Naziaufmarsch und NPD-Parteitag in BaWü

aycaramba 21.11.2006 02:55 Themen: Antifa
Am Sonntag, den 19. November 2006, marschierten etwa 100 Nazis im Ortenaukreis auf. Das dreiste Auftreten und die offen zur Schau gestellte Verherrlichung des Nationalsozialismus erreichten damit eine neue Qualität im südlichen Baden-Württemberg. Der anschließend stattfindende Landesparteitag der NPD konnte schon im Vorfeld in Bruchsal und Appenweier verhindert werden, so dass die Nazipartei nach Villingen ausweichen musste.
Seit über 20 Jahren gedenken Nazis am „Ehrenmal am Panzergraben“ 27 dort beerdigten Wehrmachtssoldaten — bisher ohne von der Öffentlichkeit wahrgenommen oder gestört worden zu sein. In den letzten Jahren nahmen daran vor allem die regionalen Verbände der NPD und Kameradschaften aus Rastatt, Karlsruhe und der Südpfalz sowie Nazis aus Alsace-Lorraine teil.

Am 19. November 2006 versammelten sich etwa 100 Nazis um 9 Uhr in Rheinau-Memprechtshofen im Ortenaukreis (ca. 30 km nördlich von Offenburg), um in nationalsozialistischer Traditionspflege den „Helden“ der Wehrmacht zu gedenken, die dort in den letzten Kriegstagen 1945 getötet wurden. Alte wie junge Nazis marschierten mit Reichsfahnen zum „Panzergraben“, dem Mahnmal für die Wehrmachtssoldaten, um dort eine Kundgebung abzuhalten und Kränze niederzulegen. Das Spektrum der teilnehmenden FaschistInnen reichte von Naziskins über rechte Greise bis hin zu schwarzgekleideten „Autonomen NationalistInnen“, welche das Treffen dominierten.

Dieses Jahr formierten die jungen Nazis sich zum Block und marschierten zum Wehrmachtsklotz, der erst vor kurzem Ziel eines öffentlichkeitswirksamen Farbanschlags geworden war. Die Anwesenheit von ortsansässigen Altnazis sorgte für den generationenübergreifenden Charakter der Traditionspflege. Die Nazis wetterten gegen „linke Zecken“ und den „demokratischen und bolschewistischen Pöbel“ und verherrlichten in ihren Reden offen den Nationalsozialismus. Nach einer Stunde zogen sie wieder als Block zu ihren Autos. Um 11:30 Uhr warf die Stadt ebenfalls einen Kranz zur Ehren der toten Nazisoldaten ab.

Lange nach den Nazis veranstaltete ein örtliches Bündnis von VVN, Gewerkschaften, bürgerlichen Parteien und anderen um 14 Uhr eine mäßig besuchte Gegenkundgebung am Mahnmal. Für Aufsehen sorgte die erzwungene Ausladung des Bundesvorsitzenden der VVN-BdA, Heinrich Fink, wegen seiner angeblichen Stasi-Kontakte. Aufgestellte Schauwände informierten bei leichtem Regen über die Verbrechen deutscher Wehrmachtssoldaten während des Vernichtungsfeldzuges in Russland. Bei Glühwein und Kaffee wurden DGB-Fahnen auf den Nazikränzen ausgebreitet. Dieser Missstand wurde von anwesenden Antifas kurzerhand beseitigt und die Kränze der Nazis flogen im Bogen vom Denkmal weg. Einschreitende DGB-Ordner legten die Kränze zurück, die abermals entfernt wurden. Daraufhin verließen die Antifas die Kundgebung.

Die Bullen sorgten dafür, dass sich die Nazis ungestört in Szene setzen konnten. Folgerichtig vergaßen die Nazis laut Badischer Zeitung nicht, „sich ausdrücklich bei der Polizei zu bedanken, die das Ehrenmal in den vergangenen Tagen und insbesondere in der Nacht zum Sonntag besonders im Auge behalten hatte.“ Ein Großaufgebot von Polizei und BGS war am Sonntag im Ortenaukreis unterwegs. In Freistett startete im Morgengrauen ein Helikopter, in Memprechtshofen waren dutzende Wannen stationiert.

Von Memprechtshofen aus fuhren einige Nazis mit Offenburger und Rastätter Autokennzeichen nach Appenweier. Dort trafen sich Antifas, um gegen den Landesparteitag der NPD vorzugehen. Ein Großteil des Polizeiaufgebots in der Ortenau war mittlerweile ebenfalls am Bahnhof des Ortes stationiert. Entweder die massive Anwesenheit der Staatsmacht oder die Einsicht in ihre zahlenmäßige Unterlegenheit mag den etwa zehn Nazis, die in drei Autos in der Nähe des Antifa-Treffpunktes eine Runde drehten, nahegelegt haben, einen schnellen Rückzug anzutreten.

Im Bahnhof von Achern wurde eine Gruppe Antifas von teilweise vermummten Nazis aus dem Ort und der näheren Umgebung angegriffen, woraufhin die Bullen die Antifas grob in einen herumstehenden Zug drängten. Die Nazis wurden von den Bullen kurzzeitig festgehalten und die Personalien kontrolliert. Eine Gruppe von Antifas, welche in einer Blitzaktion mit einem Zug von Appenweier nach Achern fuhr, traf die festgehaltenen Nazis noch an, wurde dann allerdings vor dem Bahnhof von einer BFE für eine Stunde gekesselt und bekamen Platzverweise für Achern und Appenweier.

Eigentlich sollte der am 8. November gegründete Kreisverband „Karlsruhe Land“ den 42. Landesparteitag der NPD Baden-Württemberg ausrichten. Die NPD versucht offenbar wie in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern über kommunale Verankerung in den Landtag zu gelangen. Der Kreisverband mietete in Bruchsal die „Stadtschänke“ in der Durlacher Straße 65 an, was knapp eine Woche vorher von der Antifa bekannt gegeben wurde. Aufgrund der lokalen und überregionalen antifaschistischen Interventionen geriet der Pächter so sehr unter Druck, dass er der NPD nicht mehr länger seine Räume vermieten mochte.

Auch aus Appenweier wurde die NPD durch antifaschistische Mobilisierung vertrieben, so dass der NPD-Landesvorsitzende Schützinger den Landesparteitag vor seiner Haustür im „Gasthof zur Bertholdshöhe“ in der Wieselsbergstraße 19 in Villingen im braunen Schwarzwald-Baar-Kreis organisieren musste. Im Südkurier erklärt Bullenchef Wössner „die Tatsache, dass die Linken stets auf dem Laufenden waren: ‚Die beobachten sich gegenseitig im Internet.‘“ Dabei haben die Nazis die Orte doch gar nicht veröffentlicht...

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Ergänzungen

Südkurier-Artikel

presse 21.11.2006 - 10:37
Südkurier vom Montag, den 20. November 2006

Villingen-Schwenningen

NPD-Parteitag alarmiert Polizei

VON EBERHARD STADLER

Die Sache kam überraschend. Gestern hielt die NPD ihren Landesparteitag im Gasthaus "Bertholdshöhe" in Villingen ab, nach dem ihr zwei andere Tagungsorte zu heiß geworden waren. Die Polizei zog ein größeres Aufgebot Bereitschaftspolizei zusammen, nach dem linke Gruppen gedroht hatten, den NPD-Parteitag zu kippen. Doch die befürchteten Störungen blieben aus.
Bild: Jochen Hahne Die Polizei stand bereit, als gestern im Gasthaus "Bertholdshöhe" (im Hintergrund) der Landesparteitag der NPD stattfand.

Villingen-Schwenningen - Am späten Vormittag rollte gestern ein größerer Konvoi mit Bereitschaftspolizei aus Göppingen in Villingen ein. Die jungen Polizisten hielten sich bei der Polizeidirektion in der Waldstraße in Bereitschaft. Kleinere Trupps beobachteten den ganzen Nachmittag über das Gasthaus "Bertholdshöhe" am Wieselsberg, wo sich um 13.30 Uhr rund 70 Delegierte der Nationaldemokraten zum jährlich vorgeschriebenen Parteitag versammelten. Auch der Kripo-Mann vom Staatsschutz verfolgte das Geschehen. Am Abend nach 18 Uhr war der Parteitag beendet, die Ordnungshüter konnten Entwarnung geben: Alles war ruhig geblieben.

Ursprünglich wollten die Nationademokraten ihren Parteitag im nordbadischen Bruchsal abhalten. Doch das Antifaschistische Aktionsbündnis ("Antifa") Baden-Württemberg bekam Wind vom Tagungsort und rief via Internet dazu auf, die Versammlung zu sprengen, berichtete Polizeidirektor Roland Wössner. Gleiches geschah in Appenweier, wo die Rechten erneut ihr Glück versucht hatten. "Die beobachten sich gegenseitig im Internet", erklärt Polizeichef Wössner die Tatsache, dass die Linken stets auf dem Laufenden waren. Beim nächsten Anlauf hielt die NPD ihren Tagungsort geheim. Erst am Samstag bekam die Polizei mit, dass der Landesparteitag in Villingen stattfinden wird. Wössner geht davon aus, dass dies vermutlich über den NPD-Landesvorsitzenden Jürgen Schützinger aus Schwenningen organisiert wurde. Kurzfristig zog daraufhin die Polizei ein größeres Aufgebot zusammen. "Es gab Gerüchte, dass rund 70 Mitglieder der Antifa aus der Ortenau herkommen wollen", berichtet Wössner. Die Polizei nahm dies ernst, nach dem es an einem Kriegerdenkmal in Rammersweier bei Offenburg gestern Kundgebungen von rechten und linken Gruppen gegeben hatte. Doch es blieb alles friedlich.



Bildunterschrift
Die Polizei stand bereit, als gestern im Gasthaus "Bertholdshöhe" (im Hintergrund) der Landesparteitag der NPD stattfand.

BZ-Artikel

presse 21.11.2006 - 10:38
Badische Zeitung vom Montag, 20. November 2006

Polizei verhindert Krawalle

Großaufgebot von mehr als 150 Beamten begleitet NPD-Kundgebung / Mehrere Platzverweise

So viel Aufmerksamkeit hatte die NPD noch nie bei ihrem alljährlichen Aufmarsch am Ehrenmal "Panzergraben": Weil die Polizei Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten "rechten" und "linken" Gruppierungen befürchtete, zeigte sie am gestrigen Volkstrauertag mit einem Großaufgebot von mehr als 150 Beamtinnen und Beamten und einem Hubschrauber Präsenz rund um den Rheinauer Stadtteil Memprechtshofen. Am Ende konnte Emil Roth als Pressesprecher der Polizeidirektion Offenburg eine positive Bilanz ziehen.

Die NPD-Veranstaltung selbst verlief laut Roth "ohne Probleme und Störungen". Auseinandersetzungen, die sich anschließend in Appenweier und Achern anbahnten, konnten im Keim erstickt werden. Rund 100 Anhänger der NPD hatten sich Punkt 9 Uhr am Ehrenmal versammelt, um einen Kranz am Grab jener Soldaten nieder zu legen, die im April 1945, kurz vor Kriegsende, bei einem aussichtslosen Gefecht mit französischen Streitkräften den Tod fanden. Schweigend war zuvor eine größere Gruppe meist jüngerer Leute in einem gespenstischen Zug mit schwarzen Fahnen an den Polizeibeamten vorbei von einem Parkplatz aus über die Bundesstraße 36 zum Ehrenmal marschiert. Dort machten Hans Becker, Michael Brüning und Alexander Palma-Schnurr von NPD-Regionalverband Karlsruhe/Mittelbaden mit Vorwürfen an die Adresse des "demokratischen und bolschewistischen Pöbels" ausgiebig Gebrauch von ihrem grundgesetzlich verbrieften Recht auf freie Meinungsäußerung, auch Roman Saint-Luc vom "Bund junger Volksdeutscher aus Elsass und Lothringen" sprach. Bevor die NPD-Kameraden ihren Kranz wieder abtransportierten - sie wollten ihn nicht dem politischen Gegner zur eventuellen Zerstörung überlassen - vergaßen sie nicht, sich ausdrücklich bei der Polizei zu bedanken, die das Ehrenmal in den vergangenen Tagen und insbesondere in der Nacht zum Sonntag besonders im Auge behalten hatte.

Die Kranzniederlegung am Ehrenmal bei Memprechtshofen hatte die NPD ordnungsgemäß angemeldet. Nachdem der DGB im Gegenzug zu eine Kundgebung unter dem Motto "Rheinau ist bunt statt braun" angekündigt und linke Gruppierungen im Internet zur Störung der NPD-Feier aufgerufen hatten, führten Vertreter von Polizei und Landratsamt im Vorfeld mit den Verantwortlichen der NPD und des DGB Gespräche. Dadurch gelang es, die Termine so abzustimmen, dass die beiden Gruppen nicht direkt aufeinander treffen.

Einige wenige der linken Szene zugerechnete junge Leute wurden von der Polizei frühzeitig zurückgehalten, so dass es zu keinerlei Konfrontationen kam. Während es in Rheinau friedlich blieb und Bürgermeister Meinhard Oberle im Namen der Stadt einen Kranz am Ehrenmal niederlegte, spitzte sich in Appenweier die Lage zu: 60 bis 80 Personen, die von der Polizei sowohl der linken als auch der rechten Szene zuordnet wurden, wollten sich dort zum "Meinungsaustausch" treffen.

Die Bundespolizei hatte sich schon frühzeitig darauf eingerichtet und war mit starken Kräften im Bahnhofsbereich präsent. Die Beamten erteilte Linken wie auch Rechten Platzverweise, so dass diese sich aus Appenweier zurückzogen. Ein Teil fuhr mit Zügen in Richtung Offenburg davon, andere in Richtung Achern. Wiederum andere entfernten sich in Autos.

Die Polizei beobachtete aber weiter und konnte dann in Achern gerade noch rechtzeitig eine Auseinandersetzung verhindern. Dort trafen auf dem "Heimweg" kurz vor 14 Uhr rund 20 "Linke" auf zehn Personen aus der rechten Szene. Es gab Provokationen, die Stimmung wird von der Polizei als aggressiv beschrieben. Spezialkräfte der Bereitschaftspolizei konnten die Gruppierungen trennen, bevor sie aufeinander losgingen. Erneut gab es Platzverweise, denen die Beteiligten teils murrend nachkamen.

An der DGB-Veranstaltung haben sich nach Schätzungen der Polizei mehr als 200 Menschen beteiligt. Zu Störungen kam es nicht. Die Veranstaltung wurde gegen 14.30 Uhr planmäßig beendet.



Bildunterschrift
Rechts abbiegen: NPD-Anhänger auf dem Weg zum Ehrenmal. (FOTO: MIMO)

Es geht weiter mit nem Video des Naziangriffs

aycaramba 23.11.2006 - 01:43

Noch ein Foto

aycaramba 24.11.2006 - 21:43
Nazis am 19.11.2006 am Denkmal in Memprechtshofen

Stellungnahme zum 19.11.06

Antifa Offenburg 24.11.2006 - 22:29
…kein ruhiges Hinterland!

Nachdem die NPD zuletzt 1998 durch eine Demonstration in Lahr und eine Wahlkampfveranstaltung in Achern versuchte in der Ortenau öffentlich Präsenz zu zeigen, und beides für sie durch entschlossene antifaschistische Gegenwehr zum Desaster wurde, blieb es jahrelang erst einmal ruhig um die rechtsextreme Szene in der Region. Dies änderte sich durch die antifaschistische Gegenmobilisierung zum „Heldengedenken“ in Memprechtshofen 2006. Dieses fand nun zwar schon seit mehreren Jahren statt, bisher allerdings im kleinen Kreis, unbeachtet von der Öffentlichkeit. Durch die angekündigten Proteste von dem Bündnis um den DGB „Rheinau ist bunt statt braun“ auf der einen und autonomen AntifaschistInnen auf der anderen, sowie einen Farbanschlag auf das „Ehrenmal am Panzergraben“ im Vorfeld, änderte die NPD ihre Mobilisierungsstrategie und rief über das Internet öffentlich zu ihrer Aktion auf.

Und tatsächlich hatten sie damit Erfolg. Mit über hundert Teilnehmern war die Kundgebung doppelt so gut besucht wie in den letzten Jahren. Nicht erfolgreich war dagegen leider jeglicher direkter antifaschistischer Protest. Nur wenige AntifaschistInnen schafften es am frühen Sonntag Morgen überhaupt ins abgelegene Memprechtshofen. Dort wurden sie von einem Großaufgebot der Polizei erwartet. Mindestens 150 BeamtInnen von Bundes- und Bereitschaftspolizei, ein Hubschrauber und später am Bahnhof Appenweier sogar eine Hundestaffel, sorgten für einen reibungslosen Ablauf der NPD Veranstaltung und unterdrückten jeden Widerstand.

Dies geschieht in einer Situation in der sich die rechtsextreme NPD generell im Aufwind befindet, wie zum Beispiel ihr Einzug in den Landtag von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zeigen. Parallel dazu zeigen immer weniger (junge) Menschen, die sich selbst in von rechten Kreisen nicht erwünschten Szenen bewegen – zB. HipHop, Punk, Gothics, etc. - Interesse an linksradikaler Politik oder einfach antifaschistischem Engagement. Die Interventionen der Nazis zeigen ihre Wirkung und so werden ihre Aussagen und Handlungen heutzutage weniger beachtet und teilweise von einer breiten Öffentlichkeit eher toleriert. Ein weiterer Erfolg der NPD in ihrem “Kampf um die Köpfe” - keine optimalen Voraussetzungen also.

Erfreulicherweise war die Mobilisierung gegen den Landesparteitag der NPD am Sonntag Mittag nach Appenweier dagegen zumindest soweit erfolgreich, dass über 50 AntifaschistInnen nach Appenweier kamen und die NPD ihren Parteitag, nach Bruchsal bereits zum zweiten Mal aufgrund antifaschistischer Gegenmobilisierung verlegen musste (siehe auch Südkurier vom Montag, den 20. November 2006). So können wir es immerhin als Erfolg verbuchen, dass es der NPD nicht möglich war ihren Landesparteitag, wie geplant, in räumlicher Nähe zum neugegründeten Kreisverband „Karlsruhe Land“ durchzuführen. Stattdessen mussten sie sich in den tiefsten Schwarzwald, quasi bis vor die Haustür des Landesvorsitzenden Jürgen Schützinger nach Villingen-Schwenningen zurückziehen. Leider wurde dieser Veranstaltungsort erst so spät bekannt, dass auch dort kein erfolgreicher Widerstand zustande kam.

…wichtig ist der Widerstand!

Ein Vorfall der vielen von uns noch eine Weile Bauchschmerzen verursachen wird, spielte sich mittags auf der Kundgebung des bürgerlichen Bündnisses um den DGB in Memprechtshofen ab. Nachdem anwesende Antifas kurzentschlossen die zurückgelassenen Gedenkkränze der Nazis im nächsten Acker entsorgten, schritten Ordner des Bündnisses ein und legten die Kränze zurück (!!!). Dies veranlasste nahezu alle anwesenden autonomen AntifaschistInnen zum sofortigen Verlassen der Kundgebung.

Es ist für uns einfach unerklärlich, dass Personen, deren Anliegen es eigentlich ist gegen die Nazis zu demonstrieren, Symbole nationalsozialistischer Verherrlichung derart vehement schützen, die von den Nazis Stunden zuvor zur Erinnerung an die „besten Soldaten der Welt“ und „wahren Helden“ niedergelegt wurden. Wir begrüßen es zwar, dass es dieses Jahr erstmals bürgerlichen Protest gegen die NPD-Veranstaltung gegeben hat und respektieren natürlich auch verschiedene Formen des Protests. Für uns ist allerdings klar, dass effektiver Antifaschismus mehr als nur ein Lippenbekenntnis sein muss. Sogenannte „National Befreite Zonen“, wie sie vor allem in der ostdeutschen Provinz bereits Realität sind, zeigen in erschreckender Weise wohin es führen kann, wenn faschistische Strukturen nicht bereits im Ansatz bekämpft werden. Auf den schwarzen Listen der Nazis, die im Internet kursieren, finden sich neben AntifaschistInnen auch Personen der bürgerlichen Linken oder GewerkschaftlerInnen.

Auch der Ort des Gedenkens ist unserer Ansicht nach dem Anlass nicht angemessen. Ein Denkmal, unter welchem Verfechter eines bereits längst dem Untergang geweihten “Dritten Reiches” begraben liegen, die in absoluter Sinnlosigkeit ihr Leben dem NS mit all seinen Kriegsverbrechen und organisierten Massenmorden opferten, ist ein denkbar schlechter Ort für antifaschistisches Gedenken.
Aber wo finden wir ein Denkmal für die 49 getöteten Soldaten der französichen Befreiungsarmee? Sollte unser Gedenken nicht den Menschen gelten, die mit ihrem Leben für die Befreiung vom NS einstanden, anstatt dessen Verfechtern? Da es einen solchen Gedenkort in nähe zum Panzergraben nicht gibt, liegt es an einem zukünftigen antifaschistischen Bündnis, einen solchen zu schaffen.

Es ist wichtig im antifaschistischen Kampf keine Spaltungen zuzulassen oder gar voranzutreiben. Nazis lassen sich nicht totschweigen sondern müssen gestoppt werden. Erreicht werden kann dies mit einer breiten Basis die sich ihrer Verschiedenheit bewusst ist und deren unterschiedliche Aktionen sich gegenseitig ergänzen und nicht in Konkurrenz gesehen werden. Dies voranzutreiben ist auch im Hinblick auf das bereits durch die NPD angekündigte “Heldengedenken” im kommenden Jahr oder die kommende Landtagswahl 2009 in Baden-Württemberg wichtig, da bis dorthin vermehrt mit öffentlichen Auftritten der Nazis zu rechnen ist.

In Zukunft muss es deshalb heissen: „Kein Fußbreit für FaschistInnen! Keine Toleranz für Nazis!“

Gegen den jeden Geschichtsrevisionismus – für eine angemessene Gedenkkultur!

Antifa Offenburg

Wenige Tage später...

egal 28.11.2006 - 18:27
Stuttgarter Zeitung, Dienstag, 28.11.2006,
Seite 8, Rubrik „Südwestdeutsche Zeitung“

Ein „aus der Laune des Augeblicks“ verübter Angriff

Neonazis aus Lahr und dem Elsass haben 35-Jährigen verprügelt - Keine Hinweise auf deutsch-französisches Skinhead-Netzwerk

LAHR, Ortenaukreis. Ein Trupp betrunkener Neonazis hat in der Nacht zum Sonntag einen Deutschen tunesischer Abstammung krankenhausreif geschlagen. Es war der erste Vorfall von solcher Gewalt in der Ortenau.

Von Ute Köhler

Das Opfer ist seinen Peinigern zufällig in die Arme gelaufen. Hätte der Mann die Lahrer Marktstraße Sonntagnacht ein paar Minuten früher oder später passiert, wäre vermutlich nichts passiert. So aber stieß die Gruppe, die schon eine ausgiebige Tour durch die Lahrer Kneipen hinter sich hatte, stark angetrunken auf den 35-Jährigen, der aus Nordafrika stammt, aber deutscher Staatsbürger ist. Nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei wurde er erst angepöbelt, dann gestellt und zusammengeschlagen, als er vor seinen Angreifern in Richtung Marktstraße flüchten wollte. Noch als er vor einem Lokal auf dem Straßenpflaster lag, sollen die Täter mit ihren Springerstiefeln auf den hilflosen Mann eingetreten haben. Er wurde später vom Notarzt in ein Krankenhaus gebracht und musste dort bis gestern bleiben.

Die Täter hat die Lahrer Polizei schon kurz nach dem Überfall dingfest gemacht, obwohl die Männer sich auf der Flucht getrennt hatten. Drei von ihnen sind Deutsche im Alter von 22 bis 24 Jahren, die im Raum Lahr leben. Zwei von ihnen stammen aus den neuen Bundesländern, der dritte ist in Lahr geboren und aufgewachsen. Die anderen sechs mutmaßlichen Täter sind Elsässer zwischen 18 und 33 Jahren. Vier von ihnen sind nach Erkenntnissen des deutsch-französischen Polizeizentrums in Offenburg als Neonazis im Elsass bekannt und bereits straffällig geworden. Auch die drei Deutschen bezeichnete ein Sprecher der Polizeidirektion Offenburg gestern als „amtsbekannte Neonazis“, die sämtliche einschlägigen Delikte von Körperverletzung über Verwendung von Symbolen verfassungsfeindlicher Organistationen bis zum Führen von Waffen bereits verübt hätten. Gleichwohl habe es einen so massiven Vorfall wie den vom Wochenende in der Ortenau bisher nicht gegeben, sagte Polizeisprecher Gernot Müller.

Nach Einschätzung der Polizei hatte die Gruppe den Vorfall nicht vorab geplant: „Die haben sich zum Saufen getroffen“, erklärte Müller gestern. Die Gewalttat hätten sie quasi aus der Laune des Augenblicks heraus verübt, als ihnen ihr Opfer zufällig begegnete. Die Kontakte zwischen den deutschen und elsässischen Neonazis hält die Polizei für eigentlich privater Natur. Sie würden aber wohl durch übereinstimmende rechtsextreme Gesinnung gefördert. Das bestätigte gestern auch Verfassungsschutzpräsident Johannes Schmalzl gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: Es gebe zwar persönliche Beziehungen zwischen Skinheads über die Grenzen hinweg, aber ansonsten keine intensiven Kontakte zu Frankreich.

Diejenigen Neonazis, die an dem Übergriff beteiligt gewesen sein sollen, sind gestern dem Haftrichter vorgeführt worden. Auch für die Elsässer unter ihnen sind Haftbefehle beantragt worden.

Die Freiburger Antifa, ein Zusammenschluss linker und autonomer Gruppierungen, hat Ende Oktober beklagt, dass die Zahl faschistischer Gewalttaten auch in Freiburg „dramatisch ansteigt“. In der Universitätsstadt, die ihr linksliberales Image pflege, würden rechte Tendenzen gerne übersehen. Tatsächlich habe es im September und Oktober vier Vorfälle gegeben, bei denen Mitglieder der linken Szene zielgerichtet Opfer rechter Gewalt geworden seien. Auffällig sei gewesen, dass immer mehrere Angreifer auf Einzelne losgegangen seien. Als Kontrast dazu wurde ein Polizeisprecher zitiert mit dem Satz „Hier lässt es die politische Landschaft nicht zu, dass so etwas größer wird.“ Bei der Polizeidirektion in Freiburg ist der Vorwurf der Antifa bekannt, nicht jedoch die angeblichen Übergriffe.

Das zuständige Dezernat, das nach Angaben eines Polizeisprechers „in diesem Bereich die Augen und Ohren weit offen“ habe, habe sich sogar - vergeblich - an die Antifa gewandt mit der dringenden Bitte, die genannten Taten anzuzeigen, damit ermittelt werden könne. Auch in Freiburg gebe es zurzeit keine Hinweise auf ein über die Grenze hinweg arbeitendes Netzwerk deutscher und elsässischer Neonazis.

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egal 28.11.2006 - 18:39
Badische Zeitung vom Dienstag, 28. November 2006

Rechtsradikale über Rhein hinweg nicht organisiert

Nach Überfall in Lahr: Staatsanwalt fordert fünf Haftbefehle

LAHR/FREIBURG (ad/bnü/dpa/kie). Gegen fünf der neun angetrunkenen Rechtsradikalen aus Lahr und dem Elsass, die in der Nacht zum Sonntag in Lahr einen 35-jährigen Deutschen tunesischer Abstammung überfallen und krankenhausreif geschlagen haben, soll auf Antrag der Staatsanwaltschaft Offenburg heute Haftbefehl erlassen werden. Die Lahrer Polizei will den Vorfall mit einer Sonderkommission aufklären.

Mit Gewalt rechtsextremistischer Skinheads müsse stets gerechnet werden, sagte Johann Schmalzl, der Präsident des baden-württembergischen Verfassungsschutzes, gestern. Gefahr bestehe vor allem dann, wenn potenzielle Täter unter Alkoholeinfluss stünden. Dennoch geht Schmalzl nicht davon aus, dass sich die rechtsradikale Szene über den Rhein hinweg organisiert und verstärkt gemeinsam gewalttätig wird. Allerdings gebe es "persönliche Beziehungen", man kenne sich. Aber Lahr sei bislang kein Schwerpunkt rechtsextremer Gewalt.

Feste Organisationen zwischen den Rechtsextremen über den Rhein hinweg sieht auch Horst Haug, der Sprecher des Landeskriminalamtes in Stuttgart, nicht. Denselben Eindruck haben das Gemeinsame Zentrum der deutschen und der französischen Polizei in Kehl sowie die grenznahen Polizeidirektionen Lörrach und Waldshut-Tiengen.

Wenngleich häufiger von verdeckt organisierten grenzüberschreitenden Neonazitreffen am Oberrhein die Rede gewesen sei, erkennt die Politologin Magali Boumaza von der Uni Mulhouse in Zusammenkünften junger Erwachsener aus der rechten Szene kein neues Phänomen. Deutsche und elsässische Skinheads treffen sich bei Konzerten von Musikbands, die rechtsradikales Gedankengut verbreiten. Gruppen wie "Elsass Corps" arbeiteten eng mit deutschen Rechtsradikalen zusammen. Dass französische Politiker radikale Parolen hoffähig machten, bereite ein politisches Klima, in dem sich Jugendliche mit Neonazi-Tendenzen nicht mehr als Randgruppe sähen. Mit Gewalttaten aufgefallen sind die Rechtsextremen im Elsass bislang vor allem durch Schändung jüdischer Friedhöfe.

Den Bahnhof von Liestal "von Ausländern gesäubert"

Laut Polizei sind seit 1996 etwa im Kanton Aargau 500 Leute zwischen 15 und 22 Jahren rechtsextrem aufgefallen, vermehrt junge Frauen. 2005 hat die Polizei in 13 Fällen Täter rechtsextremer Übergriffe ermittelt. "Verstärkung" erhielten die Rechten aus Basel, nachdem 15 Rechtsradikale verurteilt worden waren. Sie hatten 2004 den Bahnhof in Liestal gestürmt, um ihn mit Ketten und anderen Waffen, mit denen sie auf Passanten einschlugen, "von Ausländern zu säubern". Bei Skinhead-Konzerten würden, so die Schweizer Polizei, immer wieder auch rechtsextreme Deutsche gesehen.

Basel bleibe von rechtsextremen Übergriffen verschont, glaubt Dieter Bongers, der Leiter der Anlauf- und Beratungsstelle Rechtsextremismus. Er weiß aber von Schweizer Rechtsextremen, die in Deutschland NPD-Seminare besuchten.

Noch'n Tag später

egal 29.11.2006 - 19:51
Badische Zeitung vom Mittwoch, 29. November 2006

Haftbefehl für zwei Skinheads

Haupttäter bei Lahrer Überfall

LAHR (BZ). Zwei der neun Skinheads, gegen die wegen eines brutalen Überfalls auf einen Deutschen tunesischer Abstammung ermittelt wird, sitzen jetzt in Untersuchungshaft. Die Gruppe von angetrunkenen Rechtsradikalen aus Lahr und aus dem Elsass hatte in der Nacht zum Sonntag den 35-jährigen Mann, der ihnen in der Lahrer Innenstadt zufällig begegnet war, so zusammengeschlagen, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Die Polizei hatte die Rechtsradikalen im Alter von 18 bis 33 Jahren wenig später festgenommen. Die Kriminalpolizei in Offenburg setzte zur Klärung der Straftat eine elfköpfige Sonderkommission ein.

Nach dem vorläufigen Stand der Ermittlungen richtete sich der Tatverdacht der Polizei gegen fünf der neun Skinheads. Die Staatsanwaltschaft Offenburg hatte für alle Tatverdächtigen Haftantrag beim Amtsgericht Offenburg gestellt. Der zuständige Richter erließ aber nur gegen zwei, beide Franzosen im Alter von 20 und 24 Jahren, am Montagabend Haftbefehl wegen gefährlicher Körperverletzung. Sie befinden sich in Untersuchungshaft. Bei den anderen reichten nach Ansicht des Richters die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise für eine Inhaftierung nicht aus.

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