Brunsbüttel: Demo gegen Laufzeitverlängerung

Timo Eckhardt 05.11.2006 16:11 Themen: Atom
Am 4. November 2006 fand die erste Demonstation des Aktionsbündnisses "Brunsbüttel stillegen - jetzt!" statt. Über 400 Teilnehmer fanden sich an der Zufahrt zum AKW Brunsbüttel zusammen, um die Abschaltung des unsichersten Reaktor Deutschlands einzufordern.
Das Atomkraftwerk Brunsbüttel machte in den vergangen Jahren immer wieder aufgrund zahlreicher Störfälle und Betriebsfehler auf sich aufmerksam. Der wohl schwerste Unfall ereignete sich im Dezember 2001, als eine Rohrleitung in unmittelbarer Nähe zum Reaktordruckbehälter durch eine Wasserstoff-Explosion vollständig zerstört wurde. Die Betreiberfirma Vattenfall ließ die Anlage ohne eine genaue Überprüfung der Schäden in Betrieb. Erst durch ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde konnte ein Herunterfahren des Reaktors erzwungen werden.
Nachdem das schwedische Atomkraftwerk Forsmark, welches auch von Vattenfall betrieben wird, im Juli 2006 aufgrund eines Störfalls in der Notrstromversorgung knapp einer Havarie entging, kamen erneut Zweifel an der Sicherheit auf. Die Frage lautete, ob die Vorfälle in Forsmark auch auf deutsche AKW übertragbar seien. Laut einem Bericht der Deutschen Umwelthilfe ist die in Brunsbüttel verwendete Notstromversorgung auf Betriebsstörungen schlechter vorbereitet als die Anlage in Forsmark.
Trotz der Vereinbarungen des Atomkonsenses gilt die Zusage von Vattenfall, das Kraftwerk 2009 stillzulegen, nun nicht mehr. Denn in der in den vergangenen Monaten erneut aufflammenden Debatte um eine Renaissance der Atomenergie sehen die Betreiber eine Chance, Laufzeitverlängerungen für ihre Reaktoren zu erzielen. Auch Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) spricht sich für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken aus. "Der Strompreis in Schleswig-Holstein könnte sinken, wenn das Atomkraftwerk Brusnbüttel länger als 2009 am Netz bleibt", sagte Austermann den "Lübecker Nachrichten" (Sonntagsausgabe).

Seit Ende des Jahres 2006 besteht nun ein Aktionsbündnis, welches sich die sofortige Abschaltung des "Pannenreaktors" zum Ziel gesetzt hat. Dieses Bündnis, genannt "Brunsbüttel stillegen - jetzt!" hat die Brunsbütteler Erklärung verfasst, in der die sofortige Abschaltung des AKWs gefordert wird. Am 4. November 2006 fand nun die erste vom Aktionsbündnis organisierte Demonstration statt. Insgesamt rund 400 Personen aus Hamburg, Berlin, Lüneburg, dem Wendland und verschiedenen Orten aus Schleswig-Holstein fanden sich vor dem Tor des AKW zusammen. Jochen Stay von der Aktionsplattform x-tausend-mal-quer betonte, mit der Debatte um die Laufzeitverlängerung gehe es in eine neue Runde im gesellschaftlichen Streit um die Atomkraft. Gerade jetzt sei es besonders wichtig, den Unternehmensinteressen der Energieriesen auf der Straße die Stirn zu bieten. Die bundesweiten Proteste gegen die von der HypoVereinsbank und der Deutschen Bank geplanten Überlegungen zur Finanzierung eines bulgarischen Atomkraftwerks, mit der die beiden Banken zum Abbruch ihrer Verhandlungen bewegt werden konnten, hätten dies gezeigt. Der Castor-Transport am kommenden Wochenende biete dazu erneut Gelegenheit.
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Ergänzungen

Nur Heuchelei: Blairs Klimaschutzinitiativen

Xerexes 05.11.2006 - 18:40
Am Dienstag wird die Internationale Energie Agentur (IEA)
einen Ausbau der Kernenergie zur Verhinderung des Klimawandels fordern. Auch in den G8 Staaten versucht die Regierung Blair diese Politik zu forcieren. (s. dazu:  http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/643/90553/ ). Am Donnerstag besetzte eine Gruppe von 30 Greenpeace-Aktivisten eines der größten CO2 Dreckschleudern Englands, das Kohlekraftwerk in Oxfordshire, und legten es kurzfristig still.
 http://www.indymedia.org.uk/en/2006/11/355045.html

Sie machten damit auch auf die heuchlerische, neuerdings angeblich klimafreundliche Politik Blairs aufmerksam, zu der sie feststellten:

Under Tony Blair:
I.- The use of coal for electricity generation has gone up from 47.3 to 52.5 million tonnes a year
II. - Between the second quarters of 2005 and 2006 coal-burn for electricity rose by 10.5%
III. - UK Co2 eimissions have risen since 1997, from 549 million tonnes CO2 to 561.5 million tonnes of CO2. C02 emission in 2005 were only 5.5% below 1990 levels, way off the government's target of a 20% cut by 2010.

Zeitgleich Demonstration zum AKW Biblis

Widerwelle 05.11.2006 - 19:03
Zeitgleich demonstrierten ca. 400-500 Menschen gegen das AKW Biblis. Ein langes Rahmenprogramm mit Musik und Redebeiträgen, Essen trinken und weiteren Informationen hielt die gute Stimmung der TeilnehmerInnen bis 16.00 aufrecht. Viele werden in den nächsten Tagen gegen den Castor Transport aktiv. Da ist noch mehr drin...

Weitere Fotos von der Demo

X-tausendmal quer -Regionalgruppe HH 05.11.2006 - 19:24
Unter  http://www.subkontur.de gibt es schöne Fotos von der Demo vorm AKW Brunsbüttel

Pressebericht der Dithmarscher Landeszeitung

abc 06.11.2006 - 19:04
Dithmarscher Landeszeitung vom 06.11.2006

„Bomben, die zeitweise Strom geben“
Rund 400 Teilnehmer bei friedlicher Demonstration vor dem KKB

Von Jörg Jahnke

Brunsbüttel – Für ein schnellstmögliches Abschalten des Meilers und gegen längere Laufzeiten haben am Sonnabend rund 400 Menschen vor dem Brunsbütteler Kernkraftwerk demonstriert. Die schon vor Tagen angekündigte Veranstaltung verlief friedlich und ohne Zwischenfälle.

"Herzlich willkommen vor dem KKB– diesem Gammelreaktor!" Schon in seiner Begrüßung ließ Demo-Mitorganisator Jochen Stay aus dem Wendland keinen Zweifel daran aufkommen, dass man es mit dem Motto des Nachmittages mehr als ernst meint: "Brunsbüttel stilllegen – jetzt!" Die Teilnehmer kamen weniger aus der Schleusenstadt als vielmehr aus der näheren und ferneren Umgebung – beispielsweise Hamburg und Berlin. Sie alle sprachen sich gegen die drohende Betriebsverlängerung für den 1977 in Betrieb genommenen Reaktor aus. Mit Transparent-Aufschriften wie "Keine Panik – Atomkraftwerke sind so sicher wie die Titanic", "peace"; "e-off"; "Abschalten statt Atome spalten", "Atomkraftwerke sind Bomben, die zeitweise Strom geben" zogen die Demonstranten vor das fest verschlossene KKB-Tor. Mit dabei war auch "Gevatter Tod" – in Gestalt eines gut drei Meter hohen Stelzenläufers. Er konnte als einziger über den Zaun schauen, hinter dem einige Wachleute die Szenerie beobachteten. Die Polizei zeigte mit knapp 100 Mann Präsenz, darunter mehrere Hundeführer. Die Beamten mussten allerdings zu keinem Zeitpunkt der gut dreistündigen Veranstaltung eingreifen und ließen deren Teilnehmer beim Anbringen von Transparenten und Aufklebern am Kraftwerkszaun gewähren. Das Programm bestand aus diversen Reden von Vertretern des Aktionsbündnisses, aber auch aus musikalischen Beiträgen. Robin-Wood-Diplom-Biologin Bettina Dannheim aus Hamburg warnte davor, das der Betreiber Vattenfall des KKB die Reststrommenge des 2003 stillgelegten Reaktors aus Stade auf Brunsbüttel übertragen lassen könnte. "Das würde ein gutes Jahr mehr bedeuten", rechnete Dannheim vor.

Dafür, dass trotz des beschlossenen Atomausstieges in Deutschland noch immer 17 Atomkraftwerke in Betrieb seien, hatte Jochen Stay eine Erklärung: "Die alten Schrottmeiler sind wahre Goldgruben. Pro Tag lässt sich mit so einem Kraftwerk ein Reingewinn von einer Million Euro erzielen," Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) indes hat sich erneut für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken ausgesprochen: "Der Strompreis im Land könnte sinken, wenn das KKB Brunsbüttel länger als 2009 am Netz bleibt als im Atomkonsens der Bundesregierung vereinbart." Seine Forderung stößt allerdings beim Kieler Koalitionspartner SPD auf Ablehnung. Der Betreiber Vattenfall muss dazu einen Antrag stellen. "Im derzeitigen Energiemix ist Kernenergie der Billigmacher", sagte Austermann weiter. Die für Reaktorsicherheit zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) bekräftigte das Gegenteil: "2009 geht Brunsbüttel vom Netz."

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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beeindruckend — nvjslnrupq

Kompliment — Timo Müller