Indymedia: NGO für "Indianerfragen"?

Ruhrpott-Prolet 05.11.2006 11:31 Themen: Indymedia Medien
Die "Welt" (www.welt.de/data/2006/11/01/1094105.html) berichtete am 1.11.2006 über den Aufstand in Oaxaca . Dabei wurde auch der Tod des Indymedia-Aktivisten Brad Will erwähnt, wobei die "Welt" zum einen anscheinend nicht weiß, was Indymedia ist und zum anderen deutlich wird, dass einfachste Recherchen inzwischen in der Mainstream-Presse nicht mehr üblich sind. So wird Indymedia als eine "sich mit Indianerfragen beschäftigende(n) nordamerikanische(n) NGO" bezeichnet.

Diese absurde Formulierung lässt sich in zwei Punkten kritisieren:

1) Wie kommt der Welt-Journalist darauf, dass Indymedia sich mit "Indianerfragen" beschäftigt? Jedenfalls nicht, indem er die Indymedia-Websiten angesehen hätte. Es scheint vielmehr, dass der Journalist über eine tendenziell rassistische Kurzschlussdenken von "Indy" auf "Indianer" schließt, und dabei auch nicht registriert, dass "Indianer" ein kolonialistischer Begriff ist, der wahrscheinlich von einer NGO, die sich mit solchen Themen beschäftigt, nicht verwendet würde.

2) Indymedia ist zwar in den USA entstanden, und die USA sind im weltweiten Indymedia-Netzwerk immer noch überrepräsentiert (vergl. etwa die IMCs in den USA mit Asien), aber auch hier zeigt sich, dass der "Welt"-Journalist nicht in der Lage war, einen Blick auf indymedia.org zu werfen, wo zu sehen wäre, dass Indymedia nicht auf Nordamerika beschränkt ist.

Etwas polemisch könnte gesagt werden, dass Recherchen in diesem Fall ersetzt wurden durch rassistische Denkmuster des Journalisten. So ist vielleicht der Artikel in der "Welt" nicht als ein Bericht über den Aufstand in Oaxaca zu verstehen, sondern vielmehr als Beispiel, was Mainstream-Journalisten für Denkmuster und Vorstellungen haben.
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Ergänzungen

Globales Netzwerk

Scheuklappenreiter 05.11.2006 - 11:57
Auf volunteer.indymedia.org findet sich eine nicht ganz aktuelle, aber für Menschen mit beschränktem WeltBild vielleicht etwas verständlichere Darstellungsform der Struktur des globalen Indymedia-Netzwerks.

Dr. Hildegard Stausberg

Diplomatische Korrespondentin 05.11.2006 - 12:46
im Ressort Außenpolitik

Kuratoriumsmitglied der "Deutsch-Brasilianische Gesellschaft"
 http://www.topicos.net/Kuratorium.19.0.html

Geboren und aufgewachsen im karolingischsten Teil Deutschlands, dem Rheinland. Der Berufswunsch stand beim Abitur fest: Politische Journalistin. Der Weg dahin führte über das Studium - Geschichte, Politik, Volkswirtschaft und Jura - an den Universitäten Hamburg, Köln, Bonn und Buenos Aires zuerst allerdings an die Hochschule: Nach der Promotion in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre Assistentin bei Professor Karl Dietrich Bracher in Bonn. Robert Held holte sie zur "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Dort von 1980 bis Ende 1987 in der Nachrichtenredaktion - zuständig für Lateinamerika, wo sie in der ersten Hälfte der siebziger Jahre im südlichen Teil des Subkontinents, hauptsächlich in Argentinien, mehrere Jahre gelebt hatte. Von 1988 bis Ende April 1993 Korrespondentin der FAZ für Mexiko, Mittelamerika, die Karibik und Venezuela. Um ihrer Tochter eine fürs Leben prägende Kindheit im Rheinland zu ermöglichen, im Mai 1993 Übernahme der Leitung der Ibero-Lateinamerikanischen Programme der Deutschen Welle in Köln. Von Dezember 1994 bis Ende Juli 1999 Chefredakteurin aller Fremdsprachenprogramme des deutschen Auslandssenders. Seit diesen Jahren Lehrtätigkeit an den Universitäten Köln und Bonn. Die Lust am Zeitungsmachen führte zurück zur schreibenden Zunft: Ab Sommer 1999 Ressortleiterin Außenpolitik der WELT in Berlin, seit Januar 2001 Diplomatische Korrespondentin.
 http://www.morgenpost.de/z/dieredaktion/index.html?art_id=323

Buch: Lateinamerika heute: Wirtschaft, Politik und Medien.

Kas Diskussion vom Di 5. Okt. 2004, 19.00 Uhr

Erinnern statt Vergessen - Basis für den Erfolg demokratischer Gesellschaften
Argentinien zwischen gestern und morgen
Jahre nach der Rückkehr zur Demokratie in Argentinien wurden Initiativen zu Aufklärung und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen begonnen. Getragen wird die Arbeit u. a. von der so genannten Erinnerungskommission (Comisión por la Memoria).

am Di 5. Okt. 2004, 19.00 Uhr
Ort Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung, Tiergartenstraße 35, 10785
mit Hildegard Stausberg, Die Welt
Vertreter der Erinnerungskommission Buenos Aires
Marianne Zepp, Heinrich-Böll-Stiftung
Hans Altendorf, "Birthler-Behörde"
Prof. Christian Tomuschat, Humboldt Universität, Berlin
...
Anschließend Diskussion

Schlußwort Dr. Hildegard Stausberg, Die Welt

Umtrunk

ca. 21.30 Uhr Ende der Veranstaltung

 http://www.kas.de/proj/home/events/83/1/year-2004/month-10/veranstaltung_id-12364/index.html

KAS zu Lateinamerika

in Deutschland 05.11.2006 - 14:20

viel schlimmer ist der rest

von der pol-jur 05.11.2006 - 15:34
"Die Demonstranten gaben vor, damit gegen den Gouverneur Ulises Ruiz protestieren zu wollen, dessen Rücktritt sie fordern, weil er sich unter anderem gegen Lohnerhöhungen der Mitarbeiter städtischer Einrichtungen ausgesprochen hatte"..."Damals besetzten streikende Lehrer, ursprünglich ein Teil der mächtigen mexikanischen Lehrergewerkschaft, und Angehörige einer außerparlamentarischen Oppositionsbewegung, Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca (APPO), widerrechtlich öffentliche Gebäude, Straßen und Plätze und blockierten dadurch den Verkehr."

hört es sich nicht so an als hätten die APPO nur aus jux und dallerei öffentliche gebäude besetzt um was los zumachen. ganz bewußt werden hier lügen verbreitet die so offensichtlich sind das jede/r die sich damit beschäftigen die haare zu berge stehen. diese frau wird nicht nur von steuergeldern finanziert, nein verdient sich auch noch bei der privaten presse ein "wenig" dazu. das bleibt nach wie vor der stützpfeiler des systems, daß solche leute was zu melden haben. wer schreibfehlerfindet darf sie behalten!

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Anmerkung

max 05.11.2006 - 11:53
Mir ist irgendwann aufgefallen, dass Berichterstattungen der Berufs-Presse zu Themenkomplexen in denen ich Fachwissen besitze, eigentlich immer von Unrichtigkeiten und Halbwahrheiten durchsetzt sind. Da mir dieses Phänomen nur bei jenen Themen bewusst wird, muss ich davon ausgehen, dass die Berichterstattungen auch zu anderen Themen inhaltlich mangelhaft oder sogar falsch sind - dort fallen sie mir nur nicht auf.

Was bedeutet das dann eigentlich für unser aller Informationsniveau?

Macht mal halblang

Anm. 05.11.2006 - 13:17
Also erst mal ist das jetzt fast eine Woche alt und es ist auch nichts außergewöhnliches. Journalismus bedeutet heutzutage im Wesentlichen: Abschreiben und Umformulieren von PR-Texten. Manchmal wird versucht noch was Eigenes einfliessen zu lassen. Meist sind es Ausschnückungen, die den Artikel interessanter erscheinen lassen sollen, aber der Phantasie und den Klischeebildern des Schreibers entspringen. In diesem Falle denke ich wirklich, daß die entsprechende Autorin keine Ahnung hatte und nur schnell den Artikel zuende tippen wollte. Ansonsten überrascht der Artikel auch inhaltlich nicht (also was die Bezeichnung der gesamten Bevölkerung als kleinen Haufen linker, randalierender Chaoten angeht): die "Welt" ist nun mal das rechte Kampfblatt des Springer-Verlages. Lügen und Verleumdungen gehören dazu. Durfte damals J.Bergstedt erfahren, Indymedia nach dem Poldi-Award, G.Wallraff über den die Welt allerlei Lügen verbreitete oder all die anderen. Und was Hildegard Stausberg angeht: wie alle aus dem Sumpf zwischen CDU, Adeneauer-Stiftung und Altnazis solidarisiert sie sich in Lateinamerika mit den Vertretern des dortigen Faschismus: Pinochet, Uribe, Peronisten, Fox usw.

Leserbrief schreiben bzw. Gegendarstellung

Presserechtler 05.11.2006 - 13:54
Auch wenn es durchaus Gründe gibt den Journalismus auf Indymedia als weniger seriös anzusehen als den der großen Zeitungen, so wurde im Artikel der "Welt" offensichtlich schlecht recherchiert und zudem eine faktisch falsche Behauptung aufgestellt. Denn Indymedia existiert , und zwar als ein globales Projekt und nicht als NGO, die sich mit Indianerfragen beschäftigt.

Nach dem Presserecht steht dem Projekt Indymedia frei eine Gegendarstellung in der Welt zu veröffentlichen, welche die Fakten richtig stellt. Das wäre rechtlich durchzusetzen, bedarf im Normalfall allerdings keiner rechtlichen Schritte und wäre gute Werbung für das Projekt.

Ausserdem hat jeder Leser der "Welt" die Möglichkeit Leserbriefe zu verfassen, in denen sich über den schlechten und vermutlich rassistisch konotierten Journalismus des Redakteurs beschwert werden kann.