Wende im Bauwagenprozess?

pünktlich 30.11.2006 13:25 Themen: Freiräume
Im Musterprozess gegen Wagenbewohner hat die Staatsanwältin in der letzten Phase des Prozesses einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt, da sie befürchtet er könnte nicht in ihrem Sinne verurteilen.
In dem Verfahren, dass zur Zeit vor dem Hamburger Landgericht verhandelt wird geht es um eine Aktion, die bereits 2 ½ Jahre zurückliegt.

Am 24.April 04 demonstrierten mehrere hundert Leute aus 63 Orten Deutschlands und angrenzenden Ländern für den Erhalt von Wagenplätzen, gegen die Kriminalisierung und für die Akzeptanz dieser Wohnform.
Unter dem Motto „ Einmal im Leben pünktlich sein“ fanden sich dazu binnen 7 Minuten über 100 Wohn-LKW’s in der Hamburger Hafenstrasse ein.
Es sollte eine kraftvolle, gemeinsame Aktion werden, um auf die sich bundesweit zugespitzte Situation von Wagenplätzen aufmerksam zu machen. Stattfinden sollten u.a. Informationsveranstaltungen und eine gemeinsame Pressekonferenz.
Alle waren da, alle waren pünktlich, alles war wunderbar, aber.....

...die Polizei löste die zunächst genehmigte Versammlung ohne Begründung auf, obwohl der Forderung, einen Versammlungsleiter zu benennen, nachgekommen worden war.
Zu weiteren Kooperationsgesprächen war sie nicht bereit.
Unter Schlagstock- und Pfefferspray-Einsatz drängte sie die Menschen von den LKWs ab und verschaffte sich gewaltsam Zutritt zu den Fahrzeugen. Fensterscheiben wurden eingeschlagen, Lenkradschlösser aufgebrochen, Armaturen abgerissen, die Fahrzeuge kurzgeschlossen und auf Polizeigelände verbracht. An den Fahrzeugen entstand zum Teil erheblicher Sachschaden.
Viele Menschen wurden in einen Kessel gedrängt und in Gewahrsam genommen.

Doch nicht nur die Hamburger Polizei, ging mit Härte vor. Die Staatsanwaltschaft hat im Nachhinein der Versammlung den politischen Charakter abgesprochen und 48 Personen einen Strafbefehl wegen Nötigung im Straßenverkehr serviert.
Vorgeworfen wird ihnen, dass es in erster Linie um die Blockade der Hafenstraße und nicht um ein politisches Anliegen ging.

Zunächst einigte man sich mit der Richterschaft und der Staatsanwaltschaft darauf in einem Musterprozess mit drei Angeklagten zu verhandeln, inzwischen haben jedoch weitere Verfahren begonnen.

Das Urteil der 1. Instanz im Musterprozess vor dem Hamburger Amtsgericht bestätigte den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass es vornehmlich um Blockade ging. VerkehrsteilnehmerInnen sollten mit Gewalt dazu gezwungen werden die Fahrtroute zu ändern. In der Dauer der Blockade sah der Richter eine Störung der öffentlichen Sicherheit.
Obwohl selbst die Staatsanwaltschaft von ihrer ursrünglichen Forderung von 50 Tagessätzen abrückte, da sich im Verfahren herausstellte, dass die Verkehrsbeeinträchtigung
geringer war als vorher angenommmen, blieb der Richter auf dem ürsprünglichen Level.

Im Berufungsverfahren in dieser Sache, dass zur Zeit vor dem Hamburger Landgericht läuft, scheint sich eine Wende abzuzeichnen.
Der Vorsitzende Richter Helbert neigt dazu die Verkehrsbehinderungen als Lappalie zu sehen.
Mit Verkehrsbehinderungen sei in Hamburg zu jeder Zeit an jedem Ort zu rechnen.

Für die Angeklagten zeichnet sich damit ein Silberstreif am Horizont ab. Gibt dies doch Anlass zur Hoffnung, dass vielleicht auch die Richterschaft endlich einsieht, dass sich nicht die DemonstrationsteilmehmerInnen rechtswidrig verhalten halten, indem sie ihr Recht auf Versammlung wahrgenommen haben sondern höchsten die Hamburger Polizei, die vor Ablauf von gesetzten Fristen mit der Räumung einer angemeldeten Kundgebung begonnen hat.

Da offensichtlich auch die Staatsanwältin die Tendenz des Richters begriffen hat und ein Urteil befürchtet, das nicht in ihrem Sinne ist hat sie am 4. Prozesstag einen Befangenheitsantrag gestellt. Vermutlich sieht sie die dies als letzte Möglichkeit das Verfahren zu sabotieren.
Denn von Befangenheit kann keine Rede sein. Zu keinem Zeitpunkt hat der Richter durchblicken lassen er würde weitere Vernehmungen der Staatsanwältin zur Aufklärung des Sachverhaltes ablehnen. Einzig der Umstand, dass ein Richter Tatsachen anders bewertet als die Staatsanwaltschaft kann kaum ein Grund für Befangenheit sein.
Zur Zeit wird der Antrag geprüft, dann wird entscheiden wie es weiter geht.

Kommt zum Prozess am Kapstadtring 2, 9. Stock, Zimmer 901 und unterstützt die Betroffenen!

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Ergänzungen

Sachlich falsch

VersammlG) 30.11.2006 - 20:03

...die Polizei löste die zunächst genehmigte Versammlung ohne Begründung auf, obwohl der Forderung, einen Versammlungsleiter zu benennen, nachgekommen worden war.


Aufzüge und Versammlungen werden nicht genehmigt.
Laut Versammlungsgesetz sind sie 48 Std. zuvor anzumelden.
Einer Genehmigung bedarf es nicht.


War es also ein(e) angemeldete(r) Versammlung/Aufzug oder eine Spontandemo???


Also, wenn das schon falsch ist...


Nächstes Mal besser recherchieren.

@ sachlich falsch

labernix 01.12.2006 - 19:00
Es ist sehr schön, dass es Leute wie dich gibt. Nach ungefähr 25, teilweise 6-stündigen Gerichtsterminen (bist du mal auf einem gewesen?), redet ENDLICH mal jemand Klartext und erklärt was schief läuft! Ist dir eigentlich klar, dass da ne Hand voll Leute seit 2 Jahren die riesen Kampagne führen? Das da 5-10 erfahrene Anwälte und Anwältinnen drinhängen?
Es kann schonmal vorkommen, dass bei dem Versuch, die Riesenstory in nem kurzen "Stand-der-Dinge"-Abriss unterzubringen ein kleiner, sachlicher Fehler auftaucht. Ich finde auch nicht schlimm, wenn hier jemand auf Sachfehler hinweist, aber dein arrogantes "Also, wenn das schon falsch ist...Nächstes Mal besser recherchieren." kannst du dir echt in den Arsch schieben!!
Wenn du schonmal einen politischen Kampf geführt hättest bis du aus dem letzten Loch pfeifst wüßtest du, warum dein Gelaber hier zum Kotzen ist und niemandem weiterhilft...

nee nee schon richtig

jou 01.12.2006 - 19:20
wir hatten auch schon die situation,daß eine versammlung angemeldet wurde und dann nicht genehmigt!!!also-das is doch nur ne wortspielerei.angemeldet war diese sache nicht,aber genau betrachtet war es eine schützenswerte versammlung,wie das so schön genannt wird im grundgesetz.die ganzen details, für- und widers hier abzutexten würde den rahmen sprengen.ausserdem wurde dies von der polizei zwischenzeitlich auch so gesehen und die bedingungen dafür von seiten der teilnehmerinnen erfüllt.es handelte sich hier um eine typisch zeitgenössische aktion der hh-polizei: draufhaun-es soll wehtun-nicht rechtmäsig -scheisegal.hinterher mit lügen (in den prozessen schon längst aufgeflogen)die unrechtmäsigkeit versuchen zu vertuschen.klappt nich ? na egal, macht auch nix.mensch von der polizei wird ja nicht belangt.und dabei bieten die prozesse doch schon so einiges, was der staatsanwaltschaft grund genug gäbe, in diesem fall gegen die polizei zu ermitteln...