Treibjagd auf Hartz IV Betroffene eröffnet

Martin Behrsing 12.10.2006 02:40 Themen: Soziale Kämpfe
Unternehmensberatung Roland Berger krempelt ARGEN um

Köln/Bonn. Geht es nach dem Willen der Unternehmensberatung ‚Roland Berger’, sollen zukünftig nur noch effiziente Erwerbslose zwischen 25 – 40 Jahre und abgeschlossener Ausbildung umfassende Beratung und Betreuung durch die Argen erhalten. Dies geht aus einem internen Arbeitspapier der Kölner ARGE hervor, das dem Erwerbslosen Forum Deutschland vorliegt. Die Kölner Arge gilt als ein Modellprojekt der Bundesagentur für Arbeit. Die Unternehmensberatung erstellt zurzeit in der Arge Köln Konzepte um Geschäftsprozesse zu optimieren, die dann auf weitere Hartz IV-Behörden übertragen werden können. Eine Handlungsmaxime des Papiers lautet: ‚Treiber statt Getriebener’.
Laut der Analyse von ‚Roland Berger’ sprechen in der ARGE zu viele Menschen wegen Problemen bei Leistungsangelegenheiten vor. Dies führe dazu, dass es an einem einheitlichen Vorgehen und wenigen Zielvorgaben bei der Aktivierung von Erwerbslosen fehle. Dem Papier nach sollen so genannte kundeninitiierte Vorsprachen - gerade wegen Problemen bei der Leistungsgewährung - zukünftig deutlich reduziert werden und durch Telefonhotlines und einem neu gestalteten Eingangsbereich abgefedert werden. Ziel sei die von Mitarbeitern selbst gesteuerte Bestandsaktivierung und das Setzen von Prioritäten bei den Leistungsempfängern. ‚Treiber statt Getriebener’ soll eine Handlungsmaxime der Fallmanager werden. Dies meint stärkere Kontrollen, Zuweisung in Maßnahmen und Sanktionierung von Erwerbslosen. Gleichzeitig sollen die ALG II-Empfänger in vier verschiedene Kundengruppen mit unterschiedlichen Kontaktdichten eingeteilt werden. Den meisten Kontakt zum Fallmanager erhalten dabei die Erwerbslosen zwischen 25 – 40 Jahren und abgeschlossener Ausbildung. Hingegen sollen Schwerbehinderte und nicht weiter definierte sonstige Arbeitslose maximal zweimal im Jahr einen Kontakt zum Fallmanager erhalten. Stellungnahmen hierzu wurden vom Geschäftsführer der Kölner ARGE , Josef Ludwig als auch von der Unternehmensberatung ‚Roland Berger’abgelehnt.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland hält diese Pläne für skandalös. Es würde im Widerspruch zu den Grundgedanken bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe stehen. „Gerade die besondere und intensivere Betreuung der Langzeitarbeitslosen waren das Ziel dieser Gesetzesänderung. So wird es nochmals deutlich. Arbeitsagentur und Kommunen verabschieden sich endgültig von ihrem sozialpolitischen Auftrag und bauen mit Hilfe der Unternehmensberatung ‚Roland Berger’ unser Sozialsystem zu einem erfolgsorientierten Wirtschaftssystem um. Nichteffiziente Menschen haben in dem System nichts zu suchen und sollen durch Callcenter und umgestaltete Empfangsbereiche abgewimmelt werden. Die Konsequenz ist, dass Menschen nicht mehr falsche oder fehlende Leistungen schnell klären können“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

Heiko Naumann vom Erwerbslosen Forum Deutschland in Köln meint dazu: "Wenn die Unternehmensberatung behauptet, ausgerechnet bei den Ärmsten der Armen das meiste Einsparpotenzial heraus holen zu können und nunmehr quasi im Mechanismus der 'anderen Seite' experimentieren darf, dann untermauert das den politischen Willen, die Repression zu verschärfen. Nicht zu vergessen, dass ‚Roland Berger’ es in Gelsenkirchen schaffte, in vier Monaten über 15 Prozent der unter 25jährigen Anspruchsberechtigten gänzlich aus dem Leistungsbezug zu kicken. Die Unternehmen suchen sowohl willige, als auch billige Arbeitskräfte, ‚Roland Berger’ - als Berater der Unternehmen - hat nunmehr die Chance, im sensibelsten Bereich daran mitzuwirken, potenzielle Arbeitskräfte darauf einzuschwören."

Weitere Informationen unter  http://www.erwerbslosenforum.de

URL der Pressemeldung:  http://www.erwerbslosenforum.de/nachrichten/treibjagdsaison_auf_hartz_iv_betroffene_eroffnet.htm

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

für den heutigen Tag sind von Kölner Erwerbslosengruppen und Mitgliedern des Erwerbslosen Forum Deutschland dazu Aktionen geplant. Selbstverständlich wollen wir Sie darüber informieren und bitten Sie Kontakt über 0160 99278357 aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Martin Behrsing, Pressesprecher Erwerbslosen Forum Deutschland ___________________________________________________________
Bildmaterial Presse  http://www.erwerbslosenforum.de/images/behrsing.jpg
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Ergänzungen

Zusammenlegung

Roland Ionas Bialke 12.10.2006 - 06:32
Eine Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe ist nicht erfolgt.

- Arbeitslosenhilfe heisst jetzt Arbeitslosengeld 2 (was durch das Jobcenter ausgezahlt wird)
- Sozialhilfe heisst jetzt Grundsicherung (welche durch das Bezirksamt ausgezahlt wird)

Es hat sich praktisch nichts verändert, höchstens jedoch, dass mehr Menschen auf das frühere Sozialhilfeniveau gebracht worden sind, und die wirklich schlimmen früheren Sozialhilfefälle jetzt gar kein Recht auf wiedereingleiderung haben.

Skandalös?

Pamela 12.10.2006 - 13:28
"Den meisten Kontakt zum Fallmanager erhalten dabei die Erwerbslosen zwischen 25 – 40 Jahren und abgeschlossener Ausbildung. Hingegen sollen Schwerbehinderte und nicht weiter definierte sonstige Arbeitslose maximal zweimal im Jahr einen Kontakt zum Fallmanager erhalten."

=> Hört sich doch eigentlich ganz gut an. Das heißt doch nichts anderes, als dass die beiden genannten Personengruppen in Zukunft von penetranten "Fallmanagern" und dergleichen Zumutungen weitgehend in Ruhe gelassen werden und in Frieden ihr Arbeitslosengeld genießen können? Oder verstehe ich da etwas falsch?

Diskriminierung

Stefan 12.10.2006 - 14:47
@Pamela:
Nein, das heißt es nicht. Nur die Beratungsangebote werden gekürzt, Kontrollen sollen weiter ausgebaut werden. Wenn aber ältere oder schwerbehinderte Hartz-IV-Empfänger weniger Beratung bekommen als andere, dann liegt hier eindeutig ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz und gegen das im August in kraft getretene Antidiskriminierungsgesetz vor.

Ich kann mich nur fragen, wie tief ist die angeblich son renommierte Unternehmensberatung Roland Berger schon gesunken, dass sie mittlerweile Behörden zu offenem Rechtsbruch rät?

Eventuell sollte hier mal jemand wegen Diskriminierung klagen.

Die 0-180er Nummern des Arbeitsamtes Berlin

T.Reiber 12.10.2006 - 19:58
funktionieren jetzt schon oft nicht.

damit´s auch Alle mitkriegen

tierr@ 12.10.2006 - 20:52
Hartz VI: Recht gegen Cash

Wer Prozeßkostenbeihilfe benötigt, um Sozialrechte
einzuklagen, soll in Zukunft zahlen...

KAPITALISMUS FRISST DEMOKRATIE: "RECHT GEGEN CASH"

Der Bundesrat hat eine Initiative des Landes Baden-Württemberg beschlossen, finanzielle Hürden für die Einreichung von Klagen aufzustellen. Davon betroffen müssen sich besonders all diejenigen fühlen, die zur Durchsetzung von Sozialrechten Prozeßkostenbeihilfe benötigen. Allein schon um diese überhaupt beantragen zu können, müßen 50 € bezahlt werden!!!

Weiter sollen bei Sozialgerichtsverfahren in Zukunft 75 bis 225 € Gebühr im Voraus entrichtet werden. Können diese Kosten nicht aufgebracht werden, wird das Verfahren nicht eröffnet !!!

Auslöser für diesen Hammer ohne gleichen, waren die mehr als 100.000 Klagen gegen Zwangsumzüge, die Hartz VI EmpfängerInnen auferlegt worden sind und deren Zahl die Erwartungen der Verantwortlichen überstiegen haben. Bei dieser Rechtebeschneidung, die mit keinen demokratischen Grundsätzen vereinbar ist, handelt es sich ist schlichtweg um eine faktische Rechtsverweigerung gegen Arme. Den statistischen Erhebungen über die sogenannte "neue deutsche Armut" gegenübergestellt, wird diese Rechtsverweigerung mit übelsten kapitalistischen Mitteln zu einer Dimension von Demokratieverlust, die Schminkaktionen wie das Anti-Diskriminierungsgesetz zu einer zynischen Farce verkommen läßt.

 Die geplanten Gesetzesänderungen ( Prozesskostenhilfebegrenzungsgesetz, Bundestagsdrucksache 16/1994) im widersprechen dem Rechtsstaatsgedanken unserer Verfassung in eklatanter Weise und verletzen Art. 3 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG, wonach jeder Bürgerin und jedem Bürger effektiver Rechtsschutz zu gewähren ist.

UNTERSCHRIFTENKAMPAGNE und weitere Informationen unter:
 http://www.erlacher-hoehe.de/7___Kampagne-Recht.htm

WEITERLEITEN - SAGEN - SCHICKEN
und
WIDERSTAND ORGANISIEREN UND VERNETZEN:
Ya Basta Netz
 http://projekte.free.de/bankrott/links.html

PresseMitteilung von GgS - Köln

WeiterLeiter 12.10.2006 - 21:21
www.gemeinsam-gegen-sozialraub.de

Köln, den 12.10.2006

+++ I N F O R M A T I O N F Ü R D I E M E D I E N +++

Treibjagd auf Erwerbslose

Heute um kurz nach 10:00 Uhr bekam die ArGe in Köln unerwarteten Besuch. Unter dem Motto „Roland Berger raus treiben“ waren mehrere Erwerbsloseninitiativen und das „Team kritische SachbearbeiterInnen (ArGe
Köln)“ erschienen, um auf die unhaltbaren Zustände aufmerksam zu machen.
Verwies die Arbeitsagentur In ihrer Presse Info 047 vom 04/07/2006 noch darauf dass es keine Schlangen und keine Nummernautomaten mehr gäbe, so stimmt dies heute bereits nicht mehr. Durch den Einsatz des
Strategieberatungsunternehmens Roland Berger können Erwerbslose und Mitarbeiter es wieder erleben.
„Nummer ziehen und mehrere Stunden warten.“ Die Empfangsstellen wurden einfach geschlossen.
Dies ist ein Teil der Schikanen gegen die Erwerbslosen. So beschreibt das Beratungsunternehmen seine Taktik selbst in einer Aufforderung an die ArGe-Mitarbeiter:

„…durch die Umorganisierung und Verdichtung der Arbeitsabläufe den Druck auf Erwerbslose zu erhöhen, um den "Kundenbestand" massiv zu senken. Dazu gehört es, den "Service" für Erwerbslose zurück zu fahren. Der durch mehr und mehr Aufgaben "getriebene" ARGE-Mitarbeiter soll den Druck auf die Erwerbslosen übertragen und diese "treiben“…“

Bernd Weber, Vorstandsmitglied von GgS dazu:
„Hier wird deutlich, dass es nur noch um Repressionen gegen die Betroffenen geht. Von Vermittlung oder Fördern
ist nicht mehr die Rede. Schon der Begriff des Treibens ist sonst nur in der Viehwirtschaft gebräuchlich,
das zeigt, welchen Stellenwert Erwerbslose in deren Augen haben.“
mit freundlichen Grüßen
HP Fischer

siehe auch:  http://germany.indymedia.org/2006/10/158999.shtml

PresseMitteilung von den KEAs

WeiterLeiter 12.10.2006 - 21:40
www.erwerbslose.de.vu - Kölner  Erwerbslose@googlemail.com

KEA - Kölner Erwerbslose in Aktion

Roland Berger in ArGe entdeckt

Heute machten die Kölner Erwerbslosen in Aktion gemeinsam mit dem „Team kritische SachbearbeiterInnen (ArGe Köln)“ und anderen Erwerbsloseninitiativen einen Spaziergang www.erwerbslose.de.vu - Kölner  Erwerbslose@googlemail.com
Köln, 12.10.2006
Roland Berger in ArGe entdeckt
Heute machten die Kölner Erwerbslosen in Aktion gemeinsam mit dem „Team kritische SachbearbeiterInnen (ArGe Köln)“ und anderen Erwerbsloseninitiativen einen Spaziergang zur ArGe-Mitte und anschließend zur ArGe-Süd.
Das Motto lautete „Roland Berger raus treiben“, um auf die unhaltbaren Zustände aufmerksam zu machen.

In mehreren ArGen im Bundesgebiet wird das Strategieberatungsunternehmens Roland Berger eingesetzt. Genau die Firma über deren Verpflichtung einst BA-Chef Florian Gerster stürzte. Roland Berger ein Unternehmen mit 550 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2005 ist die größte weltweit tätige Strategieberatung europäischen Ursprungs. In seiner Selbstdarstellung
betont das Unternehmen die Entwicklung maßgeschneiderter Konzepte gemeinsam mit dem Klienten und die Begleitung der Umsetzungsphase im beratenen Unternehmen, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Einseitige Fokussierung auf Kostenreduzierungen, die ausschließlich zu Entlassungen von Mitarbeitern führen, werfen ihm Mitarbeiter betroffener Unternehmen
vor.

In Köln ist Roland Berger dafür verantwortlich, dass in der ArGe Mitte die Empfangsschalter geschlossen wurden und es nur noch eine Anlaufstation auf der 5. Etage gibt. Mit Nummer ziehen und Schlange stehen. Eben diese Missstände hatte die Arbeitsagentur noch vor kurzem
für abgeschafft erklärt.

Dirk Söhngen, Kassierer der Kölner Erwerbslosen in Aktion e.V. (i.Gr.) meint dazu:
„Lange Schlangen sind immer ein Zeichen von Misswirtschaft. Was soll’s, jetzt hat man einem Beratungsunternehmen viel Geld in den Rachen geworfen um Zustände zu erreichen,wie wir sie früher schon hatten.“

Aus einem internen Papier geht hervor, dass es zur Bergers Strategie gehört den „Service für Erwerbslose zurück zu fahren.“ Mit anderen Worten, die Kunden sollen vergrault werden.
Älteren, Kranken und Behinderten oder Eltern mit Kindern ist es nicht mehr zu zumuten sich dieser stundenlangen Prozedur zu unterziehen.

Ein Erwerbsloser vor Ort meinte:
„Wenn das da oben im 5.Stock Tiere wären und nicht Menschen, dann wäre längst der Tierschutzverein hier.“

Mit freundlichem Gruß
i.A. Dirk Söhngen

richtige Mailadresse der KEAs

HP 15.10.2006 - 01:19
In der Pressemitteilung der KEAs (Kölner Erwerbslose in Aktion) scheint durch ein Formatierungsfehler die Mailadresse falsch zu sein.
Die richtige lautet:  Koelner.Erwerbslose@googlemail.com
Ist zwar keine inhaltliche Ergänzung aber trotzdem wichtig, wenn jemand Kontakt aufnehmen möchte.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Ende der Fahnenstange des Kapitalismus? — Elli die Einarmige Karussel Schubserin

So ist eben Sozialismus — Libertär