Sektausschank gegen das Chipkartensystem

Initiative gegen das Chipkartensystem 16.12.2006 20:23 Themen: Antirassismus Soziale Kämpfe
Das diskriminierende Chipkartensystem für Flüchtlinge und MigrantInnen in Berlin ist tot. Die Initiative gegen das Chipkartensystem feierte heute mit Sekt, Glühwein, Kaffee und Tee das lange erhoffte Ableben zum 31. Januar 2007. Vom Vorzeigeprojekt der Betreiberfirma SODEXHO, ein Catering-Multi, der weltweit u.a. an der Ausgrenzung von Flüchtlingen und der Eingrenzung z.B. in privaten (Abschiebe-)knästen verdient, bleibt jetzt nur noch ein kleines Häufchen ungenutzter Plastikkarten übrig.
Vorzeigeprojekt wird Sondermüll
Einen ersten Erfolg erreichten antirassistische Gruppen aus Berlin und Brandenburg als im Juli 2003 die Landessozialverwaltung ihren Vertrag mit SODEXHO kündigte. Ein Grund für das langsame Einlenken war die Verleihung der Roten Karte für rassistische Diskriminierung an die Sozialsenatorin Dr. Knake-Werner.  http://www.germany.indymedia.org/2002/06/25048.shtml. In der Folge gingen auch die meisten Westberliner Bezirke von Bord, stiegen aus dem Chipkartensystem aus und zahlten fortan Bargeld an die Flüchtlinge. Viele symbolische Aktionen linker Gruppen, wie das Niederbrennen eines EXTRA-Kassenbereichs, praktische Unterstützung Betroffener durch den Umtausch der Chipkarten und eine kontinuierlichen Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit taten ihr Übriges.
Anfang dieses Jahres wurde nur noch in den Bezirken Reinickendorf und Spandau Chipkarten ausgegeben. Als schließlich der Bezirk Reinickendorf nach langem hin und her den Vertrag mit SODEXHO zu Februar 2006 kündigte, begann das Schiff zu sinken. Mehrere Aktionen in Spandau, antirassistische Einkäufe, Diskussionen mit provinziellen CDU-Abgeordneten bohrten immer neue Loecher in den maroden Rumpf des einstigen Vorzeigeprojektes. Jetzt stehen wir am Kai und werfen bunte Plastikblumen ins aufgewühlte Meer.

Zweiter Steuermann übt sich in Rassismus
Bis zuletzt hielten die Bezirksabgeordneten der CDU und FDP in Spandau an diesem ausgrenzendem System fest und begründeten dies mit der Sorge, dass wenn die Flüchtlinge Bargeld bekämen, sie dieses ihren Fluchthelfern geben würden. Der FDP- Abgeordnete Fresdorf meinte, „dass die Gäste vor kriminellen Elementen geschützt werden müssen“. Mit solch einer haarstäubenden Wortwahl versuchten „Die Liberalen“ und die CDU das System fortzusetzen. Aber SODEXHO kam dem zuvor und kündigte, weil sich das System nicht mehr rechnen würde, wie eine Abgeordnete der Alternativen Liste Spandau vermutet.

Bundesweit sieht es leider noch nicht durchweg rosig aus. Erfolge gab es in Teilen Brandenburgs und in Mecklenburg-Vorpommern, in anderen Bundesländern und Kommunen ist die Situation sehr unterschiedlich. Einen aktuellen Überblick findet ihr hier: Das Lager als Struktur bundesdeutscher Flüchtlingspolitik
 http://www.materialien.org/migration/texte/pieper-lagerunterbringung.pdf

Wohin geht die Reise?
Im Januar werden die Verantwortlichen in Spandau ihre Koepfe zusammen stecken und über alternative Ausgrenzungsstrategien beraten. Angekündigt ist ein Angebot wiederum der Firma SODEXHO für Gutscheine. Grund genug für uns, schon jetzt eine kollektive Meuterei anzudenken.

Freya Fluten


Chipkartensystem in Berlin ist abgeschafft
 http://de.indymedia.org/2006/12/164152.shtml
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Ergänzungen