NPD-Parteitag - na und?

FreeWatch 11.11.2006 21:51 Themen: Antifa
Im Fontane-Haus in Berlin-Reinickendorf tagt am Wochenende der Bundesverband der NPD. Obwohl die gerichtliche Auseinandersetzung um den Veranstaltungsort auf großes Medienecho gestoßen war, blieben die Proteste bis zum Samstagabend gering. Ohne die Presse hätte die NPD fast ungestört ihren Parteitag eröffnen können. Ein Erfahrungsbericht von draußen und drinnen.
Warum muss ein Bundesparteitag der NPD ausgerechnet in der Peripherie der Hauptstadt abgehalten werden? Das mag sich manch ein politisch aufgeweckter und gegen Rechts eingestellter Berliner sicherlich insgeheim gefragt haben, als er erfuhr, wo die Veranstaltung der so genannten Nationaldemokraten nach langem gerichtlichen Hickhack endgültig stattfinden darf: Im Fontane-Haus am Wilhelmsruher Damm, hoch oben in Reinickendorf – von den nächsten U- und S-Bahnhöfen nur mit Bussen oder Fußmärschen zu erreichen. Und das ganze auch noch mit der Gefahr, vom Regen nass gemacht zu werden.

So waren es schließlich auch nur ein paar hundert Gegendemonstranten, die am Samstagnachmittag in Hör- und Sichtweite des Fontane-Hauses ihren Unmut über den bis Sonntag andauernden NPD-Parteitag kundtaten. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge 300 Männer und Frauen, jung und alt, bunt gemischt – von linksextrem bis christdemokratisch. Da war beispielsweise auch ein Pärchen drunter, das sich kurz entschlossen aus Mitte nach Reinickendorf aufgemacht hat, statt – wie eigentlich geplant – ins Museum zu gehen.

Es wurde geträllert, gepfiffen und geschrieen. Doch ohne das Aufgebot von 600 Polizisten und der Masse überregionaler Medienvertreter, hätte diese Gegenkundgebung in der Gesamtbetrachtung kaum mehr als den Charakter eines biederen Gewerkschaftlerprotest vor dem Eingangstor einer Fabrikhalle gehabt – die vielen roten Fahnen der IG Metall taten ein Übriges. An diesem Eindruck konnte auch die Anwesenheit der Politprominenz, darunter der Präsident des Abgeordnetenhauses Walter Momper (SPD), der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (PDS.Die Linke) nicht viel ändern.

Die etwa 300 Gäste und Delegierten des NPD-Bundesparteitages nahmen derweil ihre Sitze im großen Bühnensaal des Fontane-Haus ein. Nachdem sich schließlich auch die Journalisten durch eine enge Tür in das Tagungshaus begeben durften und von Parteiordnern – regelrechten „Saalschützern“ in weißen Hemden und schwarzen Hosen – auf ihre Plätze geleitet wurden, betraten NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt, Stellvertreter und sächsischer NPD-Fraktionschef Holger Apfel und andere Vorstandsmitglieder unter heroischen Musikklängen die Halle. Standing Ovations und „Hoch die nationale Solidarität“ schallten durch den Saal. In seiner Eröffnungsrede hieß Udo Voigt alle Gäste und Delegierte seiner Partei in der „Reichshauptstadt“ willkommen. Trotz des Protests der „antideutschen Parteien und ihrer Hiwis von der Antifa“ sei es gelungen, in Berlin einen Bundesparteitag stattfinden zu lassen. „Niemand wollte uns haben“, beklagte sich der NPD-Vorsitzende zynisch. „Auch nicht die Jüdische Gemeinde Berlins.“ Der braune Mob in den Sitzreihen lachte und klatschte. „Warum wir unbedingt in Berlin tagen wollen?“, fragt der NPD-Vorsitzende in den Saal, um kurz darauf selbst die Antwort zu geben: „Wir wollen dieses Land eines Tages von hier aus regieren.“

Für die parteieigenen Ordner war es nicht leicht, in dem großen Saal die vielen Medienvertreter unter Kontrolle zu halten. Schließlich war es den Fotografen und Kameramännern strengstens untersagt, Aufnahmen von ihren Gästen zu machen – einzig und allein das Rednerpodium und die Rücken der Delegierten durften abgelichtet und gefilmt werden. Wer sich dieser Regelung widersetzte, und das taten einige Medienvertreter beflissentlich, erhielt umgehend eine Verwarnung. Ein angeblicher Wiederholungstäter, ein Fotograf, wurde alsbald von stämmigen Ordnern umringt und aufgefordert, den Saal zu verlassen. Fast wäre es zu tumultartigen Szenen gekommen, da konnte der gescholtene Fotograf im Fokus sämtlicher TV-Kameras beweisen, dass er keinerlei Porträtaufnahmen irgendwelcher Teilnehmer des Parteitages gemacht hat. Er durfte seine Arbeit schließlich fortsetzen – nicht jedoch, ohne vorher selbst aus nächster Nähe von einem NPD-Anhänger fotografiert worden zu sein. Nur allmählich bekamen die Redebeiträge nach diesem Vorfall wieder die volle Aufmerksamkeit der Anwesenden geschenkt.
Vor dem Fontane-Haus war es inzwischen längst dunkel geworden. Immer noch harrten einige hart gesottene Protestler bei Regen und Kälte hinter den Absperrgittern der Polizei aus und skandierten „Nazis raus“-Rufe. Die Nazis kamen auch raus – zum Rauchen vor die Tür. Für ihre politischen Gegner hatten sie nur ein höhnisches und triumphales Lächeln übrig. Viele andere Berliner waren unterdessen damit beschäftigt, das abendliche Kinoprogramm zu studieren. Aber weil es ja regnet, bleiben sie wahrscheinlich eh zuhause...
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Ergänzungen

In der Trutzburg der Neonazis

Philipp Wittrock und Björn Hengst 11.11.2006 - 23:07
Das Selbstbewusstsein der Rechtsextremen nimmt zu: Stolz zelebriert die NPD ihren Bundesparteitag zum ersten Mal in der "Reichshauptstadt" Berlin und erklärt den Tag zum historischen Datum. Journalisten dürfen nur ein paar Stunden mit dabei sein. Wer nicht pariert, fliegt raus.

 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,447915,00.html

Der Autor meldet sich Wort

FreeWatch 12.11.2006 - 11:47
Lieber Amateurlinguist und alle anderen, die sich eventuell an meinem Artikel gestoßen haben!
Zunächst zu meiner Person: Ich bin freier Journalist, verorte mich aber persönlich in die linke Ecke. Dennoch habe ich den Anspruch, objektiv zu berichten. Es war in der Tat, wie Amateurlinguist vermutet, ein Eins-zu-Eins-Bericht. Lächerlich möchte ich niemanden auf der aktiven Protestseite machen, ich lasse aber durchaus bewusst den Eindruck entstehen, dass der Protest als solcher lächerlich war (es waren Tausende erwartet worden). Der Protest war meines Erachtens genauso lächerlich wie der gegen den Nazi-Aufmarsch in Tegel vor einigen Wochen, wo 1000 Neonazis auf die Straße gingen, aber nur wenige Berliner den langen Weg in den Norden in Kauf nahmen. Manch Göttinger oder Hamburger muss sich da doch wundern, dass ausgerechnet in der bevölkerungsreichsten deutschen Stadt nur so wenige Couragierte aufschreien und Initiative ergreifen. Bei weitaus kleineren Naziversammlungen in Szenestadtteilen wie Friedrichshain oder Prenzlberg würden die Verhältnisse anders aussehen. Weil es bequemer ist? Lächerlich habe ich in meinem Artikel folglich jene gemacht, die ihren Arsch nicht hochkriegen, aber sonst Sprüche klopfen. Die haben auch den Protest vor dem NPD-Parteitag lächerlich gemacht, indem sie nicht da waren. Und die, nicht ich, haben die NPD triumphieren lassen.
Weitere Anmerkungen: "Heroisch" war nicht der Auftritt der NPD, die Klänge der Musik muteten aber freilich so an, was ja nicht automatisch positiv konnotiert ist. Aber vielleicht hätte ich es besser in Anführungsstriche setzen sollen. Über "linksradikal" und "linksextrem" kann man sich streiten. Zum Begriff "Fußmarsch": Das ist ja nun wirklich kleinlich.

Unglaublich

Basud 12.11.2006 - 15:18
Unglaublich. Genau wie in Tegel, wir vertrauten auf Leute die sowas kennen, öfter mitgemacht haben. Aber nur Wanjura hatte ihre Selbstbeweihräucherungsshow. die einzigsten Linken die uns ansprachen und tipps für die umgebung haben wollten kamen aus Hamburg. Sehr bezeichnent. Ich weiß ja das wir nur ein dummer CDU bürglicher verhasster Bezirk sind. Aber vielleicht hätte doch der eine oder andere das mal persönlich überprüfen sollen. gegen halb 11 als die nazis zum s-bahnhof eskortiert wurden, waren nur ansässige Jugendliche da, aufgrund der unerfahrenheit gab es hier viel zu viele festnahmen, was vielleicht mit organisierter Unterstützung besser geklappt hätte. aber danke, wir wissen jetzt das wir wiederholt auf uns selbst gestellt werden sein und auf keinerlei unterstützung hoffen können, danke die Nazis sich hier jetzt sauwohl fühlen.
Und diese krassen Hundesöhne die uns wiederholt in Tegel und jetzt im Märkischen abfotografierten, sollten mal besser aufpassen, sobald wir uns auf irgendwelchen scheiß seiten finden, werden wir eure portraitaufnahmen ebenso ins netz stellen.

was ist Antifaschismus?

Pankow-Pirker 12.11.2006 - 22:01
Klar, gibt es die eine Tendenz wonach es leichter ist die Szene zu einem Antifa-Konzert zu mobilisieren als an einem regnerischen Herbsttag an díe Berliner Perepherie. Aber man muß mal die Kirche im Dorf lassen.

Was ist denn großartig passiert? Die "Einheit der Demokraten", - also bürgerlichen Parteien, Gewerkschaften, diverse Gutmenschen, professionell mit "Rechtsextremismus" beschäftigte Strukturen wollten auf Knopfdruck "Tausende" (yahoo-Nachrichten) gegen den NPD-Parteitag mobilisieren; - - - stell dir vor die Zivilgesellschaft ruft, und keiner geht hin. Warum auch? Nur um zu demonstrieren, wie toll und großartig "unsere Stadt" gegen Rechts ist und das "unsere Gesellschaft" und "unser Staat" "gegen Rechts immun" sind? Was soll der verlogene Scheiss?

Mal ehrlich: hätte es ein aufwendiges Bündnis gegeben, (am besten organisiert von einem hauptamtlichen Apparat von zwanzig von der Linksfraktion gesponserten Linksruck-Irren, die massenhaft Plakate für die Tonne produziert hätten), dass eine Volksfront "Tausender Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Antifaschisten" und den Verein der christdemokratischen Kleingewerbetreibenden gegen den NPD-Parteitag mobilisiert hätte, was hätte das denn bewiesen?

Mal davon abgesehen, dass solche Bündnisse schnell in sich zusammenfallen, lässt ihr politischer Inhalt und ihre Qualität vom linken Standpunkt aus zu wünschen übrig.

Qualität der antifaschistischen Arbeit lässt sich nicht in Teilnehmerzahlen einer kurzfristig einberufenen Demonstration gegen einen Nazi-Parteitag messen. Was zählt ist Nachhaltigkeit: langfristige Arbeit in lokalen Bündnissen, an Schulen, in "zivilgesellschaftlichen" Strukturen oder als kleine lokale Antifa-Bezugsgruppe.

Ebenso: weder ein erfolgreich durchgeführter Naziparteitag (oder ein "von Massen auf der Straße" gestoppter Parteitag) sagt etwas über die Stärke oder Schwäche der NPD (und Co.) aus, noch sagte es etwas darüber wie "immun" "unsere Gesellschaft" "gegen Rechts" ist. (Wie auch die jüngsten Studien zeigen, wachsen und gedeien antisemitische und rechtsextreme Einstellungen unabhängig von den Aktivitäten der Nazis, das gleiche gilt für den wachsenden Autoritarismus des Staates gegenüber Menschen, die widerständig sind oder sozial "abweichen". "Furchtbare Juristen" (Gerichtsurteile gegen Antifaschisten) bedürfen keiner NPD im Hintergrund. Also, legt euch wieder hin.

Fehler des Artikels

Reinickendorfer 12.11.2006 - 23:10
Der Artikel enthällt die klaren Fehler die auf Indymedia nicht gerne gesehen sind:

erstens übertreibt er nicht maßlos was die Teilnehmerzahlen angeht! Merke lieber Journalist..egal wie klein die Demo auch ist es sind immer mindestens 300 Leute vor Ort sollten es über 200 Menschen sein muss die Zahl bei Indy verdoppelt werden.

Die Demo darf in keinem Punkt kritisiert werden. Selbst eine 30 Mann Demo muss als phantsievoller lautstarker Mob beschrieben werden der alles gerockt hat.


Menno wat soll das..die Linke in Berlin steckt in einer tiefen Krise! Da wird kaum noch nach außen gearbeitet sondern nur noch für oder in manchen fällen sogar gegen die eigene Szene.
Da sich die Personen nicht mehr objektiv mit ihren Leistungen auseinander setzen kommt es zu keiner Entwicklung. Fehler werden wiederholt weil sie garnicht als solche erkannt werden.
Man badet sich in einem Scheinbild und verliert jeglichen Bezug zur Wirklichkeit.

Ein paar Beispiele:
Chroniken auf den Antifa-Seiten werden nicht aktualisiert..Infos die dort hin gesendet werden erscheinen einfach nicht.
In Neukölln gehen Antifas eher aufeinanderlos (verbal, körperlich und auf Indymedia) als Anti-Nazi-Arbeit zu machen.
Die letzte ABSO Demo war in ihrer Auswertung nicht zu überbieten... trotz einem riesen Bündnis (ca. 16 Gruppen) kamen nur knapp 200 Leute zur Demo. Die Mobilisierung wurde total vergeigt und anstatt sich damit auseinader zusetzen wurde einfach die Teilnehmerzahl auf 500 fast verdreifacht und weitergemacht als wäre nichts geschehen.

Am 02. Dezember wollen Nazis erneut durch den Süden von Berlin demonstrieren und wieder wird vom ABSO so gut wie garnicht mobilisiert. Hoffentlich wird dieses Vakuum von Antifaarbeit im Süden von Berlin von den Gruppen aus Berlins Mitte getilgt.
Am 02. Dezember muss unbedingt mehr laufen als nur ne lächerliche Kundgebung mit PDS und Grünen und 100 Teilnehmern..Nazis stoppen. Für eine kreative Antifaaktion im Süden.

verzickt

beobachter 13.11.2006 - 18:28
bin diese verzickte debatte langsam leid:In Göttingen waren 190 nazis unter führung von worch zu einem unbdeutenden bahnhofsvorplatz aufmarschiert 6000 Polizisten und dreitausend gegendemonstranten würdigten diesen vergleichsweise nichtigen anlaß-in berlin war die gesamte npd -spitze versammelt und konnte ungestört vom marsch in die "Reichshauptstadt" schwadronieren- 700 Polizisten kamen -und nur 400 Nazi-Gegner (das wetter in berlin war nicht besser und nicht schlechter als göttingen)-am zweiten parteitagstag war gar niemand auf der gegnerseite erschienen-die npd konnte sich über die medeien selbst definieren-für journalisten gab es keine anderen als npd- o- töne.So kann man den faschos auch das feld überlassen.ich stelle mich mit(fast) jedem in die reihe, wenn es gegen nazis geht- aber wenn keiner kommt ist es einfach mistDie einzigen, die wirklich ein Opfer gebracht haben, waren die Markthändler in Renickendorf- die verzichteten auf die einnahmen eines ganzen tages,(und sie sind keine großverdiener),um die gegendemo überhaupt erst möglich zu machen .chapeau.das mußte mal gesagt werden

nochmal versus Provinz

aucheinberlinerantifa 13.11.2006 - 21:02
Ja, Provinzi, ich meine in der Tat, dass antifaschistischer Kampf sich generell und besonders in Berlin eher an der Kontinuität meinerthalben auch kleinerer Aktionen misst als an der Anzahl der Leute(zumindest in einer Stadt, wo es ständige Auseinandersetzungen mit Nazis auf allen Ebenen gibt, wie bereits von mir beschrieben...)und dann kannst du das von mir aus auch so lesen, dass ich einem solchen Parteitag keine größere Bedeutung einräumen mag, als einem Antifa-Konzert in dem Nazikiez Lichtenberg oder Kampagnen gegen die NPD-Zentrale. Deshalb finde ich es auch komisch komisch, wenn Provinzler den Aktivismus Berliner Antifas an einem Tag und einer verpatzten Aktion messen, weil es in den meisten West-Provinzen tatsächlich andere bzw. weniger Probleme diesbezüglich gibt. Im übrigen: Noch lächerlicher ist der Vergleich zwischen Göttingen und Berlin- in Göttingen war ein zivilgesellschaftlicher Aufmarsch gewollt und erwünscht, deshalb sind auch nicht 6000 Antifas, sondern vor allem tausende Bürger auf die Strasse gegangen- ob das perse so fortschrittlich und kritisch ist, ist eine andere Frage, wenn Provinzler ihre Kleinstadt "sauber" von Nazis halten wollen und sich Einzelhändler um ihre Umsätze sorgen!(etwa vergleichbar mit dem 8.Mai in Berlin 2005, wo auch nicht 10000 Antifas, sondern in der Mehrzahl eklige rot-grüne Deutschlandfans gegen Nazis protestierten)
In Berlin gibt es eben mehr und anderes zu tun, sorry (ausser vielleicht in einer Ost-Provinz, wos den täglichen survival-Kampf für Antifas und linke Projekte allgemein gibt).

Mediale Präsenz

Winston Smith 14.11.2006 - 10:07
Das mediale Echo und die schon panische Reaktionen der Politiker auf den Parteitag der NPD war ein Geschenk an diese. Ein Ereignis, das ansonsten vor Desinteresse umgekommen wäre, bot ihr so die Bühne, sich als normale Partei zu präsentieren, die zudem gegen jeden Widerstand "der da oben" ihr Grundrechte als Partei durchsetzt.

Wenn in Berlin nun die Gegendemonstration so mager ausfiel, dann ist das der verbliebenen Vernuft zu danken. Auf irgendeiner Gegendemonstration herumzulungern hat nur wenig mit linkem Handeln zu tun. Nur zu reagieren statt zu agieren hat noch nie genutzt.

Es scheint leider geübte Praxis der - kleinstädtischen - Antifa, jeden noch so unbedeutenden Naziaufmarsch zu adeln, indem man ihm eine Gegendemonstration andient. Anstelle eines verlorenen Häufchens Elend, dem Ignoranz entgegenschlüge, wird der Aufmarsch so erst präsent.

Die Strategie der NPD im besonderen, ist vielschichtig, u.a. rigide gesteuerte Demonstrationen, um die Larve der Friedfertigkeit tragen zu können; Gewalt nur in der Nichtöffentlichkeit, um Kontrolle zu erlangen.

Nicht zu vergessen in diesem Spiel die allseits beliebten militanten Antifas, die, besonders tragisch, die Rechten - ungewollt - propagandistisch unterstützen. Dem Außenstehenden schaffen sie folgendes Bild: Hier die Rechten, scheinbar friedlich, dort die Linken, ein geifernder Mob, dessentwegen die Polizei in Hundertschaften anrücken muß, um ihn zu hindern, wie ein Rudel tollwütiger Hunde über die Rechten herzufallen.

Die NPD braucht das öffentliche Interesse ihrer Veranstaltungen. Sie bieten ihr Raum, sich auszustellen und vom wahren Kern abzulenken. Jede Gegendemonstration unterstützt sie dabei, besonders wenn sie von einem "breiten Bürgerbündnis" ausgerufen wird. So erlangt man die gewünschte Medienpräsenz. Ohne diese ginge sie unter.

Es bringt nichts, in Zeitungen und Fernsehen lang und breit einen NPD-Aufmarsch zu beklagen und ihn dabei als friedliches Stelldichein zu zeigen, im Nachsatz gebetsmühlenartig aber immer wieder deren Gewaltpotential zu behaupten. Viel wichtiger ist es, lang und breit z.B. über Verhalten, Vorstrafen der NPD-Mitglieder zu berichten und nur in einem Nachsatz darüber, daß sie wenigstens während eines Aufmarsches friedlich blieben.

Ich will niemanden schelten, der an einer Gegendemonstration friedlich teilnimmt. Die Sinnfrage ihres Handels stellen sich ohnehin nur noch sehr wenige. Auch ist mir klar, daß gerade in Kleistädten und auf dem Land sonst nicht viel los ist und man ja nicht nur vor dem Fernseher sitzen kann. Doch der Reflex "Naziaufmarsch - Gegendemonstration" nutzt, wenn überhaupt jemandem, dann den Rechten. Und dafür sollte man seine Zeit nun wirklich nicht verschwenden.

Kein Durchblick mehr

Katze 14.11.2006 - 10:59
Also, ich blicke langsam nicht mehr durch. Ich habe das Gefühl, es zählt nicht mehr, dass möglichst viele Menschen gegen Rechts auf die Straße gehen, sondern wer. Habe den Eindruck, dass es viele unter der radikal Linken gibt, die meinen, dass einzig sie die Legitimation haben, gegen Nazis zu sein. Nach dem Motto: Bürger und Medien haben sich bitteschön nicht aufzuregen und wenn sie es tun, kriegen sie nicht unsere Unterstützung. Worum geht es eigentlich, verdammt noch mal?
Und dann diese Meinung, man würde den Naziaufmärschen und -protesten dadurch überhaupt erst Aufmerksamkeit geben. Ist das nicht die Wohnzimmer-Ansicht vieler Spießbürger, die eher die linken Gegendemonstranten als die Neonazis selbst verurteilen? Und, wie kommt es dann, dass rechte Demos mit maximal 100 Teilnehmern dafür sorgen, dass sofort ein halber Stadtteil brennt, wenn sie beispielsweise in Berlin-Friedrichshain stattfindet? Vielleicht sollte man eher gegen die zunehmenden Massenveranstaltungen der Nazis Flagge zeigen als gegen Pupskundgebungen der Nasen. Solche Veranstaltungen werden nämlich durch brennende Mülltonnen meist überhaupt erst publik gemacht und auf diese Weise zu einem Erfolg für die Nazis!
Fakt ist doch eins: Berlin-Reinickendorf war für die meisten Berliner zu unbequem und zu weit (damit meine ich alle, nicht nur die Radikalen), das können sich die meisten nicht eingestehen. Ich wette, wenn der Parteitag zentraler stattgefunden hätte, wären spontan und ohne Mobilisierung zehnmal so viele gekommen. Und das ist doch das eigentlich Traurige.

Mehr Politpromis als Antifa

berliner 14.11.2006 - 15:57
Wer am Samstag auf der Gegendemo war, konnte leidlich feststellen, dass dort mehr Politprominenz war, als "klassische" Antifa. Die Frage ist natürlich: hängt das miteinander zusammen? Wenn die Parteien gegen Rechts (dürftig) mobilisieren, schließen sie dann die Antifa aus? Oder schließt sich die Linke selbst aus? Und ist es sinnvoll bei einem bedeutenden Ereignis wie dem Bundesparteitag der NPD - es war eben keine 80-Mann-Nazi-Demo - eine Strategie der Nichtbeachtung zu fahren?

Die Berliner Linke, und das kann mensch hier an den Ergänzungen (auch den wegzensierten) gut sehen, steht vor einer Diskussion um den Umgang mit den immer zahlreicher werdenden Nazi-Aktivitäten in der Hauptstadt. Und diese Diskussion scheint mehr als notwendig, da eine quasi wöchentliche Mobilisierung nicht sinnvoll erscheint, sondern eher zur Ermüdung der AktivistInnen beiträgt.

Darin liegt selbstverständlich auch eine Strategie der rechten Szene, die sich immer mehr in der NPD bündelt. Sie will durch "Abnutzung" rechte Aufmärsche und Parteitage zum Alltag machen. Die Parteien und Gewerkschaften haben auf der Gegendemo in Berlin-Reinickendorf gezeigt, dass sie zu einer großen Mobilisierung nicht fähig und willens sind. Eine "Zivilgesellschaft auf Knopfdruck" funktioniert eben auch nicht.

Als Argumente für eine mangelnde Mobilisierung werden zunehmend auch lokale Faktoren genannt. So werden NPD-Demonstrationen in Berlin-Friedrichshain und Kreuzberg auf absehbare Zeit nicht möglich sein, während selbst Bezirke wie Prenzlauerberg kaum noch Gegenwehr bieten. Die Verwurzelung linker Strukturen und einer Sensibilität einer Mehrheit der BewohnerInnen gegenüber den Rechten ist also die Grundlage für funktionierende Gegenaktivitäten. Hier sind lokale Bündnisse mit größerer Mobilisierungskraft notwendig. Eine Scheu vor Zusammenarbeit mit Parteien, so berechtigt die Kritik daran ist, hilft im Kampf gegen die Faschisten nicht weiter.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Guter Artikel... für die NPD — Amateurlinguist

lächerlich? — völlig egal

Armutszeugnis — crocodil

Arm — ..

Nicht viel planen — Gregor

Provinz versus Großstadt — Auch Berliner Antifa

@FreeWatch — NIX NEUES

@alle — Amateurlinguist

Zensur — Peter

@aucheinberlinerantifa — Provinzi

@Pankow Pirker — Oldschool Antifa

Allet wird Jut!!! — Jutti

Schade — autonome antifa

Abartig — Penny

vielleicht — quetsche

@beobachter — aucheinberlinerantifa