Freiburger Putzgruppe gegen Seuchengefahr

all colours are beautiful 10.11.2006 14:50 Themen: Freiräume Repression Soziale Kämpfe
In Freiburg werden die Straßenpunx in letzter Zeit bewusst und organisiert von den Bullen schikaniert. Betteln gibt Platzverweis und ein wiederholt unangeleinter Hund die Beschlagnahme des Tieres. Am 9. November 2006 kontrollierten Bundesbullen und Freiburger Bullen die Straßenpunx gleich drei Mal. Vier Straßenpunx wurden in „Beseitigungsgewahrsam“ genommen, gegen SympathisantInnen wurden Innenstadtverbote verhängt.
Um 15:30 Uhr wurden die etwa ein Dutzend Straßenpunx am Platz vorm KG II in der Bertoldstraße kontrolliert. Um 19:30 Uhr fuhren die Bundesbullen am Konrad-Adenauer-Platz vorm Konzerthaus drei Six-Packs und zwei Streifenwagen sowie die Freiburger zwei Streifenwagen vom Revier Nord auf. Diesmal war die Kontrolle deutlich brutaler. Ohne Grund wurde einem Punk der nach einem Bruch gerade erst verheilte Arm trotz Protesten auf den Rücken gedreht. Allen wurde gesagt, sie bekämen Anzeigen wegen „illegalen Lagerns“. Erst kürzlich mussten zwei Straßenpunx deswegen jeweils 300 Euro zahlen.

Um 22:30 Uhr besetzten die Straßenpunx das Dach eines Containers am Platz der Alten Synagoge, hängten Transparente „Gegen Vertreibung“ und „Nieder mit dem Polizeistaat“ auf und hörten Punk. Der Container gehört der Bürgerinitiative „Wohnen ist Menschenrecht“ gegen den Verkauf der Stadtbauwohnungen, die damit für ein „Ja“ bei der am Sonntag anstehende Abstimmung wirbt. Eine Sprecherin der Bürger-Ini machte die klare Ansage, dass sie keine Einmischung der Polizei wolle.

Daran hielten sich die etwa 30 Bullen nicht: Sie setzten Hunde, Staatsschutz, Schlagstöcke und Kameras ein, haben gestoßen, abgetastet, kontrolliert und eine Person beim Holen von Erfrischungsgetränken brutal festgenommen. Insgesamt wurden vier Straßenpunx in „Beseitigungsgewahrsam“ genommen, mindestens einem Punk wurde eine Anzeige wegen „Beleidigung“ und „versuchter schwerer Körperverletzung“ wegen eines angeblichen Flaschenwurfs angedroht. Die Bullen ermitteln laut Pressemitteilung wegen „Beleidigung“, „Sachbeschädigung“, „Ruhestörung“ und wegen des „Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz“, angeblich fanden sie einen Teleskopschlagstock.

Einem der Straßenpunx wurde in Polizeigewahrsam trotz mehrmaligen Bittens nicht gestattet auf Toilette zu gehen, woraufhin er in die Wanne pisste. Gegen die übrigen Straßenpunx wurden Platzverweise ausgesprochen. Im Verlauf der Besetzung kamen zwei Dutzend SympathisantInnen zum Platz der Alten Synagoge, um nach dem Rechten zu sehen. Auch gegen Personen aus dieser Gruppe wurden Platzverweise verhängt. Beim Versuch, die brutale Festnahme zu dokumentieren, drohten die Bullen mit der Beschlagnahme der Kamera.


Schluss mit den Angriffen auf die Straßenpunx!

Communiqué vom 22.10.06

Am Nachmittag des 4. Oktober trauerten die Straßenpunx nach der Beerdigung einer Freundin. Gegen 17 Uhr wurden sie am Platz der alten Synagoge von einer kleinen Gruppe Männer mit den Worten „Dreckspack! Ihr scheiß Zecken habt kein Recht zu trauern!“ angepöbelt. Die Straßenpunx konnten die Gruppe verbal vertreiben. Die Aggressoren holten jedoch telefonisch Verstärkung und überfielen dann gemeinsam eine Straßenpunkerin in der Nähe. Sie rammten ihr eine Bierflasche ins Gesicht, so dass die Frau aus Mund und Nase blutete. Die Bierflasche ging zu Bruch, einer der Angreifer hob eine Scherbe auf und attackierte damit ihr Gesicht. Glücklicherweise konnte sie noch ihre Arme heben, doch ihre Hand wurde so mehrfach aufgeschnitten.

Wie schon die BZ am 6. Oktober berichtete, wurden die Straßenpunx dann am Abend des 4. Oktober kurz vor Mitternacht von einer anderen Gruppe Männer angegriffen. Diese Gruppe attackierte die Straßenpunx zuerst mit Fäusten und Tritten, um dann einem Punk eine Flasche auf den Kopf zu schlagen. Die Straßenpunx wehrten sich, woraufhin einer der Angreifer ein Messer zog und damit zwei Straßenpunx lebensgefährlich und einen leicht verletzte. Zynischerweise will nun der Staatsschutz, also die politische Abteilung der Kriminalpolizei, den Opfern eine Anzeige wegen schwerer Körperverletzung anhängen.

Im Moment gibt es mehrere Verfahren gegen PolizistInnen wegen der Polizeigewalt am 29. Juli. An diesem Tag kesselte die Polizei 300 Menschen ein und schleifte eine Straßenpunkerin über den Platz der alten Synagoge, obwohl sich die Frau nicht wehrte. Eine andere Straßenpunkerin erlitt einen epileptischen Anfall in Polizeigewalt. Die Polizei schirmte die Frau ab und versagte ihr minutenlang ärztliche Hilfe. Trotz der Rufe besorgter Umstehender wurden ihr nicht einmal die Kabelbinder abgenommen, mit denen ihre Hände auf dem Rücken gefesselt waren.

Gleichzeitig bereitet die Stadt Freiburg mit schikanösen Kontrollen und anderen Einschüchterungsversuchen der Polizei die Räumung des derzeitigen Wohnortes der Straßenpunx am Alten Schießplatz in der Hermann-Mitsch-Straße vor. Dort leben sie seit ihrer Enteignung und Räumung vom Ponyhof neben dem Eselswinkel, auf den dann die Schattenparker gezwungen wurden. Die Stadt gab vor, das von den Schattenparkern favorisierte benachbarte Gelände der Stiftungsverwaltung an ein Möbelhaus verkaufen zu wollen und begründete so nachträglich die Räumung der Straßenpunx vom Ponyhof.

Offenbar hat die Stadt mit dem Alten Schießplatz ähnliche Pläne und so besteht die Befürchtung, dass die Straßenpunx schon wieder dem grünen Oberbürgermeister Dieter Salomon im Weg sein könnten. Erinnert sei in diesen Zusammenhang an Salomons respektlose und verächtliche Worte während der Gemeinderatssitzung am 1. August, dem Tag der Räumung der Straßenpunx: Eigentlich hätte er zur Räumung „nicht die normale, sondern die Seuchenpolizei“ schicken sollen.

Antifa Freiburg

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Ergänzungen

BZ-Artikel

Ein Zeuge aus der linken Szene 11.11.2006 - 05:43
Badische Zeitung vom Samstag, 11. November 2006

Punks contra Polizei

Auseinandersetzung vor dem Container der Bürgerinitiative

Zu einem größeren Polizeieinsatz am Container der Bürgerinitiative "Wohnen ist Menschenrecht" (WIM) vor dem Kollegiengebäude II am Platz der Alten Synagoge kam es am späten Donnerstagabend, nachdem sich zahlreiche Anwohner bei der Polizei beschwert hatten. Die Punks, von denen einige stark alkoholisiert waren, hatten sich am Container der Bürgerinitiative gegen den Wohnungsverkauf versammelt und zum Teil auf diesen draufgesetzt, ein Transparent mit der Aufschrift "Gegen Vertreibung" aufgehängt, gegrölt und laut Musik laufen lassen. Die Polizisten wurden von den Punks beschimpft, außerdem flog eine Bierflasche vom Container auf die Straße.

Augenzeugen kritisierten, dass ein Punk, der über die Ampel Richtung Bahnhof gelaufen war, von zwei Polizisten verfolgt und gewaltsam an den Armen weggeschleift worden sei. Grünen-Stadträtin Monika Stein, die vor Ort war, kritisierte dieses Vorgehen ("Ich fand das völlig überzogen") ebenso wie die Größe des Polizeieinsatzes als unverhältnismäßig, auch wenn es von Seiten der Punks Dinge gegeben habe, die nicht in Ordnung gewesen seien. Ein anderer Augenzeuge behauptete, dass der Staatsschutz vor Ort gewesen sei, dies bestritt die Polizei.

Der hinzugerufene Grünen-Stadtrat Coinneach McCabe versuchte zu beschwichtigen und zu vermitteln. Am Ende wurden bei neun Punks die Personalien ermittelt, vier wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, gegen die anderen wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Bei der Durchsuchung fand sich ein Teleskopschlagstock. Einer der in Gewahrsam Genommenen urinierte in ein Fahrzeug der Polizei. Diese ermittelt wegen Beleidigung, Sachbeschädigung, Ruhestörung und des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Ein Zeuge aus der linken Szene erklärte, dass die Punks an diesem Tag bereits zweimal kontrolliert worden seien und dies als provokativ empfunden hätten; am Container mit dem WIM-Motto "Wohnen ist Menschenrecht" hätten sie auf ihre Situation aufmerksam machen wollen.

fz

No-Go-Area für Straßenpunx

Antifa Freiburg 15.11.2006 - 14:27
Gegen die jüngsten Schikanen der Bullen protestierten die Straßenpunx mit der Besetzung eines Containerdachs am Platz der Alten Synagoge. Daraufhin hat einer der Punks von den Bullen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für die gesamte Innenstadt ausgesprochen bekommen. Er darf sich also an keinem Platz der Freiburger Innenstadt länger aufhalten, geschweige denn hinsetzen.

BZ-Artikel

Ein Zeuge aus der linken Szene 28.11.2006 - 18:45
Badische Zeitung vom Freitag, 17. November 2006

Punks zeigen sich irritiert

Gespräche und Platzverweise

Die Gruppe der Punks, die sich vor etwa vier Wochen auf dem ehemaligen Schießplatz der Französischen Armee häuslich eingerichtet hat, zeigt sich irritiert: Einerseits sind sie seit vorgestern mit dem städtischen Amt für Liegenschaften im Gespräch wegen eines Unterkommens in der Schwarzwaldstraße 69 - andererseits bekamen sie gestern Platzverweise für das Gebiet am Rotteck-Denkmal (Bertoldstraße) ausgesprochen. In der Sitzung des Sozialausschusses des Gemeinderats, in der es auch um die Straßensozialarbeit mit Obdachlosen ging, versuchten die Punks gestern Abend friedlich auf ihre Situation aufmerksam zu machen (was die Tagesordnung aber nicht zuließ). Derweil bestätigte Edith Lamersdorf, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, die Verhandlungen zwischen Liegenschaftsamt und Punks; es sei aber noch keine Lösung gefunden. Im übrigen, sagte Edith Lamersdorf: "Es gibt keine Räumungsverfügung für den alten Schießplatz."

gmk

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So läuft der Organisierte Widerstand! — Leila das RAFFI Killa

wie bitte — auch

strassenpünx — sind nicht meine freunde

Es geht immer weiter... — Autonom@ntifA