Widerstand in Stein

Steinmetz aus Metzingen 30.10.2006 00:43 Themen: Atom
Das Hünengrab bei Grünhagen war zuerst da. Dann wurde 1870 direkt daneben die Eisenbahn gebaut. Noch später wurde diese zur Castorbahn. Seit einigen Jahren fällt den Leuten in der Göhrde immer wieder im November ein, daß sie an ihrem Hünengrab mal dringend nach dem Rechten sehen müßten. Dabei handelt es sich nämlich eindeutig um Brauchtumspflege. Und die läßt sich nicht so leicht nach dem Versammlungsgesetz strangulieren, wie die Polizei das gerne hätte.

"Wir hauen unsern Widerstand in Stein" war der Vorsatz von etwa 180 Leuten, die sich heute auf den Weg zum Bodendenkmal im großen Wald der Göhrde machten. Die Sensen und Haumesser, mit denen alljährlich die Brombeerranken gestutzt werden, kamen diesmal jedoch nicht zum Einsatz. Braunschweiger Einsatzpolizei hatte in Zusammenarbeit mit dem BGS eine Demarkationsgrenze errichtet: das Über- oder Unterqueren der Castor-Bahnlinie wurde unterbunden. Der nördliche Zipfel war damit vom Rest des Wendlands abgeschnitten. Jedenfalls zunächst.
Warum das so war? Das fragten die AtomkraftgegnerInnen nicht nur sich selbst, sondern auch die Beamtinnen und Beamten an den Sperren. "Warum Sie hier nicht durch dürfen? Schauen Sie mal, was hier steht! Da steht nicht `Bäckerei´, sondern `Polizei´. Und weil ich Polizist und nicht Bäcker bin, müssen Sie eben machen, was ich sage." Vor dem Castor-Einsatz scheinen bei der Polizei irgendwelche Witzbolde Seminare für gelungenen Bürger-Dialog zu geben. Wie dem auch sei - die Demonstration erreichte ihren Zielort nicht. Ihr Ziel aber schon. Es wurde an diesem langen Nachmittag deutlich, daß mit entschlossenem Widerstand gegen Atomtransporte zu rechnen ist.

Der kann von ganz besonderer Art sein: zum ersten Mal im Wendland marschierte die Clandestine Insurgent Rebel Clown Army. Deren militante Albernheiten brachten die Hüter von Sicherheit und Ordnung sehr deutlich an deren Grenzen. Aber auch die Orts-Aufsässigen sind durchaus in der Lage, das Konzept einer Einsatzleitung durcheinander zu bringen. Die auf der Nordseite bereit gestellten Utensilien für gute Laune im Widerstand wurden in zahllosen Gängen durch die Reihen der Polizei geschmuggelt: Kuchen, Kaffee, Essen und Trinken aller Art samt Tischen und Bänken wurden eben vor der Polizeisperre aufgebaut. Ein Ofen, der an einem der zahlreichen Traktoren angebracht war, spendete nicht nur Wärme, darauf ließ sich auch allerlei brutzeln.

Die vorgesehen Steinmetzarbeiten ließen sich ebenso ganz gut an Ort und Stelle erledigen. Einen drei Tonnen schweren Findling hatte ein Landwirt dabei. Den ziert jetzt ein großes X, gehauen in Stein. Und weil nicht alle so stark sind, gab es auch eine ganze Frontladerschaufel voller Lesesteine in handlicher Größe. Die wanderten in einer Hand-zu-Hand-Kette auf den Bahndamm.

Zum Abschluß ging es dann aber doch noch übers Gleis: am Bahnhof Leitstade überquerte der Konvoi aus Traktoren und anderen Fahrzeugen in der Dunkelheit die Bahn und stattete dem Reiterhof in Wietzetze eine Besuch ab. Dort sind nämlich seit heute 70 Polizei-ReiterInnen und 35 Einsatzpferde untergebracht.
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Ergänzungen

11.11. Karneval auf den Gleisen

Markus Mohr 30.10.2006 - 12:15
[B]Bundesweite Demonstration gegen den Castor-Transport 2006[/B] 11. November - 13 Uhr - Gorleben (Ortsmitte) [B]Kommt zum Autonomen Block![/B]

dpa meldung 11:46 Uhr

kaninchenausdemhut 30.10.2006 - 13:41
Autonome bei Castorprotest erwartet

dpa. Durch verschiedene Anschläge im Vorfeld des Transportes von nuklearen Brennelementen aus dem französischen La Hague nach Gorleben rechnet das niedersächsische Innenminesterium mit einer erhöhten Gefahr von potenziellen Gewalttätern. Im Internet und auf Plakaten rufen autonome Gruppen zu militanten Aktionen gegen den Transport Mitte November auf. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann warnte am Montag auf einer Pressekonferenz "vor den untragbaren Kosten für das Land". "Unsere Polizeibeamte sind durch die Fußbwall-Weltmeisterschaft und die NPD-Aufmärsche in Göttingen an den Grenzen des Möglichen angelangt", so Schünemann.

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wieviele Kommen? — Der Hans

An Hans — Klaus