MR: Aktionen gegen Antifa-Symbol-Verbot

ACN 09.11.2006 00:37 Themen: Antifa Repression
Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass auch in Marburg gegen Antifa-Symbole vorgegangen wird. Der REP-Fraktionsführer Manfred THIERAU ging einen bekannten Antifaschisten im Marburger Kreistag verbal an und rief nach der Polizei. Diese leitete ein Ermittlungsverfahren ein, weil ein Anstecker mit durchgestrichenem Hakenkreuz "Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole" sein soll. Hunderte Aufkleber und viele Plakatüberkleber rücken diesen Vorfall nun in die Öffentlichkeit.
Im Indymedia-Artikel "Stuttgart jetzt auch in Marburg" wurde von dem Vorfall im Marburger Kreistag bereits berichtet. Das - noch nicht rechtskräftige - Stuttgarter Urteil gegen den antifaschistischen Nix-Gut-Versand wegen des Verkaufs angegblich verfassungsfeindlicher Symbole (durchgestrichene, zerschlagene oder anders verfremdeter Hakenkreuze) hat in verschiedenen Städten bereits Kreise gezogen. Offensichtlich nutzt die Polizei die unklare Rechtslage durch das absurde Urteil aus, um unbeliebte politische GegnerInnen - AntifaschistInnen - zu attackieren. Zuletzt deutete der gestrige Indymedia-Bericht zur Hausdurchsuchung in Bitterfeld wegen eines durch eine Faust zerschlagenen Thor Steinar-Symbols auf diese politisch motivierte Strafverfolgung hin. In Marburg machte sich mit dem Fraktionsvorsitzenden der REPs, Manfred THIERAU, nun ein Rechtsextremist selbst diese Taktik zu eigen und rief die Kollegen (Thierau ist nach offiziellen Angaben selbst Polizeibeamter) zu Hilfe.

Aktionen gegen Repression in Marburg

Seit kurzem machen in Marburg veränderte Werbeplakate und massenhaft verteilte Aufkleber auf den Vorfall aufmerksam. Mit der Spruchblase "Zeig mich an, Thierau. Ich bin auch gegen Nazis." und einem durchgestrichenen Hakenkreuz zeigen Katzen und Hunde, Prominente, Denkmäler und andere Werbefiguren Zivilcourage. Weitere Spruchblasen sollen auch gesichtet worden sein, davon liegen aber noch keine Bilder vor. Die Plakatwände und auch die Aufkleber verweisen auf die Internetseite www.polizei-rechte.de.vu, wo seit einiger Zeit über Vorfälle berichtet wird, wo Polizei und Nazis fragwürdige Kooperationen eingegangen sind. Dort wird auch über die Person Manfred THIERAU berichtet.

An hunderten Stellen wurden Aufkleber mit den Aussagen "Antifaschismus verboten? www.polizei-rechte.de.vu", "Wenn Rechte zu AntifaschistInnen werden... www.polizei-rechte.de.vu", "Polizei & Nazis im Marburger Kreistag Hand in Hand... www.polizei-rechte.de.vu", "Nazis bei der Marburger Polizei Beispiel 1: Manfred Thierau (Fraktionschef der Reps im Kreistag) www.polizei-rechte.de.vu", "Was haben Reps gegen Hakenkreuze? Nichts, außer sie können Linke damit attackieren... www.polizei-rechte.de.vu", "Nazis in die Tonne: www.kein-hakenkreuz.de.vu" angebracht. Die Adresse www.kein-hakenkreuz.de.vu verweist auch auf die Infoseite zu Vorfällen, bei denen Polizei bzw. Justiz Nazis zugearbeitet haben.

Inzwischen hat der Generalstaatsanwalt in Frankfurt seine Untergebenen angewiesen, bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes alle Ermittlungsverfahren nach § 86a StGB wegen durchgestrichener Hakenkreuze einzustellen.

Durchgestrichenes Hakenkreuz kriminalisiert in Tübingen

In Tübingen hatte die örtliche Staatsanwaltschaft bereits Mitte 2005 ein Verfahren gegen einen Mensch wegen Tragen des inzwischen auch in Marburg kriminalisierten Ansteckers eingeleitet. 200 EUR umfasste der Strafbefehl, der in erster Instanz zwar auf 50 EUR reduziert, aber trotzdem bestätigt wurde. Erst das Landgericht widerlegte mit seinem Freispruch Anfang 2006 die Rechtsauffassung, dass es sich um einen Fall von Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole (§ 86a StGB) handele. Vielmehr sei eindeutig, dass die TrägerIn damit ihre antifaschistische Gesinnung zum Ausdruck bringe, was durch das international bekannte Verbotszeichen auch im Ausland nicht missverstanden werden könne. Der Spiegel berichtete recht ausführlich über diesen Fall.

Weiterer Indymedia-Artikel zum Tübinger Fall:



Jagd auf Antifa-Symbole in Stuttgart

Im August 2005 beschlagnahmte die Stuttgarter Polizei nach einer achtstündigen Hausdurchsuchung zehntausende Flyer, Kataloge und Verkaufsartikel des antifaschistischen Versandes Nix-Gut ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 86a StGB. Die Staatsanwaltschaft behauptet, sie wolle damit "den Anfängen wehren", indem sie keinerlei Hakenkreuze zulasse, auch nicht die, die sich eindeutig gegen Nazis richten. Abenteuerlich konstruiert sie, es bestünde die Gefahr, dass AusländerInnen das durchgestrichene Hakenkreuz nicht als solches erkennen würden, sondern nur das Nazi-Symbol sehen würden (mehr dazu). Dass das Tübinger Urteil eine völlig andere Auffassung vertritt, ist den Stuttgarter RichterInnen (hier gab es auch bereits ein zweitinstanzliches Urteil mit negativem Ausgang für den Nix-Gut-Versand) offensichtlich egal oder nicht bekannt.

Der antifaschistische Inhaber des Versands bekommt in seinem Widerstand gegen die Repression der Stuttgarter Behörden prominente Unterstützung aus Politik und Kultur. Es gab in den letzten Monaten diverse mehr oder weniger kreative Aktionen, um die Absurdität des Urteils öffentlich zu verdeutlichen, u.a. die Selbstanzeige der Grünen-Politikerin Claudia Roth oder die subversive Anzeige gegen die OrganisatorInnen der Fußballweltmeisterschaft wegen der Verwendung der gleichen Symbole. Da er gegen das Urteil des Landgerichts Rechtsmittel eingelegt hat, ist dieses immer noch nicht wirksam. Ausführliche Infos gibt es auf der Seite www.dagegen-bleiben.de.

Weitere Indymedia-Artikel zu Stuttgarter Fällen:



Verfolgung von AntifaschistInnen in Dresden wegen §86a

Anfang Oktober wurde die Wohnung eines Dresdner Antimilitaristen von LKA-BeamtInnen durchsucht, um ihn ebenfalls wegen § 86a StGB zu belangen. Er hatte auf seiner Internetseite einen Aufkleber wiedergegeben, der in der Stadt aufgetaucht war und auf eine Bundeswehr-Veranstaltung hinweisen sollte. Abgebildet war wohl ein Helm mit SS-Rune, der trotz eindeutiger Anti-Nazi-Verwendung nach § 86a StGB verfolgt werden soll.

Hinzu kommt die die strafrechtliche Verfolgung zweier AntifaschistInnen, die beim Kleben von Plakaten gegen den diesjährigen Neonazi-Gedenkmarsch zur Bombardierung Dresdens mobilisierte. Darauf abgebildet waren zwei Bilder der Stadt: eines vor der Bombardierung, worauf auch die vielen Naziflaggen zu sehen waren, und eines danach. Auch hier soll es sich um das Zeigen von Symbolen verfassungsfeindlicher Organisationen handeln, das aber nach § 86a dann nicht strafbar ist, wenn es wie in diesem Zusammenhang der geschichtlichen Dokumentation, Aufklärung und Abwehr dieser "verfassungsfeindlichen Organisationen" dient. Das regelt § 86 Abs. 3 StGB, der ausdrücklich auch für den § 86a herangezogen werden muss.

Hamburg: Antifa-Material beschlagnahmt

Offensichtlich wird auch in Hamburg gegen Antifa-Material mit durchgestrichenem Hakenkreuz vorgegangen. Am 9.12.06 beschlagnahmte die Bundespolizei diverse Aufkleber, Buttons etc. - während gleichzeitig in anderen Bundesländern selbst seitens der Repressionsapparate entschieden wurde, von dieser haarsträubenden Praxis abzusehen.

Repression gegen Antifa-Symbole in anderen Fällen



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Ergänzungen

Broschüre Verfassungsschutz

T 17.11.2006 - 15:57
Ich bin mir recht sicher das auf den Seiten des Verfassungschutzes oder BMI vor noch nichtmal einem Jahr eine Broschüre bestellbar oder als PDF downloadbar war, in der eindeutig gesagt wurde das eindeutig ablehnende Symbolik in Bezug auf Hakenkreuze etc. erlaubt sind.
Hat denn niemand mal sowas aufgehoben oder archiviert?

ganz klare sache

jgfuih 24.11.2006 - 00:58
Das Zentrum der Anlage besteht aus einer 12 Meter hohen und 70 Tonnen schweren Bronzestatue, die einen sowjetischen Soldaten mit einem Schwert zeigt, der ein deutsches Kind auf dem Arm trägt. Zu seinen Füßen befindet sich ein zerbrochenes Hakenkreuz. Das Kind soll dabei das unschuldige Volk darstellen, das nun in den Armen des Retters einer besseren Zukunft entgegensehen kann

 http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Berlin_Treptow_Ehrenmal_07.jpg
 http://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetisches_Ehrenmal_(Treptower_Park)

Laut »Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft« stehen diese und andere Anlagen unter staatlichem Schutz. Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden. Der Nachbarschaftsvertrag, 1990 zwischen Deutschland und der Sowjetunion abgeschlossen, legt die Zuständigkeit des Bundes für die Mahnmale fest.


HIER STEHT EIN ZERSCHLAGENES HAKENKREUZ UNTER STAATLICHEN SCHUTZ

Spruchblasen zum Ausdrucken

InformantIn 26.11.2006 - 18:33
Unter  http://www.projektwerkstatt.de/download/download_da_vorlagen.html gibt es diese und weitere Spruchblasen zum Download (auch Aufkleberbögen zum Selbstausdrucken etc.). Möglicherweise wurden auch die bei der hier beschriebenen Aktion verwendeten Spruchblasen direkt von der Seite runtergeladen...

noch mehr Aktionen

LinksetzerIn 26.11.2006 - 18:47

Dokumentation eines Strafverfahrens

Dokumenteur 16.06.2009 - 16:38
Das Strafverfahren in Dresden, welches sich um die "SS-Doppelsigrune" auf einem Aufkleber (dort: auf einem unter mehreren Helmen - Überschrift: "Vergangenheit und Gegenwart") dreht, ist nach nunmehr über zwei Jahren eröffnet worden. Es wird hier dokumentiert.

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