Bericht: Naziaufmarsch in Alzey

AK Antifa Mainz 02.10.2006 21:54 Themen: Antifa
Am Samstag, den 30. September, marschierten im rheinhessischen Alzey ca. 60 Neonazis unter dem rassistischen Motto "Multikultiterror stoppen! Für die Vielfalt der Völker!".
Aufgerufen hatten die "Freien Nationalisten Rheinhessen" - d.h. die Nazi-Gruppierung aus Mainz-Bingen um ihren Führungskader Mario Matthes - und die "Initiative Südwest", bei der es sich um die im Raum Kirchheimbolanden und Alzey aktive, nicht sonderlich mit Hirn gesegnete "Kameradschaft Donnersberg" handelt. Das Personal des Aufmarsches rekrutierte sich dementsprechend auch v.a. aus dem Donnersbergkreis und Rheinhessen. "Verstärkung" erhielten diese in Form einer Reisegruppe des "Nationalen Widerstands Zweibrücken" um Gerhard Walk aus der Westpfalz. Auffällig schwach vertreten war die Rhein-Neckar-Region, die mit René Rodriguez-Teufer und Christian Hehl den Aufmarsch aber wenigstens mit etwas Nazi-B-Prominenz beglückte. Neben Matthes (siehe Indymedia-Artikel) und seiner ebenfalls in der Nazi-Szene aktiven Freundin Miriam Stoffel hatte sich sogar der pickelige Anti-Antifa-Darsteller Stephan K. aus Geisenheim im Rheingau eingefunden. Dieser meinte offenbar, er könne nach seinem Outing (siehe Indymedia-Artikel) dem Erkanntwerden durch die Antifa entgehen, indem er sich unter der Kapuze seines Tarnjäckchens, einer Baseballkappe und einer Sonnenbrille einen Wolf schwitzt.

Dafür, daß die Stadt Alzey ihnen die Möglichkeit bietet, sich nach Gutdünken zu präsentieren, brachten die Nazis eher einen erbärmlichen Haufen zusammen. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass die Nazis in der Region zunehmend kurzfristig beworbene Aufmärsche in Dörfern und Kleinstädten organisieren, und dabei in Kauf nehmen, weniger TeilnehmerInnen zu mobilisieren, war dies nicht gerade eine Glanzleistung.

Eine eilig durch Antifas aus Rheinhessen angemeldete antifaschistische Kundgebung zog wenigstens noch etwa 40 AntifaschistInnen in das Provinzkaff, sonst hielt Alzey die Füße so gut wie still.

Die vorher von der Lokalpresse ausgegebene Parole, den Kopf in den Sand zu stecken, dann ginge der rechte Spuk spurlos vorüber, glauben dem Lokaljournalisten und notorischen Linkenhasser Armin Burkart nicht einmal die AlzeyerInnen mehr. Dort weiß man, dass Nazis in der eigenen Kleinstadtmitte hausen (beim Aufmarsch am 1. Oktober 2005 hängte ein Alzeyer am Museumsplatz eine schwarz-weiß-rote Fahne aus dem Fenster), ebenso kennt man seine NachbarInnen. Denn diese stimmen zu, wenn der erste Redner der Nazidemo in affirmativer Absicht behauptet, in Hoyerswerda und Rostock habe das deutsche Volk doch "unmißverständlich" klargemacht, dass es keine Ausländer wolle.

Eben dieser Redner lobte die Hilfsbereitschaft während der Oder-Überschwemmung, bei der sich gezeigt habe, wie "gesunde Völker" sich selbst helfen. Dem stellte er die Zustände in New Orleans nach dem Hurrican Kathrina gegenüber, bei der, so wörtlich, "Negerbanden geplündert und vergewaltigt" hätten. In offener Nazi-Diktion sprach er von "Gast- und Wirtsvölkern" und forderte zum Abschluss die "stufenweise Rückführung von Ausländern".

Mario Matthes, der als zweiter Redner auftrat, konnte lediglich mit einer rührseligen Geschichte über ein durch "Angehörige einer mobilen ethnischen Minderheit" (gemeint sind wahrscheinlich Roma) im IKEA auf das Männerklo entführtes dreijähriges Mädchen aufwarten und mitteilen, dass er es sich nie verzeihen könne, wenn - "welch Schreck!" - seiner dreijährigen Nichte dergleichen unter seiner Obhut passieren würde.

Die Alzeyer und insbesondere Lokaljournalist Armin Burkart sollten für die Zukunft schon mal einplanen, dass die Nazis wiederkommen, wie es am Ende der ersten Rede auch schon angekündigt wurde. Denn wo Nazis keine Gegenwehr, sondern eine Mischung aus bemühtem Desinteresse und heimlicher Zustimmung entgegengebracht wird, da fühlen sie sich wohl.

Insgesamt war der Aufmarsch weder ein furioser Sieg für die Nazis, wie sie es sicherlich im Nachhinein darstellen werden, noch ein völliger Flop. Alzey erlebte den mittlerweile dritten Nazi-Aufmarsch und zum dritten Mal war der Protest viel zu schwach. In Zukunft muss der Protest stärker aus Alzey selbst kommen, wenn es nicht völlig normal werden soll, dass rassistisches und antisemitisches Gedankengut offen verbreitet wird. Denn auch der kleinste Aufmarsch trägt zu dieser Normalisierung bei.
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Ergänzungen

die im artikel erwähnten artikel

antifa 03.10.2006 - 12:19
hier die indymedia-artikel zu mario matthes und klein-k:

"Mainz: Nazi Mario Matthes erneut geoutet"
 http://de.indymedia.org//2006/04/143803.shtml

"Stephan K. und die Anti-Antifa"
 http://de.indymedia.org/2006/08/154465.shtml

Artikel in der Allgemeinen Zeitung

Freiburger Zeitungsleser 03.10.2006 - 23:48
Nach zwei Stunden ist der Spuk vorbei

Aufmarsch der rechten "Initiative Südwest" in Alzey verlief am Samstag ohne Zwischenfälle

Ohne Zwischenfälle verlief die Demonstration der rechten Gruppierung "Initiative Südwest" am Samstag in Alzey. Um 13 Uhr waren rund 80 Neonazis vom Bahnhof in Richtung Innenstadt marschiert, wo sie sich auf dem Parkdeck zu einer Kundgebung versammelten.
Von

Helena Sender-Petry

Samstagmorgen in Alzey: abgeriegelte Straßen, Parkdeck und Parkplatz Ostdeutsche Straße gesperrt, Absperrgitter entlang der Hospitalstraße, Polizisten - mit Helmen und Protektoren geschützt - auch in der Innenstadt präsent. Gegen 13 Uhr soll die Demonstration beginnen, doch schon zwei Stunden vorher stehen die Beamten bereit.

Am Bahnhof trudeln die ersten Rechten ein, es ist 12 Uhr, und ein Pärchen - junge Leute in schwarzen Klamotten - wird zunächst einmal gestoppt. "Tragen sie verfassungsfeindliche Abzeichen, etwa das Hakenkreuz, werden diese konfisziert und es folgt eine Strafanzeige", erklärt einer der Polizisten Sinn und Zweck der Überprüfung. Noch ist es eine kleine Gruppe, die darauf wartet, rechte Parolen auf ihrem Marsch durch die Bahnhofstraße und die Hospitalstraße zu brüllen, auch eine halbe Stunde später tut sich wenig, es sind gerade einmal 20 so genannte Demonstranten eingetroffen - ein kläglicher Haufen. Erst als ein Kleinbus mit Friedberger Kennzeichen und Lautsprechern auf dem Dach auf den Bahnhofsvorplatz rollt, formieren sich die Rechten, jetzt zirka 80 Personen. Und pünktlich um 13 Uhr rollen sie ihr Transparent aus, skandieren die immer gleichen, dumpfen Nazi-Sprüche, und die Gruppe, die sich "Initiative Südwest" nennt, setzt sich in Bewegung.

Dass einer der Antragsteller für die Nazi-Demo in Esselborn lebt, bestätigt der stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Alzey, Hauptkommissar Dirk Schindler. Über die Zahl der eingesetzten Polizisten wollte er indes keine Angaben machen. Nach Informationen der AZ sollen es rund 800 Beamte gewesen sein. "Wir mussten vorbereitet sein, denn es hatten sich 150 Rechte und genauso viele gewaltbereite Autonome angesagt", berichtet Schindler gegen 15.30 Uhr. Da ist der Spuk längst vorbei. Das taktische Konzept der Einschüchterung sei aufgegangen, deshalb sei die Polizei so massiv aufgetreten. Schindler: "Zudem muss die Bevölkerung geschützt werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, wir sind dazu da, die Rechten sicher durch die Stadt zu geleiten. Wäre es zu Ausschreitungen gekommen, hätten das unsere Spezialkräfte schnell in den Griff bekommen."

Zurück zum Parkdeck, wo die Rechten ihrem Redner applaudieren, der über Rasse und Vaterland schwadroniert. Viel hat er nicht zu sagen, und schon bald ist die Kundgebung vorbei. Gegen 14 Uhr räumen die Polizisten die Absperrungen beiseite, es ist nichts passiert, keine Ausschreitungen, keine Gewalt. Auch die Gegendemonstranten, die Polizei hat 30 Personen gezählt, ziehen ihrer Wege. Auf dem Alzeyer Roßmarkt hat einzig Amnesty Flagge gegen Rechts gezeigt, doch auch dieser Infostand ist längst eingepackt. Weder SPD, CDU noch Grüne haben Präsenz gezeigt.

 http://www.allgemeine-zeitung.de/region/objekt.php3?artikel_id=2546548

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dummfug — ich

@ ich — Du

falscher name — du!

Ach, das — Besserwisser

@ Besserwisser — Großstädter