Oaxaca-Ticker -30.11.06

diverse 01.12.2006 19:05 Themen: Soziale Kämpfe
Lehrerstreik wegen fehlender Sicherheitsgarantien
8 weitere Verhaftungen - Aufruf zu einem internationalen
Solidaritätscamp in Nayarit ( Ort des Hochsicherheitsgefängnisses
wo 141 Gefangene aus Oaxaca hinverschleppt wurden )
Weitere Hausdurchsuchungen und Verhaftungen - Lehrer erklären aufgrund fehlender Sicherheitsgaratien für 48 Stunden einen staatsweiten Streik

OAXACA, 30. Nov. 2006

Um 3 pm durchsuchte die PFP ein Haus in der Avenida Brasil in der Colonia America Norte. Laut Angaben von Nachbarn kamen in einem PFP-Laster, bewaffnete Elemente angefahren und drangen in das Gebäude ein. Bis jetzt wird berichtet, dass 8 Personen daraus weggebracht worden sind, darunter Oscar Santa Maria Cruz, Julieta Cruz Cruz, Carmen Cruz Cruz, Juan Carlos Bello Lucero, Sacramento Cano Hernandez ( möglicherweise sind eine Argentinierin und ein Spanier dabei ).

Diese 8 Personen kommen zu den 4 Lehrern hinzu,die gestern in Zachila verhaftet wurden und zu einem weiteren in Ocotlan. Aufgrund dieser Nachricht, die erst jetzt bekannt wurde, bzw, wegen der fehlenden Sicherheitsgarantien, die sie beweist und die zwischen der Gewerkschaft und der Regierung als Bedingung dafür vereinbart worden war, dass die 70.000 LehrerInnen den Unterricht wieder aufnehmen, hat die Sektion 22 einen 48 stündigen Streik erklärt. Ausserdem wurde zu einem Marsch für den 01. Dez. in Ablehnung der Repression in Oaxaca und der Machtübernahme Felipe Calderons aufgerufen.

Weiter gibt es die Mitteilung von el Universal, dass Erick Sosa, der Bruder des APPO- Sprechers Flavio Sosa, in ein Gefängnis in Matamoros gebracht worden ist
 http://chiapas.indymedia.org/index.php?centro=oax_x_minuto


Das Komitee der Familien und Freunde der Verschwundenen, Ermordeten und Gefangenen von Oaxaca / COFADAPPO ruft zu Aktionen auf
Presseboulletin,01. Dez.06
Tepic, Nayarit, México.

Am 27. Nov. 06 wurden 141 Gefangene ( vom 25.11. ) auf Anforderung des Sekretariats für Öffentliche Sicherheit des Staates Oaxaca in das Hochsicherheitsgefängnis CEFERESO 4, El Rincón, Nayarit verlegt. Bei den Gefangenen handelt es sich um 34 Frauen und 107 Männer die Maurer, Studenten, Wasser/Stromableser, Anwälte, Schreiner, Kinder, ( es steht wirklich niños da) Händler, Arbeiter und Bauern sind.

Die Konsequenz dieser Verlegung ist die Isolation der Verhafteten und eine aufgrund der Entfernung und Kosten erschwerte Verbindung zu ihren Familien, die mehrheitlich geringe Mittel besitzen und Indigen@s sind.
Bei den Wenigen, die es bislang geschafft haben zu einem Besuch in das Hochsicherheitsgefängnis zu reisen, verhielt es sich so, dass den sie begleitenden Anwälten der Zutritt verweigert worden ist, was das Recht auf angemessene Verteidigung verletzt und der Verfassung widerspricht.

Gesten wurden nur drei Angehörige aus Nayarit hineingelassen. Einer von ihnen bezeugte, dass die Gefangenen Folterspuren ausweisen, wie gebrochene Rippen, Blutergüsse an verschiedenen Stellen des Körpers, manche sind ( jetzt erst ) genäht worden. In den Gefängnissen von Tlacolula und Miahuatlan war ihnen die medizinische Versorgung verweigert worden. Wir vermuten, dass der Versuch der föderalen Regierung, niemanden zu den anderen zu lassen, dazu dient, ihren physischen Zustand zu verbergen.
Diese Ohnmächtigkeit bewegt und dazu, die nationalen und INTERNATIONALEN Menschenrechtsorganisationen sowie die Sozialen Organisationen und die Indiovölker/Gemeinschaften der Welt und in ganz Mexiko dazu aufzurufen, ein Camp für die UNVERZÜGLICHE FREILASSUNG DER POLITISCHEN GEFANGENEN OAXACAS in TEPIC NAYARIT, MËXICO aufzuschlagen, damit ihre Grundrechte und ihre Freiheit repektiert werden.

Von heute ab werden auf nationaler Ebene drei Aktionen zur Verteidigung der Gefangenen von Oaxaca stattfinden:
- Auf den privaten Fahrzeug wird die Aufschrift FREIHEIT FÜR DIE GEFANGENEN DER APPO gemalt stehen
- an den Schulen, Universitäten und an öffentlichen Orten werden Tranparente zur Unterstützung ihrer Freilassung angebracht
- an den Ausgängen sämtlicher föderalen Gerichte werden Schilder aufgestellt, mit der Aufschrift FREIES OAXACA

Das Ziel dieser friedlichen Aktionen ist die Reklamation des mexikanischen Volkes allgemein und der Welt, der pauschalisierenden Jagd auf die BürgerInnen Oaxacas.

Vor diesen Aktionen fordern die COFADAPPO und die teilnehmenden NGO´s von der Föderalen Regierung:

Die sofortige Freilassung der 141 Gefangenen in NAYARIT und der übrigen im Staat Oaxaca

Das Vorzeigen der - lebenden -Verschwundenen, das Ende der Verhaftungen und die Einstellung der Haftbefehle gegen die Sozialen Kämpfer/rinnen

Dass die entsprechenden Bevollmächtigten die Mordtaten seit Beginn des Konflikts und die Nachlässigkeiten untersuchen, um die Verantwortlichen zu separieren und den Schuldigen den Prozess und sie zu verurteilen

Der unverzügliche Abgang des Gouverneurs des Staates Oaxaca, ULISES RUIZ ORTIZ, dessen Autorismus die Ursache des Konflikts ist und dessen Unnachgiebigkeit der Auslöser des repressiven und gewalttätigen Ausbruchs, der gerade vollzogen wird, in dem Konflikts ist.

DEN SOFORTIGEN ABZUG DER PFP AUS OAXACA-STADT UND AUS DEM STAAT OAXACA

Dass der Kongress der Union im gemeinsamen Auftrag der Diputierten und Senatoren, eine Untersuchungskomission einrichtet und dass sofort die anstehenden Schritte unternommen werden, damit Gewissheit über die 141 Gesinnungsgefangenen aus dem Staat Oaxaca, die sich im Staat Nayarit befinden, erlangt wird.
En la Ciudad de Tepic Nayarit a los 29 dias del mes de Noviembre del año 2006.
COFADAPPO
 http://chiapas.indymedia.org/display.php3?article_id=139857

Freie, zusammenfassende Übersetzung: tierr@
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Kritik an der APPO

diskutierer 02.12.2006 - 04:08
In einer Diskussion mit einem in Mexiko lebendem Menschen bekam ich unter anderem folgende Antwort:

"wo is jetzt das problem? die lehrgewerkschaft is eine ganz korrupte burokratie die daran denkt dass die regierung omnipotent ist und dass sie die wirtschaftliche situation oaxacas aus einen schlag aendern kann. die APPO mach sie sich ueberhaupt nichts draus ob die kindern seit 6 monate nicht mehr zur schule gehen(falls sie ironische dafuer kaempfen) oder ob sie die tourismus industrie in oaxaca kaput gemacht haben, sie sorgen fuer ihre eigene persoenliche interese und versuchen mit gewalt ihr eingenes ding durchzuziehen ,daher haben sie keine untersztutzug mehr."

So der Eindruck eines Mexikaners. Mir ist selber klar, das die Probleme in Südmexiko in einen größeren Neoliberalen Kontext einzuräumen sind, mich interessieren jedoch einige dinge, ich würde mich freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte:

Wie genau ersetzt die APPO das vorherige System? Wenn mein Diskussionspartner meint, die Schule wäre seit 6 Monaten ausgefallen, stimmt dies, hat die APPO kein eigenes Schulsystem entwickelt, wie dies z.B. in chiapas der Fall war? Werden keine eigenen Institutionen aufgebaut, bzw. was für Institutionen werden aufgebaut?

Wie seht ihr die Einschätzung, dass die APPO persönliche Interessen über Allgemeine stellt?

Danke

Neues zu Mexiko

Ralf 02.12.2006 - 11:40

@ dikutierer

fsjler in mexico 02.12.2006 - 17:31
@ dikutierer:

dein gespraechspartner hat sicher zum teil recht.
die entwicklungen in oaxaca in den letzten wochen und monaten haben sicher nicht zu einer - oekonomischen - verbesserung der lebensumstaende dort gefuehrt. davon sind natuerlich die ganz armen - ein rueckgrat der appo - am meisten betroffen.
auch unterricht hat es keinen gegeben.
ich will nicht sagen, dass die appo in diesem punkt "versagt" hat. es ist einfach unmoeglich in diesem zeitraum ein eigenes bildungssystem aufzubauen. vor allem wenn man bedenkt, welchen repressionen die appo ausgesetzt ist.

nun stellt sich eine grosse frage:
ist der kampf der menschen in oaxaca, der zweilfelsohne berechtigt ist, im sinne der leute dort?
das was ich weiter oben geschrieben habe spricht dagegen. allerdings muss man die politische und soziale situation sehen. die menschenrechtsverletzungen, die korruption und so weiter. die alltaegliche gewalt. polizisten mit MGs. und man muss sich ueberlegen ob man sein recht einfordert oder lieber den einfachen weg geht und weiter eine situation hinnimmt, die dich zwar einigermassen am leben haelt, dich dafuer aber von deinen natuerlichsten rechten ausschliesst. geschweige denn von irgendwelchen perspektiven fuer dich oder deine kinder.
meiner meinung nach war und ist es richtig sich gegen dieses system der unterdrueckung, ausbeutung und repression aufzulehenen. allerdings muss ich dazu sagen, dass ich - so wie wir alle hier - nicht die konsequenzen tragen muss. wir wohnene nicht in einer kleinen huette und muessen eine familie ernaehren, wir haben uns nicht verschuldet um die appo zu unterstuetzen. unsere brueder, vaeter oder muetter sind nicht in den gefaengnissen und werden gefoltert.
schon allein aus diesem grund ist unsere solidaritaet umso wichtiger...

RIP Radio Universidad?

Frager 03.12.2006 - 04:39
Interpretiere ich die Andeutungen richtig, dass Radio Universidad inzwischen geräumt wurde? Kann leider keine Berichte dazu finden, wer weiß mehr?

weltweiter Oaxaca-Aktionstag am 22.12.

egal 04.12.2006 - 16:50
Das Generalkommando des EZLN ruft für den 22.12.2006 zu einem weltweiten Solidaritätstag mit der Widerstandsbewegung in Oaxaca / Mexico aufgerufen: Für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit!

Quelle:  http://www.ainfos.ca/ainfos01416.html

(en) Mexico, Zapatista call for Oaxaca solidarity on December 22
Date Mon, 04 Dec 2006 09:41:58 +0200

Communiqué of the Indigenous Revolutionary Clandestine Committee - General Command of the Zapatista Army of National Liberation. -- Mexico. Dec. 2 of 2006

To the people of Mexico: To the people of the world: Brothers and Sisters:
The attack that our brothers, the people of Oaxaca suffered and suffer cannot be ignored by those who fight for freedom, justice and democracy in all corners of the planet.
This is why, the EZLN (Zapatistas) calls on al honest people, in Mexico and the world, to initiate, starting now, continual actions of solidarity and support to the Oaxacan people, with the following demands:
For the living reappearance of the disappeared, for the freedom of the detained, for the exit of Ulises Ruiz and the federal forces from Oaxaca, for the punishment of those guilty of torture, rape and murder.

We call to those in this international campaign to tell, in all forms and in all places possible, what has occurred and what is occurring in Oaxaca, everyone in their way, time and place.

We call for these actions to come together in a worldwide mobilization for Oaxaca on December 22, 2006.
The people of Oaxaca are not alone. We have to say so and demonstrate it, to them and to everyone.
Democracy!
Freedom!
Justice!

By the Indigenous Revolutionary Clandestine Committee - General Command of the Zapatista Army of National Liberation.
Mexico.

Insurgent Subcommander Marcos.
Mexico, December of 2006
_______________________________________________