Nazis dürfen in Ettlingen marschieren

Antifa Ettlingen 30.11.2006 22:03
Vor mehreren Tagen kam es erneut zu Übergriffen mehrerer Neonazis auf Jugendliche im Raum Ettlingen. Diese wurden bedroht, körperlich angegriffen und es wurde Seitens der Nazis massiv versucht sie einzuschüchtern.
Dieser erneute Übergriff reiht sich ein in eine lange Liste rechtsextremer Aktivitäten der "Karlsbader Kameradschaft", welche wahlweise auch unter dem Label "Freie Kräfte Karlsruhe" (FKKA) auftretritt. Hierbei handelt es sich um eine neue Generation von gewaltbereiten Neonazis.
Diese haben bekanntlich für den 2.12.2006 eine Demonstration unter dem Motto "Für den Erhalt der deutschen Kultur - Nationale Freiräume schaffen"
in Ettlingen geplant.
Eigenen Angaben zufolge wurde das von der Bürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick ausgesprochene Verbot der Demonstration der FKKA heute aufgehoben.
Die FKKA waren bis vor kurzem im im "Freien Widerstand Süd", einem Zusammenschluss gewaltbereiter Neonazigruppierungen aus dem süddeutschen Raum organisiert. Dieser Zusammenschluss löste sich inoffiziell aus Angst vor einem Verbot jedoch im Sommer diesen Jahres auf.
Neben Propagandadeligten sind Drohungen, Einschüchterungsversuche und Übergriffe auf Nichtrechte im Raum Ettlingen an der Tagesordnung.
So wurden in der Nacht auf den 2.10.06 weit über 100 Aufkleber mit rechtsextremem Inhalt auf Fenster und Türen des Jugendtreffs Waldbronn geklebt. Bereits um den Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß wurden tausesnde revisionistische Aufkleber in Ettlingen verklebt.
In der Nacht auf den 8.Mai 2006, dem Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus, tauchten ausländerfeindliche und antisimitische Sprayereien in Karlsbad auf (vgl. BNN vom 9.5.06). Ausserdem wurde im Juli, in der Nacht vor einem antirassistischen Fussballturnier in Ettlingen (vgl. BNN, 4.7.06), Veranstaltet vom Ettlinger Bündnis gegen Rassismus und Neonazis, rechte Sprayereien entdeckt.
Bei einer anderen Veranstaltung des Ettlinger Bündnisses im lokalen Jugendzentrum Specht über den Widerstandskämpfer des Dritten Reichs, Karl Wagner, versuchten rund 40 Neonazis die Veranstaltung zu stören und forderten auf einem Transparent ein "Jugendtreff für Deutsche".
In der Nacht zuvor war das JZ Specht bereits großflächig unter anderem mit Hakenkreuzen beschmiert worden.
Im Februar 2006 wurde die Ausstellung "Neofaschismus in Deutschland" der VVN im Ettlinger Rathaus gezeigt. Auch hier versuchten etwa 15 Neonazis zu stören.
Das selbe Jugendzentrum war bereits im Juli 2005 in die Schlagzeilen geraten. Damals wollte die Antifaschistische Gruppe [z.o.r.a.] eine Infoveranstaltung über die erstarkende regionale Naziszene, verbunden mit einem Streetballturnier und Konzert, durchführen. Damals genügte eine anonyme Drohmail aus der rechten Szene um die Veranstaltung kurzfristig zu verbieten. Daraufhin gab es eine antifaschistische Kundgebung mit anschließender Demonstration in die Innenstadt.
Auch hier versuchten Neonazis die Veranstaltung zu stören, nachdem sie mit einem Fahrzeug an der Kundgebung vorbeifuhren und den Hitlergruß zeigten.
Das geparkte Auto, welches in der Nähe der Kundgebung geparkt war ist am selben Tag beschädigt worden.
Daraufhin folgte ein Prozeß in Ettlingen gegen zwei Personen, welche vom Vorwurf der Sachbeschädigung freigesprochen wurden.
Beim ersten Prozeßtag kam es im direkten Anschluß der Verhandlung vor dem Gericht zu einem Angriff eines als Zeugen geladenen Rechtsextremisten mit CS-Gas auf einen Umstehenden mutmaßlichen Antifaschisten. Für den zweiten Prozeßtag haben sich die "FKKA" auf der Internetpräsenz des "Freien Widerstand Süd" öffentlich angekündigt. Folglich versuchten etwa 40 teilweise vermummte Neonazis vor dem Gerichtsgebäude vermeintliche Antifaschisten anzugreifen.
Desweiteren verfügen die "FKKA" über überregionale Kontakte zu bekannten Neonazikadern. Dies zeigt sich nicht nur an dem Mitwirken der regionalen Naziszene an Aufmärschen im gesamten Bundesgebiet.
So trat der Ettlinger Aktivist Manuel Bayerl im Ruhrgebiet bereits als Demoanmelder, Redner und Ordner auf. Selbiger betätigte sich auch als Administrator der bundesweit relevanten Internetseite "freier-widerstand.net" (vgl. Lotta, Nr. 22) und betätigte sich als Anti-Antifa Aktivist.
Höhepunkt neben mehreren konspirativ organisierten Veranstaltungen war ein Konzert Ende oktober 2004 in einem Lokal in Marxzell. Hier kontrollierte die Polizei ca. 200 Personen welche dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnen waren. Diese waren aus dem gesamten süddeutschen Raum sowie dem angrenzenden Elsaß angereist.
Diese Auswahl an Beispielen zeigen, wie wichtig es ist, sich den Nazis entschieden in den Weg zu stellen und ihnen nicht die Strasse zu überlassen.
Es gilt ihnen täglich zu zeigen, dass ihre menschenverachtende Ideologie und Weltanschauung nirgendwo geduldet wird. Dazu ist es unserer Ansicht nach auch wichtig über Nazis und ihre Strukturen zu informieren und nicht zu versuchen, das Thema Rechtsextremismus zu ignorieren oder zu vertuschen. Dazu gehört unserer Ansicht nach auch, antifaschistische Veranstaltung und Aufklärung voranzutreiben. Es ist niemandem außer den Nazis damit geholfen, aus Angst vor neonazistischen Konsequenzen antifaschistisch orientierte Veranstaltungen zu verhindern und, wie in Ettlingen geschehen, bereits zugesagte Räumlichkeiten wieder zu entziehen.
Neben Ettlingen geschah dies kürzlich auch in Gaggenau bei Rastatt. Auch hier wurde eine antifaschistische Infoveranstaltung verboten.
Gerade in Gaggenau wurde die DGB-Feier am 1.Mai diesen Jahres von etwa 20-30 teils vermummten Neonazis , z.T. auch von Personen, die den "FKKA" zugerechnet werden können, angegriffen.
Umso bedauerlicher ist für uns der Umstand, dass auf einem Flugblatt der IG Metall dazu aufgerufen wird, am 2.12. gegen "jeglichen Extremismus" zu demonstrieren.
Hier wird zwangsläufig impliziert, dass "Rechtsextremisten" und "Linksextremisten" in gleichem Maße eine Gefahr für die Demokratie Darstellen. Dies ist nichts als eine platte Gleichsetzung und somit eine ungeheure Verharmlosung von neonazistischer Gewalt, auf deren Konto seit der Wiedervereinigung mehr als 150 Tote gehen. Vergleichbares ist bei den vom Verfassungsschutz als "Linksextremisten" bezeichneten Menschen nicht zu finden. Als linksextremistisch werden beispielsweise auch die VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) bezeichnet. Diese auf eine Stufe mit Neonazis zu stellen ist uns unbegreiflich.
Es ist daher aus unserer Sicht unverständlich, wie man bewusst ein solches Flugblatt verfassen kann.
Gleiches ist auch aus der "Gemeinsamen Erklärung der Ettlinger Gemeinderäte" zu entnehmen (vgl. BNN,28.11.06). Darin heißt es: "Wir bekennen uns zu einem Zusammenleben nach demokratischen Spielregeln und verurteilen jegliche Gewaltanwendung, gleichgültig ob sie von Extremisten des rechten oder linken Spektrums ausgeht. Unser Ettlingen darf nicht zum Aufmarschgebiet solcher Extremisten werden."
Trotzdem begrüssen wir natürlich, dass es überhaupt eine Erklärung der Gemeinderäte gibt, in welcher aufgerufen wird, am kommenden Samstag dem 2.12.06 um 11:30 Uhr am Ettlinger Wasen die antifaschistische Gegenkundgebung des Ettlinger Bündnisses gegen Rassismus und Neonazis zu besuchen.

Wir sehen Antifaschismus als eine Selbverständlichkeit und nicht als eine Form von Extremismus an. Wir rufen ebenfalls dazu auf, sich an den Protesten gegen den heute gerichtlich genehmigten Naziaufmarsch zu beteiligten.
Darüberhinaus halten wir es für notwendig, sich im täglichen Leben an jedem Ort entschieden gegen Rassismus und Antisemitismus zu wehren und somit dafür zu sorgen, dass rechtem Gedankengut kein Raum gegeben wird.

Antifa Ettlingen am 30.11.2006


Kontakt:  a.ettlingen@gmx.de
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Ergänzungen

Gemeinsam anfahren!

AG Soziale Kämpfe 01.12.2006 - 10:48
Wir mobilisieren zur gemeinsamen Anfahrt aus Karlsruhe zur Antifa-Demo in Ettlingen:
Samstag, 02.12.2006, 11.00 Uhr
Hauptbahnhof Karlsruhe (Haupteingang)

und bitte:...einmal im Leben pünktlich sein!!!

Treffpunkt is um 11:00!

Neustadter 01.12.2006 - 13:19
@Einer aus Wörth


Du steigst ganz einfach um 10:44 in den Zug Richtung Karlsruhe!
Man wird sich bestimmt treffen!

Ich hoffe das war ne Hilfe!

Bahnhof Ettlingen West sieht anders aus...

Pendler 01.12.2006 - 13:55
Heute auf dem Weg nach Hause konnte ich einige Sprühereien aufm Bahnhof Ettlingen West erkennen: "Naziscum, better run!"
"Stalingrad" und " D-Land, Nazis ihr Opfer).

rechte demo vorerst genehmigt!

ergänzer 01.12.2006 - 16:59
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe schreibt:
 http://www.verwaltungsgericht-karlsruhe.de/

Rechte Demonstration darf nur unter Auflagen stattfinden

Datum: 01.12.2006

Kurztext: Pressemitteilung vom 01.12.2006

Die für 02.12.2006 geplante rechtsgerichtete Demonstration in der Ettlinger Innenstadt darf stattfinden. Das von der Stadt Ettlingen verfügte völlige Verbot ist aller Voraussicht nach rechtswidrig. Dies entschied die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in ihrem gestern Abend bekannt gegebenen Beschluss und gab damit dem Eilantrag des Veranstalters statt. Das Gericht verband seine Entscheidung jedoch mit zahlreichen Auflagen für den Veranstalter. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Die Beteiligten haben die Möglichkeit, dagegen beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim Beschwerde einlegen.



Der Veranstalter plant am morgigen Samstag eine Kundgebung in der Innenstadt Ettlingens. Diese wurde von der Stadt Ettlingen verboten, weil sie befürchtete, dass aus der Veranstaltung heraus Straftaten verübt werden könnten. Das Verbot war für sofort vollziehbar erklärt worden. Dagegen richtete sich der Eilantrag des Veranstalters.



Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag statt allerdings mit der Maßgabe, dass der Veranstalter die im Beschluss genannten Auflagen einhalten muss. Die Versammlung darf nunmehr nur zwischen 12.00 und 17.00 Uhr stattfinden, es dürfen keine Springerstiefel oder uniformähnliche Kleidung getragen werden und die Teilnehmer dürfen keine Fackeln mitführen. Außerdem ist es verboten, in Marschformation aufzutreten, Trommeln oder Fanfaren zu verwenden und Alkohol zu konsumieren. Auflagen machte das Gericht auch im Hinblick auf die verwendeten Fahnen und Lautsprecher sowie die geplanten Reden, Sprechchöre und Transparente. Der Veranstalter muss darüber hinaus eine bestimmte Anzahl von Ordnern stellen und die Teilnehmer vor Beginn der Veranstaltung über die Auflagen informieren.



Diese Einschränkungen sind nach Auffassung des Gerichts erforderlich, aber auch ausreichend, um sowohl der Versammlungsfreiheit als auch der Sicherheit unbeteiligter Dritter Rechnung zu tragen. Die von der Stadt angeführten Erfahrungen mit ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten und das Thema der Kundgebung „Für den Erhalt deutscher Kultur – Nationale Freiräume schaffen“ reichten nicht aus, um hinreichend sicher annehmen zu können, es komme zu Straftaten aus der Versammlung heraus. Es spreche auch nichts dafür, dass die Polizei nicht in der Lage sei, etwaige Konfrontationen zwischen den Teilnehmern und Gegendemonstranten zu verhindern, die ihr Kommen bereits angemeldet hätten. Allerdings machten die konkreten Umstände der Demonstration am Weihnachtssamstag die genannten Auflagen erforderlich, um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu verhindern.



Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2006, 2 K 2887/06

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