Nelson Mandelas Nachfolger

Dr. Alexander von Paleske 10.12.2006 16:40 Themen: Weltweit
Suedafrika und sein Praesident Thabo Mbeki
Vorgestern wurde der Sohn von Mathata Tsedu, Avhasoni Ramikosi, ermordet und anschliessend im Auto verbrannt.
Mathata Tsedu ist einer der bedeutendsten Post-Apartheid Journalisten des Landes, der zusammen mit Alister Sparks und Max Sisulu nach 1994 den suedafrikanischen Staatsrundunk SABC (South African Broadcasting Corporation) von Apartheid Schlacke befreite.
Alister Sparks ist der Autor der Klassiker “The Mind of South Africa”, “Tomorrow is another Country” und “Beyond the Miracle”,herausragende Buecher, die sich mit der Apartheidzeit, der Zeit des Uebergangs und der Zeit nach 1994 beschaeftigen. Sparks ist auch ein Freund Nelson Mandelas.
Max Sisulu ist der Sohn des 1994 verstorbenen legendaeren Walter Sisulu, des Mitkaempfers von Nelson Mandela.
Nach seiner Zeit beim Staatsrundfunk wechselte Mathata Tsedu zu den Printmedien und wurde Chefredakteur der groessten Sonntagszeitung Suedafrikas, der “Sunday Times” und ist jetzt Chefredakteur der Sonntagszeitung "City Press".
Und Mathata Tsedu war bis jetzt ein unerschuetterlicher Unterstuetzer von Praesident Thabo Mbeki, selbst wenn dies gelegentlich zu einer gewissen Einseitigkeit in der Berichterstattung fuehrte.

Dies zeigte sich auch und gerade waehrend des Machtkampfes, der sich gegenwaertig in Suedafrika abspielt, namelich wer 2009 Praesident Suedafrikas wird. Dazu demnaechst ein weiterer Artikel.

Mbeki diente zunächst unter Nelson Mandela als Vizepräsident, aber er war nicht die erste Wahl Nelson Mandalas für dieses Amt, sondern die Wahl des ANC, der sich Mandela beugte. Seine erste Wahl wäre Cyril Ramaphosa gewesen, der erfolgreich die Codesa-Verfassungsverhandlungen managte, die zu einer neuen Verfassung und den ersten freien Wahlen in Südafrika im Jahre 1994 führten.
Er ist heute Geschäftsmann ebenso wie viele andere seiner früheren Mitstreiter und hat sich weitgehend aus der Politik zurückgezogen.
Thabo Mbeki ist der Sohn des legendären Govan Mbeki, einer der alten Männer der Freiheitsbewegung ANC, der 27 Jahre lang zusammen mit Nelson Mandela auf Robben Island und in anderen Gefängnissen eingesperrt war.

KONSPIRATION UND VERDECKTES ARBEITEN

Für den Sohn Thabo war das weitere Leben vorgezeichnet. Nach dem Schulabschluss wurde er vom ANC zum Studium nach England geschickt und machte seinen Abschluss in Betriebswirtschaft an der Universität von Sussex.
Sein militärisches Training erhielt er in der Sowjetunion.
Konspiration und verdecktes Arbeiten waren Teil des Überlebenskampfes der ANC Kader innerhalb und außerhalb Südafrikas und einiges davon hat sich bei Thabo Mbeki festgesetzt.
Nelson Mandela, der seine Präsidentschaft scherzhaft als seinen „zweiten Gefängnisaufenthalt“ bezeichnete, lehnte eine zweite Amtszeit strikt ab. Und so wurde Thabo Mbeki 1999 der zweite frei gewählte Präsident Südafrikas.


MBEKIS VERSAGEN: AIDS, KRIMINALITAET UND ZIMBABWE

Dem souveraenen Regierungsstil Mandelas folgte das unsichere und schroffe Verhalten von Mbeki.
In den Townships gibt es jetzt zwar Wasser und Elektrizität, aber dort wütet AIDS und die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer.
Normalerweise wäre es zwar zu Spannungen innerhalb des ANC gekommen, jedoch nicht zum Bruch.
Aber Mbekis Regierungsstil, der sich krass von dem Mandelas unterschied, sorgte für Ärger. Er scharte eine Art Küchenkabinett von loyalen Mitarbeitern, die man besser als Ja-Sager bezeichnen könnte, um sich. Und er suchte, anders als Nelson Mandela, nicht den Kontakt mit den verschiedenen Gesellschaftsgruppen und Persönlichkeiten. Seine in kleinem Kreis gefaellten Entscheidungen suchte er von oben nach unten durchzudrücken.
Mandela lebte auf in der Gesellschaft von anderen, die oftmals nicht seine Meinung teilen mussten. Das sah er als Bereicherung und Herausforderung an, Mbeki dagegen als Bedrohung, als lästig oder aber als Ausdruck von Rassismus. Kurzum: Der Souveränität von Mandela folgte das unsichere und schroffe Verhalten von Mbeki.

Viel schlimmer aber war seine Politik gegenüber der Aids-Seuche, die Südafrika hart traf. Mbeki griff die abstrusen Theorien von HIV-AIDS-Leugnern wie Dr. Christian Koehnlein aus Deutschland auf und behauptete nun - auf diese Apostel gestützt - dass AIDS eine Lifestyle-Krankheit sei, ergo mit der Anhebung des Lebensstandards und gesunder Lebensweise trotz HIV-Virus im Körper, verschwinde.

Erst jetzt, also nach sechs Jahren einer Irrfahrt, zeichnet sich in Sachen AIDS ein Politikwechsel ab.
Vollends lächerlich aber machte er sich auch mit seiner Behauptung, dass er noch niemanden gesehen habe, der an AIDS gestorben sei, und dies, obgleich mehrere seiner engeren Berater an der Krankheit verstorben waren.

Aber damit nicht genug.
Suedafrika belegt einen Spitzenplatz in der Kriminalitaet.
19.000 Morde, 55.000 Vergewaltigungen und mehr als 100.000 Raubueberfalle pro Jahr.
Erschreckend ist auch die Brutalitaet.
In dem "Saturday Star" von gestern findet sich ein Leitartikel mit der Ueberschrift:

" You have failed the people of this country, Mr. President."

Die Autorin, Lumka Oliphant, war selbst das Opfer eines Raubueberfalls geworden und hatte Schussverletzungen davongetragen, ihre Nichte Noticeba war gerade vergewaltigt und ermordet worden, nicht ohne ihr vorher noch die Augen auszustechen, eine beliebte Methode um im Falle eines Ueberlebens das Opfer daran zu hindern, den Taeter wiederzuerkennen
Der Onkel der Kolumnistin wurde vor zwei Wochen in Johannesburg erstochen.
Das Resume:

"I am sorry, Mr. President, you and your government have failed me and my
family and thousands of others."

Am 1 Oktober setzte die Sunday Times den Leitartikel auf Seite 1,

"This is not a problem, this is a crisis"

Einer meiner ehemaligen afrikanischen Arztkollegen aus Zimbabwe wurde nachts angehalten, es war ein Ueberfall als Polizeikontolle vorgetaeuscht. Als die Taeter merkten, dass der Mercedes linksgesteuert war, er daher wertlos fuer sie, "bestraften" sie das Opfer durch einen Kopfschuss.

Und als ich heute mittag in Kapstadt ankam, um an einer Konferenz im Auftrag der Regierung Botswanas teilzunehmen, da fragte ich den Immigration Officer, ob er auch schon Opfer der Kriminalitaet gworden sei, worauf er mir schilderte, wie er 50 Meter von seinem Haus entfernt ueberfallen worden war.


SPITZENFOTOGRAF VERLAESST SUEDAFRIKA

So hat schliesslich auch Juergen Schadeberg nach 56 Jahren das Handtuch geworfen, einer der groessten {deutschen} Fotografen.
Grund: er habe zu viele seiner Kollegen duch Mord und Totschlag verloren. Er kehrt nach Europa zurueck.
Schadeberg kam 1950 aus Deutschland ueber die Deutsche Presseagentur nach Suedafrika und blieb dort. Seine Bilder von Nelson Mandela, mit dem er seit den 50er Jahren befreundet iat, finden sich in allen Schulbuechern Suedafrikas.

Er baute zusammen mit dem investigativen Journalisten Anthony Sampson, der spaeter die einzige autorisierte Biografie Nelson Mandelas schrieb,und dem spaeter ermordeten ersten schwarzen suedafrikanischen investigativen Journalisten Henry Nxumalo das erste schwarze Magazin "Drum" auf, damals ein politisches Magazin, heute zu einem bedeutungslosen Lifestyle-Magazin a'la "Bunte" herabgesunken.


Mit dem suedafrikanischen Film "Drum" wurde Nxumalo aber auch Schadeberg ein Denkmal gesetzt.

Die brutale Ermordung seines Sohnes wird vermutlich auch Mathata Tsedu in einen Gegner von Mbeki verwandeln.

Und nicht zuletzt seine Behandlung des Problems "Zimbabwe" dessen Bevoelkerung wegen der Tyrannei und Misswirtschaft Mugabes in Scharen das Land verlassen hat und in Suedafrika und Botswana Unterschlupf sucht und nicht unerheblich am Anstieg der Kriminalitaet dort beteiligt ist.

Und so werden die Regierungsjahre Mbekis moeglicherweise einst als eine verlorene Zeit fuer Suedafrika im Gedaechtntnis bleiben.


Dr. Alexander von Paleske
Arzt fuer innere Medizin, Haematologie
Head, Department of Oncology
Princess Marina Hospital
Gaborone/Botswana/Afrika
Ex-Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt (M)
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Ergänzungen

Familie in Zimbabwe

Dr. Alexander von Paleske 10.12.2006 - 18:37
Meine (schwarze) zimbabwesche Frau ist die Tochter von Kleinstbauern. Ich selbst besitze keinerlei Land.
Gerade an dem Schicksal ihrer Familie zeigt sich, dass Mugabe nichts als Menschenverachtung kennt.Er ist mittlerweile der meistgehasste Mann des Landes.
Der Enteignung der weissen Grossgrundbesitzer folgte nicht eine Landverteilung an schwarze Farmer sondern an Parteibonzen, Militaers und Mitglieder des Mugabe Clans.
Ich selbst habe Mugabe 1976 kennengelernt und war tief beindruckt von ihm. Das war auch der Grund fuer mich nach Abschluss meiner Weiterbildung zum Haematologen/Onkologen in Deutschland nach Zimbabwe zu gehen.
Der Genozid an dem Stamm der Matabele (dem meine Frau nicht angehoert)hat m.E recht fruehzeitig gezeigt, wohin die Reise geht.
Ich habe dort 14 Jahre am zweitgroessten Krankenhaus des Landes, in Bulawayo gearbeitet, bis das Gesundheitswesen weitgehend zerstoert war und ich fuer meine Krebspatienten keinerlei Medikamente mehr zur Verfuegung hatte. Die Patienten nur mit einer Diagnose zu konfrontieren und dann wegzuschicken machte fuer mich keinen Sinn mehr.
Wer heute Mugabe preist, hat entweder keine Ahnung oder ist ein Zyniker.
Vielleicht noch folgende Episode zum Schluss: Der verstorbene Minister Steven Nkomo hatte mir seinerzeit eine enteignete Farm angeboten, als ich ihn per Zufall nach Beginn der Landbesetzungen im Krankenhaus traf. Als ich das empoert mit der Bemerkung zurueckwies, dass ich kein Farmer sei, antwortete er
"That does not matter"

Korrektur

Dr. Alexander von Paleske 11.12.2006 - 06:35
Walter Sisulu starb 2004, nicht 1994, und der deutsche HIV-AIDS Leugner heisst Dr. Claus Koehnlein, nicht Christian Koehnlein, sein oesterreichischer Mitleugner heisst Christian Fiala.