatt sich wie üblich gegenüber ihm als „Björn“ auszugeben.

Der relativ lange Zeitraum von knapp sechs Monaten, über den der Kontakt zu den VS-Beamten bestand, mag zunächst verwundern, ist es doch empfohlen und ratsam, Anwerbeversuche sofort öffentlich zu machen und damit erfolglos zu beenden. Die Entscheidung, zunächst Interesse an einer Mitarbeit zu bekunden und dadurch einen längeren Kontakt einzugehen, wurde bewusst in Abstimmung mehrerer Personen getroffen und hat seine Ursache in den derzeitigen Repressionen gegen die radikale Linke in Frankfurt (Oder). Vom Tag der ersten Begegnung an bis zum Tag dieser Veröffentlichung war jedes zwischen der Person und dem VS gewechselte Wort transparent. Jedes Treffen wurde intensiv vor- und nachbereitet sowie dokumentiert.

Eine detaillierte chronologische Dokumentation des Anwerbeversuchs, die einen Einblick in die Arbeitsweise des VS bei Informantenanwerbungen gibt, ist unter www.soligruppe-frankfurt.de zu finden.
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Ergänzungen

Auch im Ruhrgebiet

dong 17.12.2006 - 19:46
Auch im Ruhrgebiet versuchten VSler AntifaschistInnen anzuwerben.
Bei einer ZeugInnenausage versuchte ein VSler einen Zeugen zu überreden "sich doch kooperativer zu verhalten"..."es könne nur besser" für ihn" "laufen, wenn Zusammenarbeit möglich wär"...

Es erfolgten Versuche vom VSler den Kontakt weiter auszubauen, bzw an Informationen, wie Handy No, Email Adressen und Namen/Adressen der Freunde zu kommen.

Schizophrene Linke

nur mal so 17.12.2006 - 23:15
Die Gesellschaft entwickelt sich immer mehr zu einem absolutistischen Polizeistaat. Die Innenstädte werden flächendeckend videoüberwacht, das Fernmeldegeheimnis ist dieses abgeschafft worden, biometrische Pässe mit RFID-Chips und Videokameras mit Gesichtserkennungssoftware sollen jeden Menschen ortbar machen, sog. "Mautbrücken" und Handy-Ortung werden zu Erstellung von Bewegungsprofilen eingesetzt, neue "Antiterror"gesetze gegen jeden, der die Gesellschaftsordnung kritisiert/ablehnt wurden jüngst geschaffen.... usw.usf.
Für die Linke ist diese Entwicklung kein Thema. In einigen Fällen wird diese Entwicklung sogar verteidigt. Bei so lächerlichen Vorfällen wie offene Observation oder "Anquatschversuche" von Antifakids kocht aber die Linke Seele über. Aber irgendwie fühlt man sich dabei auch gut. Schliesslich fühlt man sich wichtig. Soll man sich vielleicht wichtig fühlen?
Schizophrenie als Folge von Politik, die man fürs eigene Befinden macht?
Mehr kommt mir bei den immer gleich formulierten "Anquatschversuch"-Postings, mit denen sich eine gesellschaftlich irrelevante Splittergruppe bei Indymedia darstellen will (eicht es nicht, sowass in Szenepostillen wie der Interim zu posten) grad nicht in den Kopf. Ausser vielleicht: Haut denen Eine rein und gut is! Mich haben auch schon paar mal Bullen angelabert ohne daß ich gleich nen Flugi draus gemacht hab.

VS-Versuche in München

A-Berichte 17.12.2006 - 23:45
Am 10.11.2006 in München:

Zum zweiten Mal innerhalb von 4 Monaten wurde ein Anwerbeversuch eines linken Schülers durch den VS bekannt.

"Bitte sagen Sie jetzt nichts!"

München. Freimütig gab Herr Blenk vom Verfassungsschutz am 10. November Klaus S. (Name geändert) seine Visitenkarte mit Handynummer, als dieser kein Interesse an einem Gespräch mit dem VS zeigte. Klaus war gerade auf dem Weg zur Schule und der Verfassungsschützer wollte ihn gar mit einer Einladung zum Kaffee vom Unterricht abhalten, um an Informationen bzw. an einen Informanten heran zu kommen. Ganz offensichtlich war der VS durch Polizeiakten von einer Antifa-Demo in Dorfen auf Klaus S. aufmerksam geworden - die (streng genommen verbotene) Zusammenarbeit zwischen Polizei und VS funktioniert offenbar.



Nun ist Herr Blenk kein Unbekannter. Bereits Ende Juli war der "Geheimdienstler" vom Fahrrad (!) aus an eine linke Studentin herangetreten, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs war. Auch sie sollte als Informantin oder V-Frau gewonnen werden, Blenk bot ihr - vergeblich - einen "lukrativen Nebenjob" an.



Für die Münchner Rote Hilfe macht der jüngste Versuch "erneut deutlich, dass Überwachungs- und Verfolgungsbehörden linke soziale Bewegungen in aller erster Linie als Bedrohung wahrnehmen. Antirassistische und antifaschistische Aktivitäten werden nicht als notwendige Bestandteile einer demokratischen Gesellschaft gesehen, sondern als Störfaktoren eines autoritären Modells von 'Ruhe und Ordnung'."



Zwar scheint VSler Blenk mit seinen Anwerbeversuchen nicht eben erfolgreich zu sein (wobei natürlich keineswegs garantiert ist, dass alle derartigen Versuche scheitern und veröffentlicht werden), allerdings dienen solche Kontaktaufnahmen nicht zuletzt auch der Einschüchterung der Angesprochenen - nach dem Motto: "Wir haben ein Auge auf Dich!". Schon desshalb ruft die Rote Hilfe zur Veröffentlichung von Anwerbeversuchen sowie zur Stärkung solidarischer Strukturen auf.



Dazu Sarah Lehman, die Pressesprecherin der Roten Hilfe: "Wir protestieren in aller Deutlichkeit gegen diesen erneuten Versuch, linke und antifaschistische Bewegungen mit Geheimdienstmethoden zu bespitzeln und einzuschüchtern. Wir werden Fälle dieser Art auch in Zukunft immer wieder öffentlich machen. Geheimdienste haben in einer offenen demokratischen Gesellschaft nichts verloren und gehören abgeschafft."





Links:

www.rote-hilfe.de

Riesengroßes Lob an die Verantwortlichen..

Mr.Respekt 18.12.2006 - 02:55
..,den/die betroffene/n AktivistIn und die Leute die ihm/ihr zur Seite gestanden haben, ihr habt die nicht einfache Situation echt profimässig gemeistert. Die Doku, die dabei rausgekommen ist, verdeutlich sehr gut und detailreich, die Arbeitsweise des VS. Meiner Meinung nach der beste Bericht zur VS-Anquatschproblematik überhaupt. Richtig angefangen und zum richtigen Zeitpunkt aufgehört. Ich wünsche euch weiterhin viel Kraft und Erfolg, lasst euch nicht unterkriegen!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 5 Kommentare

ergänzung

rudi 17.12.2006 - 19:46
Spitzel kriegen grüne Ohren!

super

Hugo 17.12.2006 - 19:58
Super, klasse Dokumentation,
auch wenn da grundsätzlich wirklich Vorsicht geboten ist.
Wie schon gesagt, besser gleich Kontakt vermeiden.
Die Typen sind gut geschult und nie allein.

glaubt ihr eigentlich wirklich, ....

egal 18.12.2006 - 09:51
das ihr allen anwerbeversuchen widersteht?
allein vom gesetz der wahrscheinlichkeit sind eine menge spitzel schon längst installiert.
nebenbei gesagt, um euch von eurem selbstgefälligen hohen ross einmal herunterzubekommen, man/frau kann gezielt einen "dummen" versuch des anwerbens durchführen, um jemand anderes zu schützen (ablenkung).

das war natürlich nicht so bei euch, da bin ich mir ganz sicher, weil ihr ja so prffesionell seid...... ;-)

Hinweis - Schluss jetzt!

Szeneaktivist 18.12.2006 - 14:12
also...ich möchte nur noch einmal subtil darauf hinweisen, dass indymedia.org eine freie informationsplattform ist...dabei möchte ich nicht bestreiten, dass ab und zu auch totaler mist mit bei ist...aber diese recherche kann man schon loben!

indymedia dient zu informationszwecken!!
und nicht, wie hier, dass sich die verschiedenen antifagruppen selbst zerreissen! SOLIDARITÄT! wenn ihr sowas nicht mehr kennt, dann seit ihr wohl falsch in der linken! also hört auf euch gegenseitig anzukeifen, nur weil ihr vlt neidisch oder es einfach nicht euer einsatzbereich ist! aber es ist schon wichtig, dass auch solche versuche wie diese vom VS näher untersucht werden und dokumentiert!
wie proffessionell jemand dabei vorgeht ist eine andere sache! nicht jeder macht vlt schon mehrere jahrzente antifa-arbeit! und daher sollten wir lieber wieder zu unseren zielen zurückkehren und alle an einem strang ziehen!

same here...

moep 19.12.2006 - 16:28
Etwas ähnliches ist ner Freundin von mir hier (Gö) auch passiert...