Streik in Oldenburger Flüchtlingslager: News

ol 17.10.2006 00:43 Themen: Antirassismus
Seit zwei Wochen befinden sich die Insassen des Flüchtlingslagers Blankenburg in einem Streik, der u.A. das Kantinenessen des Lagers sowie die medizinische Versorgung betrifft. Der Streik wird von zahlreichen Solidaritäts- und Protestaktionen begleitet (bisherige Berichte 1 2 3 4 5 6 7). In den letzten Tagen gibt es eine Zuspitzung der Situation, die soager Innenminister Schünemann zum Eingreifen verleitete: zwei Flüchtlinge, die sich aktiv an den Streikaktionen beteiligt hatten, wurden in andere Lager (Bramsche und Braunschweig) zwangsumverteilt, zwei weitere Demos fanden statt, Lagerleiter Lüttgau erhielt nächtlichen Hausbesuch usw. Im Folgenden eine (unvollständige) Übersicht über die Geschehnisse der letzten Tage:
Dokumentation eines Flugblatts zur Situation bis zum 12.10.

Seit Mittwoch, den 4. Oktober befinden sich die Flüchtlinge des 7 Kilometer von Oldenburg entfernten Ein- und Ausreiselagers Blankenburg im unbefristeten Streik. Konkret heißt das: Sowohl das Kantinenessen als auch die 1 Euro-Jobs werden boykottiert. Die Streikenden fordern stattdessen die Auszahlung von Bargeld und das Recht, ihre Nahrung selbstbestimmt zubereiten zu können. Darüber hinaus wird eine angemessene und hiesigen Standards angepasste Gesundheitsversorgung gefordert – diese Forderung richtet sich insbesondere gegen die nahezu obligatorische Verabreichung von “Paracetamol”, ganz gleich welche Erkrankung tatsächlich vorliegt. Grundsätzlich machen sich die BewohnerInnen für eine dezentrale Unterbringung in eigenen Wohnungen nach spätestens 3 Monaten stark. An dem Streik sind ca. 200 Menschen beteiligt, d.h. nahezu alle Flüchtlinge, die permanent im Lager leben.

..Die zuständigen Behörden sind den Streikenden bislang nicht im Geringsten entgegengekommen. Stattdessen wird darauf verwiesen, dass die Auszahlung von Bargeld an Flüchtlinge gesetzlich nicht zugelassen sei, insbesondere im Falle einer “Zentralen Erstaufnahmestelle” wie Blankenburg. Diesen Aussagen muss entschieden widersprochen werden: Denn auch wenn es im Asylbewerberleistungsgesetz heißt, dass Flüchtlingen “vorrangig” Sachleistungen zu gewähren seien, so ist die Möglichkeit von Ausnahmen ausdrücklich vorgesehen. Das hat dazu geführt, dass mittlerweile 9 von 16 Bundesländern ganz oder überwiegend auf die Auszahlung von Bargeld an Flüchtlinge umgestiegen sind! Zweitens: Die allermeisten der in Blankenburg untergebrachten Flüchtlinge fallen überhaupt nicht unter den Geltungsbereich der Zentralen Erstaufnahmestelle, wo in der Tat kein Bargeld ausgezahlt werden darf. Sie sind vielmehr BewohnerInnen der ebenfalls auf dem Lagergelände untergebrachten “Landesgemeinschaftsunterkunft”. Das heißt: Sie gehören zu jenen Flüchtlingen, die das gesetzlich auf 3 Monate beschränkte Aufnahmeverfahren in der Zentralen Erstaufnahmestelle bereits durchlaufen haben, im Anschluss jedoch nicht in eine niedersächsische Gemeinde umverteilt wurden. Viele von ihnen leben bereits seit mehren Jahren in Blankenburg.

..Nicht minder falsch ist die von den Behörden immer wieder in Umlauf gebrachte Behauptung, wonach es gesetzlich keine Alternative zur Unterbringung in Großlagern á la Blankenburg gebe. Richtig ist vielmehr, dass das Gesetz auch in dieser Hinsicht einen großen Ermessensspielraum zulässt – wie bereits ein kurzer Blick in die jüngere Geschichte zeigt: Zwischen 1990 und 2000 wurden Flüchtlinge in Niedersachsen überwiegend dezentral in Wohnungen und kleinen Sammelunterkünften untergebracht. Erst 2000 ist es in Niedersachsen erklärtermaßen zu einem Umschwung in Sachen Lagerpolitik gekommen: Beschlossen wurde, Flüchtlinge fortan nicht mehr auf die einzelnen Landkreise umzuverteilen, sondern zentral in so genannten “Landesgemeinschaftsunterkünften” unterzubringen. Diesbezügliche Kapazitäten wurden insbesondere in Braunschweig, Blankenburg und Bramsche geschaffen.

..Hintergrund dieser Entwicklung ist, dass in Deutschland bereits seit langem gerade mal 1-2 Prozent aller Flüchtlinge als AsylbewerberInnen anerkannt werden. Der große Rest ist demgegenüber ausreisepflichtig. Es mache deshalb keinen Sinn, so ein Vertreter des Niedersächsischen Innenministeriums, “bei diesen Personen durch eine Verteilung auf die Gemeinden Hoffnungen auf einen Verbleib im Land zu wecken. Ihnen muss vielmehr von vornherein deutlich gemacht werden, dass sie keine Perspektive für einen Aufenthalt in Deutschland haben, um auf diese Weise auch ihre Bereitschaft zu stärken, das Land freiwillig zu verlassen.” Mit anderen Worten: Offizielle Aufgabe von Ein- und Ausreiselagern wie Blankenburg ist es, die Bereitschaft zur so genannten freiwilligen Ausreise zu fördern. Und das gelinge ausgesprochen gut, wie Innenminister Schünemann erst jüngst wieder frohlockte: “Obwohl die Anzahl der ausreisepflichtigen Personen in den Landeseinrichtungen weniger als 7 % der ausreisepflichtigen Personen in Niedersachsen insgesamt ausmachen, entfielen in den Jahren 2004 und 2005 rund 30% aller freiwilligen Ausreisen auf die Landeseinrichtungen.” In diesem Sinne wäre es auch falsch, so die Schlussfolgerung Schünemanns, die überproportional hohen Kosten von Lagerunterbringung zu scheuen. Denn indem Flüchtlinge, die in zentralen Lagern leben müssten, Deutschland ungleich schneller verlassen würden als diejenigen, die dezentral untergebracht wären, könne das Land Niedersachsen langfristig durch Lagerunterbringung sehr wohl Geld einsparen (auch wenn ein Platz im Lager pro Person etwa doppelt so teuer ist wie die Unterbringung in einer Wohnung).

..Was Schünemann & Co jedoch verschweigen, sind die Umstände, die gemeinhin zur so genannten freiwilligen Ausreise führen: Denn die Mehrheit der betroffenen Flüchtlinge reist nicht deshalb freiwillig aus, weil sie durch die Lagerbürokratie von den Vorteilen einer freiwilligen Ausreise überzeugt worden wäre. Sie reist vielmehr deshalb aus, weil sie den permanenten Druck durch das Lagerleben nicht mehr aushält. Hierzu gehört nicht nur ungenießbares Kantinenessen, überbelegte Wohnräume oder systematische Beleidigungen durch das Lagerpersonal im Alltag, sondern auch die Streichung des Taschengelds von 40 Euro für all die Flüchtlinge, die sich weigern, aktiv an der Beschaffung ihrer Ausweispapiere mitzuwirken, was ja seinerseits Voraussetzung dafür ist, Abschiebungen durchführen zu können (im Abschiebelager Bramsche-Hesepe, das juristisch eine Ausstelle von Blankenburg ist, haben Flüchtlinge sogar Strafbescheide über 200 Euro wegen Nicht-Mitwirkung bei der Passbeschaffung erhalten). Die Rede von der freiwilligen Ausreise ist mit anderen Worten nicht weniger als eine handfeste Irreführung. Angemessener ist es vielmehr, von einer Art “Abschiebung light” zu sprechen, darüber sollten die schönen Prospekte der Lagerleitung auf keinen Fall hinwegtäuschen!

..Die Behörden verschweigen des Weiteren, dass viele Flüchtlinge weder ausreisen noch abgeschoben werden, sondern schlicht und ergreifend in die Illegalität abtauchen. So sind allein im Jahre 2003 in Bramsche-Hesepe 84 von 250 Flüchtlingen spurlos verschwunden. Dieser Vertreibungseffekt wird stillschweigend in Kauf genommen (wenn nicht beabsichtigt), leistet er doch ebenfalls einen Beitrag zur allgemeinen Kostensenkung – einmal ganz davon abgesehen, dass der Großteil der Untergetauchten als billige Arbeitskräfte dem irregulären Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen dürfte.

..Das Ein- und Ausreiselager Blankenburg ist nicht weniger als eine institutionalisierte Menschenrechtsverletzung. Das ist nicht nur für die Betroffenen eine Katastrophe, es stellt auch aus prinzipiellen Gründen ein gravierendes Problem dar. Wir fordern deshalb die Oldenburger Öffentlichkeit auf, sich mit dem Streik der Flüchtlinge im Ein- und Ausreiselager zu solidarisieren. Hierzu gehört auch, entschieden gegen die Versuche der Lagerleitung Stellung zu beziehen, den Widerstand durch gezielte Repression zu zerschlagen. So sollen am Mittwoch, den 11.10., zwei an vorgeblich exponierter Stelle aktive Flüchtlinge nach Bramsche-Hesepe sowie Braunschweig zwangsverlegt worden sein. Auch ist es seit Beginn des Streiks zu einem rasanten Anstieg von Botschaftsvorführungen gekommen (zum Zwecke der Beschaffung von Reise-, d.h. Abschiebepapieren), betroffen sind hievon vor allem Flüchtlinge aus (West-)Afrika. Darüber hinaus erhalten derzeit sämtlich der am Streik beteiligten Flüchtlinge Briefe, in welchen sie von der Lagerleitung aufgefordert werden, wieder an der Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen (da jeder Kantinengang eigens registriert wird, weiß die Lagerleitung genau, wer am Essensboykott beteiligt ist).

[Stand: 12. Oktober 2006]

..Der Streik der Flüchtlinge für Würde und angemessene Lebensbedingungen erfordert nicht nur politische, sondern auch praktische Unterstützung. Denn grundsätzlich gilt: Kein Streik ohne Streikasse! Erwünscht sind in erster Linie Geldspenden: Mit dem Geld werden die Grundnahrungsmittel gekauft, die jeden Tag zum Lager gefahren und dort von den Flüchtlingen selbst verteilt werden. Das Geld sollte bitte auf folgendes Konto überwiesen werden: Arbeitskreis Dritte Welt e.V., Konto-Nr. 015 131 337, BLZ 280 501 00, LZO, Verwendungszweck: Blankenburg. Aber auch Lebensmittelspenden sich sehr willkommen: Sie können im Oldenburger Aktionszentrum Alhambra abgegeben werden: Hermannstr. 83, 26135 Oldenburg. Schließlich: Wer mehr wissen möchte, soll entweder direkt vorbeikommen oder sich unter antira-ol@web.de bzw. 0160/96857380 melden.

12.10.: Spontandemo zu verschiedenen Oldenburger Institutionen

Eine Spontandemo sucht diverse Oldenburger Institutionen (u.A. die Grünen, das Rathaus, die ALSO) auf, um den Forderungen der Flüchtlinge Nachdruck zu verleihen (Bildbericht).In der Oldenburger Nordwestzeitung erscheint ein langer Hetzartikel, in dem mit eindeutig widerlegbaren Behauptungen Stimmung gegen den Flüchtlingsstreik gemacht wird (Bericht und Kritik dazu).

13.10.: 350 Menschen demonstrieren in der Innenstadt

Die Situation in Blankenburg spitzt sich zu: Einerseits wird der Streik fortgesetzt – einschließlich neuer Aktionen. Andererseits schlagen die Lagerbehörden zunehmend zurück. Konkret heißt das, dass seit Beginn des Streiks insbesondere Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern verstärkt zu Botschaftsvorführungen vorgeladen werden; sie sollen dort mit den für die Abschiebung erforderlichen Ersatzreisepapieren ausgestattet werden. Hinzu kommt (neben einer Vielzahl ‚am Rande’ ausgestoßener Androhungen seitens des Lagerpersonals und der Polizei), dass gestern zwei am Streik beteiligte Flüchtlinge nach Bramsche und Blankenburg zwangsumverteilt wurden. Der eine von ihnen war zuvor während einer Demo auf dem Lagergelände von der Polizei brutal festgenommen und zusammengeschlagen worden (Bericht zur brutalen Festnahme). Insgesamt hat dies zu einer deutlichen Verunsicherung geführt, nicht zuletzt innerhalb der afrikanischen Community.

Trotzdem demonstrieren etwa 350 Menschen erneut ihre Solidarität mit den Flüchtlingen in der Innenstadt. Die DemonstrantInnen zogen in einem lautstarken Demonstrationszug vom Bahnhof Oldenburg, durch die Innenstadt zum Aktions- und Kommunikationszentrum Alhambra. Während der Demonstration wurde in zahlreichen Redebeiträgen die Situation in Blankenburg thematisiert. Die BewohnerInnen des Lagers fordern, dass sie sich ihr Essen selbst zu bereiten können, eine angemessene medizinische Versorgung, die Abschaffung der menschenverachtenden 1 Euro Jobs sowie ein Ende der Schikanen durch Polizei und durch den “Sicherheitsdienst” des Lagers. Fotos

15.10.: Demo vor der Haustür des Lagerleiters

Nach Polizei- und Medienberichten demonstrieren ca. 20 Menschen "aus der autonomen Szene" vor der Haustür der Lagerleiters Christian Lüttgau, errichten einen langen Zaun vor seiner Hofeinfahrt und verkleben Plakate. Angeblich soll es hierbei zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Lagerleiter und den DemonstrantInnen gekommen sein. Ein Bericht des NDR: "Wieder Protest gegen Asylbewerber-Heim - Leiter verletzt"

Bei einer Demonstration gegen angebliche Missstände in der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) in Oldenburg ist deren Leiter am Sonntagabend leicht verletzt worden. Etwa 20 Personen hatten vor dem Privathaus des Mannes lautstark protestiert. Sie forderten eine bessere medizinische Versorgung und weitere Änderungen in der Unterkunft für Asylbewerber. Das niedersächsische Innenministerium kündigte am Montag an, den Einsatz der Polizei an dem Heim zu verstärken. Es gebe jetzt eine “ständige Polizeipräsenz vor allem zum Schutz der Mitarbeiter”, sagte Innenminister Uwe Schünemann (CDU).

Flugblätter an Haus geklebt

Die Demonstranten seien offenbar vermummt gewesen, berichtete NDR 1 Niedersachen am Montagmorgen. Sie hätten das Haus des Behördenleiters mit Flugblättern beklebt und symbolisch einen mehrere Meter langen Zaun aufgestellt. Die Polizei teilte mit, der Behördenleiter habe die Vorgänge dokumentieren wollen und sei dabei in eine Auseinandersetzung mit den Demonstranten geraten. Die Identität der Teilnehmer an der nicht angemeldeten Protest-Kundgebung ist bislang ungeklärt. Im Innenministerium hieß es, es handele sich vermutlich um Mitglieder der automomen Szene, nicht um Bewohner der ZAAB. Schünemann sagte, “das hat mit Protest nichts zu tun, das sind Straftaten.”

Wiederholt Proteste

In den vergangenen Wochen war die Polizei mehrfach in die Asylbewerberunterkunft in Blankenburg bei Oldenburg gerufen worden. Einige der rund 550 dort untergebrachten Flüchtlinge hatten sich wegen angeblich fadem und vitaminarmem Essen beschwert. Zudem kritisierten sie die Versorgung kranker Bewohner als mangelhaft. Das niedersächsische Innenministerium und die Leitung der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde wiesen die Vorwürfe zurück. Zwei Wortführer der Proteste waren in der vergangenen Woche in andere Unterkünfte verlegt worden. In der ZAAB Oldenburg leben 230 Menschen in der Aufnahmeeinrichtung, 260 in Gemeinschaftsunterkünften und 43 im Ausreisebereich.

Stand: 16.10.2006 10:44

Innenminister Schünemann beschließt eine Verstärkung der Polizeipräsenz am Lager und anderen neuralgischen Punkten. ein Bericht der "Neuen Presse": "Randale vor Asylantenheim: Polizeischutz verschärft"

Nach gewalttätigen Protesten gegen den Leiter der zentralen Flüchtlings-Unterkunft in Oldenburg hat der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) den Polizeischutz verstärkt. Einige Asylbewerber in der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörde (ZAAB) dort klagen seit längerem gegen schlechte Verpflegung und eine unzureichende medizinische Versorgung. Dabei kam es immer wieder auch zu Schlägereien. „Es gibt jetzt eine ständige Polizeipräsenz vor allem zum Schutz der Mitarbeiter”, sagte Schünemann am Montag in Hannover. Damit reagierte er auf Handgreiflichkeiten, bei dem der ZAAB-Chef am Wochenende leicht verletzt wurde.

Rund 20 Menschen hatten am Sonntagabend vor dem Wohnhaus des Behördenleiters protestiert. Es handele sich dabei vermutlich um Mitglieder der autonomen Szene, nicht um Bewohner der ZAAB, hieß es im Innenministerium. Die Vermummten hätten einen provisorischen Zaun vor dem Privathaus des ZAAB-Leiters aufgebaut, sagte Schünemann. Als dieser die Aktion fotografieren wollte, sei es zu einer Rangelei gekommen.

„Das ist etwas, was uns beunruhigt”, sagte Schünemann. „Das hat nichts mit Protest zu tun, das sind Straftaten.” Die Kritiker des ZAAB suchten wohl auch nicht zum ersten Mal Mitarbeiter vor ihrer Haustür auf.

Der Innenminister wies zugleich die Vorwürfe zurück, die Asylbewerber in der ZAAB Oldenburg bekämen vitaminarmes und fades Essen und würden medizinisch schlecht versorgt. Er habe den Speiseplan mit dem in der Kantine des Innenministeriums verglichen, sagte Schünemann. Obst werde bei der ZAAB reichhaltiger angeboten. Das Essen in der Kantine dort werde außerdem frisch zubereitet. Auch genügend Ärzte stünden zur Verfügung.

In der ZAAB Oldenburg gibt es laut Schünemann einen Wortführer, der zuvor bereits in der zentralen Aufnahmebehörde in Bramsche Ärger gemacht habe. Zwei andere Anführer der Proteste in Oldenburg wurden nach einer Schlägerei in der vergangenen Woche in Unterkünfte nach Braunschweig und Bramsche verlegt. In der ZAAB Oldenburg sind nach Angaben des Ministeriums 230 Menschen in der Aufnahmeeinrichtung untergebracht, 260 in Gemeinschaftsunterkünften und 43 in der Ausreiseinrichtung.

Der Flüchtlingsrat in Niedersachsen kritisierte, die Landesregierung betreibe mit der Unterbringung in zentralen Einrichtungen eine „Politik der Isolation und Ausgrenzung von Flüchtlingen”. Die Lager seien teuer, menschenunwürdig und verfassungsrechtlich bedenklich. Nach Ansicht des Flüchtlingsrates sollten mehr Asylbewerber dezentral in den Kommunen untergebracht werden."

Die Flüchtlinge haben trotz der verstärkten Repressalien beschlossen, den Streik und die Aktionen fortzusetzen. Zur Aufrechterhaltung der alternativen Nahrungsmittelversorgung während des Kantinenboykotts werden dringend weitere Lebensmittel- und Geldspenden benötigt. Achtet auf weitere Informationen unter http://www.alhambra.de/nolager, http://www.alhambra.de/joomla,.http://provinzkritik.blogsport.de oder http://papiere-fuer-alle.org/ und werdet aktiv!
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Ergänzungen

Streikinfo Nr. 2

NoLager 17.10.2006 - 23:22
Flüchtlingsstreik Blankenburg: News & more

Streikinfo Nr. 2

in diesem Streikinfo findet ihr Infos zum aktuellen Flüchtlingsstreik im Ein- und Ausreiselager Blankenburg. Unter anderem möchten wir euch bereits hier & jetzt auf zwei Termine aufmerksam machen: Nächsten Donnerstag (19.10.) findet um 12 Uhr an der Oldenburger Uni eine Soli-Demo statt – und nächste Woche geht es nach Hannover (Mittwoch oder Donnerstag). Dort möchten wir zusammen mit Flüchtlingen aus den beiden anderen großen Sammellagern in Niedersachsen (Bramsche und Braunschweig) demonstrieren – inklusive Übergabe der Streikforderungen an die zuständigen Behörden.
Doch der Reihe nach:

1. Entwicklungen in den letzten Tagen

Letzten Freitag haben wir einmal mehr in der Oldenburger Innenstadt demonstriert. An der Demo haben sich ca. 250 Leute beteiligt, stärker als bei den bisherigen Demos haben unterschiedliche FlüchtlingsaktivistInnen über das Lautsprecherauto von ihren Erfahrungen im Lager berichtet. Am Sonntag hat eine Gruppe von ca. 20 AktivistInnen vor dem Haus von Lagerleiter Christian Lüttgau einen symbolischen Zaun errichtet. Lüttgau versuchte (wie er es auch sonst bei Aktionen zu tun pflegt), die Beteiligten zu filmen, woraus sich ein kleines Handgemenge entwickelte. Obwohl Lüttgau laut Polizeibericht noch nicht einmal ärztlich untersucht werden musste, heiß es am Dienstag, den 17.10., in mehreren (großen) Tageszeitungen (u.a. „Die Welt“, „Weserkurier“, „Neue Presse“, „Oldenburger Nordwestzeitung“), dass Lüttgau körperlich angegriffen worden sei.

Verbunden ist dies mit z.T. ziemlich hetzerischen Diffamierungen gegen die Streikenden und das UnterstützterInnen-Bündnis. Unter anderem heißt es, dass es nur wenige Flüchtlinge seien, die tatsächlich am Streik beteiligt wären. Diese würden unter den übrigen Flüchtlingen ein „Klima der Angst“ erzeugen und somit die Aufrechterhaltung des Streiks erzwingen. Während bislang die Presse halbwegs ausgewogen agiert hat, sind dies zweifelsohne neue Töne. Das ist zwar nicht schön, auf der anderen Seite haben die Artikel heute bereits zu neuen Anfragen seitens der Presse geführt, insofern glauben wir, dass die aktuelle Stimmung auch wieder umgebogen werden kann. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass es durchaus gute Chancen gibt, einige Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (Diakonie etc.) für die konkreten Forderungen der Streikenden zu gewinnen. Denn in einem „Memorandum“ hatten diese bereits 2004 die dezentrale Umverteilung auf eigenen Wohnungen und die Auszahlung von Bargeld (anstatt Essensgutscheinen) gefordert.

Ebenfalls erwähnt sei, dass insbesondere die örtliche Oldenburger Nordwestzeitung ohne Punkt und Komma hetzerisch agiert (inklusive boulevardesker Diffamierungsstrategien). Sie ist sich bislang nicht zu schade, komplett einseitig nur die Position der Lagerleitung darzustellen. Hierzu gehörte unter anderem die großformatige Ablichtung eines jener seit Beginn des Streiks urplötzlich aufgetischten Kantinenfestmenús – mit dem Hinweis, dass dieses Festmenú Anlass des Streiks wäre.

Last but not least: Wir hatten bereits in unserer letzten „Streikinfo“ erwähnt, dass Lagerleitung und Ausländerbehörden nichts unversucht lassen, die beteiligten Flüchtlinge massiv unter Druck zu setzen. Das hat sich bis heute nicht geändert, weder was individuelle Drohungen betrifft noch die in die Höhe geschnellten Botschaftsvorladungen v.a. für afrikanische AktivistInnen (auf den Botschaften sollen die Betroffenen mit Passersatzpapieren zum Zwecke der Abschiebung ausgestattet werden). Hinzu kommt, dass mittlerweile durchgehend Polizei in großer Zahl auf dem Lagergelände stationiert ist, was natürlich ebenfalls einschüchternd wirken soll.

2. Nächste Aktionen

Trotz Druck: Der Katinen und Ein-Euro-Boykott wird weiterhin von ca. 150 Flüchtlingen mitgetragen. Auf der gestrigen Vollversammlung der Streikenden und UnterstützerInnen wurde deshalb beschlossen, den Streik unbefristet fortzusetzen.

Was die nächsten Aktionen betrifft, hatten wir ja eingangs schon erwähnt, dass es am Donnerstag und nächste Woche Demos geben wird. Außerdem wird am Freitag um 11 Uhr (wahrscheinlich direkt vorm Lager) eine Pressekonferenz stattfinden – dafür wird noch eine separate Einladung verschickt. Schließlich sind bereits weitere Aktionen, Konzerte etc. geplant. Diesbezüglich sind die Planungen allerdings noch nicht spruchreif. Wir möchten also bitten, auf weitere Ankündigungen in den nächsten beiden Tagen zu achten.

3. Solidarität

Unser erster Soli-Appell hat wahre Wunder gewirkt – es ist unglaublich viel gespendet worden. Das ist super (vielen Dank an alle!!!), denn konkret heißt das, dass der Streik in den nächsten 7 Tagen zumindest an fehlendem Essen nicht scheitern wird (auch wenn Lagerleiter Lüttgau genau dies behauptet). Und dennoch gilt weiterhin: Kein Streik ohne Streikkasse. Deshalb soll auch mit diesem Streikinfo der Appell von letzter Woche wiederholt werden: a) Geldspenden: Mit dem Geld werden die Grundnahrungsmittel gekauft, die jeden Tag zum Lager gefahren und dort von den Flüchtlingen selbst verteilt werden. Das Geld sollte bitte auf folgendes Konto überwiesen werden: Arbeitskreis Dritte Welt e.V., Konto-Nr. 015 131 337, BLZ 280 501 00, LZO, Verwendungszweck: Aktionstage. b) Natürlich sind auch Lebensmittelspenden sehr willkommen: Sowohl abgepackte Grundnahrungsmittel als auch frisches Obst und Gemüse. Das Essen kann im Oldenburger Kulturzentrum Alhambra abgegeben werden: Hermannstr. 83, 26135 Oldenburg.

Wer mehr wissen möchte, soll entweder direkt vorbeikommen oder sich unter  antira-ol@web.de bzw. 0160/96857380 melden.

Ab Mittwoch (18.10.) werden alle Presseerklärungen, Presseartikel, Aktionsberichte etc. auf www.nolager.de dokumentiert sein!!!

Scheiß-NWZ!

Mr. Burns 18.10.2006 - 15:25
Bei der Berichterstattung der Nordwestzeitung wundert mich ja eigentlich gar nichts mehr. Das Ärgerliche ist nur, dass sie die einzige Tageszeitung aus Oldenburg ist und somit die Meinung der Spießbürger prägt, die die Meldungen, mangels anderer Informationen, für bare Münze nehmen. Investoren - bitte gründet eine neue Oldenburger Tageszeitung!

Flüchtlingsstreik: Aktionskalender

NoLager 18.10.2006 - 21:02
Streikinfo Nr. 3 (gerne weiterleiten)

Wir möchten euch in dieser Mail kurz über die nächsten Aktionstermine informieren. Wir wären Euch sehr verbunden, wenn ihr diese Mail möglichst breit streut:

1. Donnerstag, 19.10., 12 Uhr: Demo auf dem Unigelände in Oldenburg (Ohlhornsweg), ggf. auch mehr...

2. Freitag, 20.10., 11 Uhr: Pressekonferenz vor dem Lager, u.a. mit Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat sowie verschiedenen Flüchtlingen aus dem Lager.

3. Freitag, 20.10., ab 13 Uhr: Die BewohnerInnen des Ein- und Ausreiselagers Blankenburg laden ein zum Tag der offenen Tür. Zahlreiches Erscheinen ist erwünscht!

4. Samstag, 21.10., 16 Uhr: Konzert mit „YallaYalla-Movement“ (Dancehall-Raggy) vor dem Lager in Blankenburg

5. Mittwoch, 25.10. 13 Uhr Demo in Hannover (wahrscheinlich ab Hbf.)

Bitte achtet auf weitere Ankündigungen. Dies gilt auch für das Konzert am Samstag und die Demo am Mittwoch!!!

Infos, Pressespiegel etc. auf www.nolager.de (ab Mittwoch-Abend)


P.S. Mittlerweile wächst auch die Unterstützung für den Streik: Heute hat sich u.a. Dieter Dehm (MdB), Vorsitzender der Linkspartei in Niedersachsen, solidarisch mit dem Streik erklärt.