die Grünen: Wiederentdeckung des "radikal"

Nomenklatura 02.12.2006 23:55 Themen: Soziale Kämpfe
Die Partei "Bündnis 90 / die Grünen" hat auf ihrem Bundesparteitag den Begriff "radikal" wieder für sich entdeckt. Und dies, nachdem die grüne Realo-Führung letztes Jahr vor den Bundestagswahlen schon der Begriff "links" neu für sich entdeckt hatte.
Doch Programm und Forderungen reduzierten sich auf dem Bundesparteitag einen ganz seltsamen "Linksradikalismus" - der breiigen Mitte: radikal-realo!
Wer erinnert sich nicht an den historischen Moment, als letztes Jahr kurz vor der Verendung der rot/grünen Regierung der Oberst-Grüne Joschka Fischer und nach ihm Parteichef Bütighofer nach jahrelanger Abstinenz den Begriff "links" wieder in den Mund nahmen - und vor laufender Kamera. Aber was tut und sagt man in der Not nicht alles für eine Handvoll Wählerstimmen und den rot/grünen Machterhalt.
Der ehemalige Sponti-Steinewerfer Fischer schien sich bei der Aussprache fast zu verschlucken, so sehr schien es ihn zu würgen, diesem Begriff als - vorgeblich - eigene Standortbestimmung aussprechen zu müssen und der beleibte Bütighofer begann zu krächzen wie ein raucherhustender Rabe, als er den Begriff "links" aus der verschleimten Luftröhre presste.
Bei den grünen Powerfrauen Roth und Künast klang das dann schon viel befreiter: Natürlich seien sie "auch links", krähten die grünen Damen. Was immer "links" bei ihnen auch heißen mag!

Und jetzt hat die Riege der grünen Realo-Häuptlinge auf dem derzeitigen Bundesparteitag sogar einen noch schärferen Begriff aus der grünen Fundi-Mottenkiste der 80er Jahre für sich wieder entdeckt, den Begriff: radikal!
Kein Kampfbegriff wurde auf dem Parteitag der GRÜNEN so oft bewußt mißbraucht wie dieser Begriff: radikal!
Und in der Frage der Ökologie prägte die Fraktionsvorsitzende Künast sogar den neuen Kampfbegriff der Realo-Grünen: radikal-real.
Was immer das auch bedeuten mag!

Dazu passend hatten die grünen Häuptlinge noch ein neues Firmenemblem für sich entwerfen lassen, dessen vorherrschende Farben - grün, weiß und gelb - sichtbar noch blasser waren als die vorherigen. Von der traditionellen Sonnenblume - als Firmenemblem - war nur noch ein Viertel Sonnenblume übriggeblieben, als ein paar nicht identifizierbare blassgelbe Farbspritzer auf blassgrünem Untergrund. Das das mal eine Sonnenblume gewesen ist! Und der weiße Schriftzug Die GRÜNEN - auf blassgrünen Feld - ist praktisch schon gar nicht mehr zu sehen.
Prädikat: radikal farblos!
Nach 30 Jahren Parteigeschichte ist eben die politische Farbe bei den Grünen rausgewaschen, und auch ihren parteinahen Werbedesignern fällt als grüne Parteifarbe nur noch die Farblosigkeit der Mitte ein. Selbst die Tarnfarben auf den designerentworfenden Bundeswehruniformen der Afghanistan-Schutztruppe sind farbkräftiger geraten als das neue Firmenlogo der Grünen. Aber die neue farbige Farblosigkeit der GRÜNEN ist immerhin noch so farbig, daß man sofort erkennen kann: Da war mal was!
Prompt meuterte die "Basis" der versammelten grünen Hauptamtlichen & Diätenschlucker und der Vorstand zog sein farbloses Logo eilig wieder zurück.
1:0 für die grüne "Basis".

Dann gabs noch Streitereien über grüne Öko-Visionen, wobei der neugewählte grüne Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer doch tatsächlich dem Antragsteller Hans-Josef Fell "Fundamentalismus" in Öko-Fragen vorwarf. Aber hinterher erschuldigte Boris Palmer sich bei Hans-Josef Fell für seine beleidigende Unterstellung.
Dazu forderten die GRÜNEN ein "radikales" Tempolimit von 130 km auf deutschen Autobahnen. Vor 30 Jahren hatten sie noch Tempo 100 gefordert.
Naja, überholter Fundamentalismus eben, "radikal" sein ist doch besser.

Mit der "Wahl" der beiden Vorsitzenden Claudi Roth & Bütighofer, die ohne Gegenkandidaten antraten, endete der "radikale" Bundesparteitag der GRÜNEN. Ein Drittel der Stimmberechtigten wollte Claudi Roth nicht, über ein Viertel Rainer Bütighofer nicht als Parteivorsitzenden. Doch egal, Mehrheit ist Mehrheit, besonders dann, wenn man sowieso - mangels Alternative - keine Wahl mehr hat.
Beide Kandidaten nahmen die "Wahl" an!
Nur bei der Wahl um das Schatzmeisteramt gab es noch einen Gegenkandidaten.
Steht es wirklich schon so schlimm?
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